Obergericht
Strafkammer
Urteil vom 29. September 2022
Es wirken mit:
Oberrichter Marti
Oberrichter Werner
Gerichtsschreiber Wiedmer
In Sachen
Staatsanwaltschaft, Franziskanerhof, Barfüssergasse28, Postfach 157, 4502 Solothurn
Anschlussberufungsklägerin
1. A.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Christoph Balmer,
2. B.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger,
3. C.___, amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth,
4. D.___, amtlich verteidigt durch Advokat Alex Hediger,
Beschuldigte und Berufungskläger
betreffend Mord, bandenmässiger Raub, gewerbs- und bandenmässiger Diebstahl, Urkundenfälschung
Es erscheinen zur Hauptverhandlung vor Obergericht in der JVA Solothurn in Deitingen vom 21. und 22.September2022:
1. Staatsanwalt E.___ und Staatsanwältin F.___, für die Staatsanwaltschaft als Anschlussberufungsklägerin, in Begleitung [einer Untersuchungsbeamtin];
2. Rechtsanwalt Christoph Balmer, amtlicher Verteidiger von A.___, Beschuldigter 1;
3. B.___, Beschuldigter 2;
4. Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten 2, in Begleitung [eines Rechtspraktikanten];
5. C.___, Beschuldigter 3;
6. Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, amtlicher Verteidiger des Beschuldigten 3;
7. Advokat Alex Hediger, amtlicher Verteidiger von D.___, Beschuldigter 4;
8. […], als Dolmetscherin.
Weitere anwesende Personen:
- Diverse Polizisten und Vertreter der Justizvollzugsanstalt.
Die Medienschaffenden können die Verhandlung per Livestream verfolgen.
Der Vorsitzende eröffnet um 09:00 Uhr in der JVA Solothurn in Deitingen die Verhandlung, stellt die Anwesenden fest und gibt die Besetzung des Berufungsgerichts bekannt. [Der Beschuldigte] D.___ sei mit Verfügung vom 2.März2022 von der Verhandlung dispensiert worden.
In der Folge weist der Vorsitzende auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Dorneck-Thierstein vom 14.Juni 2021 hin und fasst dieses zusammen. Er nennt die von den Parteien angefochtenen Urteilspunkte. In Rechtskraft erwachsen seien somit folgende Ziffern des erstinstanzlichen Urteils:
- Ziff. V: Entscheide über beschlagnahmte Gegenstände;
- Die Höhe der Entschädigungen der amtlichen Verteidiger.
Der Vorsitzende gibt bekannt, dass das Berufungsgericht allenfalls auch über die Anordnung der Sicherheitshaft für die Beschuldigten B.___ und C.___, vollziehbar im vorzeitigen Strafvollzug, zu befinden habe und sich die Parteivertreter hierzu äussern könnten.
Was die vom Beschuldigten B.___ beantragte höhere Entschädigung für den amtlichen Verteidiger für das erstinstanzliche Verfahren anbelange, beabsichtige das Berufungsgericht, diesbezüglich auf die Berufung nicht einzutreten. Rechtsanwalt Helfenfinger könne sich im Rahmen des Parteivortrages dazu äussern.
Er führt weiter aus, dass Ziffer 6 der Anklageschrift nicht ganz eindeutig sei: Angeklagt werde zwar klar die vorsätzliche Tatbegehung, entsprechend sei der Beschuldigte A.___ ja von der Vorinstanz auch schuldig gesprochen worden. In einem Nachsatz werde dann aber festgehalten: «Der Beschuldigte selbst wende ein, es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er über keine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe, was ihm jedoch hätte bekannt sein müssen, hätte er die Sorgfalt an den Tag gelegt, die man von ihm hätte erwarten können.» Das Gericht betrachte diesen Absatz als Eventualanklage wegen fahrlässiger Tatbegehung.
Der Vorsitzende skizziert den vorgesehenen weiteren Verhandlungsablauf wie folgt:
1. Vorfragen und Anträge der Parteivertreter;
2. Befragung des Beschuldigten B.___;
3. Befragung des Beschuldigten C.___;
4. weitere Beweisanträge und Abschluss des Beweisverfahrens;
5. Parteivorträge;
6. letztes Wort der Beschuldigten;
7. geheime Urteilsberatung;
8. Urteilseröffnung, vorgesehen am 29.September um 14:00 Uhr.
Vorfragen der Parteien
Keine Vorfragen seitens der Staatsanwaltschaft.
Rechtsanwalt Helfenfinger reicht seine Vorfragen bzw. Beweisanträge dem Gericht schriftlich zu den Akten (AS 325 ff.).
Rechtsanwalt Fingerhuth reicht seine Vorfragen bzw. Beweisanträge dem Gericht schriftlich zu den Akten (AS 340 ff.).
Keine Vorfragen seitens Rechtsanwalt Hediger.
Rechtsanwalt Balmer stellt hinsichtlich seines Klienten ein Dispensationsgesuch für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung. A.___ sei bei seiner Familie [im Herkunftsland]. Es stünden nur rechtliche Fragen im Vordergrund, weshalb seine Anwesenheit für das Berufungsverfahren nicht nötig sei. Er als Rechtsvertreter sei instruiert.
Die Verhandlung wird zum Zwecke der Vorbereitung der Stellungnahme durch die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der gestellten Vorfragen bzw. Beweisanträge für drei Stunden unterbrochen.
Staatsanwalt E.___ reicht seine Stellungnahme betreffend die Vorfragen bzw. Beweisanträge von Rechtsanwalt Helfenfinger und Rechtsanwalt Fingerhuth dem Gericht schriftlich zu den Akten (AS 363 ff.). Das Dispensationsgesuch des Beschuldigten A.___ sei gutzuheissen.
Der Vorsitzende erklärt, dass sich das Gericht zur Beratung der Vorfragen nun zurückziehen werde.
Rechtsanwalt Fingerhuth fragt an, warum er nicht die Gelegenheit erhalte, zu replizieren. Er bestehe darauf, dass er replizieren könne und stelle den entsprechenden Antrag.
Die Verhandlung wird zum Zwecke der Beratung des Antrags von Rechtsanwalt Fingerhuth für 10 Minuten unterbrochen.
Der Vorsitzende führt aus, dass das Gericht den Antrag von Rechtsanwalt Fingerhuth auf Replizierung ablehne. Es gebe gemäss Praxis der Strafkammer des Obergerichts Solothurn bei Beweisanträgen im mündlichen Verfahren keine Replik und Duplik. Die Parteien könnten sich im Schlussvortrag noch einmal ausführlich dazu äussern, sogar ein zweites Mal im Rahmen der Replik bzw. Duplik. Weiter werde der Antrag, A.___ sei von der Berufungsverhandlung zu dispensieren, gutgeheissen.
Die Verhandlung wird zur Beratung der übrigen Vorfragen für weitere 45 Minuten unterbrochen.
Oberrichter Marti eröffnet den Parteien den Beschluss des Gerichts:
Er führt aus, dass Beweisanträge aus drei Gebieten eingegangen seien: effektive Beweisanträge, Beweiswürdigungsanträge sowie Anträge in der Hauptsache. Grundsätzlich schreibe die Strafprozessordnung vor, dass die Anträge in der Hauptsache sowie Beweisanträge in der Berufungserklärung aufzuführen seien. Es habe in den Berufungserklärungen in der Hauptsache weder einen Rückweisungsantrag, noch einen Einstellungsantrag gegeben. Man habe lediglich Anträge auf einen Freispruch. Ausser dem Antrag von Rechtsanwalt Helfenfinger auf Beizug sämtlicher Akten, seien auch keine Beweisanträge geltend gemacht worden. Weshalb so vorgegangen worden sei seitens der Verteidigung, müsse das Gericht nicht beantworten und es befasse sich auch nicht mit den diesbezüglichen Spekulationen der Staatsanwaltschaft.
Die Beweiswürdigungsanträge würden im Rahmen der Beweiswürdigung im schriftlich begründeten Urteil behandelt. Gleiches gelte für die Rückweisungs- und Einstellungsanträge in der Hauptsache. Die effektiven Beweisanträge würden allesamt abgewiesen. Keiner der gestellten Anträge sei aus Sicht des Gerichts von Relevanz. Insbesondere seien sie nicht von solch tragender Rolle, dass deswegen die aufwändig organisierte Verhandlung an der jetzigen Stelle abgebrochen werden müsste. Das Gericht habe aber die Möglichkeit, im Rahmen der Urteilsberatung das Beweisverfahren wieder zu öffnen, sollte sich die Notwendigkeit ergeben, bspw. wenn die Unverwertbarkeit von Beweismitteln festgestellt würde, die nachträglich noch einmal erhoben werden müssten.
Zur Abweisung der einzelnen Beweisanträge von Rechtsanwalt Helfenfinger sei kurz das nachfolgende festzuhalten:
- Dafür, dem Zeugen L.___ eine DNA-Probe abzunehmen sowie dessen Fingerabdrücke mit dem Überfall in [Ort 4] abzugleichen (Antrag 1), gebe es keinen Anlass. Auf der einen Seite brauche es dazu eine Grundlage, einen Verdachtsmoment, und ein solcher liege gegen den Zeugen L.___ nicht vor. Andererseits dürften gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung Abklärungen über Zeugen nur sehr restriktiv vorgenommen werden. Man verspreche sich von diesen Abklärungen auch nichts, denn es gehe vorliegend um die Beteiligung von Herrn B.___ und nicht um die Möglichkeit der Beteiligung von Dritten am Delikt in [Ort 4].
- Betreffend die Reihe von Anträgen zur Abklärung des Lebenshintergrundes (Anträge 2, 3, 4 und 5), d.h. frühere Strafverfahren, Einreise in die Schweiz, Verhaftung, etc. von Zeuge L.___ werde auf das verwiesen, was bereits die Vorinstanz ausgeführt habe: Es gehe dem Gericht darum, die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen zu würdigen und nicht dessen Glaubwürdigkeit. Das Bundesgericht habe mehrfach ausgeführt, dass die Glaubwürdigkeit einer Person als überdauernde Charaktereigenschaft im Beweiswürdigungsprozess keine grosse Rolle mehr spiele. Man wisse einiges von Herrn L.___, so habe man einen Strafregisterauszug und Akten über seine früheren Taten. Man kenne auch sein Motiv, Aussagen zu machen. Es sei nun Aufgabe des Gerichts, dessen Aussagen zu würdigen und zu prüfen, inwiefern diese glaubhaft seien und als Beweismittel verwendet werden könnten.
- Betreffend die Befragung von V.___ (Antrag 6) könne festgehalten werden, dass dieser bereits befragt worden sei. Es könne nicht erwartet werden, dass bei einer erneuten Befragung neue Erkenntnisse an den Tag kämen, zumal ein direkter Bezug zum Delikt vorliegend ohnehin nicht erkennbar sei. Die geforderte Befragung beruhe darüber hinaus auf reinen Spekulationen: Jede Person könne dem Zeugen L.___ irgendwelche Sachen gesagt haben. Auch hier sei vom Gericht zu prüfen, ob die Zeugenaussagen plausibel seien.
- Von weiteren Abklärungen über den an der Grenze angeblich sichergestellten Pass (Antrag 7) verspreche sich das Gericht nichts. Man habe eine Passkopie in den Akten, auf der ein Stempel zu sehen sei, der eine Beschlagnahme darstellen könnte. Man habe schriftliche Auskünfte von Ungarn und Serbien. Diese würden aber aufzeigen, dass über die angebliche Sicherstellung nichts gesagt werden könne. Die Verhandlung abzubrechen, mehrmonatige Abklärungen auf dem Rechtshilfeweg zu machen und am Schluss wieder dasselbe zu hören, sei nicht zielführend. Das Gericht verspreche sich keine relevanten Ergebnisse. Dazu könne auf die entsprechenden Erwägungen in der nachfolgenden Urteilsbegründung verwiesen werden.
- Die erneute Einvernahme von N.___ (Antrag 9) hänge mit dem Antrag auf Unverwertbarkeit der früheren Aussagen zusammen (Antrag 8). Sollte das Gericht zum Schluss gelangen, dass ihre Aussagen nicht verwertbar seien, und es für nötig erachten, sie erneut zu befragen, so werde das Beweisverfahren in der Urteilsberatung erneut geöffnet. Ihre Aussagen beträfen allerdings kein zentrales Thema.
- Betreffend weitere Abklärungen über Finger- und Handabdrücke sowie DNA-Spuren von Herrn A.O.___ (Anträge 12 und 13) könne festgehalten werden, dass es kein polizeiliches Ermittlungsverfahren gegeben habe. Es habe zu Beginn einzelne Hinweise gegeben in Bezug auf die Brille und Mütze. Die Fotowahlkonfrontation sei negativ verlaufen. Es gebe daher auch keine rechtliche Grundlage, bei Herrn A.O.___ irgendwelche Zwangsmassnahmen durchzuführen. Auch von den Resultaten verspreche sich das Gericht nichts.
- Dafür, ein Obergutachten anzuordnen betreffend die Qualität der DNA-Spuren (Antrag 19), gebe es keine Veranlassung. Zu Beginn des Verfahrens habe man aufgrund der damaligen technischen Möglichkeiten tatsächlich eine weniger aussagekräftige DNA-Spur gehabt. Aber es seien zusätzliche Gutachten eingeholt worden. Sollten diese verwertbar sein – was von der Verteidigung auch bestritten werde – gebe es keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass diese fachgerecht erstellt worden seien. Die Gutachter hätten klare Aussagen gemacht und daran könne die vorläufige Beurteilung des Gerichts [in der Stadt 3 in Frankreich] nichts ändern.
- Die Frage, ob in [der Stadt 3 in Frankreich] eine weitere Unterlage zugestellt worden sei, sei für das Gericht nicht relevant. Herr B.___ sei ausgeliefert worden, der Auslieferungsentscheid sei anfechtbar gewesen und folglich sei für das Gericht nicht von Bedeutung, was für Unterlagen eingereicht worden seien. Diese Tatsache könne am vorliegenden Urteil nichts ändern.
- Der Antrag, es sei abzuklären, woher die DNA-Spur gekommen sei (Antrag 21), sei für das Gericht nicht verständlich. Die Personen des IRM, die die Gutachten gemacht hätten, seien Fachleute. Es gebe keine Hinweise auf irgendein Fehlverhalten. Es seien differenzierte Aussagen gemacht worden: Gewisse Spuren habe man identifizieren können, andere nicht. Es habe Mischprofile gegeben und Aussagen zu Wahrscheinlichkeiten von Hits. Das Gericht verspreche sich nichts davon, wenn nun weitergehende Aufträge erteilt bzw. amtliche Erkundigungen gemacht würden.
Der einzige Beweisantrag von Rechtsanwalt Fingerhuth, der Beizug der Migrationsakten betreffend den Zeugen L.___, werde ebenfalls abgewiesen. Es werde auf die vorgenannte Begründung verwiesen.
Beweisabnahme
Gemäss Mitteilung von Rechtsanwalt Helfenfinger und Rechtsanwalt Fingerhuth machen die Beschuldigten B.___ bzw. C.___ von ihrem umfassenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und äussern sich weder zur Person noch zur Sache.
Da die Beschuldigten von ihrem umfassenden Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen und aufgrund der Abweisung sämtlicher Beweisanträge durch das Gericht keine weiteren Beweisabnahmen getätigt werden müssen, erklärt der Vorsitzende das Beweisverfahren als geschlossen.
Parteivorträge
Staatsanwalt E.___ stellt und begründet für die Anschlussberufungsklägerin die folgenden Anträge (AS 482 ff.):
B.___
1. Der Beschuldigte B.___ sei wegen Mordes und mehrfachen bandenmässigen Raubes (teilweise versucht) schuldig zu sprechen.
2. B.___ sei zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren zu verurteilen.
3. Der Freiheitsentzug vom 30.Januar2017 bis am 24.Februar2019 sei an die Verbüssung der Freiheitsstrafe anzurechnen.
4. Es sei festzustellen, dass sich B.___ seit dem 25.Februar2019 im vorzeitigen Strafvollzug befindet.
5. Der sichergestellte Schal sei B.___ auszuhändigen.
6. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten B.___ anteilsmässig aufzuerlegen.
7. Das Honorar des amtlichen Verteidigers von B.___, Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates und allenfalls der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
C.___
1. Der Beschuldigte C.___ sei wegen Mordes, mehrfachen bandenmässigen Raubes (teilweise versucht), gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls und Urkundenfälschung schuldig zu sprechen.
2. C.___ sei zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren und 8 Monaten zu verurteilen.
3. Der Freiheitsentzug vom 18.April2018 bis 12.August2021 sei an die Verbüssung der Freiheitsstrafe anzurechnen.
4. Es sei festzustellen, dass sich C.___ seit dem 13.August2021 im vorzeitigen Strafvollzug befindet.
5. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten C.___ anteilsmässig aufzuerlegen.
6. Das Honorar des amtlichen Verteidigers von C.___, Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates und allenfalls der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
D.___
1. Der Beschuldigte D.___ sei wegen versuchten bandenmässigen Raubes schuldig zu sprechen.
2. D.___ sei zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 7 Monaten zu verurteilen.
3. Die sichergestellten Gegenstände, Ausländerausweis, Bücher mit Visitenkarten, alle schriftlichen Unterlagen und Fotoalben sowie das Mobiltelefon seien D.___ auszuhändigen.
4. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten D.___ anteilsmässig aufzuerlegen.
5. Das Honorar des amtlichen Verteidigers von D.___, Rechtsanwalt A. Hediger, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates und allenfalls der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
A.___
1. Der Beschuldigte A.___ sei wegen mehrfachen Diebstahls und Widerhandlungen gegen das AuG bzw. AIG schuldig zu sprechen.
2. A.___ sei zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 3 Jahren, zu verurteilen.
3. Der Freiheitsentzug vom 22.Februar2019 bis 13.August2021 sei im Erstehungsfalle an die Verbüssung der Freiheitsstrafe anzurechnen.
4. Die Kosten des Verfahrens seien dem Beschuldigten A.___ anteilsmässig aufzuerlegen.
5. Das Honorar des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Christoph Balmer, sei durch das Gericht festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Rückforderungsanspruch des Staates und allenfalls der Nachzahlungsanspruch des amtlichen Verteidigers während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
Allgemein
1. Der Schal und die vier Kabelbinder ([Ort 1]) seien einzuziehen und nach Rechtskraft des Urteils zu vernichten.
2. Der Schürhaken, die Arbeitshose, das Hemd seien der Berechtigten G.___ nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils innert vier Wochen auf erstes Verlangen herauszugeben und ansonsten zu vernichten.
3. Der Ausländerausweis lautend [...], div. Bücher mit Visitenkarten, div. Unterlagen, div. Unterlagen und Fotoalben, das Mobiltelefon Samsung sei dem Berechtigten D.___ auszuhändigen.
4. Die 8 Kabelbinder (Frankreich) seien zu vernichten.
5. Die drei Paare Turnschuhe, Marke Puma, seien zugunsten des Staates zu verwerten bzw. zu vernichten.
Der erste Verhandlungstag endet um 17:15 Uhr. Die Plädoyers der amtlichen Verteidiger werden tags darauf um 09:00 Uhr fortgesetzt.
Rechtsanwalt Fingerhuth stellt und begründet für den Beschuldigten 3 die folgenden Anträge (AS 612 ff.):
1. Die nachstehenden Gutachten seien für unverwertbar zu erklären, aus den Strafakten zu entfernen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens unter separatem Beschluss zu halten und danach zu vernichten:
- «Rechtsmedizinisches Gutachten» des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 17.März2010 (act. 02000);
- «Rechtsmedizinisches Gutachten» des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 26.März2010 (act. 02016);
- «Rechtsmedizinisches Gutachten» des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 15.Juli2010 (act. 02045);
- «Prüfbericht» der forensischen Genetik des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 27.Juli2010 (act. 02064);
- «Forensisches Abschlussgutachten» der forensischen Medizin des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 29.Juli2010 (act. 02068);
- «Forensisch-toxikologisches Gutachten» der forensischen Chemie und Toxikologie des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 27.Juli2010 (act. 02077);
- «Gutachten» der forensischen Genetik des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 25.November2015 (act. 02081);
- «Ergänzungsgutachten» der forensischen Genetik des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Basel vom 25.November2015 (act. 02181);
2. Das Strafverfahren gegen C.___ betreffend den Vorwurf des bandenmässigen Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 140 Ziff. 3 Abs. 2 StGB, des gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 139 Ziff. 2 und 3 StGB sowie der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB sei einzustellen.
Eventualiter:
C.___ sei des Mordes im Sinne von Art. 112 StGB, des bandenmässigen Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 140 Ziff. 3 Abs. 2 StGB, des gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 139 Ziff. 2 und 3 StGB sowie der Urkundenfälschung im Sinne von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB für nicht schuldig zu befinden und von diesen Vorwürfen frei zu sprechen.
3. Auf die Zivilansprüche der Privatkläger sei nicht einzutreten.
4. Die Kosten des Verfahrens, inklusive derjenigen der amtlichen Verteidigung, seien auf die Gerichtskasse zu nehmen, und C.___ sei aus dieser Kasse eine Entschädigung in der Höhe von SFR 152'000.00 und eine Genugtuung in der Höhe von SFR 200'000.00 zu bezahlen.
Rechtsanwalt Balmer stellt und begründet für den Beschuldigten 1 die folgenden Anträge (AS 516 ff.):
1. Es sei A.___ in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts von Dorneck-Thierstein vom 14.Juni2021 vom Vorwurf des mehrfachen Diebstahls (Vorhalt Ziffer 4 und 5 der Anklageschrift vom 31.März2020) und vom Vorwurf der mehrfachen Widerhandlungen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz (Vorhalt Ziffer 6 und 7 der Anklageschrift) vollumfänglich freizusprechen.
2. Es sei A.___ in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts von Dorneck-Thierstein vom 14.Juni2021 für die unrechtsmässige Haft vom 22.Februar2019 bis zum 13.August2019 eine angemessene Haftentschädigung auszurichten.
3. Unter o/e Kostenfolge, wobei die amtliche Verteidigung angemessen zu entschädigen sei.
Rechtsanwalt Helfenfinger stellt und begründet für den Beschuldigten 2 die folgenden Anträge (AS 539 ff.):
1. Herr B.___ sei vom Vorwurf des Mordes (Art. 112 StGB), angeblich begangen am 14.März2010 in [Ort 1], und damit von Schuld und Strafe freizusprechen (Ziffer II. 1 lit. a und Ziffer 2 des Urteils vom 14.Juni2021).
2. Herr B.___ sei vom Vorwurf des versuchten bandenmässigen Raubes (Art. 22 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. 3 Abs. 2 StGB), angeblich begangen am 14.März2010 in [Ort 1], und damit von Schuld und Strafe freizusprechen (Ziffer II. 1 lit. b und Ziffer 2 des Urteils vom 14.Juni2021).
3. Herr B.___ sei vom Vorwurf des bandenmässigen Raubes (Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. 3 Abs. 2 StGB), angeblich begangen am 3.Februar2010 in [Ort 4], und damit von Schuld und Strafe freizusprechen (Ziffer II. 1 lit. c des Urteils vom 14.Juni2021).
4. Herr B.___ sei von der Verurteilung zur Bezahlung von Zivilforderungen zu befreien (Ziffer VI. 1. und 2. des Urteils vom 14.Juni2021).
5. Herr B.___ sei von der Verurteilung zur Bezahlung einer Parteientschädigung von Fr. 41'710.90 unter solidarischer Haftung zu befreien (Ziffer VII. 1. des Urteils vom 14.Juni2021).
6. Herr B.___ sei von der Verurteilung zur Bezahlung der Gerichts- und Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 45'820.95 zu befreien (Ziffer VII. 7 lit. b des Urteils vom 14.Juni2021).
7. In Anwendung von Art. 429 StPO sei Herrn B.___ eine minimale Entschädigung von Fr. 4'000.00 pro Monat ab seiner Ankunft in der Schweiz für die wirtschaftlichen Einbussen, die aufgrund des Strafverfahrens entstanden sind, zzgl. 5% Zins seit dem 7.Februar2017 zu bezahlen.
8. In Anwendung von Art. 429 StPO seien Herrn B.___ eine Genugtuung von mindestens Fr. 200.00 pro Hafttag sowie eine nach gerichtlichem Ermessen zu bestimmende Geldsumme für den erlittenen Unbill zzgl. 5% Zins seit dem 7.Februar2017 zu zahlen, wobei insbesondere die unnötige Härte und die ungewöhnliche Länge der Haft sowie des Verfahrens zu berücksichtigen seien.
9. Herrn B.___ seien die Parteikosten gemäss Kostennote zu vergüten.
10. Die Gerichts- und Verfahrenskosten seien dem Staat aufzuerlegen.
Die Verhandlung und damit das Plädoyer von Rechtsanwalt Helfenfinger wird mit dessen Einverständnis und dem der übrigen Parteien von 12:00 Uhr bis 13:30 Uhr zwecks Mittagspause unterbrochen.
Nach der Mittagspause fährt Rechtsanwalt Helfenfinger mit seinem Plädoyer fort.
Advokat Hediger stellt für den Beschuldigten 4 die folgenden Anträge:
1. D.___ sei vollumfänglich freizusprechen.
2. Die Entschädigungsforderungen seien abzuweisen bzw. darauf nicht einzutreten.
3. Unter Kosten und Entschädigungsfolge.
Er führt aus, dass bereits sehr vieles von seinen Kollegen erörtert worden sei, auf das grundsätzlich verwiesen werde. Im Fall D.___ sei es ähnlich wie bei den anderen Beschuldigten. Herr L.___ sei der einzige Belastungszeuge. Dieser habe ausgesagt, er habe von Herrn D.___ den Tipp erhalten, dass dieser die Tat organisiert habe. Dieses Treffen – wenn es denn stattgefunden hätte – hätte zwischen dem 14.März und Mitte Mai 2010 gewesen sein müssen. Ab Mitte Mai 2010 sei Herr D.___ ja in Haft gewesen. Das Zeitfenster sei sehr kurz gewesen. L.___ sei der einzige, der seinen Klienten belaste, auch wenn die Staatsanwaltschaft behaupte, das sei nicht so. Sie verweise dabei auf den Zeugen Schwarz. Im Plädoyer des Staatsanwaltes werde ausgeführt, die Aussagen von Herrn Schwarz seien glaubhaft. Jedoch kenne der Zeuge Schwarz keinen der Beschuldigten. Dieser habe die Informationen also nur vom Hörensagen. Er glaube nicht, dass man das im Ernst als Belastung von Herrn D.___ auffassen könne. Deshalb könne man nicht auf den Zeugen Schwarz abstellen. Der einzige Belastungszeuge sei demnach L.___. Betreffend dessen Glaubwürdigkeit sei von den Kollegen bereits viel gesagt worden. Zum einen seien da die formellen Rügen hinsichtlich Verwertbarkeit der Aussagen, die absolut zutreffend seien. Zum anderen müsse man auch materiell sehen, dass die Aussagen alles andere als glaubhaft seien. Es werde behauptet im Urteil der Vorinstanz, dass Herr D.___ angeblich die beiden Mittäter nach [Ort 1] gefahren habe. Auf Seite 34 des Urteils werde auf die Ausführungen von Herrn L.___ eingegangen. Es werde festgehalten, dass L.___ gesagt habe, dass er B.___ vor der Tat ein paar Mal gesehen habe und ihn zusammen mit D.___ in [Stadt 1] getroffen habe. Er sei sich nicht sicher, aber möglicherweise habe D.___ die Täter an den Tatort gebracht. Die Vorinstanz stelle auf die Aussagen von L.___ ab, obwohl er ausgesagt habe, nur «möglicherweise» habe D.___ die Täter an den Tatort gebracht. Weiter werde im Urteil Wert darauf gelegt, die Glaubhaftigkeit der Aussagen von L.___ zu unterstreichen, indem ausgeführt werde, dass sich seine Aussagen durch eine Fülle von Täterwissen auszeichneten. So werde erwähnt, er habe viele Details erwähnt, was für seine Glaubhaftigkeit spreche. Nun müsse das Obergericht entscheiden, ob es glaubhaft sei, dass Herr D.___ nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ein Schwerstkrimineller sei. Ob dieser Herrn L.___ unter anderem gesagt haben solle, dass die beiden angeblichen Täter an der Türe geklopft und nicht geläutet hätten. Es sei völlig unglaubhaft, dass Herr D.___ dem Zeugen L.___ solche Details erzählt haben solle. Es sei generell unglaubhaft, dass Herr D.___ dem Zeugen L.___ überhaupt etwas erzählt habe. Was hätte er für einen Grund gehabt, ihm irgendwas davon zu erzählen? Er sei gemäss Ansicht der Staatsanwaltschaft ein Profi-Einbrecher. Von einem Profi könne man sicher nicht erwarten, dass er in einem Café in der Öffentlichkeit einem Fremden solche Dinge erzähle. Im Übrigen könne D.___ gar nicht wissen, ob die Täter an der Türe geklopft oder geläutet hätten, denn nach der Theorie der Staatsanwaltschaft sei er ja im Auto gesessen. Das seien alles Punkte, die seiner Meinung nach mit den Gegebenheiten nicht zusammenpassten. Die Aussagen des Zeugen L.___ könnten folglich nicht stimmen. Es sei aus seiner Sicht möglich, dass Herr L.___ selber bei diesem Mord dabei gewesen sei, weshalb er auch all die Kenntnisse darüber habe. Er habe schon andere Raubüberfälle auf seinem Gewissen und sei kein unbeschriebenes Blatt. Dass er das gegenüber der Polizei nicht zugebe, sei logisch. So blauäugig sei das Obergericht nicht, ihm zu glauben, dass er ausgesagt habe, um einen Schlussstrich zu ziehen und alles wiedergutzumachen. Das sei ein Märchen, aber nicht die Wahrheit. Nach dem Gesagten könne man auf die Aussagen von L.___ nicht abstellen. Komme dazu, dass die Aussagen mehr als sieben Jahre nach der Tat erfolgt seien. Dass Herr D.___ derjenige gewesen sein solle, der den Tipp bekommen habe, sei eine unbewiesene Behauptung. Was genau in dieser Szene in [Stadt 1] gelaufen sei, das wisse man nicht. Die Aussagen von L.___ reichten schlicht und einfach nicht für eine Verurteilung von D.___. D.___ sei deshalb kostenlos vom Vorhalt freizusprechen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens seien die Entschädigungsforderungen abzuweisen bzw. darauf nicht einzutreten. Wenn das Obergericht wider Erwarten zu einem Schuldspruch komme, dann müsse das soeben Ausgeführte auch bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Die Strafzumessung der Vorinstanz sei vermessen. Es stehe bei seinem Klienten höchstens ein versuchter Raub zur Diskussion. Die Vorinstanz führe selber aus, die Einsatzstrafe sei im unteren Bereich des Strafrahmens festzusetzen und komme dann dennoch zu einer Einsatzstrafe von fünf Jahren und acht Monaten. Das könne nicht sein. Es müsse eine wesentliche Reduktion der Strafe vorgenommen werden, dies vor allem, weil das Beschleunigungsgebot klarerweise verletzt worden sei. Sollte es zu einem Schuldspruch kommen, so müssten diese Aspekte berücksichtig werden.
Hierauf halten der Staatsanwalt und die amtlichen Verteidiger einen zweiten Parteivortrag.
Letztes Wort der Beschuldigten
Die Beschuldigten verzichten auf ihr Recht auf das letzte Wort.
Damit endet der öffentliche Teil der Hauptverhandlung um 16:35 Uhr und das Gericht zieht sich zur geheimen Urteilsberatung zurück.
Die mündliche Urteilseröffnung vom 29. September 2022 um 14:00Uhr wird von den Parteien und den Medienvertretern per Livestream mitverfolgt.
Der Vorsitzende weist vorab darauf hin, dass das Urteil des Berufungsgerichts im Rahmen der mündlichen Eröffnung nur summarisch begründet werde. Massgeblich sei die schriftliche Begründung des Urteils, welches den Parteien in den kommenden Wochen eröffnet werde und ab deren Zustellung dann auch die Rechtsmittelfrist zu laufen beginne.
Anschliessend verliest der Vorsitzende den Urteilsspruch. Die drei Richter fassen die Beweiswürdigung der diversen Vorhalte zusammen und nehmen die rechtliche Würdigung vor. Sie äussern sich zur Strafzumessung (Tat- und Täterkomponenten, ausgefälltes Strafmass, Vollzugsform, Anrechnung) und begründen kurz die Beschlüsse des Berufungsgerichts betreffend die Anordnung von Sicherheitshaft. Mit den Angaben zur Kostenverteilung schliessen die Oberrichter die summarische Urteilsbegründung.
Den Parteivertretern wird abschliessend vom Vorsitzenden das Urteilsdispositiv und die separaten Beschlüsse betreffend die Anordnung von Sicherheitshaft in den kommenden Tagen in Aussicht gestellt. Um 15:15 Uhr erklärt der Vorsitzende die mündliche Urteilseröffnung für geschlossen.
Die Strafkammer des Obergerichts zieht in Erwägung:
I. Prozessgeschichte
1.
Am 14. März 2010 wurde [Herr G.___] (nachfolgend: das Opfer) in seinem Haus in [Ort 1] niedergeschlagen und erlitt massive Kopfverletzungen. Er wurde umgehend in Spitalpflege ins Universitätsspital Basel gebracht. Am 15. Juli 2010 verstarb er im Kantonsspital Basel.
2.
Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 16.März2010 wurde die Untersuchung gegen Unbekannt betreffend qualifizierten Raub eröffnet, welche in der Folge mehrfach bereinigt und ausgedehnt wurde.
3.
3.1 Durch das IRM Basel konnten ab dem Asservat 18 (schwarzer Schal) zwei DNA-Profile gesichert werden. Bei einem der Profile war das Opfer Spurengeber und beim zweiten Profil handelte es sich um dasjenige einer unbekannten Person. Am 28.August 2010 kam die Meldung, dass das genannte Profil in Frankreich einen Hit ausgelöst habe. Auf mehrfache Nachfrage der Solothurner Strafverfolgungsbehörden gaben die französischen Behörden am 6. Oktober 2010 bekannt, dass der Hit mit der Person namens B.___ (nachfolgend: Beschuldigter B.___) übereinstimme. Dieser war am 22. Mai 2010 [in der französischen Stadt 1] wegen eines Raubdelikts auf ein Juweliergeschäft verhaftet und erkennungsdienstlich behandelt worden. Der Beschuldigte B.___ wurde in der Folge in Frankreich wegen dieses Raubdelikts zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren (in einem ersten Urteil waren es 12 Jahre gewesen) verurteilt.
3.2 Am 24. Februar 2011 eröffnete die Staatsanwaltschaft die Untersuchung betreffend Raub sowie vorsätzliche Tötung gegen B.___ und dehnte diese am 8.August2014 auf Mord aus.
3.3 Die Versuche, mit den französischen Behörden Zugang zum Beschuldigten B.___ zu bekommen bzw. das weitere Vorgehen zu definieren, blieben erfolglos: sämtliche Vorstösse von Seiten der Staatsanwaltschaft Solothurn wurden abgewiesen bzw. es wurde gar nicht darauf eingetreten.
3.4 Durch das Bundesamt für Justiz wurden die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Solothurn am 30. Januar 2017 darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Beschuldigte B.___ an die Schweiz ausgeliefert werde und dieser bis am 8. Februar 2017 in Paris beim Flughafengefängnis abgeholt werden müsse. Dies erfolgte am 7. Februar 2017. Seither befindet sich der Beschuldigte B.___ in Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. derzeit im vorzeitigen Strafvollzug (bewilligt am 25. Februar 2019).
4.
4.1 Mit Verfügung des Haftgerichts vom 7. Juli 2017 wurde dem Zeugen "Paul Schwarz" (im Folgenden: Zeuge Schwarz) die Anonymität zugesichert. Dieser Zeuge machte namentlich Aussagen zur allfälligen Vorgeschichte des Delikts vom 14. März 2010 in [Ort 1]. Er hatte bereits am 22. März 2010 der Polizei anonym telefonisch mitgeteilt, die Täterschaft des Delikts vom 14. März 2010 in [Ort 1] sei im Umfeld der Pink Panther Organisation zu suchen.
4.2 «Pink Panthers» ist gemäss Wikipedia die Bezeichnung einer weltweit tätigen Gruppe von Juwelenräubern, die der Organisierten Kriminalität zugerechnet werden. Den geschätzten 200Mitgliedern wurden mit Stand von 2013 insgesamt 150Überfälle zugeschrieben, bei denen sie Schmuck im Wert von mehr als 200MillionenUS-Dollar erbeutet haben sollen. Die Bande sei weniger eine Diebesbande im klassischen Sinne, sondern eher ein soziales Netzwerk von Profis, aus welchem sich für jede Tat neue Kleingruppen rekrutierten. Die Gruppe sei in einer Art Zellen-System organisiert, deren Mitglieder sich nach einem nicht erkennbaren System immer wieder neu zusammenfänden, um ihre Überfälle auszuführen. Es gebe keine sichtbare klare Hierarchie wie beispielsweise in der Mafia, sondern einige Anführer, die für ihre Überfälle Handlanger engagierten, die beispielsweise Fluchtwagen stehlen oder Unterkünfte organisierten. Die Gemeinsamkeit der Mitglieder sei, dass sie fast alle aus dem ehemaligen Jugoslawien stammten, deshalb Serbokroatisch sprächen und grösstenteils in der Armee oder als Milizen im Einsatz gewesen seien. Darauf führe Interpol auch ihre Gewandtheit und Skrupellosigkeit im Umgang mit Waffen zurück. Laut einem Film der BBC habe die Gruppe gute Kontakte zum serbischen Geheimdienst BIA. Besonders der Handel des Diebesgutes solle mit dem Wissen von Politikern erfolgen. In den letzten Jahren scheine sich ein Generationswechsel zu vollziehen. Die jüngeren Mitglieder seien laut der Journalistin Havana Marking nicht mehr so professionell, agierten dafür aber umso brutaler.
5.
Im Herbst 2017 nahm der damals inhaftierte L.___ (im Folgenden: Zeuge L.___) Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden auf und teilte mit, er habe Informationen zu mehreren Straftaten. Er machte dann insbesondere Angaben, wonach C.___ (früher [unter einem anderen Namen], im Folgenden: Beschuldigter C.___) und D.___ (im Folgenden: Beschuldigter D.___) am Delikt in [Ort 1] und an anderen Straftaten beteiligt gewesen seien.
In der Folge eröffnete die Staatsanwaltschaft am 27. November 2017 eine Strafuntersuchung gegen die Beschuldigten C.___ und D.___ wegen Raubes und Mordes.
6.
Am 1. Dezember 2017 erliess das Bundesamt für Justiz einen internationalen Haftbefehl gegen den Beschuldigten C.___, welcher am 18. April 2018 in Rotterdam/NL verhaftet und am 11. Februar 2019, nachdem er sich gegen die Auslieferung gewehrt hatte, den Behörden des Kantons Solothurn übergeben wurde. Seither befindet sich der Beschuldigte C.___ in Untersuchungs- und Sicherheitshaft bzw. derzeit im vorzeitigen Strafvollzug (seit dem 12. August 2021).
7.
Am 15. März 2018 wurde der Beschuldigte D.___ international zur Verhaftung ausgeschrieben.
8.
Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 18. Januar 2019 wurde die Untersuchung gegen A.___ (im Folgenden: Beschuldigter A.___) wegen Raubes eröffnet. Die Vorwürfe gegen ihn betreffen nicht das Delikt in [Ort 1] vom 14. März 2010, sondern andere Delikte, die er zusammen mit angeblichen Mitbeteiligten am Delikt in [Ort 1] begangen haben soll. Mit Verfügung des Haftgerichts vom 25. Februar 2019 wurde gegen den Beschuldigten A.___ Untersuchungshaft angeordnet. Am 13. August 2019 wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen.
9.
Am 18. Februar 2020 trennte die Staatsanwaltschaft das Verfahren betreffend den (abwesenden) Beschuldigten D.___ von den übrigen Beschuldigten ab.
10.
10.1 Am 31. März 2020 erhob die Staatsanwaltschaft beim Richteramt Dorneck-Thierstein Anklage gegen die Beschuldigten A.___, B.___, C.___ und D.___ u.a. wegen qualifizierten Raubes und Mordes (erstellt wurden zweiAnklageschriften, eine davon im abgetrennten Verfahren gegen den Beschuldigten D.___).
10.2 Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 1. April 2020 wurde das Verfahren gegen den Beschuldigten C.___ betreffend Urkundenfälschung eröffnet. Die Anklageschrift gegen den Beschuldigten C.___ wegen dieses Vorhaltes datiert vom 18. August 2020.
11.
11.1 Das Richteramt Dorneck-Thierstein führte aufgrund der beiden Anklageschriften zunächst zwei Verfahren: das Verfahren DTSAG.2020.3 gegen die Beschuldigten B.___, C.___ und A.___ (drei Bundesordner der Vorinstanz: I, II und III), und das Verfahren DTSAG.2020.4 gegen den Beschuldigten D.___ (ein Bundesordner der Vorinstanz). Die beiden Verfahren wurden aber parallel geführt und mit einem einzigen Urteil abgeschlossen.
Das Verfahren betreffend die mit Anklageschrift vom 18. August 2020 dem Beschuldigten C.___ vorgeworfene Tathandlung (Urkundenfälschung) wurde mit Verfügung des Amtsgerichtspräsidenten von Dorneck-Thierstein vom 27. August 2020 mit dem Verfahren DTSAG.2020.3 betreffend Mord etc. vereinigt.
11.2 Mit Verfügung des Amtsgerichtspräsidenten vom 2. Juli 2020 wurden den Parteien die Termine der Hauptverhandlung mitgeteilt: 7. bis 11. Dezember 2020.
11.3 Mit Verfügung der a.o. Amtsgerichtsstatthalterin vom 24. September 2020 wurde das am 9. Juli 2020 gestellte Dispensationsgesuch von D.___ gutgeheissen. D.___ wurde von der persönlichen Teilnahme an der Hauptverhandlung dispensiert. Zudem wurde aus Sicherheitsgründen die Öffentlichkeit teilweise von der Verhandlung ausgeschlossen.
11.4 Mit Verfügung vom 27. Oktober 2020 wurden die Verhandlungsdaten und die Vorzuladenden bestimmt, die Hauptverhandlung vor Amtsgericht werde im Raum Solothurn durchgeführt, der konkrete Verhandlungsort werde den Parteien nach dem 20. November 2020 bekannt gegeben.
Am 19. November 2020 gab die Vorinstanz den Parteien den Verhandlungsort der Hauptverhandlung bekannt.
11.5 Die Ausstandsgesuche der Beschuldigten C.___ vom 20.November2020 und B.___ vom 26. November 2020 gegen die (neue) Amtsgerichtspräsidentin von Dorneck-Thierstein und die beiden vorgesehenen Amtsrichter wurden von der Beschwerdekammer des Obergerichts mit Beschlüssen vom 3. und 9. Dezember 2020 abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde (Verfahren BKAUS.2020.12 und 13).
Ein weiteres Ausstandsgesuch des Beschuldigten C.___ gegen die Richterbank des erstinstanzlichen Gerichts wurde von der Beschwerdekammer des Obergerichts mit Beschluss vom 19. Februar 2021 abgewiesen (Verfahren BKAUS.2021.1).
11.6 Am 7. Dezember2020 wurde die erstinstanzliche Hauptverhandlung, durchgeführt in der Justizvollzugsanstalt Solothurn in Deitingen, eröffnet. Zwecks Beratung von umfangreichen Vorfragen und Beweisanträgen der Beschuldigten und im Hinblick auf eine Quarantäne des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten B.___ wurde die Hauptverhandlung in der Folge unterbrochen. Es wurden als zusätzliche Verhandlungstage der 14. und 15. Dezember festgelegt.
11.7 Am zweiten Verhandlungstag vom 11. Dezember 2020 wurden die Anklagepunkte 4 bis 7 der Anklageschrift vom 31. März 2020 in Sachen B.___, C.___ und A.___ von den übrigen Anklagepunkten abgetrennt. Die Verhandlung musste gleichentags aufgrund des – gemäss Gericht unerlaubten – Verlassens des Gerichtssaals durch Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth (amtlicher Verteidiger des Beschuldigten C.___) wegen der Unterbringung seines Mandanten abgebrochen werden.
11.8 Mit Verfügung vom 26. März 2021 wurden die Anklagepunkte 4 bis 7 der Anklageschrift vom 31. März 2020 in Sachen B.___, C.___ und A.___ mit den übrigen Anklagepunkten wiedervereinigt. Gleichzeitig wurde den Parteien eröffnet, dass die Hauptverhandlung von Montag, 31. Mai 2021, bis und mit Montag, 7.Juni 2021, erneut im Raum Solothurn, fortgesetzt werde. Der konkrete Verhandlungsort wurde den Parteien schliesslich mit der Vorladungsverfügung vom 12.Mai2021 bekannt gegeben.
11.9 Am 31. Mai 2021 fand der dritte, am 1. Juni 2021 der vierte und schliesslich am 2.Juni2021 der fünfte Tag der erstinstanzlichen Hauptverhandlung statt.
11.10 Nach der Urteilsberatung vom 7. bis 14. Juni 2021 erfolgte die Urteilseröffnung am 28. Juni 2021 (im Einverständnis aller Parteien) per Videokonferenz.
11.11 Das Amtsgericht von Dorneck-Thierstein stellte vorfrageweise am 14. Juni 2021 das Strafverfahren gegen den Beschuldigten A.___ wegen des Vorhaltes der mehrfachen Widerhandlungen gegen das AIG zufolge rechtswidrigen Aufenthalts, angeblich begangen in der Zeit vom 1. März 2013 bis zum 14. Juni 2014 (Vorhalt Ziffer 6 der Anklageschrift vom 31. März 2020) zufolge Verjährung ohne Ausscheidung von Kosten und ohne Ausrichtung einer Entschädigung ein.
11.12 Das Amtsgericht von Dorneck-Thierstein fällte am 14. Juni 2021 folgendes Strafurteil:
«
I.
1. A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:
a) mehrfacher Diebstahl, begangen am 20. März 2009 und am 29. Juni 2010 (Vorhalte Ziff. 4 und 5 der Anklageschrift vom 31. März 2020),
b) mehrfache Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz (mehrfacher rechtswidriger Aufenthalt; Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung), begangen in der Zeit vom 14. Juni 2014 bis am 22. Februar 2019 (Vorhalte Ziff. 6 und 7).
2. A.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren.
3. A.___ wird die in der Zeit vom 22. Februar 2019 bis am 13. August 2019 erstandene Haft (im Erstehungsfalle) an die Freiheitsstrafe angerechnet.
II.
1. B.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:
a) Mord, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff. 1 der Anklageschrift vom 31. März 2020),
b) versuchter bandenmässiger Raub, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff.2),
c) bandenmässiger Raub, begangen am 3. Februar 2010 (Vorhalt Ziff. 3).
2. B.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren verurteilt.
3. B.___ werden die in der Zeit vom 30. Januar 2017 bis am 14. Juni 2021 erstandene Haft und der vorzeitige Strafvollzug an die Freiheitsstrafe angerechnet.
4. Zur Sicherung des Strafvollzugs wird B.___ im vorzeitigen Strafvollzug belassen.
III.
1. C.___ wird vom Vorhalt des bandenmässigen Raubes, angeblich begangen am 3.Februar 2010, freigesprochen (Vorhalt Ziff. 3 der Anklageschrift vom 31. März 2020).
2. C.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:
a) Mord, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff. 1 der Anklageschrift vom 31.März 2020),
b) versuchter bandenmässiger Raub, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff.2),
c) gewerbs- und bandenmässiger Diebstahl, begangen am 29. Juni 2010 (Vorhalt Ziff. 4),
d) Urkundenfälschung, begangen am 26. April 2019 (Vorhalt der Anklageschrift vom 18.August2020).
3. C.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 17 Jahren und 8 Monaten verurteilt.
4. C.___ wird die in der Zeit vom 18. April 2018 bis am 14. Juni 2021 erstandene Haft an die Freiheitsstrafe angerechnet.
5. Das Gesuch von C.___ um Haftentlassung wird abgewiesen. Zur Sicherung des Strafvollzugs bzw. im Hinblick auf ein mögliches Berufungsverfahren wird gegen C.___ die Fortsetzung der Sicherheitshaft für 6 Monate, d.h. bis am 30.Dezember 2021, angeordnet.
IV.
1. D.___ hat sich des versuchten bandenmässigen Raubes, begangen am 14.März 2010, schuldig gemacht (Vorhalt der Anklageschrift vom 31.März2020).
2. D.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 7 Monaten verurteilt.
V.
1. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ beschlagnahmten Gegenstände gemäss nachstehender Liste (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD) werden eingezogen und sind nach Rechtskraft des Urteils zu vernichten:
- 1 Schal schwarz
- 4 Kabelbinder (Tatort [Ort 1])
2. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ sichergestellten und beschlagnahmten Gegenstände gemäss nachstehender Liste (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD) sind der Berechtigten G.___ nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils innert vier Wochen auf erstes Verlangen herauszugeben und ansonsten zu vernichten:
- 1 Schürhaken
- 1 Arbeitshose
- 1 Hemd
3. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ sichergestellten und beschlagnahmten Gegenstände gemäss nachstehender Liste (aufbewahrt bei den Akten bzw. bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD) sind dem Berechtigten D.___ nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils innert vier Wochen auf erstes Verlangen herauszugeben und ansonsten zu vernichten:
- Ausländerausweis lautend auf [...]
- div. Bücher mit Visitenkarten
- div. Unterlagen
- div. Unterlagen und Fotoalben
- Mobiltelefon Samsung
4. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ von Dritten edierten 8 Kabelbinder (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD und bei der Staatsanwaltschaft Kanton Solothurn) verbleiben bei den Akten.
5. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ durch die Staatsanwaltschaft Kanton Solothurn erworbenen 3 Paare Turnschuhe, Marke Puma, sind nach Rechtskraft des Urteils zu verwerten bzw. zu vernichten, wobei ein allfälliger Nettoverwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) in die Staatskasse fällt.
VI.
1. B.___ und C.___ werden unter solidarischer Haftung verurteilt, der Privatklägerin G.___ CHF 35'000.00 als Genugtuung zu bezahlen, zuzüglich 5% Zins seit 14. März 2010.
2. B.___ wird verurteilt, der Privatklägerin H.___ CHF 1'500.00 als Genugtuung zu bezahlen. Die darüber hinausgehende Forderung wird abgewiesen.
VII.
1. B.___ und C.___ haben der Privatklägerin G.___, ehemals vertreten durch Rechtsanwalt Jgnaz Jermann, derzeit vertreten durch Advokat Pascal Riedo, unter solidarischer Haftung eine Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren von CHF41'710.90 (Rechtsanwalt Jermann CHF16'603.30, inkl. Auslagen und MwSt.; Advokat Riedo CHF25'107.60, inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.
2. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Rainer Fringeli, vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Balmer, wird auf CHF30'189.15 (Honorar CHF 26'883.00, Auslagen CHF 1'147.80, 7.7 % MwSt. CHF2'158.35) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
Nach Abzug der bereits geleisteten Akontozahlung von CHF 15'517.75 verbleibt eine Restanz von CHF 14'671.40 (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn).
3. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von B.___, Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger, wird auf CHF133'828.75 (Honorar CHF116'334.00, Auslagen CHF 7'819.00, 8 % MwSt. CHF 3'092.80, 7.7 % MwSt. CHF6'582.95) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von B.___ erlauben.
Nach Abzug der bereits geleisteten Akontozahlungen von total CHF 88'080.00 verbleibt eine Restanz von CHF 45'748.75 (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn).
4. Die Entschädigung des ehemaligen amtlichen Verteidigers von C.___, Rechtsanwalt K.___, wird auf CHF47'521.20 (Honorar CHF 40'842.00, Auslagen CHF 3'281.60, 7.7 % MwSt. CHF3'397.60) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von C.___ erlauben.
Nach Abzug der bereits geleisteten Akontozahlungen von total CHF 32'000.00 verbleibt eine Restanz von CHF 15'521.20 (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn).
5. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von C.___, Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, wird auf CHF74'863.00 (Honorar CHF56'734.20, Auslagen CHF12'776.50, 7.7 % MwSt. CHF5'352.30) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10Jahren im Umfang von CHF72'209.80, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von C.___ erlauben.
Nach Abzug der bereits geleisteten Akontozahlungen von total CHF 56'106.75 verbleibt eine Restanz von CHF18'756.25.
6. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von D.___, Advokat Alex Hediger, wird auf CHF23'041.35 (Honorar CHF 19'917.50, Auslagen CHF1'476.50, 7.7% MwSt. CHF1'647.35) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn). Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von D.___ erlauben.
7. Die Kosten des Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF32‘000.00, total CHF164'105.80, sind wie folgt zu bezahlen:
a) A.___: | ||||||
individuelle Auslagen | CHF | 15'683.45 | ||||
Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||
Anteil Urteilsgebühr | CHF | 3'451.00 | ||||
Total | CHF | 19'386.55 | ||||
b) B.___: | ||||||
individuelle Auslagen | CHF | 37'263.85 | ||||
Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||
Anteil Urteilsgebühr | CHF | 8'305.00 | ||||
Total | CHF | 45'820.95 | ||||
c) C.___: | ||||||
individuelle Auslagen | CHF | 40'888.40 | ||||
Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||
Anteil Urteilsgebühr | CHF | 9'168.25 | ||||
Total | CHF | 50'308.75 | ||||
d) D.___ : | ||||||
individuelle Auslagen | CHF | 29'033.80 | ||||
Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||
Anteil Urteilsgebühr | CHF | 6'510.15 | ||||
Total | CHF | 35'796.05 | ||||
e) Im Übrigen gehen die Verfahrenskosten zulasten von Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth (gemäss Ziff. 8 nachfolgend) sowie zulasten des Staates Solothurn. | ||||||
8.
a) Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth wird gestützt auf Art. 417 StPO verpflichtet, die durch den Unterbruch der Hauptverhandlung verursachten Mehrkosten des Verfahrens wie folgt zu bezahlen:
Polizeikosten | CHF | 5'080.00 |
Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 400.00 |
Anteil Urteilsgebühr | CHF | 4'000.00 |
Anteil Entschädigung amtl. Verteidigung übrige Beschuldigte | CHF | 8'558.50 |
Total | CHF | 18'038.50 |
b) Die von Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth gemäss lit. a) vorstehend zu tragenden Verfahrenskosten von CHF 18'038.50 werden mit der Restforderung gemäss VII. Ziff.5 (Entschädigung amtliche Verteidigung) in Höhe von CHF18'756.25 verrechnet (Art. 442 Abs. 4 StPO), womit ein Saldo von CHF717.75 zugunsten von Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth verbleibt (auszahlbar durch die Zentrale Gerichtskasse Solothurn).»
12.
12.1 Gegen das Urteil liessen die vier Beschuldigten sowie Rechtsanwalt Fingerhuth die Berufung anmelden.
12.2 Mit ihren Berufungserklärungen (BE) liessen die vier Beschuldigten als Berufungskläger folgende Anträge stellen:
- A.___ (BE vom 17. September 2021, Berufungsverfahren Akten Seiten 140 f., im Folgenden: BV AS 140 f.): Der Beschuldigte sei vollumfänglich freizusprechen, das Ganze unter o/e-Kostenfolge, wobei ihm für die zu Unrecht ausgestandene Haft eine angemessene Entschädigung auszurichten sei.
- B.___ (BE vom 22. September 2021, BV AS 162 ff.): Der Beschuldigte sei von allen Vorhalten freizusprechen und von der Bezahlung von Zivilforderungen, einer Parteientschädigung und von Gerichtskosten zu befreien. Dem Beschuldigten seien Entschädigungen von CHF 4'000.00 pro Monat für wirtschaftliche Einbussen ab seiner Ankunft in der Schweiz und CHF 200.00 pro Hafttag, jeweils nebst Zins zu 5% ab dem 7. Februar 2017, zu bezahlen. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers sei auf CHF 164'200.78 festzusetzen und die Gerichts- und Verfahrenskosten seien dem Staat aufzuerlegen.
- C.___ (BE vom 16. September 2021; BV AS 136 f.): Der Beschuldigte sei vollumfänglich freizusprechen und die Zivilklage von G.___ sei abzuweisen. Die Verfahrenskosten mit Einschluss der Kosten der amtlichen Verteidigung seien ohne Rückzahlungsvorbehalt auf die Gerichtskasse zu nehmen. Dem Beschuldigten seien eine anlässlich der Berufungsverhandlung zu beziffernde Entschädigung und eine Genugtuung zu bezahlen.
- D.___ (BE vom 2. September 2021, BV AS 004 f.): Der Beschuldigte sei freizusprechen unter o/e Kostenfolge für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren.
Beweisanträge wurden mit Ausnahme des Beizugs der vollständigen Akten keine gestellt.
13.
13.1 Die Beschwerdekammer des Obergerichts trat mit Beschluss vom 13. Juli 2021 (BKBES.2021.108) nicht auf die Beschwerde von Rechtsanwalt Fingerhuth ein, er habe sich auf dem Weg der Berufung gegen seine Kostenauflage zu wehren.
13.2 Mit Berufungserklärung vom 16. September 2021 liess Rechtsanwalt Fingerhuth beantragen, die Ziffern II.7.e sowie II.8.a und b seien aufzuheben, dies unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Weiter wurde beantragt, das Berufungsverfahren gegen ihn sei vom Berufungsverfahren gegen den Beschuldigten C.___ abzutrennen und es wurden diverse Beweisanträge eingereicht.
13.3 Nachdem die Parteien keine Einwände gegen das Abtrennungsbegehren des Berufungsklägers Fingerhuth erhoben hatten, wurde das Verfahren betreffend den Berufungskläger Fingerhuth mit Verfügung vom 15. Dezember 2021 vom vorliegenden Verfahren STBER.2021.87 abgetrennt. Dafür wurde ein neues Berufungsverfahren mit der Nummer STBER.2021.112 eröffnet.
14.
Der Oberstaatsanwalt erklärte mit Eingabe vom 13. Oktober 2021 die Anschlussberufung hinsichtlich der Berufung von C.___. Angefochten werde der Freispruch vom Vorhalt des bandenmässigen Raubes gemäss Ziffer III.1 des erstinstanzlichen Urteils (AKS Ziffer 3) und entsprechend werde die Ausfällung einer längeren Freiheitsstrafe verlangt. Beweisanträge würden zurzeit keine gestellt.
15.
Mit Verfügung vom 15. Februar 2022 wurde auf Mittwoch, 21. September 2022, bis Freitag, 23. September 2022, zur Hauptverhandlung vor das Berufungsgericht, durchgeführt auf Wunsch der Polizei Kanton Solothurn aus Sicherheitsgründen in der JVA Solothurn in Deitingen, vorgeladen. Die mündliche Urteilseröffnung wurde auf Donnerstag, 29. September 2022, vorgesehen.
16.
Zu Beginn der Hauptverhandlung vom 21. September 2022 wies der Vorsitzende darauf hin, dass bezüglich des Antrags des Berufungsklägers B.___, mit dem eine höhere Entschädigung für seinen amtlichen Verteidiger verlangt wird (insgesamt CHF 164'200.78 statt der zugesprochenen insgesamt CHF 133'828.75), wohl auf die Berufung nicht eingetreten werden könne. Der Berufungskläger B.___ habe kein eigenes, rechtlich geschütztes Interesse an der Erhöhung der Entschädigung seines amtlichen Verteidigers, der amtliche Verteidiger hätte die Höhe der Entschädigung auf dem Wege der Beschwerde selbst anfechten müssen (Art. 135 Abs. 3 lit. a StPO).
Dieser Antrag wurde in der Folge vom Beschuldigten B.___ zurückgezogen.
17.
17.1 Damit ist das erstinstanzliche Urteil wie folgt teilweise in Rechtskraft getreten:
- Einziehungs- und Herausgabeentscheide gemäss Ziffer V. des Urteils;
- Zugesprochene Entschädigungen an die amtlichen Verteidiger gemäss Ziffern VII.4. bis VII.7. der Höhe nach.
17.2 Die nachfolgende Urteilsbegründung ist analog dem Vorgehen der Vorinstanz wie folgt aufgebaut:
- Ziffer II: Formelles
- Ziffer III: Vorhalt der Urkundenfälschung gegenüber C.___ gemäss Anklageschrift vom 18. August 2020 (zu finden im Aktenordner I der Vorinstanz Seiten 183 f., im Folgenden: DT I/183 f.);
- Ziffer IV: Delikte vom 14. März 2010 (Tötungs-/Raubdelikt [Ort 1]) gemäss den Anklageschriften vom 31. März 2020 (zu finden im Aktenordner I der Vorinstanz Seiten 1 ff.; im Folgenden: DT I/1 ff., und DT «[…]» AS 4 ff., Ziffern 1 und 2 bzw. Ziffer 1), Beschuldigte B.___, C.___ und D.___;
- Ziffer V: Delikt vom 3. Februar 2010 (Raubdelikt in [Ort 4]/AG) gemäss Ziffern 3 der Anklageschrift vom 31. März 2020, Beschuldigte B.___ und C.___;
- Ziffer VI: Delikt vom 29. Juni 2010 (Diebstahl in [Ort 3]/AG) gemäss Ziffer 4 der Anklageschrift vom 31. März 2020, Beschuldigte C.___ und A.___;
- Ziffer VII: Delikt vom 20. März 2009 (Diebstahl in [Ort 2]/BL) gemäss Ziffer 5 der Anklageschrift vom 31. März 2020, Beschuldigter A.___;
- Ziffer VIII: Mehrfacher rechtswidriger Aufenthalt und mehrfache Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung gemäss Ziffern 6 und 7 der Anklageschrift vom 31. März 2020, Beschuldigter A.___;
- Ziffer IX: Strafzumessung;
- Ziffer X: Zivilforderungen;
- Ziffer XI: Kosten und Entschädigungen.
II. Formelles
1. Rückweisungsantrag
1.1 Der Beschuldigte C.___ liess zu Beginn der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht erstmals die Rückweisung der Sache zu neuer Beurteilung und Entscheidung an das Amtsgericht beantragen. Begründet wurde der Antrag in erster Linie damit, der Beschuldigte C.___ sei im erstinstanzlichen Verfahren zumindest im ersten Teil aufgrund der Unterbringung weder physisch noch psychisch in der Lage gewesen, sich zu verteidigen. Zudem sei ihm damals die Mitnahme von Unterlagen aus dem Gefängnis Muttenz in die JVA Solothurn – aus welchen Gründen auch immer – untersagt worden. Weiter seien von der ersten Instanz verschiedene wesentliche verfahrens- und materiellrechtliche Einwände der Verteidigung einfach nicht behandelt worden und darüber sei auch nicht entschieden worden. Dies stelle eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschuldigten dar. Auch wenn diese zuletzt erwähnte Verletzung alleine für sich wohl noch keinen Grund für eine Rückweisung nach Art. 409 Abs. 1 StPO darstelle, könne nicht ernsthaft behauptet werden, dass das erstinstanzliche Verfahren fair verlaufen sei. Die dargelegten Mängel hätten sich auf das Verfahren ausgewirkt und zumindest die ungenügende Verteidigung könne im Berufungsverfahren nicht geheilt werden, weshalb antragsgemäss eine Rückweisung zu erfolgen habe.
1.2 Der Staatsanwalt entgegnete dem, die erste Verhandlung vor Amtsgericht sei ja abgebrochen worden. Bis zum Abbruch seien nur Vorfragen behandelt worden. Nach der Fortsetzung seien keine Mängel mehr gelten gemacht worden, der Beschuldigte C.___ sei da ja auch in Muttenz untergebracht gewesen.
1.3 Ob dieser Antrag verspätet gestellt wurde, im Rahmen der Berufungserklärung wurde keine Rückweisung beantragt, kann offenbleiben, da der Antrag offensichtlich unbegründet ist. Zum Verlauf der erstinstanzlichen Verhandlung vom Dezember 2020 bis zum – vom Verteidiger des Beschuldigten C.___ erzwungenen – Abbruch (nach der Behandlung der Vorfragen) kann auf das Urteil des Bundesgerichts 1B_113/2021 vom 25. Januar 2022 verwiesen werden: eine wesentliche Beeinträchtigung der Verteidigungsmöglichkeiten des Beschuldigten lag schon damals nicht vor. Erst recht lag sie nicht vor bei der Fortsetzung der Verhandlung im Mai/Juni 2021, damals wurden vom Beschuldigten C.___ keinerlei Einwände vorgebracht. Welche verfahrens- und materiellrechtlichen Einwände des Beschuldigten von der Vorinstanz nicht behandelt worden sein sollen, wird nicht konkret ausgeführt. Dies wohl auch darum, weil der Beschuldigte C.___ selbst einräumen lässt, dass diese Vorbringen angesichts der vollen Kognition des Berufungsgerichts keinen Grund für eine Rückweisung darstellen.
1.4 Der Rückweisungsantrag des Beschuldigten C.___ ist daher abzuweisen.
2. Verletzung Spezialitätenprinzip
2.1 Der Beschuldigte B.___ liess zu Beginn der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht beantragen, es sei das Verfahren gegen ihn wegen Mordes (AS 1) sowie bandenmässigen Raubes (AS 2 = [Ort 1] und AS 3 = [Ort 4]) einzustellen. Er argumentierte, er sei mit Dekret vom 8.Juli2011 (AS 28235), welchem der Haftbefehl vom 25.Februar 2011 (AS 17010 ff., 28195 ff.) zugrunde gelegen habe, wegen vorsätzlicher Tötung und Raubes, aber nicht wegen Mordes ausgeliefert worden (AS 39060 ff., insb. 39061). Eine andere rechtliche Würdigung von vorsätzlicher Tötung zu Mord sei unzulässig. Auch die Anklagepunkte 2 und 3 seien durch das Auslieferungsgesuch des Bundesamts für Justiz und die Auslieferungsbewilligung der französischen Behörden nicht gedeckt, da sich die mit der Auslieferung zusammenhängenden Dokumente einzig auf den Vorwurf des Raubes und nicht des bandenmässigen Raubes bezögen (Plädoyer zu Vorfragen, S. 10). Er habe nicht auf die Spezialität verzichtet.
2.2 C.___ liess die Einstellung des Verfahrens wegen bandenmässigen Raubes, gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls sowie Urkundenfälschung (AS 2, 3 und 4 resp. erg. AS v. 18.8.20) beantragen. Es liege kein Auslieferungsentscheid vor. In den Akten befinde sich der Haftbefehl vom 1.Dezember2017 (AS 19010). Mutmasslich handle es sich bei AS 19093 (Dokument vom 29.Januar2019) um den Auslieferungsentscheid (AS 19120). Dieses Dokument sei holländisch und beziehe sich lediglich auf die im Haftbefehl nach Ziff. 1.2.1 beschriebenen Handlungen (19095, Ziff. 5 a.E.). Dem Haftbefehl vom 1.Dezember2017 könne jedoch keine Ziff. 1.2.1 entnommen werden. Das Bundesamt für Justiz habe mit Schreiben vom 24.April2018 unter Verweis auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 23.April2018 die Holländer um Auslieferung ersucht (AS 19030 und 19023). Dem Auslieferungsersuchen seien die Tatbestände des Mordes und einfachen Raubes in [Ort 1] zugrunde gelegen (19010, 19023). Die Auslieferung sei unter Hinweis auf das Spezialitätenprinzip erfolgt (19118). Wenn es sich beim Schreiben vom 29.Januar2019 tatsächlich um den holländischen Auslieferungsentscheid handeln sollte, müsse dieser so verstanden werden, dass damit eine Auslieferung von C.___ für die im Schreiben der Staatsanwaltschaft an das Bundesamt für Justiz vom 23.April2018 umschriebenen Delikte des Mordes und einfachen Raubes (AS 19023) bewilligt worden sei (AS 19093). Damit bleibe für abweichende Vorwürfe des bandenmässigen Raubes sowie des gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls kein Raum. Ebenfalls nicht Gegenstand des Auslieferungsentscheides sei der Raub in [Ort 4] (AS 3). Hinsichtlich des Diebstahls in [Ort 3] sei um nachträgliche Auslieferung wegen einfachen Diebstahls ersucht worden (AS 19111 und 19115). Eine Verurteilung wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls sei daher ausgeschlossen. Der gefälschte Arztbericht schliesslich sei vom holländischen Anwalt von C.___ bereits vor der Auslieferung im holländischen Auslieferungsverfahren eingereicht worden, nämlich am 17.Mai2018 (AS 19035). Die Urkundenfälschung sei somit vor der Auslieferung begangen worden, jedoch im Auslieferungsersuchen und im entsprechenden Auslieferungsentscheid nicht enthalten (Plädoyer Vorfragen, S. 17 ff.).
2.3 Die Staatsanwaltschaft argumentierte, die Auslieferungsbewilligung C.___ sei in den Akten falsch abgelegt. Im Schreiben des Bundesamtes für Justiz (AS 19118) werde bestätigt, dass C.___ gemäss Sachverhalt im Haftbefehl bzw. Schreiben vom 23.April2018 verfolgt werden dürfe. Die gefälschte Urkunde sei im Original am 26.April2019 eingereicht worden (AS 20057). Ob eine Kopie zuvor schon in Holland eingereicht worden sei und zusätzlich in Holland eine Straftat begangen worden sei, sei deshalb irrelevant.
2.4 Der Grundsatz der Spezialität ist in Art. 14 des Europäischen Auslieferungsübereinkommen normiert:
«1. Der Ausgelieferte darf wegen einer anderen, vor der Übergabe begangenen Handlung als derjenigen, die der Auslieferung zugrundeliegt, nur in folgenden Fällen verfolgt, abgeurteilt, zur Vollstreckung einer Strafe oder sichernden Massnahme in Haft gehalten oder einer sonstigen Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen werden:
a.
wenn der Staat, der ihn ausgeliefert hat, zustimmt. Zu diesem Zweck ist ein Ersuchen unter Beifügung der in Artikel 12 erwähnten Unterlagen und eines gerichtlichen Protokolls über die Erklärungen des Ausgelieferten zu stellen. Die Zustimmung wird erteilt, wenn die strafbare Handlung, derentwegen um Zustimmung ersucht wird, an sich nach diesem Übereinkommen der Verpflichtung zur Auslieferung unterliegt;
b.
wenn der Ausgelieferte, obwohl er dazu die Möglichkeit hatte, das Hoheitsgebiet des Staates, dem er ausgeliefert worden ist, innerhalb von 45 Tagen nach seiner endgültigen Freilassung nicht verlassen hat, oder wenn er nach Verlassen dieses Gebiets dorthin zurückgekehrt ist.
2. Der ersuchende Staat kann jedoch die erforderlichen Massnahmen treffen, um einen Ausgelieferten ausser Landes zu schaffen oder nach seinen Rechtsvorschriften die Verjährung zu unterbrechen sowie ein Abwesenheitsverfahren durchführen.
3. Wird die dem Ausgelieferten zur Last gelegte Handlung während des Verfahrens rechtlich anders gewürdigt, so darf er nur insoweit verfolgt oder abgeurteilt werden, als die Tatbestandsmerkmale der rechtlich neu gewürdigten strafbaren Handlung die Auslieferung gestatten würden.»
Für Auslieferungsersuchen an die Schweiz enthalten die Art. 38 Abs. 1 lit. a und 39 IRSG analoge Bestimmungen. Zu berücksichtigen ist auch Art. 344 StPO, der die andere rechtliche Würdigung regelt.
2.5 Zum Grundsatz der Spezialität lassen sich die folgenden Lehrmeinungen zitieren:
2.5.1 Donatsch/Heimgartner/Meyer/Simonek, Internationale Rechtshilfe unter Einbezug der Amtshilfe im Steuerrecht, Zürcher Grundriss des Strafrechts, 2. A., 2015, S. 116 ff:
Der Grundsatz der Spezialität sichert die Einhaltung der materiellen Grenzen der Rechtshilfe ab, namentlich die Verhältnismässigkeit und die beidseitige Strafbarkeit. Die von der Rechtshilfe betroffene Person kann sich darauf berufen. Der Grundsatz gilt nur für Delikte, die der Betroffene vor der Auslieferung begangen hat. Für die Verfolgung für nicht vom ursprünglichen Ersuchen gedeckte Delikte bedarf es eines Verzichts des Betroffenen auf die Spezialität oder der Zustimmung des ersuchten Staates. Eine solche Zustimmung aufgrund eines entsprechenden Nachtragsersuchens ist auch erforderlich, wenn neue Beweise und Indizien zu einer veränderten Sachverhaltsdarstellung führen. Kein Nachtragsersuchen ist erforderlich, wenn die Auslieferung wegen eines Grunddelikts oder eines qualifizierten Delikts erfolgt und das Gericht auf ein privilegiertes Delikt erkennen will (ad maiore minus). Im umgekehrten Fall, dass auf ein qualifiziertes Delikt anstatt das in der Sachverhaltsdarstellung umschriebene Grunddelikt erkannt werden soll, bedarf es indessen einer Zustimmung des ersuchten Staates. Bei einer anderen rechtlichen Würdigung ist nur dann ein Nachtragsersuchen erforderlich, wenn unter Umständen die Voraussetzungen für eine Auslieferung nicht mehr gegeben sein könnten, etwa, wenn für das neu infrage stehende Delikt die Auslieferung nicht zulässig ist.
2.5.2 Roy Garré in BSK (Niggli, Heimgarnter), internationales Strafrecht zu Art. 38 IRSG, Gerhard Fiolka in BSK internationales Strafrecht zu Art. 39 IRSG, jeweils 1. Auflage 2015:
Der Verzicht auf die Durchführung des Auslieferungsverfahrens (vereinfachte Auslieferung) impliziert nicht den Verzicht auf die Spezialität (Garré N 2). Die Auslieferung wird für ein bestimmtes menschliches Verhalten gewährt. Die Abgrenzung zu anderen Verhalten erfolgt wie im Strafprozessrecht bei der Handhabung des Anklagegrundsatzes. Wenn sich im Laufe der Untersuchung der juristische Charakter der Tat ändert, ist zu differenzieren: Findet eine Erschwerung statt, sollte grundsätzlich eine nachträgliche Auslieferung beantragt werden, wenn gerade wegen der Erschwerung der strafprozessualen Position der betroffenen Person unerwartete Rechtshilfehindernisse auftauchen könnten, wobei i.d.R. die Auslieferung a fortiori möglich sein sollte. Findet hingegen eine Erleichterung statt, kann eine Verurteilung ohne Verletzung der Spezialität erfolgen unter der Bedingung, dass der Grundtatbestand des ursprünglichen Auslieferungsdeliktes gewahrt bleibt (z.B. Diebstahl statt Raub) und die Mindeststrafe gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a IRSG nicht unterschritten wird (Garré N 5).
Die Auslieferung bezieht sich stets auf Handlungen bzw. Taten. Für welche Handlung die Auslieferung bewilligt wurde, bestimmt sich nicht nach den anwendbaren oder im Auslieferungsersuchen geltend gemachten Bestimmungen des materiellen Rechts des ersuchenden Staates, sondern nach dem im Auslieferungsersuchen bzw. im Entscheid dargestellten Sachverhalt (Fiolka N 15). Eine abweichende rechtliche Würdigung ist daher gem. Art. 14 Ziff. 3 EAÜ zulässig. Auch Änderungen an untergeordneten Einzelheiten des Sachverhaltes führen nicht zwingend dazu, dass nun plötzlich eine «weitere Straftat» vorliegt, sondern nur dann, wenn gerade diese Sachverhaltselemente allenfalls einen Ausschluss der Rechtshilfe begründen oder wenn ein anderes Verhalten zur Last gelegt wird als im Auslieferungsersuchen (Fiolka 16). Massgebend ist das Kriterium der Tatidentität, das vom EuGH im Bezug auf Art. 54 SDÜ entwickelt worden ist (ne bis in idem). Unter Identität der materiellen Tat wäre demnach das «Vorhandenseins eines Komplexes unlösbar miteinander verbundener Tatsachen, unabhängig von der rechtlichen Qualifikation dieser Tatsachen oder von dem geschützten rechtlichen Interesse» zu verstehen. Es kommt mithin nicht darauf an, wie das Verhalten im ersuchenden Staat genau qualifiziert wird, sondern darauf, ob Tatsachen, die Gegenstand eines weiteren Strafverfahrens bzw. einer weiteren Verurteilung sein sollen, mit den Tatsachen, hinsichtlich derer die Auslieferung beantragt wurde, unlösbar verbunden sind oder nicht (Fiolka 17).
Der Umstand, dass das Ausdehnungsverfahren letztlich zu faktisch nicht durchsetzbaren Ergebnissen führt, lässt eine Betrachtung der Tat unter dem Blickwinkel der Normidentität prima facie als wenig sachdienlich erscheinen: Müsste der ersuchte Staat bei jeder Abweichung von den ursprünglich im Ersuchen genannten Strafbestimmungen um Ausdehnung ersuchen, die dann auch regelmässig zu gewähren wäre, entstünde in erster Linie ein bürokratischer Leerlauf. Dieser erste Eindruck wird auch dadurch erhärtet, dass der ersuchende Staat nach Treu und Glauben annehmen darf, dass er den Ausgelieferten für das dem Auslieferungsersuchen zugrundeliegende Verhalten umfassend aburteilen darf, soweit ihm keine Verweigerungsgründe bekannt sind. Es wäre eigenartig, dem Sachrichter die Überprüfung aufzubürden, ob die Strafbestimmungen, die er im Ergebnis als erfüllt ansieht, in materieller Hinsicht etwa bezüglich der geschützten Rechtsgüter den Bestimmungen entsprechen, die die Behörden bei der Beurteilung des Ersuchens im Auge hatten (Fiolka 18).
2.5.3 Zu Art. 344 StPO halten sowohl Fingerhuth/Gut im Kommentar Donatsch/Lieber/Summers/Wohlers als auch Hauri/Venetz im Basler Kommentar übereinstimmend fest, dass eine andere rechtliche Würdigung nur möglich sei, wenn der abweichende Tatbestand sich auch mit dem Sachverhalt der Anklage decke. Es genüge nicht, dass sich die Beweise für den neuen Tatbestand aus den Akten ergebe, ohne dass der Sachverhalt auch in der erforderlichen Klarheit in der Anklage erscheine. Bei gleichbleibendem Sachverhalt grundsätzlich unzulässig sei der Wechsel von vorsätzlicher Tötung zu Mord, wenn es an der Umschreibung der Skrupellosigkeit fehle (Fingerhuth/Gut, N 2 und 3). Voraussetzung für eine zulässige andere rechtliche Würdigung sei, dass der eingeklagte Sachverhalt, sämtliche erforderlichen Tatbestandselemente des ins Auge gefassten Delikts genügend umschreibe. Ein Wechsel der rechtlichen Würdigung bei unverändertem Sachverhalt erscheine von Raub zu Diebstahl als zulässig. Dagegen erscheine ein Würdigungswechsel ohne Anpassung des Sachverhalts von vorsätzlicher Tötung zu Mord regelmässig als unzulässig (Hauri/Venetz, N. 4 ff.).
2.6 Aus den Akten ergibt sich, dass mit Beschluss vom 29.Januar2019 (AS 19093 = 19121) Holland gestützt auf den Haftbefehl vom 1.Dezember2017 (AS 19010) die Auslieferung des Beschuldigten C.___ wegen der im Haftbefehl aufgeführten Delikte bewilligte. Der Haftbefehl führt Mord und Raub (140 Ziff. 1) auf, im Sachverhalt ist ersichtlich, dass der Beschuldigte diese Delikte mit weiteren Mittätern beging. Das geht auch aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 23.April2018 an das Bundesamt für Justiz hervor (AS 19023). Am 27.März2019 bewilligte Holland die Auslieferung des Beschuldigten C.___ zusätzlich wegen einfachen Diebstahls in [Ort 3] gemäss Haftbefehl vom 13.Februar2019 (AS 19111, 19115, 19125). Auch diesem Haftbefehl lässt sich entnehmen, dass der Beschuldigte in [Ort 3] mit Mittätern handelte. Am 30.Januar2020 teilte Holland mit, dass die Auslieferung von C.___ zusätzlich wegen bandenmässigen Raubes, begangen am 3.Februar2010 in [Ort 4] bewilligt wird (AS 39017, 39024 ff.).
2.7 Somit sind sämtliche Lebenssachverhalte ([Ort 1], [Ort 4] und [Ort 3]) durch Auslieferungsbewilligungen abgedeckt. Aus der letzten Bewilligung vom 30.Januar2020 ergibt sich zudem, dass es um bandenmässigen Raub geht. Hinsichtlich [Ort 1] und [Ort 3] ergibt sich aus den Haftbefehlen, dass der Beschuldigte mit Mittätern handelte. Dies ist der wesentliche Lebenssachverhalt gemäss dem Kriterium der Tatidentität nach Art. 54 SDÜ. Die Qualifikation der Gewerbs- und Bandenmässigkeit im juristischen Sinn kann sich ja logischerweise erst dann ergeben, wenn man den Gesamtzusammenhang aller Delikte sieht. Dass aber die Auslieferung für qualifizierten Raub und Diebstahl a fortiori zulässig ist, steht ausser Zweifel. Das Schreiben des Bundesamts für Justiz vom 10.Dezember2020 ist daher zutreffend. Die Erwägungen zu Art. 344 StPO sind nicht einschlägig. Hinsichtlich der Urkundenfälschung ist erstellt, dass das Original des Arztberichtes nach der Auslieferung eingereicht wurde (AS 20057). Selbst wenn der Beschuldigte C.___ sich bereits vor der Auslieferung in Holland wegen desselben Deliktes strafbar gemacht hätte, spielt das zumindest solange keine Rolle, als nicht die Holländer ihn wegen desselben Deliktes verfolgt hätten (ne bis in idem). Dafür liegen keine Hinweise vor.
2.8 Zusammenfassend besteht hinsichtlich des Beschuldigten C.___ kein Verfahrenshindernis.
2.9 Hinsichtlich des Beschuldigten B.___ wird im Haftbefehl vom 25.Februar2011 (AS 28195) vorsätzliche Tötung und Raub (140 Ziff. 1) vorgehalten. Aus dem geschilderten Sachverhalt lässt sich jedoch die Skrupellosigkeit ohne weiteres ableiten. Hinsichtlich Raub gilt das beim Beschuldigten C.___ Gesagte. Es geht aus dem Haftbefehl hervor, dass der Beschuldigte B.___ mit einem Mittäter handelte, somit ist der Lebenssachverhalt hinsichtlich des Mordes und des bandenmässigen Raubes geschildert. Hinsichtlich [Ort 4] bewilligte das Appellationsgericht [der Stadt 3 in Frankreich] mit Entscheid vom 9.Januar2020 (AS 39060) die Ausdehnung der Auslieferung auf bandenmässigen Raub in [Ort 4].
2.10 Somit liegen auch betreffend des Beschuldigten B.___ keine Verfahrenshindernisse vor.
3. Unverwertbarkeiten
3.1 Unverwertbarkeiten zufolge fehlender notwendiger Verteidigung (geltend gemacht vom Beschuldigten B.___).
3.1.1 Erstmals im Rahmen der Vorfragen zu Beginn der Berufungsverhandlung liess der Beschuldigte B.___ unter Ziffer 17 pauschal beantragen, es seien «sämtliche in der Zeit vom 24. Februar 2011 – 07. Februar 2017 erhobenen Beweise, insbesondere diejenigen im Zusammenhang mit dem Beschuldigten, und die sich daraus ergebenden sowie die gestützt auf diese erhobenen weiteren Beweismittel aus den Akten zu weisen». Zur Begründung wurde vorgebracht, die Eröffnungsverfügung gegen den Beschuldigten vom 24. Februar 2011 laute auf vorsätzliche Tötung, am 8. August 2014 sei auf den Vorwurf des Mordes ausgedehnt worden. Erst am 7. Februar 2017 sei er, Rechtsanwalt Helfenfinger, als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten eingesetzt worden, Kollege Lederle sei nie als amtlicher Verteidiger des Beschuldigten eingesetzt worden. Damit sei die erkennbare notwendige Verteidigung zu spät sichergestellt worden und die zwischen dem 24. Februar 2011 und dem 7. Februar 2017 erhobenen Beweise unterlägen der Beweiseinschränkung von Art. 131 Abs. 3 StPO.
3.1.2 Der Staatsanwalt entgegnete dem Antrag, Rechtsanwalt Lederle habe sein Mandat als Rechtsvertreter von B.___ am 7. August 2015 der Staatsanwaltschaft angezeigt. Damit sei der Beschuldigte B.___ verteidigt gewesen, weshalb kein Grund bestanden habe, vorher einen amtlichen Verteidiger einzusetzen. Ab Eröffnung des Verfahrens gegen B.___ bis zum 7. August 2015 hätten keine Beweisabnahmen stattgefunden, bei denen der Beschuldigte teilnahmeberechtigt gewesen wäre. Zudem sei das Rügeprinzip verletzt, da die Verteidigung nicht aufgezeigt habe, bei welchen Beweisabnahmen er teilnahmeberechtigt gewesen wäre. Nach dem Zeitpunkt der ersten Einvernahme sei der Beschuldigte grundsätzlich teilnahmeberechtigt gewesen, soweit er nicht mit rechtskräftiger Verfügung von der Teilnahme ausgeschlossen worden sei. Eine Verletzung von Art. 131. Abs. 3 StPO liege nicht vor.
3.1.3 Die beschuldigte Person muss gemäss Art. 130 lit. b StPO verteidigt werden, wenn ihr eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht. Liegt ein Fall notwendiger Verteidigung vor, so achtet die Verfahrensleitung darauf, dass unverzüglich eine Verteidigung bestellt wird (Art. 131 Abs. 1 StPO). Sind die Voraussetzungen notwendiger Verteidigung bei Einleitung des Vorverfahrens erfüllt, so ist die Verteidigung nach der ersten Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft, jedenfalls aber vor Eröffnung der Untersuchung sicherzustellen (Abs. 2). Wurden in Fällen, in denen die Verteidigung erkennbar notwendig gewesen wäre, Beweise erhoben, bevor eine Verteidigerin oder ein Verteidiger bestellt worden ist, so ist die Beweiserhebung nur gültig, wenn die beschuldigte Person auf ihre Wiederholung verzichtet.
Mit Verfügung vom 24. Februar 2011 wurde die Strafuntersuchung gegen B.___ wegen des Verdachts auf Raub und vorsätzliche Tötung eröffnet (AS 17000), weshalb die Voraussetzungen für die notwendige Verteidigung des Beschuldigten ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich erfüllt waren.
3.1.4 Mit Eingabe vom 7. August 2015 zeigte Rechtsanwalt Lederle aus Deutschland der Staatsanwaltschaft an, er sei vom Beschuldigten B.___ mit der Vertretung seiner Interessen im Strafverfahren in der Schweiz betraut worden (AS 18000, Vollmacht vom 8. Juni 2015: AS 18001). Die Auslieferung des Beschuldigten in die Schweiz sei zwischenzeitlich bewilligt worden und dieser habe darum gebeten, möglichst schnell in die Schweiz überstellt zu werden. Damit war der Beschuldigte verteidigt und der Anspruch gemäss Art. 130 StPO war erfüllt. Am 23. Juni 2016 gab Rechtsanwalt Helfenfinger der Staatsanwaltschaft bekannt, er sei vom Beschuldigen B.___ mit der Vertretung seiner Interessen betraut worden und bitte um Akteneinsicht (AS 18054). Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 28. Juni 2016 wurde die Akteneinsicht gestützt auf Art. 101 Abs. 1 StPO vorerst verweigert, der Beschuldigte habe noch nicht befragt werden können, und es wurde darum gebeten, für das weitere Verfahren einen Hauptvertreter im Sinne von Art. 127 Abs. 2 StPO bekannt zu geben. Es sei damit zu rechnen, dass der Beschuldigte B.___ im Jahre 2019 der Schweiz überstellt werde (AS 18056). Diese Verfügung wurde nicht angefochten. Mit Verfügung vom 3. August 2016 wurde von der Staatsanwaltschaft erneut auf die derzeitige Doppelvertretung hingewiesen und Rechtsanwalt Lederle wurde Frist gesetzt, seine Berechtigung als Rechtsvertreter nachzuweisen und eine Korrespondenzadresse in der Schweiz zu bezeichnen (AS 18060 f.). Rechtsanwalt Lederle reichte in der Folge am 9. August 2016 diverse Dokumente ein, wonach er in der Schweiz schon in mehreren Kantonen als amtlicher Verteidiger eingesetzt worden sei und stellte den Antrag, er sei dem Beschuldigten B.___ für die Zeit ab dessen Überstellung in die Schweiz als amtlicher Verteidiger zu bestellen (AS 18020 ff.). Mit Eingabe vom 3. Februar 2017 bat Rechtsanwalt Helfenfinger sinngemäss um Einsetzung als amtlicher Verteidiger, was mit Verfügung vom 7. Februar 2017 erfolgte (AS 18064).
Die heutige Verteidigung des Beschuldigten B.___ irrt sich, wenn sie davon ausgeht, erst mit der Einsetzung eines amtlichen Verteidigers sei der Anspruch auf notwendige Verteidigung (auch «Pflichtverteidigung» genannt) erfüllt: Entscheidend ist einzig, ob der Beschuldigte verteidigt wurde. Ob es sich dabei um eine private (sog. «Wahlverteidigung» gemäss Art. 129 StPO) oder eine amtliche Verteidigung (gemäss Art. 132 StPO) handelt, ist unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Verteidigung nicht von Bedeutung.
3.1.5 Die wesentlichen Beweise gegen den Beschuldigten B.___ wurden im vorliegenden Verfahren entweder vor der Eröffnung des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten B.___ (Spurensicherung) oder nach Etablierung der Verteidigung (Befragungen des Zeugen L.___, Befragungen des Beschuldigten) erhoben. Deshalb verwundert es nicht, dass die Verteidigung keinerlei konkrete Erhebung von belastenden Beweisen bezeichnet, die einem Verwertungsverbot gemäss Art. 131 Abs. 3 StPO unterliegen solle (und diesen Einwand nicht schon früher erhoben hat), und nur eine pauschale Feststellung von Unverwertbarkeiten postuliert. Der Beschuldigte B.___ liess vor dem Berufungsgericht denn auch wiederholt und dezidiert ausführen, das Beschleunigungsgebot sei verletzt worden, weil das Verfahren gegen ihn während sechs Jahren nicht weitergeführt worden und längere Zeit stillgestanden sei (bspw. S. 18 des Parteivortrages vor dem Berufungsgericht: Rz. 75). Unter diesem Titel sind somit keine Unverwertbarkeiten festzustellen.
3.1.6 Auf die weiteren vom Beschuldigten B.___ geltend gemachten Unverwertbarkeiten wird – soweit erforderlich, namentlich zu den Gutachten der Institute für Rechtsmedizin und zur Einvernahme von N.___ – in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
3.2 Unverwertbarkeiten zufolge Missachtung von Teilnehmerechten/Konfrontationsrechten (geltend gemacht vom Beschuldigten C.___)
3.2.1 Der Beschuldigte C.___ liess im Rahmen der Vorfragen zu Beginn der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht ausführen, es sei eine grosse Anzahl von – konkret benannten – Einvernahmeprotokollen für unverwertbar zu erklären und aus den Akten zu entfernen. Es handle sich grösstenteils um Einvernahmen vor der Eröffnung des Verfahrens am 11. Juni 2018 gegen den Beschuldigten C.___, bei denen keine Konfrontation mit ihm stattgefunden habe; um Befragungen nach dem 18. Juni 2018, bei denen der frühere Verteidiger des Beschuldigten nicht orientiert worden sei und ohne dass sich der Beschuldigte damals in der Schweiz aufgehalten habe, weshalb das Teilnahmerecht nicht habe ausgeübt werden können, und letztlich um Befragungen nach dem 11. Februar 2019, als sich der Beschuldigte wohl in der Schweiz befunden habe, aber der Verteidiger nicht über die Befragung orientiert worden sei. Hinsichtlich des Zeugen L.___ sei festzuhalten, dass die Untersuchungsbehörde von Beginn des Verfahrens an verpflichtet sei, jedem Verfahrensbeteiligten eine Rolle als Zeuge, Auskunftsperson etc. zuzuweisen. Neue Erkenntnisse könnten dazu führen, dass die Rollen neu verteilt werden müssten und bspw. ein Zeuge von da an als Auskunftsperson oder als beschuldigte Person zu befragen sei. Eine Person, die materiell als beschuldigte Person in Frage komme, könne niemals ein Zeuge sein. L.___ sei vom Staatsanwalt am 14. Mai 2019 und vor Amtsgericht als Zeuge befragt worden, obwohl er sich auf AS 7109 bezüglich des Deliktes in [Ort 3] selbst als Hehler belastet gehabt habe. Damit seien sämtliche Protokolle von Befragungen von L.___ unverwertbar und aus den Akten zu weisen.
3.2.2 Der Staatsanwalt führte dazu zusammengefasst aus, die Schweizerische Strafprozessordnung sei erst per 1. Januar 2011 eingeführt worden und der Beschuldigte könne erst Teilnahmerechte beanspruchen ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gegen ihn, mithin ab dem 27. November 2017. Bis zu seiner ersten Einvernahme seien aber die Teilnahmerechte eingeschränkt worden mit – in Rechtskraft erwachsenen – Verfügungen vom 5. April 2019 (AS 20039) und 22. November 2019 (AS 20167). Nach der ersten Befragung des Beschuldigten C.___ Mitte Februar 2019 habe es dann kaum noch Einvernahmen gegeben und bei diesen sei der amtliche Verteidiger des Beschuldigten entweder anwesend gewesen oder hätte zufolge Kenntnis (Zustellung der Vorladung) der Einvernahme daran teilnehmen können. Es bestehe kein Anspruch des Beschuldigten, dass die Einvernahmen bei ihm in der Haftinstitution durchgeführt würden, um eine persönliche Teilnahme zu gewährleisten. Hätte der Beschuldigte selbst teilnehmen wollen, hätte er dies gemäss Bundesgericht kundtun müssen (Urteil 6B_800/2016 vom 25. Oktober 2017), was er ja dann schliesslich auch getan habe (E-Mail von […] betreffend die Einvernahme von […], an der der Beschuldigte dann auch habe teilnehmen können). Hinsichtlich der Konfrontationsansprüche seien nie konkrete Anträge gestellt worden, auch nicht bei der Vorinstanz. Wenn sein Verteidiger dort beantragt habe, er verlange eine Konfrontation mit allen Personen, die aus Sicht des Gerichts als Belastungszeugen angesehen würden, sei das sicher kein rechtsgültiger Antrag auf Konfrontation. Dazu hätte er die Zeugen namentlich bezeichnen müssen und sagen müssen, welche Zeugen in seinen Augen als Belastungszeugen anzusehen seien. Nun käme ein solcher Antrag aber zu spät und widerspräche nach bundesgerichtlicher Praxis dem Grundsatz von Treu und Glauben.
3.2.3 Hinsichtlich der Anträge des Beschuldigten C.___ ist vorweg festzuhalten, dass der Beschuldigte in seiner Berufungserklärung keinen einzigen Beweisantrag gestellt hat und auch anlässlich der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht einzig den Beizug der Migrationsakten des Zeugen L.___ beantragen liess, die Befragung einzelner Personen wurde weiterhin nicht beantragt. Eine detaillierte Prüfung des Antrages auf Feststellung von Unverwertbarkeiten kann an dieser Stelle aber unterbleiben, da sich aus praktisch allen genannten Einvernahmen keine Belastungen des Beschuldigten C.___ ergeben. Die beiden Ausnahmen sind die Privatklägerin G.___ und vor allem der Zeuge L.___, bezüglich dieser beiden Personen ist nachfolgend bei der Beurteilung ihrer Aussagen auf die Verwertbarkeitsfrage einzugehen.
III. Vorhalt der Urkundenfälschung gegenüber C.___ gemäss Anklageschrift vom 18. August 2020
1. Vorhalt
Dem Beschuldigten C.___ wird vorgehalten, er habe sich der Urkundenfälschung (Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB) schuldig gemacht, begangen am 26. April 2019, in Solothurn, […], Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, und in Muttenz, […], Gefängnis Muttenz, bzw. in […] (Kanzlei von Rechtsanwalt K.___), indem er vorsätzlich in mittelbarer Täterschaft durch seinen ehemaligen Verteidiger K.___ die gefälschte Urkunde (Austrittsbericht des Spitals [der Stadt in Serbien] betreffend stationären Aufenthalt vom 10.März2010 bis am 16.März 2010) der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn eingereicht (eingelangt am 29. April 2019) und damit zur Täuschung gebraucht habe, um in der Strafsache gegen ihn wegen Mordes und Raubes, begangen am 14.März2010 in [Ort 1] (STA.2010.943), während der Tatzeit einen Spitalaufenthalt vorzutäuschen. Der Beschuldigte habe dies in der Absicht getan, sein behauptetes, aber unwahres Alibi zu stützen, um sich damit der Strafverfolgung wegen Mordes und Raubes zu entziehen.
Die vorgenannte Urkunde sei gefälscht und inhaltlich unwahr, weil die aus der Urkunde ersichtlichen Aussteller, [Urologe 1] und [Urologe 2], mit dem tatsächlichen Aussteller der Urkunde nicht identisch seien und C.___ in der Zeit vom 10. März 2010 bis am 16. März 2010 nicht im Spital [der Stadt in Serbien] als Patient behandelt worden sei.
2. Allgemeines zur Beweiswürdigung
2.1 Gemäss der in Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie Art. 10 Abs. 3 StPO verankerten Maxime „in dubio pro reo“ ist bis zum Nachweis der Schuld zu vermuten, dass die einer Straftat angeklagte Person unschuldig ist: es gilt demnach die Unschuldsvermutung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 120 Ia 36ff, 127 I 40 f) betrifft der Grundsatz der Unschuldsvermutung sowohl die Verteilung der Beweislast als auch die Würdigung der Beweise. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache des Staates ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Als Beweiswürdigungsregel ist der Grundsatz „in dubio pro reo“ verletzt, wenn sich der Strafrichter von der Existenz eines für den Beschuldigten ungünstigen Sachverhaltes überzeugt erklärt, obschon bei objektiver Betrachtung Zweifel bestehen, dass sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Dabei sind bloss abstrakte und theoretische Zweifel nicht massgebend, da solche immer möglich sind. Obwohl für die Urteilsfindung die materielle Wahrheit wegleitend ist, kann absolute Gewissheit bzw. Wahrheit nicht verlangt werden, da diese der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit überhaupt verschlossen ist. Mit Zweifeln ist deshalb nicht die entfernteste Möglichkeit des Andersseins gemeint. Erforderlich sind vielmehr erhebliche und schlechthin nicht zu unterdrückende Zweifel, die sich nach der objektiven Sachlage aufdrängen. Bei mehreren möglichen Sachverhaltsversionen hat der Richter auf die für den Beschuldigten günstigste abzustellen.
Eine Verurteilung darf somit nur erfolgen, wenn die Schuld des Verdächtigten mit hinreichender Sicherheit erwiesen ist, d.h. wenn Beweise dafür vorliegen, dass der Täter mit seinem Verhalten objektiv und subjektiv den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat. Voraussetzung dafür ist, dass der Richter einerseits persönlich von der Tatschuld überzeugt ist und andererseits die Beweise die Schuld des Verdächtigen in einer vernünftige Zweifel ausschliessenden Weise stützen. Der Richter hat demzufolge nach seiner persönlichen Überzeugung aufgrund gewissenhafter Prüfung der vorliegenden Beweise darüber zu entscheiden, ob er eine Tatsache für bewiesen hält oder nicht (BGE 115 IV 286).
2.2 Das Gericht folgt bei seiner Beweisführung dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 10 Abs. 2 StPO): es würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung und ist damit bei der Wahrheitsfindung nicht an die Standpunkte und Beweisführungen der Prozessparteien gebunden. Unterschieden wird je nach Art des Beweismittels in persönliche (Personen, welche die von ihnen wahrgenommenen Tatsachen bekannt geben: Aussagen von Zeugen, Auskunftspersonen und Beschuldigten) und sachliche Beweismittel (Augenschein und Beweisobjekte wie Urkunden oder Tatspuren). Dabei kommt es nicht auf die Zahl oder Art der Beweismittel an, sondern auf deren Überzeugungskraft oder Beweiskraft. Das Gericht entscheidet nach der persönlichen Überzeugung, ob eine Tatsache bewiesen ist oder nicht.
2.3 Dabei kann sich der Richter auch auf Indizien stützen. Indizien (Anzeichen) sind Hilfstatsachen, die, wenn selber bewiesen, auf eine andere, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache schliessen lassen. Der erfolgreiche Indizienbeweis begründet eine der Lebenserfahrung entsprechende Vermutung, dass die nicht bewiesene Tatsache gegeben ist. Für sich allein betrachtet deuten Indizien jeweils nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Tatsache hin. Auf das einzelne Indiz ist der In-dubio-Grundsatz denn auch nicht anwendbar. Gemeinsam – einander ergänzend und verstärkend – können Indizien aber zum Schluss führen, dass die rechtserhebliche Tatsache nach der allgemeinen Lebenserfahrung gegeben sein muss. Der Indizienbeweis ist dem direkten Beweis gleichgestellt (vgl. Urteile 6B_360/2016 vom 1. Juni 2017 E. 2.4, nicht publ. in: BGE 143 IV 361 sowie 6B_332/2009 vom 4. August 2009 E. 2.3; je mit Hinweisen).
2.4 Bei der Prüfung des Wahrheitsgehalts von Zeugenaussagen hat sich die sogenannte Aussageanalyse durchgesetzt. Überprüft wird dabei in erster Linie die Hypothese, ob die aussagende Person unter Berücksichtigung der Umstände, der intellektuellen Leistungsfähigkeit und der Motivlage eine solche Aussage auch ohne realen Erlebnishintergrund hätte machen können. Methodisch wird die Prüfung in der Weise vorgenommen, dass das im Rahmen eines hypothesengeleiteten Vorgehens durch Inhaltsanalyse (aussageimmanente Qualitätsmerkmale, sogenannte Realkennzeichen) und Bewertung der Entstehungsgeschichte der Aussage sowie des Aussageverhaltens insgesamt gewonnene Ergebnis auf Fehlerquellen überprüft und die persönliche Kompetenz der aussagenden Person analysiert werden. Dabei ist immer davon auszugehen, dass die Aussage nicht realitätsbegründet ist. Ergibt die Prüfung, dass diese Unwahrhypothese (Nullhypothese) mit den erhobenen Fakten nicht mehr in Übereinstimmung stehen kann, so wird sie verworfen. Es gilt dann die Alternativhypothese, dass die Aussage wahr ist (vgl. Urteil 6B_298/2010, E. 2.3, mit Verweis auf BGE 133 I 33, E. 4.3; 129 I 49, E. 5). Weiter hat das Bundesgericht verschiedentlich ausgeführt, dass die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen primär Sache des Gerichts ist. Auf Begutachtungen sei nur bei besonderen Umständen zurückzugreifen (vgl. u.a. Urteil 6B_165/2009, E. 2.5).
2.5 Zur Zulassung anonymer Zeugen hat das Bundesgericht in den Regesten zu BGE 132 I 127 festgehalten:
«Art. 6 Ziff. 1 i.V.m. Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK; Zulassung anonymer Zeugen, Wahrung der Verteidigungsrechte. Die Zulässigkeit des Einsatzes eines anonymen Zeugen beurteilt sich nicht nach formalen Kriterien. Vielmehr ist in einer Gesamtwürdigung zu prüfen, ob die durch seine Zulassung bewirkte Beschneidung der Verteidigungsrechte durch schutzwürdige Interessen gedeckt ist und, falls ja, der Beschuldigte trotzdem einen fairen Prozess hatte (E. 2). Der Einsatz anonymer Zeugen ist in concreto - Fall eines ungewöhnlich gewaltbereiten Einzeltäters, dem schwere SVG-Delikte und Nötigung vorgeworfen werden - zulässig (E. 4.1 und 4.2). Die Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte wurde ungenügend kompensiert, indem weder der Beschuldigte noch sein Verteidiger die Gelegenheit erhielten, den Zeugen in wenigstens indirekter Konfrontation zu befragen (E. 4.3).»
Zur Beweiseignung anonymisierter Zeugenaussagen hat das Bundesgericht in BGE 133 I 33 E. 4.1 und 4.3 festgehalten:
«4.1 Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist nicht ausgeschlossen, eine Verurteilung auf anonymisierte Zeugenaussagen zu stützen (Urteile i.S. Doorson gegen Niederlande vom 26. März 1996, Recueil CourEDH 1996-II S. 446, Ziff. 69; van Mechelen, a.a.O., Ziff. 52; zuletzt Krasniki gegen Tschechische Republik vom 28. Februar 2006, Ziff. 76). Dies gilt namentlich, wenn der Zeuge bei Aufdeckung seiner Identität Repressalien ausgesetzt wäre (Urteile Doorson, a.a.O., Ziff. 70; van Mechelen, a.a.O., Ziff. 53). In solchen Fällen sind die Verteidigungsrechte anderweitig sicherzustellen, was durch indirekte Konfrontation mit dem Zeugen unter optischer und akustischer Abschirmung sowie dadurch geschehen kann, dass die Identität und der Leumund des Zeugen durch den Richter einer umfassenden Prüfung unterzogen werden. Der Gerichtshof nennt allerdings als weitere Voraussetzung, dass die Verurteilung nicht ausschliesslich oder entscheidend ("solely or to a decisive extent") auf anonymisierte Aussagen gestützt werden dürfe (Urteile Doorson, a.a.O., Ziff. 76; van Mechelen, a.a.O., Ziff. 55; Kok, a.a.O., Ziff., 76; zuletzt Krasniki, a.a.O., Ziff. 76). Dem streitigen Zeugnis darf mit anderen Worten nicht ausschlaggebende Bedeutung zukommen bzw. es darf nicht den einzigen oder einen wesentlichen Beweis darstellen (BGE 132 I 127 E. 2 S. 129 f.).»
2.6 Der zutreffende Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist der, dass ein Schuldspruch auf eine anonymisierte Zeugenaussage nur abgestützt werden kann, wenn der Zufallszeuge konkret schweren Repressalien aus dem Umfeld des Angeklagten ausgesetzt wäre, sofern diesem seine Identität bekannt würde. In einem solchen Fall rechtfertigt sich eine Einschränkung der Verteidigungsrechte insofern, als dem Angeklagten die Identität des Zeugen nicht offengelegt zu werden braucht, nötigenfalls auch nicht seinem Verteidiger, wenn eine nicht nur theoretische, sondern praktische Gefahr besteht, dass dem Angeklagten die Identität des Zeugen bekannt würde und dieser folglich in gleicher Weise der Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wäre, wie wenn von einer Anonymisierung überhaupt abgesehen würde. Eine anonymisierte Aussage ist auch in einem solchen Fall nur statthaft, wenn der Zeuge durch das Gericht selber befragt wird, seine Identität und allgemeine Glaubwürdigkeit durch das Gericht einer Überprüfung unterzogen wird und der Verteidiger sowie der Angeklagte unter optischer und akustischer Abschirmung dem Zeugen Fragen stellen können. Alsdann ist aber kein Grund erkennbar, welcher der Verwertung einer so erhobenen Aussage entgegenstehen könnte. Denn die Einschränkung der Verteidigungsrechte ist dem Angeklagten selbst zuzurechnen, von dem selber oder von dessen Umfeld die Drohung mit Repressalien ausgeht. Die Einschränkung der Verteidigungsrechte erscheint dabei als durchaus massvoll, ermöglicht sie doch noch immer eine Zeugenbefragung mit den Vorteilen der unmittelbaren Beweisabnahme (BGE 125 I 127 E.8d S. 149 f.). Massvoll ist sie aber auch aufgrund einer veränderten Einschätzung dessen, was den Beweiswert einer Zeugenaussage ausmacht. Hat nämlich die Strafjustiz früher bei der Würdigung von Zeugenaussagen Gewicht auf die allgemeine Glaubwürdigkeit eines Zeugen im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft gelegt, so kommt diesem Gesichtspunkt nach neueren Erkenntnissen kaum mehr relevante Bedeutung zu (Bender/Nack, Tatsachenfeststellung vor Gericht, Bd. I, Glaubwürdigkeits- und Beweislehre, 2. Aufl., München 1995, S. 69 ff.). Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage, welche durch methodische Analyse ihres Inhalts darauf überprüft wird, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben des Zeugen entspringen. Damit eine Aussage als zuverlässig gewürdigt werden kann, ist sie insbesondere auf das Vorhandensein von Realitätskriterien (Bender/Nack, a.a.O., S. 105 ff.) und umgekehrt auf das Fehlen von Phantasiesignalen (Bender/Nack, a.a.O., S. 150 ff.) zu überprüfen. Dabei wird zunächst davon ausgegangen, dass die Aussage gerade nicht realitätsbegründet ist, und erst wenn sich diese Annahme (Nullhypothese) aufgrund der festgestellten Realitätskriterien nicht mehr halten lässt, wird geschlossen, dass die Aussage einem wirklichen Erleben entspricht und wahr ist (vgl. BGE 129 I 49 E. 5 S. 58; 128 I 81 E. 2 S. 85 f.). Ist dieses aber die Methode, mit welcher Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden, so liegt in der optischen und akustischen Abschirmung des Zeugen gegenüber dem Angeklagten und dem Verteidiger keine das Fairnessgebot verletzende Einschränkung der Verteidigung.
2.6 Bei der Beurteilung von Zeugenaussagen wird das Konzept einer "allgemeinen Glaubwürdigkeit" in der Aussagepsychologie als wenig brauchbar bewertet. Der allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Zeugen im Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kommt nach heutiger Erkenntnis bei der Würdigung von Zeugenaussagen daher kaum mehr relevante Bedeutung zu. Weitaus bedeutender für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage. Dabei wird die konkrete Aussage durch methodische Analyse ihres Inhalts (Vorhandensein von Realitätskriterien, Fehlen von Fantasiesignalen) darauf überprüft, ob die auf ein bestimmtes Geschehen bezogenen Angaben einem tatsächlichen Erleben der befragten Person entspringen (BGE 133 I 33 E. 4.3; Urteile 6B_257/2020 vom 24. Juni 2021 E. 5.4.3; 5A_550/2019 vom 1. September 2020 E. 9.1.3.1; je mit Hinweisen). Entscheidend für den Beweiswert einer Zeugenaussage ist daher die Glaubhaftigkeit der konkreten Zeugenaussage und nicht die allgemeine Glaubwürdigkeit des Zeugen als persönliche Eigenschaft (Urteil des Bundesgerichts 6B_323/2021 vom 11. August 2021 E.2.3.3. Zu prüfen ist die Aussage auch auf Übereinstimmungen mit objektiven Beweismitteln (Urteil des Bundesgerichts 6B_32/2016 vom 20. April 2016 E. 1.5).
Eine beschuldigte Person erzählt im Gegensatz zu einem Zeugen/einer Zeugin bzw. einem Opfer im Regelfall nicht eine Geschichte, die sich unter Berücksichtigung der Aussageentstehung und -entwicklung anhand der Aussagequalität auf ihren Realitätsbezug überprüfen lässt. Eine beschuldigte Person ist aufgefordert, eine bestehende Geschichte zu bestätigen oder zu verneinen. Die Realkennzeichenanalyse ist damit bei beschuldigten Personen in aller Regel kein taugliches Mittel der Glaubhaftigkeitsbeurteilung. In der Aussagepsychologie wurden dennoch verschiedene Erkenntnisse zum Aussageverhalten schuldiger und unschuldiger Personen gewonnen (vgl. Daphna Tavor, Aussagepsychologie zur Beurteilung der Aussagen des Angeklagten, Referat im Seminar „Zwischen Wahrheit und Lüge“, durchgeführt am 22. und 23. Juni 2015 vom Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der Universität St. Gallen, Kompetenzzentrum für Rechtspsychologie):
- Ein unschuldiger Beschuldigter antwortet detailreich, spontan und ohne Ausflüchte. Er will die Wahrheit ans Licht bringen, ist gesprächig, kooperativ im Gespräch und bleibt beim Thema. Er verwendet treffende und starke Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und beteuert die Unschuld spezifisch zum jetzigen Fall, ohne dazu aufgefordert zu werden.
- Ein schuldiger Beschuldigter erzählt demgegenüber nur so viel wie nötig und so wenig wie möglich; er neigt zu Auslassungen. Er will die Wahrheit verheimlichen, ist zurückhaltend, unkooperativ im Gespräch und weicht auf irrelevante Themen aus. Er verwendet schwache und ausweichende Ausdrücke bezüglich des Inhalts der Vorwürfe und spricht nicht spontan über seine Unschuld.
3. Die Beweismittel
Die wesentlichen Beweismittel zu diesem Vorhalt sind zusammengefasst in einem separaten Bundesordner „C.___, Urkundenfälschung“. Nachstehend werden die originalen Aktenfundstellen zitiert.
3.1 Die undatierte, fragliche Urkunde – betitelt mit „Austrittsbericht mit Epikrise“ „Allgemeines Spital, Urologie, [Stadt in Serbien]“ mit Angabe der „Geschäftsnummer der Krankheitsgeschichte / [Ref.1/Ref.2]“ – weist neben einem Notariatsstempel zusammengefasst folgenden Inhalt auf (AS 2253, Übersetzung AS 2254): C.___ habe sich vom 10. bis 16. März 2010 im Spital aufgehalten. Der Patient habe im Moment der Aufnahme Fieber und starke Schmerzen vom Typus Nierenkoliken gehabt. Diese Schmerzen hätten mit der symptomatischen Therapie, die ambulant durchgeführt worden sei, nicht bekämpft werden können. Er sei am Schluss in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen worden. Aufgeführt waren auch Laborwerte vom analysierten Urin. Unterzeichnet ist der Bericht von „[Urologe 1], Abteilungsarzt“, und „[Urologe 2], Chefarzt“.
3.2 Der Beschuldigte C.___ war am 18. April 2018 von den holländischen Behörden verhaftet und in Auslieferungshaft versetzt worden. Am 24. Mai 2018 orientierten die Holländischen Behörden, dass die Rechtsvertretung des Beschuldigten C.___ ein Arztzeugnis (Kopie) vorgelegt habe, welches seine Unschuld am Tötungsdelikt von [Ort 1] belegen sollte (Alibi für die Tatzeit). Aus dem Arztzeugnis gehe hervor, dass der Beschuldigte C.___ angeblich in einem Spital in [der Stadt in Serbien] gewesen sein solle, und dass die Solothurner Strafverfolgungsbehörden bis zur nächsten Anhörung des Beschuldigten am 29. Mai 2018 zu reagieren hätten (AS 158 ff). Via Interpol wurden umgehend die serbischen Behörden kontaktiert, wobei der nachfolgende Schriftverkehr zwischen Interpol Bern und Interpol Belgrad zusammengefasst folgendes ergab:
- Die Anfrage von Bern vom 25. Mai 2018, 16.00 Uhr, unter Hinweis auf das genannte Arztzeugnis, wurde von Belgrad am 28. Mai 2018, 18.27 Uhr, beantwortet: Die Durchsicht der medizinischen Unterlagen beim Allgemeinen Spital in [der Stadt in Serbien] habe ergeben, dass C.___ zwischen dem 10. und 16. März 2010 „NICHT“ in ihrer Urologie behandelt worden sei. Weiter sei nachgewiesen worden, dass die Nummer [Ref.1/Ref.2] folgendes bedeute: [Ref.1] bezeichne die urologische Abteilung und [Ref.2] sei die originale Nummer einer [Patientin] [einer Stadt in Serbien]. Diese sei unter der Nummer [Ref.1/Ref.2] registriert worden.
- Am 18. Juni 2018 ersuchte Bern um noch präzisere Abklärungen, worauf Belgrad am 24. Juli 2018 um 17.51 Uhr mitteilte, die Abklärungen im Allgemeinen Krankenhaus [der Stadt in Serbien] hätten ergeben, nach Einsicht ins Protokoll der hospitalisierten Patienten bei der Abteilung für Urologie für den Zeitraum vom 10. bis 16. März 2010, Matrikelnummer [Ref.1/Ref.2], existiere kein Eintrag auf den Namen C.___. Die Nummer [Ref.1/Ref.2] bezeichne die Abteilung für Urologie (Ref.1) und die Nummer der Krankheitsgeschichte des hospitalisierten Patienten (Ref.2). Die [Urologen 1 und 2], welche den fraglichen Austrittsbericht unterschrieben hätten, hätten im betreffenden Zeitraum beim Gesundheitszentrum [der Stadt in Serbien] gearbeitet.
- Am 2. August 2018, 12.13 Uhr, erfolgte per E-Mail von Belgrad folgende Ergänzung: Durch den Entscheid des Ermittlungsrichters [einer Stadt in Serbien] vom 4. Juli 2018 seien die Angestellten beim Allgemeinen Krankenhaus in [der Stadt in Serbien] von der Schweigepflicht betreffend die Behandlung von C.___ entbunden worden. Nach Einsicht in die medizinische Dokumentation sei festgestellt worden, dass sich C.___ im angeführten Zeitraum bei den Dienststellen/Abteilungen des damaligen Gesundheitszentrums in [der Stadt in Serbien] nicht gemeldet habe. Er sei mit den angeführten Daten in den Registern der untersuchten/behandelten Patienten nicht verzeichnet.
3.3 Am 26. April 2019 liess der Beschuldigte C.___ das Original des inkriminierten Austrittsberichts bei der Staatsanwaltschaft einreichen und diverse Beweisanträge dazu stellen (AS 20057 ff.). Namentlich wurde geltend gemacht, es sei aus den Berichten von Interpol Belgrad nirgends ersichtlich, wer die Abklärungen im Spital getätigt habe. Es liege im Weiteren eine Erklärung von Herrn K.___ vor, der den Beschuldigten in der Zeit vor der Geburt seines Kindes (am 12. April 2010) im März 2010 im Spital [einer Stadt in Serbien] besucht habe.
3.4 Das Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn vom 14. November 2019 (AS 31000 ff.) wurde von den Serbischen Behörden zusammengefasst wie folgt beantwortet (AS 31022.30 ff., Seitenangaben der deutschen Übersetzungen):
- Bericht der Polizeidirektion [der Stadt in Serbien] vom 26. Dezember 2019: Auf der Abteilung Urologie des Gesundheitszentrums [der Stadt in Serbien] seien am 25./26. Dezember 2019 durch einen Mitarbeiter der Kriminalpolizei sieben Schreibmaschinen untersucht worden mit dem Ziel, festzustellen, ob der fragliche Text mit einer dieser Maschinen geschrieben worden sei. Bei jeder dieser Maschinen seien aber Abweichungen festgestellt worden, weshalb der fragliche Text mit keiner der Maschinen geschrieben worden sei (AS 31022.38).
- Protokoll vom 25. Dezember 2019 über die Befragung [des Urologen 2] am Allgemeinen Spital [der Stadt in Serbien] von 2005 bis September 2019. Die Person namens C.___ sei in der Zeit vom 10. bis 16. März 2010 nicht auf der urologischen Abteilung des Allgemeinen Spitals behandelt worden, wie es auf dem Austrittsbericht mit Identifikationsnummer der Krankheitsgeschichte [Ref.1/Ref.2] stehe. Die medizinische Dokumentation jedes Patienten werde ordnungsgemäss geführt und im Spitalarchiv aufbewahrt. Es bestehe keine Möglichkeit, dass die Person C.___ oder irgendeine andere Person auf der urologischen Abteilung behandelt werde, ohne dass sie in den genannten Protokollen und in den Bücherregistern eingetragen werde, und sie keine Krankheitsgeschichte habe. Als Leiter der urologischen Abteilung habe er sich schon zwei Mal schriftlich zu den erwähnten Umständen geäussert (AS 31022.39).
- Beigelegt waren Fotokopien diverser Entlassungsschreiben aus dem ersten Halbjahr 2010, welche [vom Urologen 1] und/oder [vom Urologen 2] oder anderen Ärzten der urologischen Abteilung des Spitals [der Stadt in Serbien] unterzeichnet worden waren (AS 31022.41 und 43) sowie eine Bestätigung der Chefärztin der Abteilung Labor-Diagnostik, […], vom 27. Dezember 2019, wonach zwischen Februar und April 2010 die Person C.___ ([unter seinem alten Namen]) durch die Abteilung Labor-Diagnostik nicht eingetragen worden sei (AS 31022.42).
- Erklärung der Oberkrankenschwester der urologischen Abteilung des Spitals [der Stadt in Serbien] vom 30. Dezember 2019, wonach sie durch Einsicht in die Dokumentation die Krankheitsgeschichte [Ref.1/Ref.2] aus dem Jahr 2010 nicht gefunden habe. Durch die Einsicht in alle Verzeichnisse, Protokolle und Patientenbücher der urologischen Abteilung und Ambulanz stelle sie fest, dass die Person namens C.___, geboren […] 1979 ([alter Name]), als Patient nicht erscheine (AS 31022.43).
- Ergänzende Auskunft [des Urologen 2] und der Oberkrankenschwester vom 22. Januar 2020, wonach die Dokumentation der Patienten der urologischen Abteilung für die Zeit vom Februar bis April 2010 im Spitalarchiv vollständig erhalten sei (sie sei nicht vernichtet worden). Durch die Einsicht ins Archiv der urologischen Abteilung sei die Krankheitsgeschichte Nummer [Ref.1/Ref.2] gefunden und zur Einsicht gebracht worden. Danach habe sie sich nicht mehr im Archiv befunden. Unter der Krankheitsgeschichte der urologischen Abteilung Nummer [Ref.1/Ref.2] für 2010 sei [eine Patientin] geführt worden (AS 31022.48).
- Zeugeneinvernahme [des Urologen 2], geboren […] 1956, vom 14. Januar 2020 (AS 31022.49 ff), der angab, er arbeite seit 1988 im Allgemeinen Spital [einer Stadt in Serbien] auf der Abteilung Urologie und sei von 2005 bis September 2019 Leiter der urologischen Abteilung gewesen. Er arbeite heute noch immer auf dieser Abteilung. In der medizinischen Dokumentation dieser Abteilung gebe es keine Spuren, dass C.___ irgendwann unter diesem Namen und auf dieser Abteilung behandelt worden sei. Die Patienten, die auf dieser Abteilung behandelt würden, würden zuerst ambulant behandelt und darüber werde ein Protokoll verfasst. Falls der Patient aufgrund seiner Krankengeschichte hospitalisiert werden müsse, werde die Krankengeschichte eröffnet. Diese enthalte die komplette Dokumentation, die während der ambulanten und stationären Behandlung entstehe. Nach Abschluss der Behandlung bekomme der Patient ein Exemplar des Entlassungsschreibens. Die restliche Dokumentation bleibe im Spitalarchiv. Wenn der Patient auf der Abteilung behandelt werde, werde ein Protokoll der stationären Patienten geführt. Die ganze Dokumentation über die Behandlung aller Patienten werde in ihrem Spital dauerhaft im Spitalarchiv aufbewahrt. Weder aufgrund der genannten Evidenzen noch im Archiv des Allgemeinen Spitals hätten sie Einträge über die Behandlung von C.___ auf der urologischen Abteilung im Jahr 2010 bzw. in der Zeit vom 10. bis 16. März 2010 gefunden. Ihm sei nun das Entlassungsschreiben mit Epikrise für die Person C.___, das angeblich auf der urologischen Abteilung des Allgemeinen Spitals verfasst worden sei, Identifikationsnummer der Krankheitsgeschichte [Ref.1/Ref.2], zur Ansicht gegeben worden. Laut diesem Schreiben sei die Person angeblich in der Zeit vom 10. bis 16. März 2010 behandelt worden. Auf dem Schreiben stehe rechts unten, dass es durch den „Abteilungsleiter – [Urologe 2] – […]“ unterschrieben worden sei. Mit voller Verantwortung behaupte er, dass er dieses Entlassungsschreiben nicht unterzeichnet habe und dass sich die Unterschrift auf diesem Schreiben von seiner Unterschrift unterscheide. Während der Kontrolle der medizinischen Dokumentation auf der urologischen Abteilung habe er festgestellt, dass das Entlassungsschreiben mit Epikrise mit der Identifikationsnummer der Krankheitsgeschichte [Ref.1/Ref.2] verfasst worden sei, dass es aber nicht auf den Namen von C.___, sondern auf den Namen einer weiblichen Person, an deren Namen er sich nicht mehr erinnern könne, laute.
- [Der Urologe 1] sei […] 2014, […], gestorben (AS 31022.46).
3.5 [Der Sachverständige für Handschriftenvergleichung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt] erstellte am 9. September 2019 ein erstes Kriminaltechnisches Gutachten über den fraglichen Austrittsbericht (Schriftstück X1, Gutachten AS 2232 ff.). Der Gutachter konnte eine absolute Altersbestimmung am Dokument – im Sinne der Festlegung eines bestimmten Entstehungsdatums oder eines kurzen Entstehungszeitraumes – aufgrund der nicht bekannten Lagerungsbedingungen und des eher kurzen Beurteilungszeitraumes von maximal gut neun Jahren nicht vornehmen. Ebensowenig liessen sich mangels Vergleichsmaterial Aussagen zur Echtheit der beiden fraglichen Unterschriften X1.1 und X1.2 auf Schriftstück X1 machen.
Am 2. April 2020 erstellte [Der Sachverständige für Handschriftenvergleichung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt] zu Handen der Staatsanwaltschaft Solothurn ein kriminaltechnisches (Ergänzungs-)Gutachten (DT AS 42 ff.). Zum Vergleich vorgelegt wurden ihm der inkriminierte Austrittsbericht sowie weitere 32 ärztliche Austrittsberichte aus dem Spital [der Stadt in Serbien]. Dem Gutachter lagen nebst dem fraglichen Original-Austrittsbericht 20 Kopien mit Unterschriften [des Urologen 1] und 14 mit Unterschriften [des Urologen 2], darunter drei Originale, vor. Er kam darin zu folgenden Schlüssen:
- Es könne ausgeschlossen werden, dass das fragliche Dokument (X1) mit einem der auf den Vergleichsschreiben verwendeten Schreibsysteme gefertigt worden sei.
- Die detaillierte schriftvergleichende Untersuchung der beiden fraglichen Namenszeichnungen (X1.1 und X1.2) mit den Vergleichsproben [Urologe 1] und [Urologe 2] habe für die Urheberidentifizierung Merkmalsdiskrepanzen in den allgemeinen Merkmalen der Bewegung, Form und Raumbehandlung erbracht.
- In Bezug auf die Unterschrift [des Urologen 1] sei von einer nicht authentischen Namenszeichnung auszugehen.
In Bezug auf die Unterschrift [des Urologen 2] müssten zwei Varianten näher geprüft werden: eine verstellte echte Unterschrift oder eine Freihand-Nachahmungsfälschung. Dabei ergäben sich keine konkreten Hinweise, wonach die fragliche Unterschrift X1.2 durch den Namensgeber [Urologe 2] geleistet worden sei.
- Fazit: Aufgrund der nahezu ausschliesslich nicht im Original vorliegenden Vergleichsunterschriften habe eine methodisch abgesicherte schriftvergleichende Analyse nicht durchgeführt werden können. Die Vergleichsuntersuchung habe sich im Wesentlichen auf einen Formenvergleich beschränkt. Diese habe zur Erkenntnis geführt, dass die beiden Unterschriften X1.1 und X1.2 nicht authentischen Ursprungs sein dürften. Weitere Anknüpfungstatsachen, welche zur Klärung der Echtheit bzw. Fälschung des fraglichen Austrittsberichts X1 beitragen könnten, lägen nicht vor.
Das Gutachten ist fachgerecht erstellt und in jeder Hinsicht überzeugend, mithin voll beweiskräftig.
3.6 Der Beschuldigte C.___ verweigerte während der Strafuntersuchung grundsätzlich die Aussage zum Vorhalt der Urkundenfälschung. Einzig auf den Vorhalt anlässlich der Befragung vom 13. Februar 2019, wonach das Zeugnis offensichtlich eine Fälschung sei, führte er aus, er sei im Spital gewesen und dort auch behandelt worden (AS 9053). Am 19. Mai 2019 verweigerte er auf alle Fragen zu diesem Spitalaufenthalt die Aussage (Ordner Urkundenfälschung S. 057 ff.).
3.7 Im Pass des Beschuldigten C.___, gültig vom 13. August 2008 bis 13.August2018, sind im Jahr 2010 keinerlei Reisebewegungen verzeichnet, nachdem er 2009 aus Serbien ausgereist war. Seine Behauptung, er habe die Grenzbeamten geschmiert (weshalb sich keine Stempel im Pass befänden), ist unglaubwürdig, sind doch für die Jahre 2008, 2009 und 2011 laufend Ein- und Ausreisebewegungen zu verzeichnen (AS 31022.5, 36069.11 ff. und 9137). Auch dazu wollte der Beschuldigte C.___ am 19. Mai 2019 nichts sagen (a.a.O S. 058).
3.8 Die damalige, in der Schweiz wohnhafte Freundin des Beschuldigten C.___, S.___ (Beziehung von Mitte 2009 bis Mitte 2011), konnte sich nicht daran erinnern, dass der Beschuldigte ihr erzählt habe, dass er wegen Nierenproblemen im März 2010 im Spital gewesen sei. Er sei aber eine, zwei Wochen, manchmal drei Wochen oder einen Monat bei ihr gewesen und dann ein, zwei Wochen nicht mehr. Sie hätten aber täglich telefoniert (Einvernahme vom 2.Mai 2019, AS 5232 f.).
3.9 Aus dem Schreiben der Staatsanwaltschaft [der Stadt in Serbien] vom 23. Juli 2019 betreffend die Auskunft der nationalen Serbischen Krankenkasse (AS 30250, Original bzw. AS30252 ff., Übersetzung) ergibt sich: C.___ sei unter anderem im Zeitraum 22. Juni 2007 bis 31. März 2011 mit der Pflichtversicherung bei der Filiale [der Stadt in Serbien] angemeldet gewesen. In den dieser Filiale zugestellten Fakturen für die geleisteten gesundheitlichen Dienstleistungen gegenüber den versicherten Personen der Filiale seien im Jahr 2010 von keiner gesundheitlichen Behörde Kosten betreffend die Behandlung von C.___ / [alter Name] (Personenidentifikationsnummer [...]) aufgelistet worden.
3.10 Die (frühen) Aussagen des Beschuldigten zur Einreichung einer Kopie des Arztberichtes den Behörden in Holland einen knappen Monat nach seiner ersten Einvernahme sind widersprüchlich und wenig plausibel: Zunächst gab er an, seine Mutter habe das Dokument in seiner Wohnung in Serbien gefunden. Er wisse nicht genau, wonach diese da gesucht habe. Er habe sie einmal gebeten, sein Gesundheitsbüchlein und Unterlagen von seinem Arbeitgeber zu suchen, ev. habe sie bei dieser Gelegenheit auch das Arztzeugnis gefunden. Er habe seine Mutter nicht beauftragt, nach dem Arztzeugnis zu suchen. Etwas später gab er dann an, seine Frau habe nach entlastenden Beweismitteln gesucht und in seinen Dokumenten gesucht (von seiner Frau aber bestritten: AS 31059: sie habe hinsichtlich Alibiabklärung gar nichts unternommen). Wenn er vorhin gesagt habe, seine Mutter habe es in Serbien gefunden, dann sei das, weil seine Frau verlangt habe, dass man ihr alle Dokumente nach Holland schicke. Ob das Original in Holland sei, wisse er nicht (AS 19140 ff.). Seine Frau habe nach entlastenden Beweismitteln gesucht. Sie habe ihm das bei den Besuchen im Gefängnis in Holland gesagt (AS 9112). Der damalige Verteidiger hingegen gab bei der Einreichung am 26. April 2019 an, er habe das Original des Spitalberichts von der Mutter des Beschuldigten aus Serbien erhalten (AS 20068). Auf K.___, von dem eine Bestätigung über einen Spitalbesuch eingereicht wurde, ist weiter unten bei den Aussagen des Beschuldigten C.___ zu den weiteren Delikten zurückzukommen.
4. Das Beweisergebnis
Die Ausführungen des Arztes und Zeugen [Urologe 2] erscheinen – im Gegensatz zu den spärlichen und widersprüchlichen Angaben von C.___ – als glaubhaft. Aus mehreren Urkunden geht hervor, dass C.___ im besagten Zeitraum nicht im Spital [der Stadt in Serbien] behandelt und stationär hospitalisiert wurde, zumal eine andere Person unter der Patientennummer [Ref.1/Ref.2] geführt worden war. Die Aussagen des Zeugen und die Berichte des Spitals decken sich mit den Erkenntnissen des kriminaltechnischen Gutachtens vom 2. April 2020, gemäss welchem der Austrittsbericht nachweislich nicht mit der gleichen Schreibmaschine wie das Vergleichsmaterial erstellt wurde, was auch bereits die serbische Kriminalpolizei festgestellt hatte (AS 31022.38). Zudem wird im Gutachten festgehalten, dass die Unterschrift [des Urologen 1] nicht authentisch sei und auch diejenige [des Urologen 2] nicht authentischen Ursprungs sein dürfte.
Damit ist erstellt, dass der vom Beschuldigten mit Eingabe vom 26. April 2019 eingereichte fragliche Austrittsbericht des Allgemeinen Spitals [der Stadt in Serbien] falsch ist, mithin eine Totalfälschung darstellt.
5. Die rechtliche Würdigung
Gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB wird, wer in der Absicht, jemanden am Vermögen oder an andern Rechten zu schädigen oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, eine Urkunde fälscht oder verfälscht, die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützt oder eine rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet oder beurkunden lässt, eine Urkunde dieser Art zur Täuschung gebraucht, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
In Bezug auf die Beschreibung der Tatbestandsmerkmale der Urkundenfälschung und die rechtliche Subsumtion kann vollumfänglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz auf US 28 f. verwiesen werden. Indem der Beschuldigte C.___ am 26. April 2019 in Solothurn den fraglichen Austrittsbericht des Spitals [der Stadt in Serbien], wobei es sich erwiesenermassen um eine unechte, unwahre Urkunde handelt (da der ersichtliche Aussteller nicht der wahre Aussteller der Urkunde ist), der Staatsanwaltschaft Solothurn einreichte bzw. durch seinen damaligen amtlichen Verteidiger einreichen liess, um während der Zeit vom 10.bis 16. März 2010 einen Spitalaufenthalt in [der Stadt in Serbien] vorzutäuschen und sich so ein Alibi für den Tatzeitpunkt des Deliktes in [Ort 1] zu verschaffen, verwendete dieser eine gefälschte Urkunde. Er handelte in mittelbarer Täterschaft kraft Wissensherrschaft, um die Strafverfolgungsbehörde zu täuschen. Keinem Zweifel unterliegt, dass der Beschuldigte von der Falschheit der Urkunde gewusst hat, hat er doch die Beschaffung des gefälschten Austrittsberichts veranlasst, liess ihn durch seinen Rechtsvertreter einreichen und mehrfach die Authentizität des Austrittsberichts behaupten und gab bei der Befragung an, er habe sich damals im Spital in [der Stadt in Serbien] behandeln lassen, obwohl dies nachweislich nicht der Fall war. Aus der Kostennote des damaligen Rechtsvertreters des Beschuldigten C.___ geht hervor, dass er die Beweisanträge vom 26. April 2019 mit dem Beschuldigten besprochen hat (AS 20132). Der Beschuldigte C.___ beabsichtigte dabei, durch die Verwendung der Urkunde einen unrechtmässigen Vorteil im Strafverfahren zu erlangen.
Der Beschuldigte C.___ ist somit der Urkundenfälschung nach Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB schuldig zu sprechen.
IV. Delikte [Ort 1]
1. Vorhalte
1.1 Mord (Art. 112 StGB; B.___ und C.___), AKS Ziffer 1
Den Beschuldigten B.___ und C.___ wird vorgehalten, sie hätten am 14. März 2010, ungefähr in der Zeit von 08:00 Uhr bis 11:00 Uhr, evtl. etwas später, in [Ort 1], [am Tatort], zum Nachteil [des Opfers], geb. [...] 1939, einen Mord begangen. Die Beschuldigten hätten sich in die Liegenschaft des Geschädigten begeben, wo sie gegen [das Opfer] gewalttätig geworden seien. Sie hätten den Geschädigten mit Kabelbindern gefesselt und ihm mit einem kantig stumpfen bzw. scharfkantigen Gegenstand mindestens acht Mal wuchtig auf den Kopf und mindestens zwei Mal entweder mit der Faust oder mit den vorhin beschriebenen Gegenständen gegen das Gesicht und den Oberkörper geschlagen. Die nahe Möglichkeit des Todes infolge der vorstehend beschriebenen Gewalteinwirkung gegen den Kopf des Geschädigten sei den Beschuldigten bewusst gewesen. Trotzdem hätten sie es getan, nicht, weil sie darauf vertraut hätten, der Tod werde nicht eintreten, sondern weil sie ihn gebilligt hätten oder den Geschädigten gar hätten töten wollen.
Der Geschädigte habe durch die Gewalteinwirkungen grossflächig und tiefgreifende Kopfverletzungen und mehrere Hämatome erlitten. Zur Aufzählung der konkreten Verletzungen wird an dieser Stelle auf die Anklageschrift verwiesen.
Infolge der Kopfverletzungen habe der Geschädigte ein Hirnödem sowie ein Epiduralhämatom parietal rechts, eine multifragmentäre Kalottenfraktur, Jochbein- und Orbitalfraktur beidseits, Brüche der Querfortsätze der Lendenwirbelkörper 1 bis 4 rechts und ausgeprägte Substanzdefekte an der Grundfläche des Grosshirns (Hirnschädigung) erlitten. Die Kopfverletzungen (Hirnödem/Hirnschädigung/Blutverlust) seien objektiv unmittelbar lebensgefährlich gewesen. Diese Verletzungen hätten kausal zu einer Entzündung von Lungen und Atemwegen (Bronchopneumonie) geführt, an welcher [das Opfer] in der Folge am 15. Juli 2010 um 02:20 Uhr im Kantonspital Bruderholz verstorben sei. Ausserdem hätten die Hirndefekte zu den nachstehend bleibenden körperlichen Schäden geführt: Schluckstörung, Halbseitenlähmung, neurokognitive Defizite, Somnolenz und Epilepsie.
Zur Mittäterschaft und den Tatbeiträgen:
Die Beschuldigten B.___ und C.___ hätten in Mittäterschaft gehandelt. Bereits im Rahmen der Vorbereitung der Tat hätten sie gewusst, dass es sich um eine bewohnte Liegenschaft handle und sie hätten eine gewalttätige Konfrontation mit dem Opfer in ihre Planung mit einbezogen, was sich unter anderem daraus ergebe, dass sie Kabelbinder und Gegenstände (mutmasslich Schusswaffen oder Schlaginstrumente) mitgenommen hätten, um den Widerstand des Opfers zu brechen und dieses zu fesseln. Sie hätten sich daher bereits im Vorfeld der Tat ausdrücklich oder zumindest konkludent entschlossen, auf das Opfer gemeinsam Gewalt auszuüben, um den sich abzeichnenden Widerstand des Opfers zu überwinden. Die genauen Tatbeiträge beim Überfall auf das Opfer liessen sich den Beschuldigten nicht zuweisen. Beide Beschuldigten hätten jedoch mit ihren Tatbeiträgen ganz entscheidend an der Tatausführung mitgewirkt, weil sie entweder selbst auf das Opfer eingeschlagen oder aber bei der Fesselung mit Kabelbindern mitgeholfen hätten oder beides. Selbst wenn sich einer von beiden bei der Gewaltanwendung nicht beteiligt haben sollte, habe er sich den Vorsatz seines Mittäters in Bezug auf die Gewaltanwendung bereits bei der Planung, spätestens jedoch dann zu eigen gemacht, als er sich nach der Gewaltanwendung bei der weiteren Tatausführung, insbesondere beim Raub gemäss nachfolgender Ziff. 2 der Anklageschrift, aktiv beteiligt habe, weshalb sich infolge Mittäterschaft jeder den Tatbeitrag des anderen wie seinen eigenen anrechnen lassen müsse.
Qualifikation der Tat:
Die Tötung [des Opfers] sei besonders skrupellos, weil diese im Zuge eines Raubüberfalles erfolgt sei (siehe AKS Ziffer 2). Die Beschuldigten seien gegen den Willen des Geschädigten in dessen Haus eingedrungen, um Wertsachen zu stehlen. Um den Diebstahl zu ermöglichen, habe der Widerstand des Geschädigten mit Gewalt gebrochen werden müssen, die schliesslich zum Tod geführt habe, was die Beschuldigten gebilligt oder gar gewollt hätten.
Der Beweggrund der Tötung erscheine damit besonders verwerflich und offenbare einen krassen Egoismus der Beschuldigten, weil ein Menschenleben wegen materieller Werte geopfert worden sei.
Weiter sei die Tatausführung brutal und grausam und damit besonders verwerflich gewesen. [das Opfer] sei im Zeitpunkt der Tat siebzig Jahre alt gewesen. Er habe gegen die Täter keine Chance gehabt. Die Beschuldigten hätten [das Opfer] schwer verletzt in seinem Haus zurückgelassen, ohne an seinem Schicksal Anteil zu nehmen.
1.2 Bandenmässiger Raub (Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 2 StGB; B.___ und C.___), AKS Ziffer 2
Die Beschuldigten B.___ und C.___ hätten am 14. März 2010, ungefähr in der Zeit von 08:00 Uhr bis 11:00 Uhr, in [Ort 1], [am Tatort], zum Nachteil [des Opfers] und G.___, einen Raub begangen, indem sich die Beschuldigten B.___ und C.___ im Auftrag von D.___ in die Liegenschaft der Geschädigten begeben hätten, um vorsätzlich Wertgegenstände und Bargeld in Millionenhöhe in unrechtmässiger Aneignungs- und Bereicherungsabsicht wegzunehmen. Nachdem sie den Widerstand von [des Opfers] gebrochen (siehe AKS Ziffer 1) gehabt hätten, hätten sie die Liegenschaft durchsucht und schliesslich einen Haustürschlüssel Kaba 8 und einen Personenwagenschlüssel […] gestohlen. Weitere Vermögenswerte hätten sie nicht gefunden, weshalb sie die Liegenschaft ohne weitere Beute verlassen hätten. Zur Mittäterschaft werde auf die vorstehenden Ausführungen in AKS Ziffer 1 und zur Qualifikation der Bandenmässigkeit auf die Ausführungen in AKS Ziffer 3 (Raubdelikt in [Ort 4] vom 3. Februar 2010) verwiesen.
1.3 Raub (mehrfach qualifiziert, Art. 140 Ziff.1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 2 und Ziff. 4 StGB), AKS D.___
Der Beschuldigte D.___ habe sich am 14. März 2010, ungefähr in der Zeit von 08:00 Uhr bis 11:00Uhr, in [Ort 1], [am Tatort], zum Nachteil [des Opfers] und [dessen Ehefrau] ebenfalls am Raub beteiligt, indem er als Kopf der Bande den Raubüberfall vorsätzlich geplant und bestimmt habe, dass die beiden Mittäter B.___ und C.___ die Tat eigenhändig ausführten. Die Beschuldigten B.___ und C.___ hätten sich im Auftrag des Beschuldigten D.___ in die Liegenschaft begeben, um vorsätzlich Wertgegenstände und Bargeld in Millionenhöhe in unrechtmässiger Aneignungs- und Bereicherungsabsicht wegzunehmen. Nachdem die beiden den Widerstand [des Opfers] gebrochen gehabt hätten, hätten sie die Liegenschaft durchsucht und schliesslich einen Haustürschlüssel Kaba 8 und einen Personenwagenschlüssel der Marke [...] gestohlen. Weitere Vermögenswerte hätten sie nicht gefunden, weshalb sie die Liegenschaft ohne weitere Beute verlassen hätten.
Zu den Tatbeiträgen und zur Mittäterschaft:
Der Beschuldigte D.___ habe direkt oder indirekt von †B.T.___ erfahren, dass im Hause des Geschädigten eine Million Bargeld oder mehr geraubt werden könne. †B.T.___ habe ihm alle notwendigen Details für den Raubüberfall bekannt gegeben, wie zum Beispiel, dass der Geschädigte zur Tatzeit alleine zu Hause sei und dass sich ein Tresor im Hause befinde. Er habe auch über das Alter des Geschädigten Bescheid gewusst. D.___ habe in der Folge beschlossen, den Geschädigten zu berauben. Er habe die Tat geplant und die beiden Mittäter B.___ und C.___ für sein Vorhaben eingespannt, welche in den Plan eingewilligt hätten. Bereits im Rahmen der Vorbereitung der Tat hätten sie gewusst, dass es sich um eine bewohnte Liegenschaft handle und sie hätten eine gewalttätige Konfrontation mit dem Geschädigten in ihre Planung miteinbezogen, was sich unter anderem daraus ergebe, dass die Beschuldigten B.___ und C.___ Kabelbinder und Gegenstände (mutmasslich Schusswaffen oder Schlaginstrumente) mitgenommen hätten, um den Widerstand des Geschädigten zu brechen und diesen zu fesseln. Dies sei auch dem Beschuldigten D.___ bekannt gewesen. Sie hätten sich daher bereits im Vorfeld der Tat ausdrücklich oder zumindest konkludent entschlossen, auf den Geschädigten gemeinsam Gewalt auszuüben, um den sich abzeichnenden Widerstand des Geschädigten zu überwinden. Der Beschuldigte D.___ habe die Mittäter schliesslich an den Tatort gefahren und ihnen nach der Tat zur Flucht verholfen. Für den Beschuldigten B.___ habe der Beschuldigte D.___ einen Aufenthalt bei seinem Vertrauten [dem Vater von C.___] ab dem 23. März 2010 in Holland organisiert. Zur Unterstützung habe D.___ am 22. März 2010 via Western Union Euro 200.00 an [den Vater von C.___] überwiesen. Ohne das Wirken des Beschuldigten D.___ wäre es nie zu diesem Raubüberfall gekommen. Sodann habe er sich die Tatbeiträge seiner Mittäter zu eigen gemacht, Tatbeiträge, welche für die Tatausführung und das Gelingen der Tat wesentlich gewesen seien.
Zu den Qualifikationen:
Die Bandenmässigkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beschuldigten konkludent oder ausdrücklich den Entschluss gefasst hätten, inskünftig in einem festen Team mit zugewiesener Arbeitsaufteilung und Rollenverteilung mehrere selbständige, im Einzelnen allenfalls noch unbestimmte Straftaten zu verüben. Zu diesem Zweck seien die Beschuldigten B.___ und C.___ bereits 2009 in die Schweiz eingereist. Primär hätten sich die Beschuldigten auf Bijouterien als Tatobjekte spezialisiert, aber nicht nur. In die Bande seien nur Personen aufgenommen worden, welche man bestens gekannt habe und welche das Vertrauen der Bandenmitglieder genossen hätten. Der Beschuldigte D.___, welcher sich bereits mit anderen Bandenmitgliedern am Diebstahl in Dubai zum Nachteil [einer Juwelierfirma] am 27. April 2007 beteiligt gehabt habe und auf Delikte solcher Art spezialisiert gewesen sei, habe als Kopf der Bande den Raubüberfall auf [das Opfer] sorgfältig und minutiös geplant und organisiert. Nach diesem Überfall seien die Beschuldigten D.___ und B.___, zusammen mit V.___ ([…]) und [...] in Mittäterschaft ein weiteres Mal zur Tat geschritten und hätten [eine Bijouterie in der französischen Stadt 1] ausgeraubt. Zu weiteren Straftaten sei es in der Folge nur deshalb nicht mehr gekommen, weil die Täter kurz nach der Tat [in der französischen Stadt 1] verhaftet und zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden seien. Durch den Zusammenschluss zu einer Bande hätten sich die Beschuldigten bessere Erfolgsaussichten bei ihren Taten versprochen, aber auch höhere Deliktsbeträge. Als Bande seien Taten möglich, die sich nur in einem festen Team realisieren liessen.
Die Qualifikation nach Art. 140 Ziff. 4 StGB ergebe sich, weil B.___ und C.___ den Geschädigten mit Kabelbindern gefesselt und ihm mit einem kantig stumpfen bzw. scharfkantigen Gegenstand mindestens acht Mal wuchtig auf den Kopf und mindestens zwei Mal entweder mit der Faust oder mit den vorhin beschriebenen Gegenständen gegen das Gesicht und den Oberkörper geschlagen hätten. Der Geschädigte habe durch die Gewalteinwirkungen grossflächige und tiefgreifende Kopfverletzungen und mehrere Hämatome erlitten. Zur Aufzählung der konkreten Verletzungen wird auf die die Anklageschrift verwiesen.
Infolge der Kopfverletzungen habe der Geschädigte ein Hirnödem sowie ein Epiduralhämatom parietal rechts, eine multifragmentäre Kalottenfraktur, eine Jochbein- und Orbitalfraktur beidseits, Brüche der Querfortsätze der Lendenwirbelkörper 1 bis 4 rechts und ausgeprägte Substanzdefekte an der Grundfläche des Grosshirns (Hirnschädigung) erlitten. Die Kopfverletzungen (Hirnödem/Hirnschädigung/Blutverlust) seien objektiv unmittelbar lebensgefährlich gewesen. Diese Verletzungen hätten kausal zu einer Entzündung von Lungen und Atemwegen (Bronchopneumonie) geführt, an welcher [das Opfer] in der Folge am 15. Juli 2010 um 02:20 Uhr im Kantonspital Bruderholz verstorben sei.
Wie bereits dargelegt, habe der Beschuldigte D.___ eine erhebliche Gewalteinwirkung im Rahmen des Raubes gegen den 70-jährigen, körperlich stark unterlegenen Geschädigten im Vorfeld der Tat in Betracht gezogen und diese akzeptiert. Er habe sich damit die Tatbeiträge von B.___ und C.___ zu eigen gemacht, mindestens soweit der Geschädigte grausam behandelt und lebensgefährlich und schwer verletzt worden sei.
2. Die Täterschaft von B.___
Der Beschuldigte B.___ bestreitet eine Beteiligung an der Bluttat vom 14. März 2010 in [Ort 1].
2.1 Die DNA-Spuren
2.1.1 Aus dem Spurenbericht des KTD Polizei Kanton Solothurn vom 22. März 2010 ergibt sich im Wesentlichen Folgendes (AS 1043 ff.): Bei einer Tatortbegehung am 15. März 2010 mit der Ehefrau und der Tochter des Opfers sollte in erster Linie überprüft werden, welche Veränderungen im Hausinnern zu erkennen gewesen seien und ob etwas durch die unbekannte Täterschaft entwendet worden sei. Mit Ausnahme eines Hausschlüssels und eines Schlüssels für den PW […] solle gemäss der Ehefrau nichts entwendet worden sein. Trotz grosser Unordnung, die auf eine ausgiebige Suche habe schliessen lassen, waren das Bargeld, der Goldschmuck, eine Perlenkette und der Inhalt eines verschlossenen Tresors noch vorhanden. Der Polizei fiel auf dem Fussboden im Parterre, Korridor, vor der Hinterausgangstüre, ein dunkler Wollschal auf, welcher mit blutverdächtigen Anhaftungen behaftet war (AS 1045, Fotos AS 1070 f., Asservat 18 markiert mit «y» und AS 1094). Auf Nachfrage habe die Ehefrau erklärt, der Schal gehöre ihr. Am 18. März 2010 bei der zweiten Befragung der Ehefrau habe diese den Schal mitgebracht und erklärt, er gehöre doch nicht ihr. Ab diesem Schal wurden in der Folge Spuren gesichert, woraus ein DNA-Profil erstellt wurde (männlich; Spurenbericht vom 22.März2010, AS1046 sowie Prüfbericht IRM vom 27.Juli2010, AS 2064 ff.).
2.1.2 Durch das IRM Basel konnten ab dem Schal gemäss Meldung vom 23. Juli 2010 zwei DNA-Profile gesichert werden: beim einen Profil handelte es sich um dasjenige des Opfers, beim zweiten Profil um dasjenige einer unbekannten Person (AS 46, 2064). Das Profil wurde in die EDNAIS-Datenbank eingeben. In der Folge wurde das unbekannte Profil via Interpol in der Zone 2 (Europa) verbreitet. Am 27. August 2010 kam die Meldung, dass das Profil in Frankereich einen Hit ausgelöst habe. Ausser dieser Hit-Meldung wurden aber keine weiteren Daten an die Schweiz überliefert. Erst am 6. Oktober 2010 – nach mehrmaligem Nachfragen – gaben die französischen Behörden bekannt, dass der DNA-Hit mit der Person B.___, geb. 28. Februar 1977, übereinstimme. Dieser war am 22. Mai 2010 [in der französischen Stadt 1] wegen eines Raubdelikts verhaftet und erkennungsdienstlich behandelt worden.
2.1.3 Im Jahr 2014 wurden die Ermittlungen einem neuen Staatsanwalt (Staatsanwalt E.___) übertragen und auch im Ermittlungsteam der Polizei gab es Änderungen. Es wurde mit dem IRM Basel Kontakt aufgenommen, um die ganzen Spuren noch einmal zu begutachten und erneute Spuren an den Asservaten zu sichern (neue Abriebe der Spurenträger). Dabei konnten gemäss Gutachten des IRM Basel vom 25. November 2015 (AS 2081 ff) neue Spuren ab dem Schal identifiziert werden, welche mit dem Profil des Beschuldigten übereinstimmten, aber neu auch entsprechende Spuren ab einem Kabelbinder (Asservat 04, PCN 29 802044 18). Konkret ergaben sich folgende Ergebnisse:
- Spurenblatt 23 (ab Kabelbinder, Teilstück ohne Verschluss, AS 2113): Es wurde ein Mischprofil aus vermutlich zwei Personen erstellt. Das Hauptprofil ist identisch mit dem Profil des Geschädigten. Der TV PCN […] (Profil des Beschuldigten B.___: AS 1101) kann als Spurengeber des Mischprofils nicht ausgeschlossen werden.
- Spurenblatt 26 (ab Kabelbinder, Teilstück mit Verschluss, AS 2116): Es wurde ein Mischprofil erstellt. Das Hauptprofil ist identisch mit dem Profil des Geschädigten, das inkomplette Nebenprofil ist identisch mit dem Profil des Beschuldigten B.___.
- Spurenblatt 33 (grossflächiger Abrieb ab Wollschal, Asservat 18, PCN 29 802193 01, Beginn der Untersuchung am 19.Juli 2010, AS 2123 f.): Es wurde ein DNA Mischprofil aus zwei Personen erstellt. Das Profil des Geschädigten ist im Mischprofil enthalten. Ein reduziertes Profil wurde in die EDNAIS Datenbank eingegeben und ergab eine Übereinstimmung mit dem DNA-Profil der Person 40 538918 10 (Beschuldigter B.___). Die Beweiswertberechnung ergab, dass sich das Mischprofil unter Annahme der Nullhypothese (Spurengeber des Mischprofils Spur 29 802193 01 sind der Geschädigte und der Beschuldigte B.___) 102 Billionen Mal besser erklären lässt als unter Annahme der Gegenhypothese (Spurengeber sind der Geschädigte und eine Person, die mit dem Beschuldigten B.___ nicht nahe verwandt ist, AS 2124).
- Spurenblatt 37 (Abrieb ab blutfreien Stellen des Wollschals Asservat 18, AS 2128): Es wurde ein DNA-Mischprofil erstellt. Das Hauptprofil ist identisch mit dem Profil des Beschuldigten B.___ und dem Profil des Geschädigten.
- Spurenblatt 38 (Abrieb von Wollschal, Asservat 18, Fransen, AS 2129): Es wurde ein DNA-Mischprofil erstellt. Das Mischprofil ist identisch mit dem Profil des Beschuldigten B.___ und dem Profil des Geschädigten.
- Spurenblatt 39 (Abrieb von Wollschal, Asservat 18, Fransen, AS 2130): Es wurde ein DNA-Mischprofil erstellt. Das Mischprofil ist identisch mit dem Profil des Beschuldigten B.___ und dem Profil des Geschädigten.
- Spurenblatt 40 (Abrieb von Wollschal, Asservat 18, AS 2131): Es wurde ein DNA-Mischprofil erstellt. Das Mischprofil ist identisch mit dem Profil des Beschuldigten B.___ und dem Profil des Geschädigten.
Das IRM Basel nahm in einem Ergänzungsgutachten vom 14. März 2017 (AS 2181 ff.) aktualisierte Beweiswertberechnungen von zwei Spuren vor mit folgenden Resultaten:
- Spur ab Kabelbinder, Asservat 04, Teilstück mit Verschluss (Spurenblatt 26). Das Mischprofil lässt sich unter Annahme der Nullhypothese 106,9 Millionen Mal besser erklären als unter Annahme der Gegenhypothese (AS 2183).
- Spur grossflächiger Abrieb ab Schal (Spurenblatt 33): Das Mischprofil lässt sich unter Annahme der Nullhypothese 33,65 Billiarden Mal besser erklären als unter Annahme der Gegenhypothese (AS 2185).
2.1.4 Diese rechtsmedizinischen Gutachten und Berichte wurden fachgerecht bzw. nach den geltenden wissenschaftlichen Standards erstellt und sind in jeder Hinsicht überzeugend. Insbesondere liegen keine Hinweise vor, wonach den Gutachtern jeweils nicht alle vorhandenen Informationen zur Verfügung gestanden wären. Diesbezüglich wurde denn auch keine Kritik vorgebracht. Auf die darin dargelegten Einschätzungen kann somit ohne Weiteres abgestellt werden. Die Ergebnisse sind aus rechtlicher Sicht zu teilen. Dasselbe gilt auch für die weiteren, nachfolgend beizuziehenden Gutachten und Berichte, sofern an der entsprechenden Stelle keine anderslautenden Ausführungen erfolgen.
2.1.5 Damit steht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die ausgewerteten DNA-Spuren am Schal und am Kabelbinder nebst dem Opfer eindeutig dem Beschuldigten B.___ zuzuordnen sind. Das wurde im Parteivortrag vor dem Berufungsgericht auch nicht mehr wirklich bezweifelt (Parteivortrag S. 38 Rz. 159 und 160).
2.1.6 Wenn der Beschuldigte B.___ vorbringen lässt, es könne zu einer Sekundärübertragung von DNA vom Schal (welcher ohne sein Zutun an den Tatort gelangt sei) auf den fraglichen Kabelbinder gekommen sein, ist mit der Vorinstanz folgendes auszuführen: Solche Sekundärübertragungen von DNA sind theoretisch denkbar und möglich, jedoch aus wissenschaftlicher Sicht äusserst unwahrscheinlich (vgl. Katrin Tanzhaus, Marie Therese Reiss, Tom Zaspel, "I’ve never been at the crime scene!" — gloves as carriers for secondary DNA transfer, International Journal of Legal Medicine, International Journal of Legal Medicine, publiziert am 4. Mai 2021, Abstract dazu siehe https://link.springer.com/article/10.1007/s00414-021-02597-w). Das vom Beschuldigten anlässlich der Berufungsverhandlung angerufene Urteil des Bundesgerichts 6B_889/2020 vom 25. September 2020 E.3 besagt nichts Anderes. In dieser Erwägung wird die Vorinstanz zitiert, wonach das IRM eine Wanderung von DNA-Spuren an einem Stein für möglich erachte (wobei diese Beweiswürdigung der Vorinstanz vom Bundesgericht in E. 4.2 auch angesichts der konkreten Umstände – Schuppenflechte des Beschuldigten – als «nicht unhaltbar» bezeichnet wurde). Da solche Sekundärübertragungen ohnehin bereits äusserst unwahrscheinlich sind und zudem vorliegend am Kabelbinder gleich zwei Spuren des Beschuldigten B.___ gefunden werden konnten, kann eine solche Möglichkeit im vorliegenden Fall wie zu zeigen sein wird mit Blick auf die weiteren Beweise jedenfalls rechtsgenüglich ausgeschlossen werden. Dass die DNA des Beschuldigten B.___ auch zwei Mal an den Fransen des Schals gefunden wurde, lässt ebenfalls darauf schliessen, dass er selbst den Schal getragen hatte. Dass neben der DNA des Beschuldigten B.___ und des Opfers nur ein Nebenprofil gesichert werden konnte, deutet auch darauf hin, dass der Beschuldigte und das Opfer zuletzt mit dem Schal in Verbindung gekommen waren, und spricht jedenfalls dagegen, dass ein Dieb des Schales (in Zürich) den Schal anschliessend getragen und am Tatort verloren hat. Nur der Vollständigkeit halber sei auf die Lage der beiden sichergestellten Gegenstände hingewiesen, welche sich aus Bild 5, AS 1071, ergibt: der Schal (Asservat 18, markiert mit Buchstabe «y») lag vor dem Hintereingang, zusätzlich auch vor der Küchentüre (vgl. nachfolgende Ausführungen), der Kabelbinder (Asservat 04, markiert mit Buchstabe «d») lag einige Meter davon entfernt im Hausgang vor dem Klavier. In der Tat besteht die vor dem Berufungsgericht vorgebrachte theoretische Möglichkeit, dass ein Polizist nach dem Bewegen des Schals DNA-Spuren auf den Kabelbinder übertragen hat. In diesem Zusammenhang sind aber vor allem auch die weiteren Beweise (vgl. nachfolgende Erwägungen) in die Würdigung miteinzubeziehen, so namentlich die klaren Aussagen des Zeugen L.___ zur Beteiligung von B.___ am Delikt in [Ort 1], das Sichern einer DNA-Spur von B.___ beim Raubüberfall auf [eine Bijouterie] in [Ort 4] und die falschen Aussagen des Beschuldigten B.___ zu seinem Aufenthaltsort zur Tatzeit. Diese erhärten allesamt die Tatbeteiligung des Beschuldigten B.___ und die geltend gemachte Drittübertragung verkommt damit zur rein theoretischen Möglichkeit. Eine Spurenartbestimmung ist daher nicht notwendig. Zu den Spuren am Schal wird weiter unten bei der Prüfung des geltend gemachten Diebstahls Stellung genommen.
2.1.7 Die Beschuldigten machen die Unverwertbarkeit der Gutachten des IRM Basel geltend.
2.1.7.1.1 Der Beschuldigte C.___ lässt ausführen, es seien die rechtsmedizinischen Gutachten aus den Jahren 2010 und 2015 (rechtsmedizinische Gutachten IRM Basel vom 17. März 2010 [AS 2000], 26. März 2010 [AS 2016] sowie vom 15. Juli 2010 [AS2045]; Prüfbericht IRM Uni Basel vom 27. Juli 2010 [AS 2064]; forensisches Abschlussgutachten IRM Uni Basel vom 29. Juli 2010 [AS 2068]; forensisch-toxikologisches Gutachten IRM Uni Basel vom 27. Juli 2010 [AS 2077]; Gutachten IRM Uni Basel vom 25. November 2015 [AS2081] sowie Ergänzungsgutachten IRM Uni Basel vom 25. November 2015, recte: 14. März 2017 [AS2181]) zufolge fehlenden Hinweises auf Art. 307 StGB an die Adresse der medizinischen Gutachter aus den Akten zu entfernen, unter separatem Verschluss zu halten und danach zu vernichten (DT AS 1033 ff.).
2.1.7.1.2 Was die im Jahre 2010 erstellten medizinischen Gutachten über das Opfer betrifft, so erfolgte die Auftragserteilung zur Erstellung der Gutachten an das IRM Basel am 15.März2010 mündlich und am 17.März2010 schriftlich (AS 2000 und 15029). Die Auftragserteilung erfolgte in Anwendung von §72 Abs. 3 der zum damaligen Zeitpunkt in Kraft gewesenen Solothurnischen Strafprozessordnung (BGS 321.1, ausser Kraft seit 1.Januar 2011). Dabei mussten die Strafverfolgungsbehörden den Sachverständigen auf die Straffolgen wissentlich falscher Begutachtung aufmerksam machen, sofern die Kenntnis nicht vorausgesetzt werden konnte. Eine Belehrung des Sachverständigen war somit gemäss kantonaler Strafprozessordnung nicht zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit eines Gutachtens. Beim IRM Basel ist die Kenntnis der Strafbestimmung von Art. 307 StGB ganz offensichtlich gegeben, ist doch notorisch, dass die Begutachtung zu den Kernaufgaben des rechtsmedizinischen Instituts gehört (vgl. auch https://www.irm.bs.ch/dienstleistungen.html). Verwertbar ist aus diesem Grund auch der Prüfbericht des IRM Basel vom 27. Juli 2010 (AS 2064 ff.).
2.1.7.1.3 Die medizinischen Gutachten aus dem Jahr 2015 und 2017 des IRM Basel, Forensische Genetik, welche die Auswertung der DNA-Spuren und die Beweiswertberechnungen zum Inhalt haben, sind unter der Geltung der Schweizerischen StPO erfolgt, wobei im DNA-Übergabeprotokoll des Kriminaltechnischen Dienstes der Polizei Kanton Solothurn an das IRM Basel, Forensische Genetik, der Hinweis auf Art.307StGB erging (AS 2080). Dass die konkrete Auftragserteilung durch die Polizei erfolgte, führt nicht zur Unverwertbarkeit der Gutachten. Gemäss Art. 255 Abs. 2 lit. b StPO kann nämlich die Polizei die Erstellung eines DNA-Profils von tatrelevantem biologischem Material anordnen. Zudem geht dem Verfahrensjournal folgendes hervor (AS 14010):
25.08.2014 Aktennotiz: Rückmeldung […], Kriminaltechnischer Dienst der Polizei, an Staatsanwalt E.___: das IRM Basel werde die Asservate nochmals mit den neuen Kits auswerten, insbesondere diejenigen Spuren mit Mischprofil (nicht interpretierbaren Nebenprofilen). Danach werde entschieden, ob eine zusätzliche mitochondriale Auswertung noch gemacht werden wird. Kleiderabstrich zurückgestellt. Verbreitung DNA Profil Opfer zurückgestellt.
28.08.2014 Telefonanruf von IRM Basel, […] mit Staatsanwalt E.___: dieser teilt mit, dass bei der wiederholten Auswertung der Asservate mit den neuen Kits (16 Loci) Resultate erzielt werden können, da die neuen Kits sensibler seien. Bei einem Kabelbinder sei das Profil des Tatverdächtigen ersichtlich, er könne mind. nicht ausgeschlossen werden. Es gäbe auch Hinweise, auf eine weitere Fremdspur. Es wird abgemacht, dass alle Spuren mit Nebenkomponenten nochmals gemacht werden, insbesondere die Kabelbinder und die Rückstellprobe. Die Kleider gehen nochmals nach Basel, damit nochmals eine grossflächige Spurenuntersuchung erfolgen kann. Besprechung der Ergebnisse dann in Basel.
09.09.2014 Telefonanruf von IRM Basel, […] mit Staatsanwalt E.___, wonach sie ab den Fasern des zweiten Kabelbinders ein DNA Profil haben sichern können, das weder in der Stuff Index noch in der Datenbank vorhanden sei. Es wird vereinbart, dass die Spur international verbreitet wird.
Daraus geht hervor, dass der fallführende Staatsanwalt über die erneute Auswertung der vorhandenen Asservate informiert und damit einverstanden war. Das war auch dem IRM Basel bekannt, das im Verlaufe der Auswertung direkt mit dem Staatsanwalt Rücksprache nahm.
Damit liegt – namentlich vor dem Hintergrund der nachfolgend darzulegenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung – jedenfalls keine Unverwertbarkeit der IRM-Berichte vor. Eine Berufung auf Art. 142 Abs. 2 StPO, der im vorliegenden Fall zweifellos anwendbar wäre, ist damit nicht nötig.
2.1.7.1.4 Zu allen diesen Gutachten und Berichten des IRM Basel ist weiter in Erwägung zu ziehen, dass es sich im Falle von dauernd bestellten oder amtlichen Sachverständigen gemäss Bundesgericht sowohl hinsichtlich der Schriftlichkeit der Gutachtenserteilung wie auch beim Hinweis auf die Straffolgen eines wissentlich falschen Gutachtens nicht um eine Gültigkeits-, sondern lediglich um eine Ordnungsvorschrift handelt. Die Gutachten von Rechtsmedizinischen Instituten sind auch bei Fehlen eines Hinweises auf die Straffolgen eines falschen Gutachtens gültig und verwertbar (BGE 141 IV423 E. 3).
2.1.7.2.1 Der Beschuldigte B.___ begründet die von ihm postulierte Unverwertbarkeit der genannten Gutachten/Berichte damit, dass dem Beschuldigten keine Möglichkeit eingeräumt worden sei, sich zu den Gutachtern bzw. Gutachten zu äussern bzw. Ergänzungsfragen zu stellen (DT AS 1054). Vor dem Berufungsgericht wurde zusätzlich geltend gemacht, die Auftragserteilung sei nur durch die Polizei erfolgt, was zur Unverwertbarkeit der Gutachten führe.
2.1.7.2.2 Hinsichtlich der Möglichkeit zur vorgängigen Stellungnahme zu den Gutachtern ist auf Art. 184 Abs. 3 Satz 2 StPO zu verweisen, wonach in den vorliegenden Gutachtensgegenständen von einer vorgängigen Gewährung des rechtlichen Gehörs abgesehen werden kann. Die Dokumente wurden dem Beschuldigten im Verlaufe des Vorverfahrens ausgehändigt und er wurde nach deren Studium dazu befragt. Er konnte sich bis und mit der Berufungsverhandlung jederzeit dazu äussern und hätte auch Gelegenheit gehabt, jederzeit Ergänzungsfragen dazu einzureichen. So wären mit der Berufungserklärung Beweisanträge zu stellen gewesen (Art. 399 Abs. 3 lit. c StPO). Entsprechende Ergänzungsfragen wurden zu keinem Zeitpunkt gestellt, und die Gutachten erweisen sich wie bereits gesagt als vollständig und beweiskräftig. Dazu kann auch noch auf den neuen BGE 148 IV 22 verwiesen werden. Die Regeste dazu lautet: „Art. 184 Abs. 3 Satz 1 StPO konkretisiert den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör. Eine Verletzung dieses Anspruchs kann durch die nachträgliche Gewährung von Akteneinsicht in den Gutachterauftrag und das Gutachten geheilt werden. Bringt die beschuldigte Person nach Einsicht in den Gutachterauftrag und das Gutachten keine Ausstandsgründe oder Anmerkungen zu den Gutachterfragen resp. Ergänzungsfragen vor, ist von einem Verzicht auf eine Stellungnahme zur sachverständigen Person und den Gutachterfragen auszugehen (E. 5.5.2).»
2.1.7.3 Die medizinischen Gutachten und Berichte des IRM Basel (rechtsmedizinische Gutachten IRM Basel vom 17. März 2010 [AS 2000], 26. März 2010 [AS 2016] sowie vom 15. Juli 2010 [AS 2045]; Prüfbericht IRM Uni Basel vom 27. Juli 2010 [AS 2064]; forensisches Abschlussgutachten IRM Uni Basel vom 29. Juli 2010 [AS 2068]; forensisch-toxikologisches Gutachten IRM Uni Basel vom 27. Juli 2010 [AS 2077]; Gutachten IRM Uni Basel vom 25.November2015 [AS 2081] sowie Ergänzungsgutachten IRM Uni Basel vom 25.November 2015 [AS2181]) sind demnach verwertbar.
2.1.7.4 An dieser Stelle sei sodann der Vollständigkeit halber erwähnt, dass der Auftrag an das IRM Aarau zur Erstellung eines rechtsmedizinischen Gutachtens vom 6.Dezember2017 ebenfalls rechtmässig erfolgte (AS 2191 ff.).
2.2 Schuhspuren
Keine Relevanz kommt im Rahmen der Beweiswürdigung hinsichtlich der Täterschaft des Beschuldigten B.___ den aufgefundenen Schuhspuren zu (ausführlicher Bericht vom 13.September2010, AS 1136): es ist zwar erstellt, dass sowohl der Beschuldigte B.___ als auch der Beschuldigte C.___ die anhand der Spuren eruierte Schuhgrösse 45 tragen, womit die Schuhspuren zumindest nicht gegen deren Täterschaft spricht. Als erwiesen erscheint in diesem Zusammenhang einzig, dass die Schuhspuren von der Täterschaft stammen müssen, zumal Drittpersonen das Haus erst um 18.00 Uhr betreten haben, während das Delikt am Morgen begangen wurde. Das Blut war zu diesem Zeitpunkt um 18.00 Uhr längstens eingetrocknet. Darauf ist zurückzukommen.
2.3 Das Delikt [in der französischen Stadt 1] vom 20. Mai 2010: Kabelbinder
Der Beschuldigte B.___ wurde in Frankreich rechtskräftig wegen Beteiligung an bandenmässigem, bewaffnetem Raub (vom 20. Mai 2010 [in der französischen Stadt 1]) zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt, wobei die dabei verwendeten Kabelbinder punkto Länge, Breite und Werkzeugproduktionsnummer identisch mit den in [Ort 1] verwendeten Kabelbindern waren (Nachtragsrapport vom 7. Oktober 2015, AS 1105 ff.). Der Beschuldigte B.___ gab immer an, beim Raubdelikt [in der französischen Stadt 1] erstmals mit Kabelbindern in Berührung gekommen zu sein (dazu vgl. nachfolgende Ausführungen). Die durch den kriminaltechnischen Dienst der Polizei Kantons Solothurn getätigten Abklärungen ergaben, dass bei beiden Delikten identische Kabelbinder eingesetzt worden waren: sämtliche Kabelbinder wiesen dieselbe Form, Farbe, Länge (ca. 76 cm), Breite (9 mm), Dicke (2 mm) sowie eine im Bereich des Verschlussstückes befindliche Prägung auf, welche sich aus dem Buchstaben «K» sowie einer nachfolgenden zwei- bis dreistelligen Zahlenkombination zusammenstellte. Die Abklärungen ergaben weiter, dass solche Kabelbinder im Jahr 2015 in Grossmärkten in der Schweiz nicht auffindbar waren, in Baumärkten gab es nur Kabelbinder bis 50 cm Länge. Selbst im professionellen Baufachhandel waren Kabelbinder von dieser Länge nur auf Bestellung hin erhältlich. Produzent war eine Firma in Taiwan. Wie sich aus dem Bericht weiter ergibt, handelte es sich bei den ausserordentlich langen Kabelbindern um das Produkt «CV-762», wobei die Zahl 762 die Länge (762 mm) betrifft. Die nachfolgende Auskunft über die damaligen Abnehmer bezog sich aber auf das Produkt «CV-462» mit der Länge 462 cm, bei dem es sich um Massenware handeln dürfte. Ob es sich bei den unterschiedlichen Produktebezeichnungen um einen Verschrieb des Polizisten handelt, kann offenbleiben: dass [in der französischen Stadt 1] zwei Monate nach [Ort 1] die gleichen aussergewöhnlich langen Kabelbinder mit der gleichen Prägung (Werkzeug-Produktionsnummer) «K 131» verwendet wurden, ist ein Indiz für die gleiche Täterschaft, aber kein sehr starkes.
2.4 Aussagen des Beschuldigten B.___
2.4.1 Das Vorwissen:
Es ist vorweg auf den Umstand hinzuweisen, dass dem Beschuldigten B.___ während seines Gefängnisaufenthaltes bzw. des Auslieferungsverfahrens in Frankreich eröffnet wurde, dass an einem Schal in [Ort 1] seine DNA gesichert worden sein soll (AS 8124 und 8248 ff.; Haftbefehl vom 25. Februar 2011 gegen B.___, AS28196). Somit steht fest, dass sich der Beschuldigte B.___ über längere Zeit eine Verteidigungstaktik zurechtlegen konnte, namentlich auch was die fraglichen DNA-Spuren auf dem Schal anbelangt.
2.4.2 Die Erstaussage:
Nach der Auslieferung des Beschuldigten B.___ an die Schweiz am 7. Februar 2017 erfolgte am Tag danach die Hafteinvernahme (AS 8000 ff.). Dabei gab der Beschuldigte an, er wisse, worum es gehe, er habe auch schon die Papiere gesehen. Er habe sich im Februar 2010 in der Schweiz aufgehalten, vom 10. bis 18. Februar 2010 [in einem Hotel] in Zürich zusammen mit seiner damaligen Freundin N.___. Bei diesem Aufenthalt sei ihm die Jacke gestohlen worden, dies samt Schal und Pass (AS 8004 ff.). Diese Aussage – getätigt, ohne überhaupt nach dem Schal gefragt worden zu sein – ist höchst auffällig und der Beschuldigte wollte damit ganz offensichtlich erklären, weshalb ein Schal mit seiner DNA an einem Tatort gefunden worden war, ohne dass er mit der Tat etwas zu tun habe. Der Beschuldigte gab eine Passkopie zu den Akten, wonach sein Pass am 16. Februar 2010 an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien beschlagnahmt worden sei (AS 8036 f.). Der Diebstahl von Jacke, Schal und Pass sei in einem Nachtclub an der Bahnhofstrasse in Zürich erfolgt. Am Eingang habe er seine Jacke an einem Kleiderständer aufgehängt. Als er den Club verlassen habe, sei seine Jacke nicht mehr da gewesen, ev. sei es auch eine Verwechslung gewesen. Das Hotel sei nicht weit weg gewesen, ca. 10 bis 15 Minuten, um ca. 01.00 oder 02.00 Uhr sei er ins Hotel zurückgegangen. Den schwarzen Schal, eine Kappe und Handschuhe habe er vorher im C&A an der Bahnhofstrasse in Zürich gekauft. Als es zu schneien begonnen habe, habe er sich das schnell gekauft. Am Valentinstag hätten sie ein schönes Nachtessen gehabt. Am 15. Februar 2010 seien ihm die Sachen im Club gestohlen worden, am 16. Februar 2010 sei der Pass dann an der Grenze in Ungarn beschlagnahmt worden. Kurz vor dem 10. Februar 2010 sei er in die Schweiz eingereist (später dann korrigiert: Er sei Ende Dezember 2009 in die Schweiz eingereist: AS 8075). Er sei mit P.___ zwei Tage vor dem 10. Februar 2010 im Hotel gewesen, um zu reservieren (was offenkundig falsch war: AS 1200 ff.: die Buchung erfolgte am 10. Februar 2010 am Hauptbahnhof bei Zürich Tourismus). Mit N.___ habe er 2012 zum letzten Mal Kontakt gehabt.
Er sei 2009 in Deutschland wegen Firmenbetrugs verklagt worden und sechs Monate in Haft gewesen. Danach habe ihm der deutsche Staat eine Einreisesperre für den Schengen-Raum für fünf Jahre gegeben. Er habe dann gezockt und viele Schulden gemacht. Aus diesem Grunde habe er in den Westen reisen müssen, um Geld zu beschaffen, um die Schulden zurückzubezahlen. Zu diesem Zweck habe er sich einen gefälschten Pass auf den Namen [alias B.] beschafft, sich ein Visum besorgt und damit habe er dann einreisen können. Er sei damals das erste Mal in der Schweiz gewesen und zusammen mit P.___, bei dem er viele Schulden, rund 50'000.00 Euro, gehabt habe, in die Schweiz gekommen. Dieser habe hier viele Freunde, er kenne diesen aber nicht so gut. Er kenne niemanden in der Schweiz (AS 8003 ff.).
[Ort 1] habe er noch nie gesehen, er sei sicher nicht dort gewesen. Ob man dort seine Fingerabdrücke gefunden habe? Er sei anfangs März 2010 mit P.___ mit dessen Auto über den Grenzübergang «Venlo» nach Holland gereist, nach zwei, drei Tagen Aufenthalt in Düsseldorf. In Holland habe er sich dann bis anfangs Mai bei einer Familie, Bekannte aus Serbien, aufgehalten, habe zwei Monate lang Ferien gemacht und darauf gewartet, dass P.___ für ihn eine Lösung finde, wie er die Schulden abzahlen könnte. Weil er kein Geld gehabt habe, sei er bei dieser privaten Familie als Gast gewesen. Der Mann heisse [Vater von C.___], dazu hätten dessen Frau und Tochter dort gewohnt. Sie wohnten in der Ortschaft […]. Er sei dann wegen diesem Raub [in die Stadt 1 in Frankreich] gegangen, wo er am 20. Mai 2010 mit weiteren Personen eine Bijouterie überfallen habe. Einen Tag später sei er dann zusammen mit weiteren Personen durch die französische Polizei verhaftet worden. Anfang Mai 2010 sei er schon in Frankreich gewesen. Ja, er habe sein Dossier für die Auslieferung in die Schweiz im Jahr 2011 gesehen und er hätte sieben Jahre lang mit Beteiligten kommunizieren können. Aber das sei nicht nötig gewesen, da er mit dieser Sache nichts zu tun habe. Er habe tagtäglich mit seiner Familie telefonieren können. Er sehe keine Kollusionsgefahr und stehe dem Gericht gerne zur Verfügung, er werde alles sagen. So etwas hätte er nie gemacht und er hätte auch keinen Grund, so etwas zu machen. Der Raub in Frankreich sei das Einzige gewesen, das er je im Leben angestellt habe. Seine Reise mit dem Bus in die Schweiz habe Euro 85.00 bis 100.00 gekostet.
Zu den weiteren Aussagen sei auf die Akten verwiesen (AS 8000 ff. und 17030 ff.), vor Amtsgericht und vor dem Berufungsgericht machte der Beschuldigte B.___ von seinem Schweigerecht Gebrauch (DT AS 931 ff.)
2.4.3 Die Ermittlungsergebnisse zu diesen Aussagen:
2.4.3.1 Der Beschuldigte B.___ hatte sich gemäss vorliegenden Unterlagen und den Aussagen von N.___ vom 10. bis 18. Februar 2010 zusammen mit seiner Freundin N.___ [in einem Hotel] in Zürich aufgehalten: Am 10. Februar 2010 erfolgte unter dem Namen B.___ via Zürich Tourismus eine entsprechende Buchung: CHF 1'850.00 für zwei Personen exkl. Frühstück (AS 1200 f.). Dies bestätigte auch N.___ am 6. Juni 2017 anlässlich der rechtshilfeweisen Befragung als Zeugin in Serbien (AS 3286 ff.): Sie habe von September 2009 bis März 2010 eine Beziehung zum Beschuldigten B.___ gehabt. Dieser sei im Dezember 2009 in die Schweiz gegangen. Er habe sie zuletzt vor fünf Monaten aus dem Gefängnis in Frankreich angerufen. Er habe ihr im Mai 2010 in einem Brief geschrieben, er sei verhaftet worden und befinde sich im Gefängnis [in der französischen Stadt 1]. Er habe nie gesagt, weshalb. Danach seien sie in Kontakt geblieben, sie habe auch manchmal für ihn mit seiner Mutter telefoniert. Er sei ein sehr feiner Typ, gebildet. Sie könne sich ganz genau erinnern, dass sie ihn vom 10. bis 18. Februar 2020 in der Schweiz besucht habe. Der Beschuldigte habe gesagt, er suche Arbeit und sie hätten täglich den Freund des Beschuldigten, M.___, getroffen. Sie kenne keinen P.___. Der Beschuldigte habe Zürich sehr gut gekannt, habe sie herumgeführt und ihr fast alles bezahlt, obwohl er keinen Job gehabt habe. Er habe ihr auch das Flugticket bezahlt. In Nachtclubs seien sie nicht gegangen. Sie seien die ganze Zeit zusammen gewesen und «sie betone sogar ausdrücklich, dass sie in keinem Nachtclub gewesen seien» (AS 3288, Frage 14). Ihr sei nicht bekannt, dass der Beschuldigte B.___ während dieses Aufenthaltes Opfer eines Diebstahls gewesen sei. Er habe nicht gesagt, dass ihm etwas gestohlen worden sei (a.a.O Frage 18). Sie könne sich nicht erinnern, dass der Beschuldigte einen Schal für den Winter getragen habe. Dieser habe eine Jacke mit Kapuze gehabt. Während ihres Aufenthaltes in Zürich habe er keinen Schal getragen (a.a.O Frage 19). Da der Beschuldigte Ende Februar Geburtstag gehabt habe, habe sie ihm elegante Samthandschuhe gekauft, schwarz mit einer goldenen Umrandung. Diese Handschuhe habe er nur einmal getragen. Da es ihm zu kalt gewesen sei, habe er sie nicht mehr tragen wollen. Sie habe die Handschuhe dann nach Serbien mitgenommen und heute trage sie ihr Vater. Sie wiederhole, während den sieben Tagen in Zürich habe sie sich nie vom Beschuldigten getrennt. Sie seien die ganze Zeit zusammen gewesen, vom Morgen bis am Abend. Sie hätten spaziert und seien dann zurück ins Hotel gekommen. Die Nachtclubs hätten sie nicht besucht, sie seien am Abend gar nicht aus dem Hotel gegangen (a.a.O Frage 20). Aus dem Hotelzimmer habe sie einmal ihre Mutter angerufen, mit dem Hoteltelefon. Ihr Handy habe sie nicht benutzt, da sie im Roaming gewesen sei. Der Beschuldigte habe mehrfach mit seinem Handy telefoniert, sie wisse aber nicht, mit wem. Sie habe das Gefühl gehabt, der Beschuldigte sei ein super Mann und die Beziehung sei sehr gut. Er sei ein sehr feinfühliger und gebildeter Mann. Als sie in Serbien, [...], gewesen seien, habe er nicht viel Geld gehabt, hingegen habe er in der Schweiz das Geld gehabt. Sie wisse aber nicht, woher. Er habe ja dort einen Job gesucht. Noch einmal: sie kenne P.___ nicht und habe mit diesem nie Kontakt gehabt. Nach ihrer Rückkehr habe sie SMS vom Beschuldigten von einer schweizerischen Telefonnummer erhalten. Im April 2010 habe er noch geschrieben, er habe keinen Job gefunden und komme zurück. Erst im Mai habe sie dann den Brief erhalten, wonach er im Gefängnis sei. Sie habe nie das Gefühl gehabt, dass der Beschuldigte ein aggressiver Mensch sei, er sei im Gegenteil sehr ruhig gewesen. Sie habe den Sohn des Beschuldigten gesehen, als sie im Herbst 2010 dessen Mutter EUR 2'000.00 gebracht habe. Dieses Geld habe der Beschuldigte ihr via einen Kollegen schicken lassen. Der Beschuldigte habe ihr einmal gesagt, er sei wegen eines Raubs von Gold im Gefängnis.
2.4.3.2 Die Aussage der Zeugin N.___ ist verwertbar: Dem Beschuldigten wurde vorgängig die Möglichkeit eingeräumt, Ergänzungsfragen an die Zeugin zu stellen und solche wurden auch eingereicht (AS 18068 ff.), und er konnte danach zum Einvernahmeprotokoll Stellung nehmen, wobei seitens der Verteidigung bereits die Art der Protokollierung gerügt wurde und eine erneute Befragung beantragt wurde (AS 18093 ff.). Ein Recht auf persönliche Teilnahme besteht gemäss Art. 148 StPO nicht (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1039/2014 vom 24. März 2015, E. 3.3.1). Wenn von den rechtshilfeweise einvernehmenden serbischen Behörden die gestellten Fragen nicht mitprotokolliert wurden und die Antworten auf mehrere Einzelfragen zusammengefasst wurden, ändert das nichts an der Verwertbarkeit des Einvernahmeprotokolls. Selbst nach Schweizer Recht (Art. 78 StPO) muss nicht zwingend nach dem Schema «Frage-Antwort» protokolliert werden. Aus dem Protokoll ist ersichtlich, dass alle wesentlichen Fragen von der Zeugin beantwortet wurden. Die Fragen der Staatsanwaltschaft bezogen sich primär auf den gemeinsamen Aufenthalt im Februar 2010 in Zürich und den vom Beschuldigten geltend gemachten Diebstahl im Nachtclub (AS 18073 ff). Die Ergänzungsfragen des Beschuldigten drehten sich um die Reisepläne des Beschuldigten nach dem gemeinsamen Aufenthalt in Zürich (AS 18080 f.) Dazu gab die Zeugin denn auch Antworten:
- Der Beschuldigte B.___ habe die Absicht gehabt, in der Schweiz einen Job zu finden und nach Serbien zurückzukehren, sollte das nicht klappen (Antworten 27 und 31).
- Über seine Reiseabsichten könne sie keine Angaben machen (Antwort 28).
- Er habe ihr keine Fotos geschickt und sie könne nicht sagen, wo er sich nach ihrer Abreise aufgehalten habe (Antwort 31).
Daraus ergibt sich, dass die Zeugin zu den Reiseplänen und Aufenthalten des Beschuldigten zur Tatzeit keine Angaben machen kann. Von einer erneuten Befragung konnte man sich keine weitergehenden Erkenntnisse versprechen.
2.4.3.3 Die Aussage der Zeugin N.___, die dem Beschuldigten ganz offensichtlich sehr positiv gegenübersteht, widerlegt bereits dessen Darlegung, es seien ihm in Zürich in einem Nachtclub die Jacke, der Pass und der Schal gestohlen worden. Wenn der Beschuldigte, damit konfrontiert, sagt, er habe mit seiner damaligen Freundin nicht über den Diebstahl gesprochen, sie habe das ev. nicht mitbekommen (AS 8228 Fragen 14 und 17), dann ist das völlig unglaubhaft. Die weiteren Aussagen der Zeugin konnte er sich nicht erklären. Aber auch sonst gibt es einige Fragezeichen zur entsprechenden Schilderung des Beschuldigten: das [Hotel] […] in Zürich befindet sich rund drei Kilometer von der Bahnhofstrasse entfernt (= schnellster Weg zu Fuss: vgl. Plan AS 8072), was den vom Beschuldigten geltend gemachten Heimweg zu Fuss völlig unrealistisch werden lässt. Dies zumal es nach den Angaben des Beschuldigten und der Zeugin damals sehr kalt gewesen sein soll (tatsächlich betrugen die Nachttemperaturen in Zürich zwischen dem 14. und dem 16. Februar 2010 rund minus sechs Grad, vgl. meteoblue.ch, Wetterarchiv; vgl. aber auch AS 8143 ff., vom Beschuldigten bestätigt: AS 8126 f., wobei er dann korrigierte, im Nachhinein glaube er, sie seien mit dem Taxi ins Hotel zurückgefahren). Ganz sicher falsch waren die Angaben des Beschuldigten, man habe zu Fuss vom Hotel zum Nachtclub 10 bis 15 Minuten gebraucht (a.a.O. AS 8040 Rz. 78). Gegen Schluss der Voruntersuchung, am 30. April 2018, als man ihm vorhielt, der Zeuge L.___ habe ausgesagt, gemäss Beschuldigtem D.___ sei ein Schal am Tatort zurückgeblieben, führte der Beschuldigte B.___ dann plötzlich aus, ev. habe er den Schal damals im Auto von L.___ liegen gelassen. Ev. wolle sich L.___ auf seine Kosten aus der Sache retten (AS 8258 Rz. 196 ff.). Der angebliche Diebstahl wurde der Polizei nicht angezeigt.
2.4.3.4 Unklarheiten gibt es zum Pass des Beschuldigten. Es scheint vorweg kaum möglich, dass dieser – in der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2010 in Zürich entwendet – am 16. Februar 2010, also nur Stunden später, an der serbisch-ungarischen Grenze, mithin deutlich über 1'000 Kilometer entfernt, beschlagnahmt wurde. Diesbezüglich ist die Aktenlage unklar: Interpol Serbien teilte am 23. Juni 2017 mit, der besagte Reisepass [Passnummer] des Beschuldigten B.___ sei am 19. September 2009 ausgestellt und in der Folge an der Grenze in Ungarn beschlagnahmt worden. Interpol Ungarn teilte am 1. September 2017 mit, der Beschuldigte B.___ sei am 9. Mai 2006 an der ungarischen Grenze gestoppt worden. Weitere Akten bestünden keine, da die Aktenvorgänge nach drei Jahren gelöscht würden (AS 48 f.). In den Akten findet sich eine vom Beschuldigten abgegebene Passkopie [Passnummer] mit einem Stempel vom 16. Februar 2010 (Ortschaft unleserlich) und mit einem Stempel «ungültig», der Pass war aber am 19. März 2009 ausgestellt worden (AS 8036). Über die Authentizität dieses Aktenstückes ist nichts bekannt, es ist aber doch zu berücksichtigen, dass die hierortigen Beschuldigten sehr wohl in der Lage waren, sich gefälschte Dokumente zu beschaffen (Pass, Spitalbericht). Es ist aber jedenfalls nicht ersichtlich, dass sich aus weiteren Abklärungen dazu etwas zu Gunsten des Beschuldigten ergeben könnte, der damals ja nachweislich Aufenthalt in Zürich hatte. Dies auch, da der beschlagnehmende Staat, Ungarn, bekanntlich angab, über keine Akten mehr zu verfügen.
2.4.3.5 Aber selbst wenn davon ausgegangen würde, dass dem Beschuldigten der Pass Mitte Februar 2010 abhanden gekommen sei, sei dies durch Diebstahl, durch Verlieren oder auch Weitergabe an einen Dritten, kann der Diebstahl des Schals – und dies sogar unabhängig von den Aussagen von N.___ – rechtsgenüglich ausgeschlossen werden: Dagegen sprechen neben den bereits dargelegten Erwägungen folgende entscheidende Gründe: Da auf dem Schal praktisch nur Spuren des Beschuldigten B.___ und des Opfers gesichert werden konnten(keine auswertbaren Haupt- oder Mischprofile von Drittpersonen, auch nicht von Frau G.___), müsste die angebliche, unbekannte Täterschaft den Schal Mitte Februar 2010 in Zürich in einem Nachtclub unter Spurenschutz gestohlen und danach – ebenfalls unter Spurenschutz und zweckbestimmt – bis zum 14. März 2010 aufbewahrt haben, um damit in [Ort 1] eine falsche Fährte zu legen und den Beschuldigten B.___ zu Unrecht zu belasten. Und dies alles ohne Wissen, ob sich am Schal denn auch wirklich genetische Spuren des Beschuldigten B.___ finden liessen und dessen DNA-Profil bereits in den Datenbanken gespeichert wäre (was es damals noch nicht war, da der Raub [in der französischen Stadt 1] erst im Mai 2010 verübt wurde). Das ist nun völlig abwegig und kann füglich ausgeschlossen werden. Auch aus diesem Grund erübrigen sich weitere Abklärungen zum Pass.
2.4.3.6 Während der ganzen Untersuchung hat der Beschuldigte B.___ immer wieder den Namen P.___ erwähnt. Dieser solle ihn auch zum Raub [in der französischen Stadt 1] genötigt haben wegen der Schulden (auf die Schulden von EUR 50'000.00 habe er monatlich EUR 5'000.00 als Zinsen zahlen müssen: AS 8170). Zu diesen geltend gemachten Schulden passt allerdings nicht, dass der Beschuldigte vom 10. bis 18. Februar 2010 in einem 4-Sterne-Hotel in Zürich logierte (entsprechend kam der Beschuldigte in der Befragung dazu ins Schleudern: AS 8211 ff.) [und auch] alle Auslagen - auch seiner Freundin - finanzierte. Die Ermittlungen zu diesem Namen «P.___» blieben jedoch ergebnislos, beim Beschuldigten B.___ fanden sich keinerlei Spuren zu einer solchen Person (bspw. fand sich auf keinem der Handys, auf denen sehr viele Rufnummern gespeichert waren, ein entsprechender Eintrag) und es ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass diese Person nicht existiert (vgl. dazu die Ausführungen im Polizeirapport: AS 49).
2.4.3.7 Aufschlussreich – und für den Beschuldigten ungünstig – verliefen die Ermittlungen zu seinem Aufenthalt ab Ende Februar 2010 bis zur Verhaftung vom 21. Mai 2010 und damit zu dem von ihm vorgebrachten Alibi für die Tatzeit. Dazu kann vollumfänglich auf die Ausführungen im polizeilichen Teilerledigungsrapport vom 20. Dezember 2017 verwiesen werden (AS 50 ff.), die wie folgt zusammengefasst werden können: Die mehrfachen Aussagen des Beschuldigten B.___, wonach er Ende Februar die Schweiz nach Holland verlassen habe und dann zwei Monate dort geblieben sei (s.a. AS 8042 Rz. 150 ff., Rz: 161 ff.: Er sei am 18. Februar 2010 in Holland angekommen, sei danach einige Tage nach Deutschland und ab anfangs März für zwei Monate in Holland geblieben; etwas später gab er noch an, im April einmal einen Tag mit P.___ [in der französischen Stadt 1] gewesen zu sein, der ihm dort ein paar Bijouterien gezeigt habe), was bereits Rechtsanwalt Helfenfinger mit Eingabe vom 17. Februar 2017 ausführen liess (AS 18067), entsprechen nicht der Wahrheit. Aus den Daten der RITD der französischen Behörden bezüglich der vom Beschuldigten anlässlich der Verhaftung getragenen Handys ist ersichtlich, dass der Beschuldigte B.___ sich mit seiner serbischen Rufnummer ([Rufnummer]) am 22./23. März 2010 in Frankreich aufgehalten hat. Am 22. März 2010 wählte sich die Nummer erstmals in Frankreich an der Grenze zur Schweiz ein (Bartenheim), am 23. März 2010 ist ersichtlich, wie er sich von [der französischen Stadt 1] aus auf den Weg nach Holland gemacht hat (vgl. die Aufstellung der Einwählungen auf AS 52). Am 24. März 2010 löste er dann eine holländische Rufnummer ([…]) ein. Am 10. Mai 2010 machte sich der Beschuldigte B.___ dann wieder auf den Weg von Holland [in die französische Stadt 1] (vgl. Aufstellung der Einwählungen seiner serbischen und holländischen Rufnummer auf AS 53). Dass der Beschuldigte B.___ jemand anderem sein Handy für eine Europareise ausgeliehen haben könnte, wie es vor dem Berufungsgericht als Möglichkeit vorgebracht wurde, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung als völlig unrealistisch zu qualifizieren (zumal der Beschuldigte ja erst nachher ein Handy mit holländischer Rufnummer einlöste. Mit seiner (falschen) Aussage zum Aufenthalt in Holland ab Anfang März 2010 versuchte sich der Beschuldigte ein Alibi zu verschaffen für die Tatzeit am 14. März 2010. Zudem hatte der Beschuldigte am 10. Februar 2010 in der Schweiz auf seinen Alias-Namen [alias B.] zwei Schweizer Rufnummern eingelöst (was er zunächst abstritt: AS 8066 Frage 43, danach gab er an, ganz sicher nicht zwei Rufnummern eingelöst zu haben: AS 8067 Fragen 54 f., danach schob er P.___ als Einlöser der beiden Rufnummern vor: AS 8068 Fragen 57 ff., später erneut anders: AS 8157 Fragen 27 ff.), was auf einen längeren geplanten Aufenthalt in der Schweiz schliessen lässt. Analog löste er in der Folge auch in Holland, wo ein längerer Aufenthalt geplant war, eine holländische Rufnummer ein. Demgegenüber verwendete er in Frankreich seine serbische Rufnummer, was auf einen kurzen Aufenthalt schliessen lässt. Der Beschuldigte erklärte den Erwerb einer holländischen Rufnummer denn auch damit, dass er mit seiner serbischen Nummer dort im Roaming gewesen sei (AS 8188 Fragen 44 ff.). Da er dabei weiter angab, die holländische Nummer gleich nach dem Erwerb in Betrieb gesetzt zu haben, weist auch das klar auf einen Aufenthalt in Holland erst ab dem 24. März 2010 hin. Auch N.___ gab an, sie habe nach ihrer Heimreise noch SMS vom Beschuldigten ab seiner schweizerischen Rufnummer erhalten (AS 3290). In Holland wohnte der Beschuldigte B.___ übrigens eingestandenermassen bei […] dem Vater des Beschuldigten C.___. Bei den französischen Behörden hatte er noch gesagt, er habe sich bei einer Freundin namens «[…]» aufgehalten.
2.4.3.8 Belastend für den Beschuldigten B.___ sind auch seine Aussagen und die Erkenntnisse zu den Kabelbindern: Er sagte von Anfang an aus, er sei erst kurz vor dem Raub [in der französischen Stadt 1] mit den Kabelbindern in Kontakt gekommen. Diese Aussage bestätigte er in der Folge mehrfach. Er gab an, P.___ habe ihm kurz vor dem Raub [in der französischen Stadt 1] sämtliches Material für den Raub vorbeigebracht. Bei diesem Material seien auch die Kabelbinder gewesen (AS 8046 Rz. 304 ff.). Erst anlässlich der Einvernahme vom 14. März 2017 wurde dem Beschuldigten erstmals der DNA-Hit ab dem Kabelbinder, Asservat 04, vorgehalten. Er gab an, dies sei unmöglich, da er solche Kabelbinder nie in der Schweiz gesehen habe. Er habe diese zum ersten Mal in Frankreich gesehen. Erneut stellte er von sich aus die Frage, ob seine Fingerabdrücke auf dem Kabelbinder gewesen seien? (AS 8063 Fragen 22 f.). Am 28. März 2017 wurde dem Beschuldigten der IRM-Bericht zum Hit ab dem Kabelbinder vorgelegt. Nach dem Durchlesen des Berichts und einer kurzen Beratung mit seinem Anwalt brachte der Beschuldigte B.___ eine wenig plausible Geschichte mit P.___ vor (AS 8078): bei diesem könnte es eine DNA-Übertragung auf die Kabelbinder von [Ort 1] gegeben haben. Er habe aber vorher keine Kabelbinder gesehen. Auf Ergänzungsfragen des Verteidigers gab er schliesslich die Vermutung zu Protokoll, P.___ habe ihm möglicherweise die Jacke und den Schal gestohlen oder dies in Auftrag gegeben. Er habe sich damals in Zürich auch verfolgt gefühlt (AS 8079). Überhaupt war das Aussageverhalten des Beschuldigten zu diesem DNA-Hit auffällig, wie der rapportierende Polizist zu Recht vermerkte: Anlässlich der Einvernahme vom 5. April 2017 zeigte sich, dass er sich mit diesem Thema nicht auseinandersetzen wollte (AS 8125 Fragen 27 f., ebenso am 25. April 2017, AS 8173 Frage 78: er habe den Bericht nur oberflächlich gelesen). Erst am 6. Juli 2017 gab der Beschuldigte dann zu Protokoll, er habe den Bericht gelesen und mit seinem Anwalt besprochen. Es handle sich dabei nicht um seine DNA, da seine DNA auf dem Kabelbinder erst 2017 gefunden worden sei (AS 8232 Fragen 42 ff.). Das Aussageverhalten war damit deutlich anders zum Vorhalt des DNA-Hits auf dem Schal: auf diesen hatte sich der Beschuldigte in Frankreich während sechs Jahren vorbereiten können, was sich bei der ersten Einvernahme klar zeigte. Er ging das Thema sehr offensiv an. Der zweite DNA-Hit kam für ihn dagegen völlig überraschend und er wollte sich dazu während der Untersuchung einer klaren Antwort entziehen.
2.4.3.9 Der Beschuldigte B.___ sagte bekanntlich aus, er kenne niemanden in der Schweiz. Dies trifft zumindest nicht auf M.___ (den er – im Gegensatz zu N.___ (AS 3287) – nicht erkennen wollte: AS 8052 Rz. 103, später dann korrigiert: AS 8075), auf den Zeugen L.___ (siehe spätere Aussagen des Beschuldigten: AS 8165 ff.), den Mitbeschuldigten C.___ und auch nicht auf den Mitbeschuldigten D.___ zu. Bezüglich der ersten drei Genannten räumte der Beschuldigte B.___ in späteren Einvernahmen ein, anfänglich nicht die Wahrheit gesagt zu haben (bspw. AS 8251 Rz. 109 ff. und AS 8260 Rz. 175 ff.). In Stichworten sei hinsichtlich des Beschuldigten D.___ hier erwähnt:
- Der Beschuldigte D.___ und [der Vater des Beschuldigten C.___], bei dem der Beschuldigte B.___ in Holland unterkam, waren gut befreundet aus gemeinsamen Militärzeiten in Serbien (AS 8191 Rz. 150 ff.).
- Der Beschuldigte D.___ trug bei seiner Verhaftung in Frankreich die holländische Rufnummer […] mit dem Namen «B.___» auf sich (die Geschichte des Beschuldigten B.___ dazu hört sich nachgerade abenteuerlich an: AS 8191 f. Rz. 183 ff.). Zudem gab er in Frankreich an, er habe die Nummer im Auto seines Sohnes gefunden (AS D1342). Dass auch die damalige Geliebte des Beschuldigten D.___, U.___, mit dem Beschuldigten B.___ damals Kontakt gehabt hat (AS 30097), entlastet den Beschuldigten D.___ nicht, sondern zeigt vielmehr, dass sich die Beschuldigten B.___ und D.___ schon damals gekannt haben. Diese hatte im Übrigen neben der holländischen auch die serbische Rufnummer des Beschuldigten B.___ im Handy gespeichert (AS 30103) und diese Nummer hätte sich der Beschuldigte D.___ wohl auch aufschreiben müssen. Wenn beide, die Beschuldigten B.___ (AS 0119 Frage 11, AS 8191 Rz. 176 ff) und D.___, unabhängig voneinander zu Protokoll gaben, sie hätten sich im Gefängnis in […], Frankreich, kennen gelernt, dann war das ganz offenbar gelogen. Richtig ist aber, dass die beiden in Frankreich zusammen im gleichen Gefängnis einsassen, weshalb der Beschuldigte D.___ genau wusste, dass und aufgrund welcher Beweismittel der Beschuldigte B.___ in der Schweiz im Zusammenhang mit dem Delikt in [Ort 1] gesucht wurde, auch wenn er dies wenig überzeugend verneinte (s. unten).
- Offenbar organisierte der Beschuldigte D.___ (aus der Haft in Frankreich) die Verteidigung des Beschuldigten B.___: bei der Hausdurchsuchung beim Beschuldigten D.___ vom 7. Juni 2018 wurde ein Notizzettel mit den Koordinaten von Rechtsanwalt Helfenfinger, den der Beschuldigte B.___ mit seiner Verteidigung beauftragte, gefunden (AS 129). Auch dies deutet auf eine gute Bekanntschaft der Beiden hin.
2.4.3.10 Dass es der Beschuldigte – wie er selber einräumte – mit der Wahrheit nicht so ernst nahm, zeigt beispielsweise auch seine Kehrtwende am 28. März 2017, als er eine völlig neue Geschichte darlegte (AS 8075 ff.: so soll er statt mit Pokern jetzt mit Diebstählen Geld für «P.___» generiert und zudem in der Schweiz mit C.___ vereinbart haben, mit dessen Vater in Holland eine Hanfplantage anzubauen, die Idee zum Raub [in der französischen Stadt 1] soll dann [vom Vater von C.] gekommen sein, einem ehemaligen Gold- und Geldräuber). Auch in Frankreich soll er nach eigenen Aussagen mehrfach falsch ausgesagt haben (bspw. AS 8190 Rz. 119, AS 8192 Rz. 206 ff., AS 8276 Rz. 162 ff.) Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Aussagen des Beschuldigten und die entsprechenden Ermittlungsergebnisse keinerlei Zweifel an der oben festgestellten Beteiligung des Beschuldigten B.___ an den Delikten vom 14. März 2010 in [Ort 1] erwecken, ganz im Gegenteil: Sie erhärten klar das Beweisergebnis.
2.5 Die Aussagen von L.___
Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch der Zeuge L.___ den Beschuldigten B.___ ausdrücklich der Beteiligung an den Delikten in [Ort 1] beschuldigt. So gab der Zeuge bspw. auch an, die Täter hätten am Tatort einen Schal verloren, der die Polizei auf ihre Spur bringen könnte, was Täterwissen verrät. Der Zeuge L.___ war gemäss dem Beschuldigten B.___ ein guter Freund des Beschuldigten C.___, die beiden hätten zusammen eine Firma für Autohandel (Exporte […]) geführt. Da vorliegend die Aussagen des Zeugen L.___ – im Gegensatz zur Beweiswürdigung im Falle des Beschuldigten C.___ - nicht von ausschlaggebender Bedeutung sind, ist auf diese Aussagen und deren Beurteilung weiter unten bei der Prüfung der Beteiligung des Beschuldigten C.___ im Detail einzugehen, an dieser Stelle kann auf diese nachfolgenden Ausführungen verwiesen werden.
2.6 Die Einwendungen des Beschuldigten
Nachfolgend ist auf die vom Beschuldigten vor Amtsgericht und Obergericht erhobenen wesentlichen Einwände einzugehen, soweit sie nicht bereits behandelt wurden (DT AS 1053 ff.).
2.6.1.1 Vom Beschuldigten B.___ wurde vor Amtsgericht vorweg eine Verletzung des Anklagegrundsatzes geltend gemacht: Die Staatsanwaltschaft nehme den Vorsatz nur an bzw. behaupte diesen. Weshalb dieser Vorsatz bestanden haben solle, und worin er sich manifestiert habe, sei aus dem in der Anklageschrift beschriebenen Sachverhalt nicht ersichtlich. Zudem würden in der Anklageschrift sowohl der (direkte) Vorsatz als auch der Eventualvorsatz behauptet. Es fehle auch an der Darstellung der Zurechenbarkeit. Bei mehreren Tätern sei entscheidend, wie der gemeinsame Tatplan gelautet habe. Wenn nur ein Raub geplant werde, umfasse der gemeinsame Tatplan das widerstandsunfähig Machen des Opfers. Ein allfälliger Mord dürfe nicht unter diesen Tatplan subsumiert werden. Entscheidend sei daher, welcher Täter ausserhalb des Tatplanes gehandelt habe und somit den Exzess begangen habe. Die Staatsanwaltschaft gehe in der Anklageschrift davon aus, dass von Beginn weg ein Vorsatz zum Mord bestanden habe. Dabei unterlasse sie es, mehrere plausible Szenarien zu bilden, wonach ein Täter einen Exzess konstruiert habe.
2.6.1.2 Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält (Art. 12 Abs. 2 StGB). Der Schluss auf den Vorsatz ergibt sich – sofern kein glaubhaftes Geständnis vorliegt – aus den Umständen, wie sie in dem von der Anklageschrift geschilderten Sachverhalt dargelegt werden. Ob dieser Schluss auf den Vorsatz gezogen werden kann, ist eine Frage der Beweiswürdigung und der anschliessenden rechtlichen Würdigung durch das Gericht und hat mit dem Anklagegrundsatz nichts zu tun. Vorliegend wird zum Vorsatz der beiden Beschuldigten B.___ und C.___ in der Anklageschrift ausgeführt, sie hätten den Geschädigten mit Kabelbindern gefesselt und ihm mit einem kantig stumpfen bzw. scharfkantigen Gegenstand mindestens acht Mal wuchtig auf den Kopf und mindestens zwei Mal entweder mit der Faust oder mit den vorhin beschriebenen Gegenständen gegen das Gesicht und den Oberkörper geschlagen. Die nahe Möglichkeit des Todes infolge der vorstehend beschriebenen Gewalteinwirkung gegen den Kopf des Geschädigten sei den Beschuldigten bewusst gewesen. Trotzdem hätten sie es getan, nicht, weil sie darauf vertraut hätten, der Tod werde nicht eintreten, sondern weil sie ihn gebilligt hätten oder den Geschädigten gar hätten töten wollen.
Damit ist klar ersichtlich, aus welchen Umständen auf den Eventualvorsatz und allenfalls den direkten Vorsatz geschlossen werden soll.
2.6.1.3 Aus der Anklageschrift geht auch mit aller wünschbaren Klarheit hervor, dass den beiden Beschuldigten in Bezug auf das Tötungsdelikt primär ein eventualvorsätzliches Handeln vorgehalten wird. Dabei ist es aber auch nicht zu beanstanden, dass die Anklage dem Täter primär einen Eventualvorsatz vorhält, aber offen lässt, dass das Gericht aus den geschilderten Umständen auch auf einen direkten Vorsatz schliessen könnte.
2.6.1.4 In Bezug auf die Zurechenbarkeit des Tötungsdelikts kann auf Ziffer 1. lit. a der Anklageschrift verwiesen werden. Dort wird ausgeführt, die Beschuldigten B.___ und C.___ hätten (hinsichtlich des Tötungsdelikts) in Mittäterschaft gehandelt. Bereits im Rahmen der Vorbereitung der Tat hätten sie gewusst, dass es sich um eine bewohnte Liegenschaft handle und sie hätten eine gewalttätige Konfrontation mit dem Opfer in ihre Planung mit einbezogen, was sich unter anderem daraus ergebe, dass sie Kabelbinder und Gegenstände (mutmasslich Schusswaffen oder Schlaginstrumente) mitgenommen hätten, um den Widerstand des Opfers zu brechen und dieses zu fesseln. Sie hätten sich daher bereits im Vorfeld der Tat ausdrücklich oder zumindest konkludent entschlossen, auf das Opfer gemeinsam Gewalt auszuüben, um den sich abzeichnenden Widerstand des Opfers zu überwinden. Die genauen Tatbeiträge beim Überfall auf das Opfer liessen sich den Beschuldigten nicht zuweisen. Beide Beschuldigten hätten jedoch mit ihren Tatbeiträgen ganz entscheidend an der Tatausführung mitgewirkt, weil sie entweder selbst auf das Opfer eingeschlagen oder aber bei der Fesselung mit Kabelbindern mitgeholfen hätten oder beides. Selbst wenn sich einer von beiden bei der Gewaltanwendung nicht beteiligt haben sollte, habe er sich den Vorsatz seines Mittäters in Bezug auf die Gewaltanwendung bereits bei der Planung, spätestens jedoch dann zu eigen gemacht, als er sich nach der Gewaltanwendung bei der weiteren Tatausführung, insbesondere beim Raub gemäss nachfolgender Ziff. 2 der Anklageschrift, aktiv beteiligt habe, weshalb sich infolge Mittäterschaft jeder den Tatbeitrag des anderen wie seinen eigenen anrechnen lassen müsse.
Ob diese von der Anklage behauptete Zurechnung gelingt, ist erneut eine Frage der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung durch das Gericht und hat mit dem Anklagegrundsatz nichts zu tun. Es ist auch nicht Aufgabe der Anklagebehörde, in einer Anklageschrift verschiedene Sachverhalte mit plausiblen Szenarien eines Tatexzesses darzulegen, sondern sie hat den Sachverhalt so anzuklagen, wie er sich nach ihrer Würdigung der Ergebnisse aus dem Vorverfahren abgespielt hat. Es ist dann erneut Sache des Gerichts, im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung zu prüfen, ob der Anklagebehörde der Beweis für den von ihr angeklagten Sachverhalt gelingt und ob ihre rechtliche Würdigung zu teilen ist. Dabei hat der Beschuldigte die Möglichkeit, andere plausible Sachverhaltsversionen und andere rechtliche Würdigungen dem Gericht vorzutragen.
Dass sich die Anklagebehörde mit der Frage der Zurechenbarkeit befasst hat, zeigt sich bei der Anklage gegen den Beschuldigten D.___: Diesem wird einzig qualifizierter Raub vorgehalten, dies im Rahmen des ursprünglichen Tatplanes mit seinen Mittätern B.___ und C.___.
2.6.1.5 Eine Verletzung des Anklagegrundsatzes liegt nicht vor. Vor dem Berufungsgericht wurden die entsprechenden Einwände denn auch nicht mehr vorgebracht.
2.6.2 Der Beschuldigte B.___ lässt ausführen, die Staatsanwaltschaft habe den Untersuchungsgrundsatz (Art. 6 Abs. 1 StPO) und den Grundsatz, wonach die Umstände, die für und wider den Beschuldigten sprächen (Art. 6 Abs. 2 StPO), nicht mit gleicher Sorgfalt abgeklärt (DT AS 1056 ff., 1064 ff.). Unabhängig davon, dass der Beschuldigte nicht ausführen lässt, was die allfällige Folge dieser angeblichen Unterlassung sein sollte, wird er auch kaum konkret, inwiefern die genannte Pflicht verletzt worden sein soll. Wie bei den nachfolgenden Ausführungen des Beschuldigten zur Verletzung des Beschleunigungsgebots rügt der Beschuldigte B.___ vorweg, die Staatsanwaltschaft habe sich in Untersuchungen und Einvernahmen zu Nebenschauplätzen verloren. Das hat mit dem Grundsatz gemäss Art. 6 Abs. 2 StPO nichts zu tun. Konkret vorgebracht wird hingegen, die Staatsanwaltschaft habe entlastende Beweisanträge wegen angeblich mangelnder Relevanz abgelehnt, so Anträge im Zusammenhang mit dem Pass des Beschuldigten, welcher ihm zusammen mit dem Schal gestohlen worden sei und an der ungarisch-serbischen Grenze sichergestellt worden sein solle. Hier ist auf die obigen Erwägungen zu verweisen: es ist nicht einzusehen und wird vom Beschuldigten auch nicht dargelegt, was sich aus zusätzlichen Abklärungen hinsichtlich des Passes für den Beschuldigten Entlastendes hätte ergeben können. Entsprechende Beweisanträge wurden vor dem Berufungsgericht denn auch nicht mehr gestellt.
Was die Lage des Schals am Tatort angeht, wird auf die nachfolgenden Ausführungen zu dieser Frage verwiesen. Auch dazu wurden vor dem Berufungsgericht keine Beweisanträge gestellt.
Was sich der Beschuldigte von einer erneuten Befragung der Ehefrau des Opfers und Privatklägerin versprechen könnte, ist nicht ersichtlich, schon gar nicht, was diesbezüglich Entlastendes erwartet werden könnte. Die Privatklägerin wurde mehrfach befragt (AS 3055 ff: 15. März 2010, 18. März 2010, 20. August 2010 und am 4. Juli 2015). Dass sie aus gesundheitlichen Gründen (Arztzeugnis: DT AS 190) über 10 Jahre nach der Tat und im Alter von 85 Jahren vor Amtsgericht nicht mehr befragt werden konnte, ist verständlich und es konnten von einer Befragung auch keine neuen relevanten Angaben erwartet werden, die sie nicht schon gemacht hatte. Auch der Beschuldigte lässt nicht vortragen, was er sich von der Befragung erhoffen könnte, zudem ist der Zusammenhang mit Art. 6 Abs. 2 StPO nicht ersichtlich. Jedenfalls ist nicht nachvollziehbar, wenn er unter den gegebenen Umständen als Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vorbringt, man habe die erneute Befragung der Privatklägerin «unter allen Umständen verhindern wollen» (DT AS 1058). Ein erneuter Beweisantrag wurde vom Beschuldigten in der Berufungserklärung nicht mehr gestellt (gemäss Art. 399 Abs. 3 lit. c StPO wären Beweisanträge in der Berufungserklärung zu stellen), ebenso wenig ein Antrag zum Einholen weiterer Akten im Zusammenhang mit dem Zeugen L.___. Zum letzteren Thema wurden Beweisanträge im Rahme der Vorfragen der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht gestellt.
2.6.3 Der Beschuldigte macht umfangreiche Ausführungen zur Verletzung des Beschleunigungsgebotes (DT AS 1059 ff., ebenso vor Obergericht). Eine allfällige Verletzung des Beschleunigungsgebotes kann sich bei der Strafzumessung auswirken. An dieser Stelle sei folgendes erwähnt: Dass der damals zuständige Staatsanwalt die ihm zustehende Möglichkeit einer rechthilfeweisen Einvernahme des inhaftierten Beschuldigten B.___ in Frankreich nicht wahrgenommen hat, hatte im vorliegenden Fall keinen ersichtlichen Einfluss auf den Verfahrensgang und dessen Dauer. Der Verzicht ist vor dem Hintergrund von Art. 101 Abs. 1 StPO mit Blick auf ein allfälliges Akteneinsichtsrecht vor der ersten Einvernahme in Frankreich begründbar. Ebenso vertretbar war der Verzicht auf eine temporäre Überführung des Beschuldigten B.___ in die Schweiz zwecks Befragung. Da der Beschuldigte jegliche Beteiligung an den Delikten in [Ort 1] abgestritten hat und – zugestandenermassen – bei der Ersteinvernahme nach der Auslieferung falsche Angaben gemacht hat, hätte man mit den weiteren Ermittlungen ohnehin zuwarten müssen, bis der Beschuldigte B.___ an die Schweiz ausgeliefert wurde. Eine Verfahrensverzögerung lässt sich somit ex post – und das ist massgebend - keine feststellen und es ist auch nicht ersichtlich – und wird nicht konkret geltend gemacht – welche entlastenden Beweise für den Beschuldigten B.___ im Falle einer früheren Befragung hätten erhoben werden können. Dass sich die Anklageerhebung weiter verzögerte, war in erster Linie den neuen Erkenntnissen und damit verbundenen Ermittlungen hinsichtlich der beiden Mitbeschuldigten C.___ und D.___ geschuldet. Eine Abtrennung des Verfahrens gegen den Beschuldigten B.___ vom Verfahren gegen den Beschuldigten C.___ war mit Blick auf Art. 30 Abs. 1 lit. b StPO nicht möglich, da den Beschuldigten B.___ und C.___ Mittäterschaft in Bezug auf das Hauptdelikt im vorliegenden Verfahren, das Tötungsdelikt in [Ort 1], vorgeworfen wird (dies im Unterschied etwa zu D.___ oder V.___). Was der Beschuldigte aus den in der Tat umfangreichen Ermittlungs- und Überwachungsmassnahmen gegen den Mitbeschuldigten D.___, gegen B.O.___ und gegen B.T.___ (die beide einer Beteiligung im Vorfeld der Tat verdächtigt wurden) für sich ableiten will, ist nicht nachvollziehbar und wird auch nicht dargelegt. Wenn die getroffenen Massnahmen für B.O.___ eine entlastende Wirkung zeitigten, so ist das ebenso wie belastende Umstände ein beabsichtigtes Ermittlungsergebnis. Wenn der Beschuldigte vorbringt, in eine andere Richtung sei trotz Anhaltspunkten nicht ermittelt worden, wird nicht klar, was er damit konkret meint. Immerhin wird aus den Polizeiberichten klar, dass nach der Tat zunächst intensiv im ganzen Umfeld des Opfers ermittelt wurde. Da von Anfang an bezüglich der Tat von keiner Seite her Angaben hätten gemacht werden können und bis anhin auch kein Tatmotiv erkennbar gewesen sei, habe sich die Fahndung nach der Täterschaft als äusserst schwierig gestaltet. Sämtliche Überlegungen bezüglich Vorleben/Familie/aussereheliches Verhältnis/Kollegen- und Bekanntenkreis/Bezug zu seiner früheren Tätigkeit als Gemeindepräsident/finanzielle Probleme etc. seien einbezogen worden. Dabei hätten sich am Anfang die Recherchen ziemlich stark opferseitig konzentriert (bspw. rückwirkende Überwachung des Festanschlusses der Familie [des Opfers] und der Mobilrufnummer der Ehefrau des Opfers), dies nicht zum Wohlgefallen der Opferfamilie (Strafanzeige vom 22. Juni 2010, AS 32 f.).
2.6.4 Die Ausführungen des Beschuldigten B.___ zur «unnötigen Härte der Haft» (DT AS 1066 ff.) stehen nicht in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung und können ebenso wie eine allfällige Verletzung des Beschleunigungsgebotes allenfalls bei der Strafzumessung Bedeutung erlangen. Dazu kann vorweg darauf hingewiesen werden, dass gegen das Regime der (gerichtlich angeordneten) Untersuchungshaft der Rechtsweg hätte beschritten werden können, wenn es denn zu Beanstandungen Anlass gegeben hätte. Es wäre auch möglich gewesen, früher einen Antrag um Bewilligung des vorzeitigen Strafvollzugs zu stellen.
2.6.5.1 Der Beschuldigte B.___ macht geltend, der Schal mit den DNA-Spuren sei mindestens zwei Mal angefasst und an einem anderen Ort drapiert worden (DT AS 1068 ff). Es sei fraglich, ob sich der Schal beim Eintreffen der Polizei überhaupt schon im Haus befunden habe und wenn ja, wo. Weder die ersten Personen am Tatort ([Nachbarn 1], [Nachbar 2]) noch die Rettungssanitäter hätten Aussagen gemacht zum ominösen Schal. Auf einigen Fotos sei der Schal zwar prominent im Korridor platziert, diesem sei aber weder bei der ersten Tatortbesichtigung durch die Polizei, noch des kriminaltechnischen Dienstes oder des IRM Basel am Morgen des 15. März 2010 Beachtung geschenkt worden. In der Folge sei die Wohnung um 11.15 Uhr wieder frei gegeben worden. Anschliessend habe die Kantonspolizei Solothurn mit Frau G.___ sowie deren Tochter und Sohn eine Tatortbesichtigung durchgeführt, mit dem Ziel, Veränderungen im Innern des Hauses mitzuteilen und zu überprüfen, ob etwas durch die unbekannte Täterschaft entwendet worden sei. Dabei sei der Polizei auf dem Fussboden im Parterre, Korridor, vor der Hinterausgangstüre ein dunkler Wollschal (Asservat 18) aufgefallen, welcher mit blutverdächtigen Anhaftungen behaftet gewesen sei. Auf Nachfrage habe Frau G.___ der Polizei erklärt, dass dieser schwarze Schal ihr gehöre (AS 1045 f.). Somit habe nach Abschluss der forensischen Untersuchung ein Polizist ganz zufälligerweise einen schwarzen Schal gefunden. Dieser habe zu diesem Zeitpunkt gar nicht mit Blut befleckt gewesen sein können, ansonsten er sicher von der Polizei mitgenommen bzw. als Asservat gesichert worden wäre. Seltsam sei auch der Fundort des Schales nahe dem Hinterausgang. In diesem Bereich der Wohnung befänden sich keine Wertsachen, die der Täter allenfalls gesucht haben könnte. Da sich die DNA des Beschuldigten nur auf dem Schal und einem Kabelbinder habe finden lassen, könnten diese beiden Gegenstände vom tatsächlichen Täter mitgebracht und am Tatort platziert worden sein, um den Beschuldigten zu belasten. Dazu passe auch, dass auf dem Schal auch Nebenprofile gefunden worden seien, weshalb auch Dritte den Schal berührt haben müssten. Daraus, dass sich auf dem Schal auch DNA-Spuren vom Opfer befunden haben sollen, lasse sich gemäss Staatsanwaltschaft der einzig logische Schluss ziehen, dass der Schal anlässlich der Tat getragen worden sein müsse und der Beschuldigte einer der Täter gewesen sein müsse. Das treffe nicht zu: Frau G.___ habe ihren Mann beim Auffinden berührt und habe so sein Blut an den Händen gehabt. Sie habe in der Folge den Schal drei Tage bei sich aufbewahrt und dieser könne dabei gut mit Gegenständen des Opfers in Berührung gekommen sein. Der Schal sei an zwei Orten fotografiert worden: in der Nähe der weissen Türe und dann wieder weiter vorne auf der Höhe zur Küchentüre. Sogar der Staatsanwalt gebe zu, die Erkenntnisse des KTD seien unbrauchbar. Auch aus dem Vergleich der Fotos AS 1071 und 1076 ergebe sich eine leicht veränderte Lage des Schales. Daher müsse ein Polizist den Schal zumindest einmal angefasst und verschoben haben. Wenn man nun noch die Fotos anschaue, welche im Dezember 2020 und damit nach elf Jahren zu den Akten gegeben worden seien, sei die Verwirrung total. Nun befinde sich der Schal nicht mehr in der Nähe der weissen Türe hinten, sondern plötzlich auch noch in der Nähe der Türe zur Küche, vor dem Teppich, der ca. 2,5 Meter von der weissen hinteren Türe entfernt liege. Nicht einmal die Fotos, welche die Staatsanwaltschaft eingereicht habe, seien in sich schlüssig. Sonderbar erscheine auch die geringe Blutmenge am Schal. Wenn der Beschuldigte B.___ den Schal während der ganzen Auseinandersetzung getragen hätte, wäre viel mehr Blut auf dem Schal gewesen. Nicht verifizieren lasse sich, ob Frau G.___ drei Tage später wirklich den Schal übergeben habe, welcher ihr vorher überlassen worden sei. Ev. habe sie den Schal am Tatabend mit ihren leicht blutbeschmutzten Händen ein erstes Mal kontaminiert. Sie habe nur ausgesagt, sie habe sich umgezogen, nicht aber, sie habe sich auch die Hände gewaschen. Leider habe das Gericht die erneute Befragung von Frau G.___ nicht zugelassen. Deshalb sei davon auszugehen, dass Frau G.___ den Schal mit dem Blut ihres Ehemannes kontaminiert habe. Es könnten aber auch die [Nachbarn 1] oder [Nachbar 2] den Schal weggeschoben oder (ebenso wie die Polizei) mit blutbefleckten Händen berührt haben. Dabei könne es sich um denjenigen Polizisten handeln, der seine DNA auf dem Kabelbinder hinterlassen habe (AS 2117 ff.). Eine Kontamination könne sich auch aus der mehrmaligen Veränderung der Lage des Schals ergeben haben.
Als Fazit lasse sich ziehen, dass die blutähnlichen Anhaftungen nicht bewiesen, dass der Beschuldigte B.___ die Schläge gegen das Opfer ausgeführt habe oder überhaupt zu dieser Zeit in [Ort 1] gewesen sei.
2.6.5.2.1 Zur Lage des Schales liegen folgende Fotografien in den Akten:
- AS 1070, 1071 und 1076 (Fotomappe des kriminaltechnischen Dienstes): Der Schal liegt hinten im Korridor vor der Hinterausgangstüre; auf AS 1070 und 1071 ragt der Schal mit einem Ende in den Korridor, auf AS 1076 nicht. Die Lage ist somit leicht verändert.
- Der vom Staatsanwalt am 7. Dezember 2020 gestellte Antrag, es seien die Erstaufnahmen des Tatortes in [Ort 1] zu den Akten zu nehmen (DT AS 442), wurde vom Amtsgericht abgewiesen: die Fotos existierten seit 10 Jahren, würden deshalb zu spät eingereicht und vermöchten ohnehin keine neuen Erkenntnisse zu liefern (DT AS 454). Auf Antrag des Beschuldigten B.___ wurden sie am 31. Mai 2021 dann doch noch zu den Akten genommen (DT AS 881): Darauf ist der Schal ca. zwei Meter weiter vorne abgebildet, weiterhin im Korridor Richtung Hinterausgang.
2.6.5.2.2 Aus dem Spurenbericht des Kriminaltechnischen Dienstes (KTD) vom 22. März 2010 (AS 1043 ff), ergibt sich, dass nach einer ersten groben Tatortsichtung am Tattag durch den KTD am Morgen des 15. März 2010 eine zweite, vollständige Sichtung des Tatortes und dessen Umgebung durchgeführt wurde. Bei der ersten Sichtung wurden u.a. vier Kabelbinder beschrieben (Ass. 01 bis 04). Bei beiden Spurensicherungen wird der fragliche Schal (Ass. 18) nicht erwähnt. Nach der Freigabe des Tatortes durch die Staatsanwaltschaft um 11.45 Uhr wurde mit der Ehefrau des Opfers (Privatklägerin) und der Tochter eine Tatortbegehung durchgeführt. Dies mit dem Ziel, der Polizei Veränderungen im Innern der Wohnung mitzuteilen und zu überprüfen, ob etwas durch die unbekannte Täterschaft entwendet worden sei. Mit Ausnahme je eines Haus- und PW-Schlüssels solle gemäss Aussage der Privatklägerin nichts entwendet worden sein. Der Polizei fiel auf dem Fussboden im Parterre, Korridor, vor der Hinterausgangstüre ein dunkler Wollschal (Ass. 18) auf, welcher mit blutverdächtigen Anhaftungen behaftet gewesen sei. Auf Nachfrage habe die Privatklägerin erklärt, dieser schwarze Schal gehöre ihr. Am 18. März 2010 sei die Privatklägerin zu einer zweiten Einvernahme bei der Polizei erschienen. Dabei habe sie den Schal mitgebracht und erklärt, der Schal gehöre doch nicht ihr (AS 1045 f.).
2.6.5.2.3 Die Privatklägerin gab zum betreffenden Schal folgendes zu Protokoll: Am 15. März 2010, 10.00 Uhr, gab sie an, sie habe den Hausgang betreten und Licht gemacht. Dort habe sie das viele Blut am Boden gesehen beim Treppenaufgang. Auch Plastikbänder seien dort gelegen. Auch einen Schal habe sie dort am Boden gesehen. Wem dieser gehöre, wisse sie nicht (AS 3057). Am 18. März 2010 wurde sie nicht zum Schal befragt. Am 20. August 2010 wurde die Privatklägerin auf den Schal angesprochen (AS 3074 Frage 46). Vorgehalten wurde ihr, sie habe bei der Tatortbesichtigung gegenüber dem Kriminaltechniker gesagt, dieser Schal gehöre ihr und deshalb sei der Schal auch am Tatort belassen worden. Zur zweiten Einvernahme am 18. März 2010 habe sie den Schal aber mitgebracht und angegeben, der Schal gehöre der Täterschaft. Was nun richtig sei? Sie könne heute mit absoluter Sicherheit sagen, dass dieser Schal nicht ihr oder ihrem Mann gehört habe. Dieser Schal gehöre nicht in dieses Haus. In Frage 48 wurde dargelegt, der Schal sei gemäss den Fotoaufnahmen am Boden gelegen. Sie solle bitte den Weg des Schales beschreiben ab dem Zeitpunkt, als der Kriminaltechniker sie gefragt habe, ob er ihr gehöre. Sie wisse nicht, wo der Polizist den Schal anschliessend hingelegt habe. Sie wisse auch nicht mehr genau, wie das abgelaufen sei. Es könne sein, dass der Mann des Reinigungsinstituts ihr den Schal übergeben habe oder ihre Tochter oder ihr Sohn und gefragt hätten, ob der Schal ihr gehöre. Sie könne nur sagen, dass ihr Mann nie einen Schal getragen habe.
2.6.5.3 Dem Beschuldigten ist beizupflichten, dass die Spurensicherung der Polizei am Tatort bezüglich des Schals eher nachlässig war und der Schal bewegt wurde. Der Schal ist aber auf den Fotos von Anfang an zu sehen und wurde auch von der Privatklägerin nach dem Eintreten ins Haus gleich bemerkt. Offenbar war sie dann zunächst der Meinung, der Schal gehöre ihr, später schloss sie dies aus. All das ändert aber nichts an der Tatsache, dass ab einem Schal am Tatort (und ebenso ab einem Kabelbinder am Tatort) die DNA des Beschuldigten sichergestellt worden ist. Wenn der Beschuldigte nun ausführt, der Schal könnte auch bewusst am Tatort abgelegt worden sein (dies unter vorgängigem Spurenschutz), um ihn fälschlicherweise zu belasten, so ist dies wohl möglich, aber das stellt wie bereits erwähnt eine derart entfernte, theoretische Möglichkeit dar, dass sie nicht zu vernünftigen Zweifeln am obigen Beweisergebnis führt. Das müsste ja im Übrigen auch für die Spur am Kabelbinder gelten, wobei der Beschuldigte vor dem (späteren) Delikt [in der französischen Stadt 1] aber nie Kontakt mit Kabelbindern gehabt haben will. Keine Zweifel bewirken auch die Vorbringen des Beschuldigten zu den Blutanhaftungen des Opfers auf dem Schal: Es kann wohl nicht ausgeschlossen werden, dass solche auch nach der Tat durch die Lageveränderungen und Berührungen (mit-)verursacht worden sein könnten. Das ändert aber ebenfalls nichts an den geschilderten massgeblichen Fakten.
2.6.6.1 In Bezug auf die DNA-Spuren am Kabelbinder (DT AS 1073 ff.) macht der Beschuldigte geltend, da die Täterschaft offensichtlich Handschuhe getragen habe (keine Fingerabdrücke), sei eine Direktübertragung der DNA vom Täter auf den Kabelbinder unmöglich. Dem kann nicht gefolgt werden, es gibt unzählige Möglichkeiten, wie eine DNA-Spur trotz grundsätzlichem Handschuhtragen auf den Kabelbinder gelangen konnte (Ausziehen des Handschuhs zum Anziehen des Kabelbinders, Berührung des Kabelbinders vor der Tatausführung, Kontakt des Kabelbinders mit dem Arm hinter dem Handschuh etc.). Zur geltend gemachten Übertragung der DNA vom Schal auf den Kabelbinder zufolge Unachtsamkeit der Privatklägerin oder unsorgfältiger Arbeitsweise des KTD kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
2.6.6.2 Der Beschuldigte B.___ lässt letztlich ausführen, es könne sein, dass er diese Kabelbinder im Rahmen der Vorbereitung des Überfalles auf die Bijouterie [in der französischen Stadt 1] organisiert resp. einmal berührt habe. Dabei lässt er aber den zeitlichen Ablauf völlig ausser Acht, will er doch erst im Mai 2010 zwecks Ausführung des Raubüberfalles die dort verwendeten Kabelbinder erhalten haben.
2.6.7 Zu den am 22./23. März 2010 in Frankreich registrierten Telefonaten wird vorgebracht, es könne durchaus sein, dass der Beschuldigte B.___ zu dieser Zeit in Frankreich gewesen sei. Selbst wenn sich herausstellen würde, dass er sich damals nicht in den Niederlanden aufgehalten habe, hiesse das nicht automatisch, dass er sich zum Tatzeitpunkt tatsächlich in [Ort 1] aufgehalten habe. Letzteres ist korrekt, hingegen steht die erste Spekulation, der Beschuldigte könnte sich tatsächlich am 22./23. März 2010 in Frankreich aufgehalten haben, im Widerspruch zu den diesbezüglich mehrfachen und eindeutigen Aussagen des Beschuldigten, der sich damit ein Alibi hatte verschaffen wollen. Wenn er aber diesbezüglich falsch ausgesagt hat, wäre das vielmehr ein Indiz für seine Täterschaft.
2.7 Fazit
Als Fazit kann festgehalten werden, dass bei einer Gesamtschau aller Beweismittel keine vernünftigen Zweifel daran bestehen können, dass der Beschuldigte B.___ am 14. März 2010 in [Ort 1] am Raubüberfall auf das Opfer in dessen Haus beteiligt war. Auf den konkreten Tatablauf, die Vorgeschichte und das Tatmotiv wird später eingegangen.
3. Die Täterschaft von C.___ ([alter Name]) und D.___
Der Name des Beschuldigten C.___ (damals noch [alter Name] genannt) fiel erstmals in späteren Einvernahmen des Beschuldigten B.___. Mit [C.___, alter Name] habe er nach seiner Ankunft in Zürich Ende Dezember 2009 regelmässig Kontakt gehabt. [C.___, alter Name] habe einen guten Freund gehabt, L.___, genannt „[alias L.]“ (auf den sogleich einzugehen ist), mit dem er (C.___) ein Autohandelsgeschäft betrieben habe. Verdachtsmomente gegen den Beschuldigten C.___ im Zusammenhang mit dem Delikt in [Ort 1] ergaben sich aber erst durch die Aussagen des Zeugen L.___. Ebenso brachte dieser Zeuge D.___ als Organisator des Raubüberfalles in [Ort 1] ins Spiel. Deshalb ist zunächst auf den Zeugen L.___ und dessen Aussagen einzugehen.
3.1 Der Zeuge L.___
3.1.1 Die Vorgeschichte
3.1.1.1 L.___ wurde in der Schweiz mehrfach strafrechtlich verurteilt:
- Am 9. Mai 2003 durch das Bezirksgericht wegen mehrfacher Geldwäscherei zu 10 Monaten Gefängnis mit Gewährung des bedingten Strafvollzugs;
- Am 9. Juni 2010 vom Strafbefehlsrichter Basel-Stadt wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln am 26. August 2009 zu einer bedingten Geldstrafe von fünf Tagessätzen zu je CHF 40.00 und einer Busse von CHF 400.00;
- Am 30. August 2012 vom Bezirksgericht Winterthur wegen mehrfachen, teilweise versuchten Raubes an Bijouterien in Winterthur und Wetzikon am 14. und 20. Oktober 2010 zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren;
- Am 1. Oktober 2017 von der Staatsanwaltschaft Winterthur wegen Fälschens von Ausweisen am 30. September 2017 zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je CHF 30.00;
- Am 30. März 2020 mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn wegen Hehlerei im Zusammenhang mit dem vorliegend auch zu beurteilenden Bijouterie-Raubüberfall vom 3. Februar 2010 in [Ort 4] zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten (DT AS 489).
3.1.1.2 Hinsichtlich der Vorstrafe aus dem Jahr 2012 hatten die Ermittlungen der Kantonspolizei Zürich ergeben, dass eine Gruppierung um L.___, […], […] und […] zwei Raubüberfälle im Oktober 2010 auf Bijouterien in Wetzikon und Winterthur begangen hatte, Delikte nach dem Muster der sog. Pink Panther-Bande. L.___ war der Organisator der Delikte, war aber bei der eigentlichen Tatausführung vor Ort selbst nicht dabei. Bei Vorbereitungshandlungen für ein weiteres Delikt wurden die vier Genannten am 4. Februar 2011 verhaftet. Alle vier Beteiligten wurden durch das Bezirksgericht Winterthur verurteilt (vgl. schriftliche Urteilsbegründung des Bezirksgerichts Winterthur vom 30. August 2012 mit eingehender Darstellung der Rolle des Zeugen L.___ bei diesen Delikten: AS 11096 ff.). L.___ wurde zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, hat die Strafe aber damals nicht angetreten: er setzte sich nach Serbien ab und konnte erst am 30. September 2017 in Glattbrugg durch die Kantonspolizei Zürich verhaftet werden. Die Solothurner Strafverfolgungsbehörden hatten aufgrund der festgestellten Kontakte von L.___ zu den Beschuldigten D.___ und B.___ zur Zeit der Tat bereits bei der Kantonspolizei Zürich ihr Interesse an einer Befragung angemeldet, sollte der Betreffende angehalten werden können. Nach dessen Verhaftung war auch bereits ein Einvernahmetermin mit L.___ als Auskunftsperson festgesetzt worden, der aber nach der Mitteilung, L.___ mache Aussagen zum Delikt in [Ort 1], wieder abgesagt wurde. Stattdessen wurde L.___ unverzüglich als Zeuge befragt.
3.1.1.3 Einleitend zum ersten Befragungsprotokoll der Kantonspolizei Zürich vom 21. November 2017 wird festgehalten, L.___ habe dem Personal im [Gefängnis] mitgeteilt, dass er Aussagen zu Raubdelikten machen wolle. Es sei ein Vorgespräch geführt worden, um herauszufinden, welcher Art die Aussagen seien. Er habe sich bereit erklärt, seine Aussagen zu Protokoll zu erklären. Deshalb werde er nun als polizeiliche Auskunftsperson befragt und sei nicht zur Aussage verpflichtet, er werde jedoch auf die Strafbarkeit einer falschen Anschuldigung oder Begünstigung hingewiesen.
3.1.1.4 Zur Person des Zeugen L.___ ist somit vieles bekannt und es ist nicht ersichtlich, was sich aus dem Beizug weiterer Akten (bspw. Akten der Migrationsbehörden) für das vorliegende Verfahren Relevantes hätte ergeben können, zumal ja – wie mehrfach erwähnt – die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen von Bedeutung ist und nicht dessen Glaubwürdigkeit als überdauernde Charaktereigenschaft.
3.1.2 Die Aussagen von L.___
3.1.2.1 Am 21. November 2017 gab L.___ zusammengefasst zu Protokoll (AS 7000 ff.), er habe damals aus gesundheitlichen Gründen die Haft von vier Jahren nicht antreten können und sei nach Serbien gereist. Mit einem gefälschten Pass sei er im September 2017 in die Schweiz eingereist. Er habe gewusst, dass er hier gesucht werde. Mit seiner Familie in der Schweiz habe er seither Kontakt gehabt, er habe nicht bei ihnen gewohnt, um ihnen keine Probleme zu bereiten. [Er sei] geschieden, […]. Die beiden gemeinsamen Töchter seien [erwachsen]. In Serbien habe er kein Geld mehr gehabt zum Leben. Ein Handel mit Maschinen habe nichts abgeworfen. (Auf Frage, was er denn nun mitteilen möchte) Der erste Mann sei sehr gefährlich, er heisse D.___ und wohne in [Stadt 1]. Dieser habe die ganze Sache organisiert. Er selbst habe damals in der Zeitung gelesen, dass etwas mit einem Politiker oder Parteivorsitzenden passiert sei. Wo das passiert sei, wisse er nicht mehr genau, nicht in der [Stadt 1], […]. Er wisse, dass es in einem Haus passiert sei. Dieser D.___ habe von jemandem, von wem wisse er (der Zeuge) nicht, Informationen erhalten, dass der Mann sehr viel Bargeld im Haus haben solle. D.___ habe zwei Männer gefunden, der eine heisse C.___ und der zweite B.___. Die Nachnamen der beiden Männer kenne er nicht, er könnte die Männer aber auf Fotos identifizieren. Er wisse, dass D.___ sieben Jahre in Frankreich in Haft gewesen sei wegen Raubes. Das letzte Mal, als er D.___ in Serbien gesehen habe, habe ihm dieser mitgeteilt, dass B.___ in der Schweiz im Gefängnis sei. Dies sei in diesem Jahr im Mai oder Juni gewesen. Über die Tat wisse er noch, dass einer der beiden, also C.___ oder B.___, an der Türe des Hauses geklingelt habe. Vermutlich hätten sie das Haus aber zuvor schon einige Zeit beobachtet und genau gewusst, dass der Mann alleine zu Hause gewesen sei. Der Mann habe die Türe geöffnet und seines Wissens hätten die beiden Männer den Mann geschnappt und geprügelt. Das habe einige Zeit gedauert, denn der Mann sei sehr stark gewesen. Danach hätten sie ihn gefesselt und das ganze Haus nach Geld durchsucht. Seines Wissens hätten sie aber das Geld nicht gefunden. Sie hätten seines Wissens nichts aus dem Haus gestohlen. Was er wisse, sei, dass einer der Täter seinen Schal im Haus vergessen habe und deswegen sei B.___ sofort nach Frankreich abgereist. C.___ habe er nie mehr gesehen. Zuvor habe er diesen in [Stadt 1] gesehen mit D.___ zusammen in einer Cafeteria. Er könnte diesen identifizieren. Nach einem Monat oder mehr, als er D.___ wiedergesehen habe, habe ihm dieser erzählt, dass der Mann, den sie überfallen hätten, gestorben sei. Seines Wissens sei der Mann sehr schwer verletzt gewesen. (aF) Ob die beiden Männer Pistolen dabei gehabt hätten, wisse er nicht sicher. (aF) Diese Informationen habe er von D.___. Diesen kenne er seit rund 20 Jahren. Dieser wohne auch schon so lange in der Schweiz, er habe glaublich eine Rente. (aF) D.___ habe ihm gesagt, er habe die Sache organisiert. Dies einige Tage nach dem Vorfall, sie hätten sich damals gesehen. Er habe D.___ damals ca. einmal pro Woche gesehen. (aF) D.___ hätte sicher seinen Teil vom Geld bekommen. Weil diese Sache aber nicht gelungen sei, hätten sie dann einen Raubüberfall in Frankreich gemacht und dabei seien vier oder fünf Leute geschnappt worden. (aF, ob D.___ für diesen Raub irgendwelche Vorbereitungen getroffen habe) D.___ habe einfach diese Information über diesen Mann gehabt. Er habe diese Information von jemandem erhalten, er (der Zeuge) wisse aber nicht, von wem. D.___ habe ihm erzählt, er sei mit den beiden Mittätern C.___ und B.___ in die Nähe des Hauses gefahren, die Beiden hätten dann den Raub gemacht. (aF, was er noch über D.___ wisse?) Zuletzt sei dieser in Serbien gewesen, als er selbst auch dort gewesen sei. Wo er jetzt sei, wisse er nicht. Die Beute vom letzten Raubüberfall in Frankreich sei irgendwo versteckt worden und die Polizei habe sie nicht gefunden. Mit dem Geld von der Beute baue D.___ seines Wissens nun ein Haus in [Ort in Serbien] bei [der Stadt in Serbien]. Er habe mit vielen kriminellen Leuten Kontakte und sei daher für ihn (den Zeugen) sehr gefährlich. (aF, was er zu B.___ sagen könne?) Dieser komme aus einem Vorort von Belgrad […]. Er solle in der Schweiz im Gefängnis sein. (aF, was er zu C.___ sagen könne) Dieser sei ca. fünf bis acht Jahre jünger als B.___, rund 190 cm gross und komme aus [der Stadt in Serbien]. Er habe hier in der Schweiz eine Freundin gehabt. Bei dieser […] in [Ort 5] habe C.___ einige Zeit gewohnt. Er habe diesem damals ein Auto verkauft und dieses nach [Ort 5] gebracht, weil er (der Zeuge) im Autohandel tätig gewesen sei. C.___ habe sich damals ohne Aufenthaltspapiere in der Schweiz aufgehalten und sei sehr vorsichtig gewesen. (aF) Die Freundin von C.___ habe glaublich […] geheissen. Er könne noch zeigen, wo er das Auto damals hingebracht habe. (aF) Weitere Informationen über die Tat habe er keine. (aF) Ja, er habe vor rund zwei Wochen mittels Hausbrief an die Gefängnisverwaltung das Gespräch gesucht, um die Aussagen zu machen. Er habe zuerst mit dem Sozialarbeiter gesprochen und dieser habe ihm dann erklärt, er solle einen [internen Brief] schreiben. Nach einiger Zeit habe sich der Abteilungsleiter [...] bei ihm gemeldet und sie hätten ein ca. 15-minütiges Gespräch gehabt. Dieser habe dann die Informationen an die Polizei weitergegeben. (aF, was er dem Abteilungsleiter gesagt habe?) Er habe diesem einige Informationen gegeben und ihn gefragt, ob es in der Schweiz ein Zeugenschutzprogramm gebe, er könne wichtige Informationen geben. Der Abteilungsleiter habe dann gesagt, er (der Zeuge) müsse dies zuerst der Polizei sagen. (aF, was ihn dazu bewogen habe, diese Aussagen zu machen?) Er erwarte, dass er möglicherweise in ein Zeugenschutzprogramm gehen könne, und er hoffe, in der Schweiz bleiben zu können. In Serbien habe er keine Zukunft und müsste wieder kriminelle Sachen machen, wenn er rauskomme und zurückgeschafft würde. Er habe kein Geld und eine schlechte Gesundheit und sei 60 Jahre alt. Er wolle jetzt nicht mehr kriminell werden und sehe die Möglichkeit, ein normales Leben führen zu können, wenn er hierbleiben könne. Er möchte einfach weg aus dieser kriminellen Welt. (aF) Er sei auch bereit, vor Gericht auszusagen, benötige dafür aber Schutz. Das seien gefährliche Leute.
3.1.2.2 Auf AS 7007 findet sich der Hausbrief des Zeugen L.___ vom 10. November 2017. Unten ist vermerkt (wohl vom Abteilungsleiter [...]): «Betreffend Aussage als Zeuge in drei Fällen».
3.1.2.3 Am 22. November 2017 befragte der verfahrensleitende Solothurner Staatsanwalt E.___ L.___ als Zeugen (AS 7008 ff.). Der Zeuge wurde vorweg informiert, man habe mit der zuständigen Stelle vom Zeugenschutzprogramm Kontakt aufgenommen. Es würden wohl noch diese Woche Leute vom Zeugenschutzprogramm mit ihm das Weitere klären. Er könne dazu hier und jetzt keine verbindliche Aussage machen, dass der Zeuge ins Zeugenschutzprogramm komme. Er könne aber sagen, dass die Strafverfolgungsbehörden darauf achteten, dass sein Schutz gewährleistet sei. Daraufhin erklärte sich der Zeuge L.___ zur Aussage bereit, wenn er entsprechenden Schutz bekomme. Er habe gestern der Polizei das gesagt, was er wisse. In der Folge bestätigte der Zeuge seine Erstaussagen und gab zusammengefasst folgendes an: Er habe gehört, dass D.___ die Sache organisiert habe, weil diesem jemand gesagt habe, im Haus sei sehr viel Bargeld vorhanden. D.___ habe ihm gesagt, sie hätten genau gewusst, zu welchem Zeitpunkt der Mann alleine zu Hause sei. Er habe das nach dem Vorfall gehört, nicht vorher. Er habe gehört, es sei ein allein stehendes Haus, die Beiden hätten geklingelt. Der Mann habe geöffnet und sie hätten ihn geschnappt. Aber er sei stark gewesen und es habe gedauert. Sie hätten ihn verletzt, wie er gehört habe, habe der Mann stark geblutet. Nachher hätten sie ihn noch gefesselt und das ganze Haus durchsucht. D.___ habe ihm gesagt, sie hätten dieses Geld nicht gefunden. Der Schal sei im Haus geblieben und sie wüssten vielleicht, dass man dort DNA-Spuren finden könnte. D.___ habe auf diese zwei gewartet und nachher sei das passiert. B.___ sei sofort nach Frankreich ausgereist. Und C.___ sei auch geflüchtet, er wisse aber nicht, wohin. Sie hätten gewusst, dass sie ein schweres Delikt verübt hätten. (aF, ob er wisse, wann sich dieses Delikt ereignet habe?) Bis er (der Befrager) es ihm gesagt habe, habe er nicht mehr gewusst, dass es 2010 passiert sei. (aF, wann er das erste Mal davon erfahren habe?) Vielleicht einige Tage oder eine Woche nach dem Vorfall. Genau könne er sich nach sieben Jahren nicht mehr erinnern. Auch nicht an die Jahreszeit. (aF, ob er die Jahreszeit wisse?) Er (der Befrager) habe ihm gesagt, es sei März gewesen, er selbst könne sich nicht mehr daran erinnern. (aF, wie er das erste Mal über die Tat etwas gehört habe?) Als es passiert sei und D.___ den B.___ nach Frankreich gebracht habe. Das wisse er von D.___. (aF) Er habe D.___ rund zwei Monate nach der Tat in einem Café in der Stadt getroffen und dieser habe ihm gesagt, der Mann sei gestorben. Sie hätten sich immer in diesem Café in einem Einkaufszentrum getroffen. […]. Er könne den Ort zeigen. (aF) Sie seien bei diesem Gespräch alleine gewesen, D.___ sei sehr aufgeregt gewesen, weil das passiert sei, als dass die Beiden das gemacht hätten (aF, wie sich D.___ aufgeregt habe) Weil dieser Mann gestorben sei, weil die Beiden ihn zu viel verprügelt hätten. (aF) Ja, er habe schon vor dem Gespräch mit D.___ darüber in der Zeitung gelesen. (aF) Er habe bis 2013 mit Autos gehandelt und sich jeweils mit D.___ getroffen, wenn er in [Stadt 1] gewesen sei. (aF, ob es einen Grund gegeben habe, dass D.___ mit ihm darüber gesprochen habe?) D.___ habe Angst gehabt und er (der Zeuge) habe diese Leute vorher gekannt. Er habe C.___ ein oder zwei Autos verkauft gehabt. (aF, wie oft er mit D.___ über diese Tat gesprochen habe) Einmal habe ihm dieser erzählt, was passiert sei, und einmal habe er gesagt, der Mann sei gestorben. (aF) Ob die beiden Gespräche beide im Einkaufszentrum stattgefunden hätten, könne er nicht mehr sagen. (aF) Er wisse nicht, ob neben den drei Männern noch andere über das Delikt Bescheid wüssten. (aF) Er erkenne auf den Fotoblättern D.___ und glaublich dessen Frau. (aF) Über die Tatzeit könne er nichts sagen, nur dass der Mann alleine daheim gewesen sei. (aF) D.___ habe ihm erzählt, die Schlägerei mit dem Mann habe etwas lange gedauert. (aF) Es könnte sein, dass D.___ ihm gesagt habe, sie hätten eine Waffe dabei gehabt. (aF) Er habe gehört, dass sie den Mann gefesselt und stark blutend zurückgelassen hätten. (aF) Der Mann sei glaublich im Spital gestorben, wie ihm D.___ gesagt habe. (aF, wann dieser das gesagt habe?) «Vielleicht einen oder zwei Monate.» (Vorhalt; D.___ sei in Frankreich ins Gefängnis gekommen, ob er etwas davon wisse?) Ja, nachdem dieser ins Gefängnis gekommen sei, hätten sie keinen Kontakt mehr gehabt. Er habe dann D.___ nach der Gefängniszeit in Belgrad getroffen. (aF) D.___ habe ihn da angerufen, dieser wohne in [Ort in Serbien], sei aber in Belgrad angemeldet. D.___ habe ein Auto gekauft und habe Schilder nehmen und bezahlen müssen. Dieser habe gewollt, dass er (der Zeuge) ihm helfe, dies in ein paar Stunden zu machen. Es seien serbische Schilder gewesen, D.___ habe das Auto für sich gebraucht. (aF) Ja, er (der Zeuge) habe dafür gesorgt, dass D.___ die Schilder in ein paar Stunden erhalten habe. (aF) Es habe sich glaublich um einen VW Golf, von der Schweiz nach Serbien importiert, gehandelt. Er habe das Auto auf den Namen von D.___ eingelöst, auf dessen Adresse in Belgrad. Er schreibe hier die Adresse auf. D.___ habe ihm noch erzählt, er habe das Haus seiner Eltern in [einem Ort in Serbien], abgerissen und baue nun ein neues Haus da. (aF) Über das Delikt habe er nicht gesprochen. (aF) D.___ habe ihm gesagt, er werde in die Schweiz kommen: weil er die Rente während des Gefängnisaufenthaltes nicht erhalten habe, müsse er sich nun darum kümmern. (aF) Das Haus in Serbien finanziere sich D.___ aus der Beute von Frankreich, die versteckt gewesen sei und nachher geholt worden sei. Wo die Beute versteckt gewesen sei, wisse er auch nicht. (aF) Das Wissen habe er von den beiden Treffen mit D.___ in Serbien. (aF) D.___ habe ihm zum Delikt in [Ort 1] gesagt, sie hätten das Geld im Haus nicht gefunden und dass der Schal im Haus geblieben sei. D.___ habe gesagt, sie hätten nun Angst, dass die DNA am Schal geblieben sei. (aF) Ja, das habe ihm dieser vor dem Gefängnisaufenthalt gesagt. (aF) Er habe einzig gehört, der Mann sei reich und mache viele Geschäfte. Genaueres wisse er nicht. (aF) Ob der Mann eine Ehefrau gehabt habe, wisse er nicht. (aF) D.___ habe ihm in Serbien einzig gesagt, B.___ sei in der Schweiz im Gefängnis, sonst nichts zum Delikt. Ob B.___ wegen diesem Delikt im Gefängnis sei, wisse er nicht. (aF) B.___ stamme aus einem Vorort von Belgrad und habe einen Sohn. (aF) Er habe diesen wenige Male in [Stadt 1] mit D.___ getroffen. (aF nach C.___) Er kenne diesen vom Autohandel. Dieser kenne X.___ und dieser habe eine Garage für die Reparatur von Autos. Er habe X.___ nun schon lange nicht mehr gesehen. C.___ kenne X.___ und habe einige Zeit bei diesem geschlafen. C.___ habe keine Papiere gehabt, um in der Schweiz zu bleiben. (aF) Das Stichwort «Holland» sage ihm nichts. (aF) C.___ habe er nach dem Delikt sicher nicht getroffen, B.___ vielleicht. Mit C.___ habe er nachher noch telefonischen Kontakt gehabt. Dieser habe immer mit dem Handy seiner Freundin angerufen, er sei sehr vorsichtig. (aF, warum?) Dieser habe immer wieder kriminelle Sachen gemacht. (aF, was?) Er wisse von Rammbock-Einbrüchen, glaublich in Winterthur. Wann das gewesen sei, wisse er nicht. Er habe etwas davon in der Zeitung gelesen, es sei wohl eher nach [Ort 1] gewesen. (aF, was ihm der Name [Vater von C.___] sage) Der Name sage ihm schon etwas, er glaube, dieser habe den Spitznamen «[CC]». Ob man ein Foto von ihm habe? «[CC]» sei der Spitzname des Vaters von C.___. Dieser «[CC]» habe vor rund 20 Jahren in der Schweiz um Asyl nachgesucht, er habe ihn seit 15 bis 20 Jahren nicht mehr gesehen. Ja, der wohne glaublich nun in Holland. (aF, was er von C.___ wisse?) Dieser habe seinen Nachnamen geändert, das habe mit Schengen zu tun gehabt. Er kenne den neuen Nachnamen nicht. Er habe C.___ schon seit sehr langem nicht mehr gesehen. Ob C.___ vor der Tat in [Ort 1] in der Schweiz gewesen sei, könne er nicht genau sagen. (aF, ob er M.___ kenne?) [Vorname von M.___] kenne er, aber ob der M.___ heisse? Ev. wenn er Bilder sehe. (aF) Ob sich M.___ und D.___ kennen, wisse er nicht. (aF, ob er «[…]» kenne?) Ja, der sei in Serbien im Gefängnis gewesen wegen eines Tötungsdelikts. Sein Spitzname sei «[Kampfsportler]». Er habe ihn seit langem nicht mehr gesehen. Er kenne ihn von [Stadt 1], ev. auch vom Autohandel. Dieser habe viel trainiert und viele Schlägereien gehabt. Ob dieser etwas mit dem Delikt in [Ort 1] zu tun habe, wisse er nicht. D.___ kenne [alias J.] ([Kampfsportler]) aber gut, die seien oft zusammen gewesen. (aF, wie sich B.___ in Frankreich beim Raub beteiligt habe?) Er habe den Raub gemacht, sei glaublich im Laden gewesen. B.___ sei der Mann, um solche Sachen zu machen. (aF, wie er darauf komme?) Dieser sei ja auch in der Schweiz… (auf Nachfrage) Ja, in [Ort 1] beteiligt gewesen. (aF, ob B.___ in der Schweiz noch andere Sachen gemacht habe?) Das wisse er nicht. (Ob er die Rolle von D.___ in Frankreich kenne?) Dieser habe glaublich die Beute genommen und irgendwo versteckt. (auf Vorlage von Fotos) V.___ kenne er. Er wisse auch, dass D.___ damals mit einer Frau zusammen gewesen sei, den Namen wisse er nicht mehr. [...] sage ihm nichts. Die Nr. 8 könnte C.___ sein. (aF) Der Name [alias B.] sage ihm nichts. Auch der Nachname B.___ sage ihm nichts. (aF) D.___ halte er für sehr gefährlich. Dieser würde sich sicher an ihm oder seiner Familie rächen, wenn er aussage. Auch C.___ sei gefährlich und vorsichtig. (aF) Ja, er wäre bereit, vor Gericht in Anwesenheit der Beiden Aussagen zu machen. Er möchte dann aber in ein Zeugenschutzprogramm kommen. (aF, ob noch etwas zu […] sagen könne?) Die Freundin von C.___ habe damals in [Ort 5] beim Einkaufszentrum gewohnt. (aF) Der Sohn von D.___ heisse […]. Diesen habe D.___ nicht in die kriminellen Sachen hineingezogen. (aF, ob D.___ erzählt habe, dass sie in [Ort 1] Telefone dabei gehabt hätten?) Wohl eher nicht, dieser sei sehr vorsichtig. (aF, er habe der Polizei gesagt, er wolle der kriminellen Welt den Rücken zukehren?) Er habe lange in Serbien versucht, mit legalen Sachen ein Einkommen zu erzielen. Er sei jetzt sechzig Jahre alt und krank und möchte nicht mehr mit diesen kriminellen Leuten Kontakt haben. (aF) Ja, er kenne einen A.___ aus [Stadt 1], dies sei glaublich dessen richtiger Name.
3.1.2.4 Am 20. Dezember 2017 als Zeuge (AS 7034 ff.): Ja, er sei zu Aussagen bereit, wenn man für seinen Schutz sorge. Er habe alles von D.___ erfahren zu diesem Delikt, dies in [Stadt 1], nach der Tat. Dieser habe ihm vertraut, sie hätten sich gut gekannt. Dieser habe ihm gesagt, sie hätten den Mann gefesselt und so gelassen. Er sei danach ins Spital gekommen, sei aber nicht sofort gestorben, wie viel später wisse er nicht. Vielleicht habe er das in den Zeitungen gelesen. D.___ habe ihm aber gesagt, dass er gestorben sei. Dieser habe seines Wissens den Tipp von jemandem erhalten und so versucht, zu Geld zu kommen. Er habe zwei Leute organisiert. Sie hätten den Mann nicht umbringen wollen, sondern nur das Geld stehlen wollen. Von wo D.___ den Tipp erhalten habe, wisse er nicht, ev. aus dem Umfeld des Mannes. Ev. habe er es schon gesagt, jemand aus Ex-Jugoslawien arbeite im Umfeld des Verstorbenen. (aF) Ob […] der [Kampfsportler], in das Delikt [Ort 1] involviert sei, wisse er nicht. Er kenne diesen durch D.___. Er könne nur zu den genannten drei Männern etwas sagen, weil ihm das D.___ gesagt habe. (aF) Er glaube, B.___ und C.___ seien gute Kollegen. (aF, ob er diese einmal gesehen habe?) Wahrscheinlich schon, er könne sich aber nicht an Details erinnern. (aF) Ja, er habe vor dem Gespräch mit D.___ in der Zeitung vom Vorfall gelesen. (aF) B.___ sei nach der Tat nach Frankreich gegangen, was C.___ danach gemacht habe, könne er nicht sagen. (aF) D.___ habe am Raub in Frankreich nicht direkt mitgewirkt, sondern B.___ und andere. Alle seien aber zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. D.___ habe ihm gesagt, er habe die Beute irgendwo versteckt und baue damit sein neues Haus in [dem Ort in Serbien].
3.1.2.5 Am 28. Juni 2018 als Zeuge (in Anwesenheit von B.___ und dessen Verteidiger, AS 7041 ff.): Wegen Hilfe zu Raubüberfällen sei er anfangs 2011 verhaftet und zwei Monate in Untersuchungshaft gewesen. Danach sei er bis zum Prozess freigekommen. Aus Gesundheitsgründen habe er damals die Haft nicht absitzen können und sei zurück nach Serbien. Als er im Herbst 2017 zurück in die Schweiz gekommen sei, sei er verhaftet worden. (aF) Ja, er kenne C.___. Dieser schulde ihm noch Geld aus einem Autokauf. Das sei vor rund elf Jahren gewesen. Es habe sich glaublich um einen Peugeot 206 gehandelt. (aF) Wann er B.___ getroffen habe, könne nicht mehr genau sagen, es sei lange her. Er kenne diesen glaublich via C.___. Nein. B.___ schulde ihm kein Geld. (aF) D.___ habe ihm in [Stadt 1] nach der Tat von diesem Fall erzählt. Wann das genau gewesen sei, wisse er nicht mehr. Meistens hätten sie sich in einem Café in einem Shoppingcenter mit Baugeschäft und Migros getroffen. Er habe mit D.___ noch ein zweites Mal über den Fall gesprochen, etwa zwei Monate später, nachdem der Mann gestorben gewesen sei. (Auf Vorhalt, D.___ sei aber bereits in Frankreich im Gefängnis gewesen, als der Mann gestorben sei) Er habe mit D.___ gesprochen, bevor dieser im Gefängnis gelandet sei. (aF, ob er auch von anderen Leuten oder aus anderen Quellen Informationen zu dem Fall erhalten habe?) Er habe auch in der Zeitung davon gelesen, dass der Mann gestorben sei. (aF) Ja, die Treffen in [Stadt 1] hätten ganz sicher stattgefunden. (aF, warum er den Beschuldigten B.___ auf dem Fotoblatt nicht habe identifizieren können?) Er habe diesen sehr lange nicht mehr gesehen. (aF) Zum Delikt [Ort 1] kenne er viele Details, weil D.___ ihm diese erzählt habe. So über den liegen gelassenen Schal. (aF) Nein, D.___ habe ihm nicht gesagt, der Schal habe ihm gehört. (aF) Nein, er selbst sei an dieser Tat nicht beteiligt gewesen, ev. sei er damals gar nicht in der Schweiz gewesen, sondern in Serbien. Vor der Tat habe er nichts davon gewusst. (aF, warum ihm D.___ von der Tat überhaupt erzählt habe?) Dieser habe glaublich Angst gehabt wegen des Schals, dass sie Spuren finden würden. D.___ habe ihm auch vertraut. (aF nach Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht: ob er mit B.___ gemeinsame Straftaten begangen habe?) Er werde diese Frage nicht beantworten. (aF, ob er ein führendes Mitglied der Pink Panthers sei, dies unter Hinweis auf seine Verurteilung in Winterthur im Jahr 2012?) Nein. (aF, warum er 2017 wieder in die Schweiz gekommen sei aus Serbien?) Darauf würde er lieber keine Antwort geben. (aF, warum er nicht schon 2011 im Rahmen des Strafverfahrens sein Wissen über das Delikt in [Ort 1] mitgeteilt habe?) Zuerst habe ihn niemand danach gefragt. Und dann habe sein Anwalt gemeint, es sei nicht so wichtig, ob er Aussagen mache oder nicht. (aF, ob ihm im Rahmen des Zeugenschutzprogrammes die Strafe des Bezirksgerichts Winterthur erlassen worden sei?) Nein, das hätten sie nicht gemacht, er befinde sich im Gefängnis. Er habe bereits zwei Operationen hinter sich, wer das bezahlt habe, wisse er nicht. (aV des Verteidigers, D.___ habe ihm angeblich zwei Monate nach dem Delikt gesagt, das Opfer sei gestorben. Nun sei das aber erst vier Monate danach gewesen) Er könne sich an den genauen Zeitpunkt nicht erinnern. Er habe gesagt, es sei circa dann gewesen. (aV, zwei Monate nach dem Delikt in [Ort 1] sei D.___ schon in Frankreich in Haft gewesen?) Er könne sich an die genaue Reihenfolge nicht mehr erinnern, es sei acht Jahre her. (aF) Ja, er lese regelmässig die Zeitungen, früher schon. Es könne sein, dass er es auch in der Zeitung gelesen habe, es sei sehr lange Zeit her. (aF B.___) Zwischen ihm und D.___ gebe es keine Probleme. Er und C.___ seien auch nicht im Streit, ausser dass ihm dieser Geld für das Auto schulde. (aF, ob er aus Revanchegründen ausgesagt habe?) Was er ausgesagt habe, entspreche der Wahrheit. Es handle sich nicht um eine Revanche. (aF B.___, mit wie vielen Leuten er in Serbien Probleme habe und ob er deswegen um sein Leben fürchten müsse?) Wegen der Zusammenarbeit mit den Schweizer Behörden habe er seit 2012 mit den Leuten Probleme gehabt. (aF B.___, wie die Beziehung zu D.___ seit dem Treffen in Belgrad sei?) Er habe diesen im Sommer letzten Jahres gesehen und seither nicht mehr. (aF B.___, ob er [alias V.] im Januar 2017 in Belgrad getroffen habe?) Ja, das sei richtig. Worum es gegangen sei, wisse er nicht mehr, das sei im Januar 2017 gewesen. (aF B.___, ob er monatlich mit [alias V.] telefoniert habe, als dieser in Frankereich in Haft gewesen sei?) Nach seiner Erinnerung seien das zwei, drei Mal gewesen, aber nicht monatlich. (aF B.___, ob D.___ und V.___, als sie zusammen in Frankreich im Gefängnis gewesen seien, erfahren hätten, dass er – B.___ – beteiligt gewesen sei?) Das wisse er nicht. (aF B.___) D.___ habe ihm gesagt, das Opfer von [Ort 1] sei gefesselt aufgefunden worden. (aF B.___, ob er Informationen zum Fall von [Ort 1] von D.___ oder von [alias V.] erhalten habe?) Von D.___.
3.1.2.6 Am 29. August 2018 als Zeuge (AS 7073, vorgeladen, aber nicht anwesend: RA Helfenfinger): (aV, der Zeuge habe nach der letzten Einvernahme dem Staatsanwalt gesagt, er könne noch weiteres über C.___ erzählen. Was er dazu sagen könne) Vor seiner Untersuchungshaft im Jahr 2011 habe C.___ von ihm verlangt, einen Jeep zu beschaffen, um etwas zu machen. Er hätte für C.___ ein Auto kaufen sollen, ohne dessen persönliche Daten. Das habe aber nicht geklappt. Er habe dann in der Zeitung vom Rammbock-Diebstahl gelesen. (aF) C.___ habe ihm vorher den Laden gezeigt gehabt, bei dem er den Überfall habe machen wollen. Es sei ein Goldschmied oder Uhrenladen in der Fussgängerzone gewesen. In Winterthur. (aF) C.___ habe mit dem hohen Fahrzeug ins Schaufenster fahren wollen, genau in die Ecke, das Fenster sei um die Ecke gegangen. (aF) Über allfällige Unterstützung habe ihm C.___ nie etwas gesagt, für eine solche Sache habe dieser aber sicher Unterstützung gebraucht. (aF) C.___ sei damals viel mit einem Garagenbesitzer in Zürich zusammen gewesen, X.___. Man habe ihm glaublich Bilder von diesem gezeigt. (aF) Wie lange vor der Verhandlung im 2011 ihm C.___ davon erzählt habe, wisse er nicht. (aF nach weiteren Personen aus dem kriminellen Milieu, mit denen C.___ verkehrt habe?) Es gebe Y.___ aus der gleichen Stadt wie D.___, [Ort in Serbien]. Dieser sei oft hier im Gefängnis gewesen. (aF) Er wisse nicht, wie die Beziehung zwischen den beiden Beschuldigten B.___ und C.___ zustande gekommen sei. (aF, ob er noch weiteres über den Beschuldigten C.___ sagen könne?) Er selbst habe einmal ein Auto gekauft, einen Renault […], den er nach Serbien habe verkaufen wollen. Dieser habe aber Motorprobleme gehabt. Deshalb habe er das Auto zu X.___ in die Garage gebracht. Dieser habe ihm oft Autos billig repariert. X.___ habe ihn dann angerufen, 2009 oder 2010, und habe gesagt, es gebe ein grosses Problem, er könne aber nicht am Telefon darüber sprechen. Er solle zu ihm in die Garage kommen. Er selbst sei da gerade aus Serbien zurückgekommen. In der Garage seien X.___ und Y.___ gewesen. X.___ habe ihm gesagt, Y.___ und C.___ hätten in der Nacht zuvor in einer Ortschaft einen Einbruch gemacht (aF) Es sei in einer Ortschaft zwischen Solothurn und Zürich, wo [das Möbelgeschäft] sei. (aF) Ja, in [Ort 3]. [Das Möbelgeschäft] sei in einem anderen Haus, das betroffene Einkaufszentrum werde gerade saniert. X.___ habe ihm gesagt, sie hätten für den Einbruch seinen Renault […] genommen. Ob ihnen X.___ den Wagen gegeben habe oder ob sie ihn einfach genommen hätten, wisse er nicht. Sie hätten gestohlene Kontrollschilder an das Fahrzeug getan. Jedenfalls hätten sie das Fahrzeug genommen, ohne ihn zu fragen. Y.___, A.___ und C.___ hätten sich einen Fluchtweg organisiert gehabt, damit sie nicht über die Hauptstrasse hätten flüchten müssen. Sie hätten irgendeine Barriere durchbrechen wollen. Jedenfalls sei jemand auf den Einbruch aufmerksam geworden, die Polizei sei gekommen und sie hätten flüchten müssen. A.___ habe mit laufendem Motor gewartet. Y.___ habe sich knapp ins Fahrzeug retten können, die Türe sei noch offen gewesen, als sie losgefahren seien. Sie hätten aber C.___ einfach zurückgelassen an Ort und Stelle. A.___ habe schliesslich die Polizei abhängen können. Dieser sei bekannt als guter Fahrer, der die Polizei immer wieder habe abhängen können. Jedenfalls hätten sie fliehen können, hätten aber auf der Flucht am [Renault] eine Felge beschädigt und schliesslich sei auch der Pneu kaputt gegangen. C.___ sei dann zu Fuss nach Zürich gelaufen, weil er aus Angst nicht den öffentlichen Verkehr habe benutzen wollen. C.___ habe kein Telefon gehabt und habe dann von daheim aus X.___ angerufen. X.___ habe ihn dann abgeholt und zur Garage gebracht. C.___ sei sehr wütend gewesen, weil ihn die anderen einfach zurückgelassen hätten und es habe beinahe eine Schlägerei gegeben. C.___ habe mit einem Werkzeug auf die anderen los gehen wollen. X.___ habe sie aber beruhigen können. Er selbst sei auch wütend geworden, weil er den [Renault] ja auf seinen Namen gekauft gehabt habe. Jedenfalls hätten sie ihm angeboten, ihm den Wagen abzukaufen. Er habe gesagt, das sei ok, aber er müsse ja noch einen Beleg haben, wem er den Wagen verkauft habe. X.___ habe ihm dann das Geld gegeben und eine Rechnung gemacht. (aF) Der [Renault] sei silbrig gewesen. (aF) Es sei um eine Bijouterie gegangen, was sie erbeutet hätten, wisse er nicht. (aF, ob es noch weitere Sachen von C.___ gebe?) Er müsse darüber nachdenken. Im Moment wisse er es noch nicht.
3.1.2.7 Am 8. November 2018 als Zeuge (AS 7070 ff.): Auf dem Fotobogen erkenne er die Nummer 12, das sei wohl A.___. Den Nachnamen [von] A.___ habe er noch nie gehört. Die Nr. 2 (Y.___) kenne er, wisse aber den Namen nicht. Nr. 3 sei der Mechaniker, X.___. Dieser solle aber nicht mehr in der Schweiz sein, wie er gehört habe. Er habe das Auto gelenkt, sei der Fahrer gewesen. Nr. 4 und 6 sei auch A.___. Nr. 5 kenne er nicht, Nr. 7 (M.___) habe er vielleicht schon mal gesehen. (aF nach A.___) Er könne zu diesem nur sagen, dass er ein sehr guter Fahrer sei. C.___ habe ihn glaublich gut gekannt. Ob D.___ oder B.___ und A.___ bekannt seien, könne er nicht sagen. Er wisse, dass A.___ einmal in einem Laden in der Nähe von [Stadt 1] ein ganzes Auto mit Zigaretten gefüllt habe. Damals sei er wieder gefahren und habe vor der Polizei flüchten können. Offenbar habe die Polizei bei der Verfolgung einen Unfall gebaut. A.___ sei sehr stolz gewesen, dass er die Polizei habe abhängen können. (aF) Das müsse vor [Ort 3] gewesen sein. (aF, ob er noch mehr darüber wisse?) Er habe glaublich gehört, der Fluchtwagen sei in Brand geraten und sie hätten danach die Beute nicht verkaufen können. Er wisse nicht mehr, woher er das wisse. (aF, ob er von D.___ noch weiteres wisse ausser [Ort 1]?) Nach seiner Erinnerung sei der erste Fall [in Liechtenstein] gewesen. Damals habe er D.___ einen dunkelblauen Golf verkauft. D.___ habe ihm damals erzählt, dass die Freundin von R.___ diesem ein Telefon ins Gefängnis von [Liechtenstein] geschmuggelt habe, glaublich in den Turnschuhen. Mit diesem Telefon habe R.___ die Leute organisiert. R.___ habe sich absichtlich den Arm gebrochen, damit er ins Spital habe gehen müssen. (Auf Vorlage eines Bildes [von R.___]): Ja, das sei er. Er habe diesen nur drei, vier Mal gesehen, dieser habe Kokain konsumiert. (aF, R.___ sei 2006 aus dem Gefängnis von [Liechtenstein] befreit worden?) Es seien Leute von R.___ gewesen. […] habe das gemacht, wie er gehört habe. D.___ habe von ihm ein besseres Reserverad für den Golf verlangt, weil man mit dem kleinen Reserverad nur 80 km/h schnell fahren könne. Er habe dann auf dem Abbruch eine Originalfelge für den Golf gefunden. Deswegen kenne er die Geschichte. D.___ habe dann die Waffen für die Befreiung von R.___ besorgt. Das habe ihm D.___ erzählt. Er habe dann auch in der Zeitung über die Sache gelesen. Als R.___ frei gewesen sei, habe dieser die Sache in Dubai gemacht, weil er Angst gehabt habe, nach Westeuropa zu kommen. Deswegen habe R.___ Dubai als Tatort ausgesucht. (aF, in welchem Zusammenhang die Befreiung mit dem Überfall von Dubai zusammenhänge?) Er sei sicher, dass R.___ Dubai verübt habe. Er wisse aber nicht, mit welchen Leuten. R.___ habe dabei den grössten Diamanten auf einem Ring geschluckt. D.___ habe ihn (den Zeugen) danach nach einem guten Arzt in Belgrad gefragt, weil R.___ den Diamanten nicht habe ausscheiden können, weil dieser irgendwo im Bauch gesteckt sei. Er habe sich aber in diese Sache nicht einmischen wollen. Später habe ihm D.___ gesagt, sie hätten es lösen können. R.___ habe dann D.___ geschickt, um die anderen Sachen in Dubai zu holen und zu bringen. D.___ habe dann das Auto gefunden, habe aber ein Auto mit vier Leuten in der Nähe gesehen und gedacht, es sei die Polizei. Er habe dann R.___ angerufen und gesagt, es stimme etwas nicht. R.___ habe ihn aber beruhigen können und da sei D.___ nach ein paar Tagen trotzdem zum Auto gegangen und dort sofort verhaftet worden. (aF) D.___ hätte dort die restliche Beute, welche im Auto versteckt gewesen sei, nehmen sollen. (aF, ob er wisse, weshalb D.___ in Dubai freigesprochen worden sei?) Sie hätten ihm nicht beweisen können, dass er mit der Tat etwas zu tun gehabt habe. Der Schmuck sei irgendwo in der Türe versteckt gewesen und D.___ habe diesen noch nicht genommen gehabt. D.___ habe ihm danach gesagt, sie hätten ihn 24 Stunden pro Tag gefragt und gequält. Nach sieben Tagen seien die Engländer zuständig gewesen. Die Araber hätten ihn stark gefoltert, am Ende hätten sie ihn in einen Käfig gesteckt. Das habe ihm alles D.___ erzählt, D.___ habe dort ausgesagt, er habe nur den Auftrag gehabt, das Auto der Mietfirma zurückzubringen.
3.1.2.8 Am 30. Januar 2019 als Zeuge (AS 7078 ff.): (aF, von welchen Delikten von A.___ er wisse?) Er könne nur über diese beiden Sachen berichten, das eine mit den Zigaretten in der Nähe von [Stadt 1], als dieser vor der Polizei habe flüchten können und die Polizei einen Unfall gemacht habe. Das habe ihm nach seiner Erinnerung C.___ erzählt, A.___ sei sehr stolz gewesen, weil er perfekt fahre, wie ein Formel 1-Rennfahrer. Das sei ja sicher auch in der Zeitung gekommen, er sei sich aber fast sicher, dass es ihm auch C.___ erzählt habe. A.___ sei auch der Fahrer im zweiten Fall gewesen. (aF) Ob C.___ beim Zigarettendiebstahl auch eine Rolle gespielt habe, könne er nicht mehr sagen, es sei zu lange her. Er wisse von dieser Sache nur noch wegen der bekannten Flucht von A.___. A.___ habe sich oft damit gebrüstet, ein guter Fahrer zu sein. Dieser sei oft mit D.___ zusammen gewesen. Er habe A.___ durch D.___ kennen gelernt. (aF) In der Garage nach dem Delikt in [Ort 3] seien X.___, A.___ und Y.___ anwesend gewesen. Später sei C.___ noch zu Fuss gekommen. Sie hätten dann fast eine Schlägerei gehabt, weil sie C.___ dort zurückgelassen gehabt hätten. Er könne sich noch gut an diese Sache erinnern, weil es für ihn problematisch gewesen sei. C.___ sei auf Y.___ wütend gewesen, nicht so sehr auf A.___. (aF nach Y.___) Dieser sei oft hier im Gefängnis und komme aus [Ort in Serbien] oder [der Stadt in Serbien]. Auf einem Bild würde er ihn wiedererkennen. (aF) A.___ sei seines Wissens immer nur der Fahrer gewesen. (aF, was mit dem Deliktsgut passiert sei?) Daran könne er sich nicht erinnern. A.___ habe er in [Stadt 1] getroffen, ein paar Mal in einem Lokal, in dem man Karten, Schach und Billard spiele. Meist habe er ihn mit D.___ getroffen. D.___ habe A.___, der Moslem sei, auch dafür gewonnen, sich den Tschetniks anzuschliessen, als der Krieg in Bosnien gewesen sei. (aF, weshalb B.___ Ende 2009 in die Schweiz gekommen sei?) Er glaube, C.___ habe diesen in die Schweiz geholt. B.___ habe sich bei C.___ aufgehalten, die Beiden kennen sich sehr gut. Er glaube, sie kennen sich vom Gefängnis in Deutschland. Er habe glaublich C.___ auch einen BMW verkauft, den dieser auf seine Freundin eingelöst habe.
3.1.2.9 Am 11. April 2019 vormittags als Auskunftsperson zu den Delikten [Ort 2] und [Ort 3] (AS 7085 ff.): Von den sechs vorgeführten Personen kenne er die Nummer drei, A.___. Von diesem habe er nur den Vornamen gekannt.
3.1.2.10 Am 11. April 2019 nachmittags als Zeuge an einem geheimen Ort, mit Zuschaltung von A.___ und dessen Verteidiger (AS 7090 ff.): Er kenne A.___ von irgendwo in [Stadt 1], einem Billardclub. Das sei vor mehr als zehn Jahren gewesen. […]. (aF) Die engsten Bezugspersonen von A.___ seien seines Wissens D.___ und […] der [Kampfsportler], gewesen. Aber auch C.___, mit diesem habe A.___ ein paar Sachen gemacht: [Ort 3] und die Sache in der Nähe von [Stadt 1]. Zu [Ort 3]: X.___ habe ihn am Morgen gleich nach seiner Ankunft aus Serbien angerufen wegen der Beschädigung des Autos. Anfänglich seien X.___ und Y.___ dort gewesen in der Garage, später seien C.___ und A.___ gekommen. Er habe gehört, Y.___ und A.___ seien vor der Polizei geflüchtet und C.___ sei zurückgeblieben und zu Fuss praktisch bis nach Zürich gelaufen. Es habe in der Garage fast eine Schlägerei gegeben, weil sie C.___ zurückgelassen hätten. X.___ habe dann das Ganze beruhigt. Er habe von X.___ das Geld verlangt für den [Renault]. (aF) Sie hätten in [Ort 3] eine Bijouterie ausgeraubt. Davon habe er erst danach in der Garage erfahren. (aF) A.___ sei gefahren, der sei als sehr guter Fahrer bekannt gewesen, der praktisch immer vor der Polizei geflüchtet sei. (aF) Er habe nicht gewusst, dass sie sein Fahrzeug verwendeten. (aF) Er glaube, sie hätten in [Ort 3] Beute gemacht. Er wisse aber nicht, was und wieviel. (aF) Danach habe er A.___ seines Wissens nicht mehr getroffen. (aF) Der zweite Fall mit A.___ sei ein Diebstahl von Zigaretten in einem Laden in der Nähe von [Stadt 1] gewesen. Plötzlich sei die Polizei gekommen und es habe ein Rennen gegeben. Es sei A.___ gelungen, vor der Polizei zu flüchten. Die Polizei habe einen Unfall gehabt und am Ende sei das Fluchtauto in Brand geraten. So habe man das ihm erzählt. (aF) Er glaube, C.___ habe ihm das erzählt. Sie seien alle sehr stolz gewesen, der Polizei entkommen zu sein. Mit einem guten Auto könne die Polizei sie nie erwischen, A.___ sei ein sehr guter Fahrer. Das sei vor [Ort 3] gewesen. (aF, woher A.___ J.___ kenne?) Sie seien beide von [Stadt 1], dort kennen sich alle. Er habe J.___ auch in diesem Billardclub gesehen. (aF) Ja, C.___ kenne J.___ auch. (aF) Von Y.___ wisse er einfach, dass dieser schon mehrmals im Gefängnis gewesen sei. Meist sei er illegal hier gewesen. (aF) A.___ habe er ein paar Mal gesehen, habe aber keine konkrete Beziehung zu ihm, er habe mit ihm auch keinen Streit. (aF) Y.___ komme glaublich auch aus [der Stadt in Serbien]. Er würde ihn auf einer Foto erkennen. Er habe diesen in [Stadt 1], Zürich und Luzern gesehen. (aF) Der [Renault] sei silbrig gewesen, ein V6, der mit über 200 PS sehr schnell gewesen sei. (aF, wo sich die Garage von X.___ befinde?) Es sei etwa 10 bis 15 km von Zürich entfernt, in einer Industrie. Er wisse, wie man dorthin fahre, kenne aber den Namen des Ortes nicht. Es sei eine grosse Halle gewesen und X.___ habe einen Teil der Halle gehabt. Im anderen Teil seien Busse und Camions gewesen. (aF, warum er sich entschlossen habe, sein Wissen mit den Strafverfolgungsbehörden zu teilen?) Er habe weg wollen von diesen kriminellen Sachen, von diesem kriminellen Müll. (auf Ergänzungsfragen des Verteidigers) In den Jahren 2009 und 2010 habe er wohl am meisten Kontakt mit D.___ gehabt. Er habe A.___ glaublich durch D.___ kennen gelernt. Getroffen habe er ihn nur zusammen mit D.___ und/oder J.___. Er habe damals in Zürich gewohnt. In [Stadt 1] sei er vielleicht vier, fünf Mal im Billardclub gewesen. Ob ihm A.___ vor zehn Jahren persönlich gesagt habe, dass er gefahren sei beim Zigarettendiebstahl, könne er nicht sagen. Seines Erachtens seien C.___ und A.___ dort gewesen. Nein, er habe nicht selbst gesehen, wie A.___ das Fluchtauto von [Ort 2] gefahren habe. Er wisse, dass A.___ ein super Fahrer sei. Er habe es aber nur gehört, nie selbst gesehen. A.___ und D.___ kennen sich gut, seien aus der gleichen Stadt und spielten zusammen Billard. Auch mit C.___ zusammen habe er A.___ gesehen. C.___ habe glaublich mal bei A.___ geschlafen. Nein, er habe auch nicht persönlich gesehen, dass A.___ das Fluchtauto in [Ort 3] gefahren habe. Aber X.___ habe gesagt, A.___ sei mit dem Fluchtauto in die Garage gekommen. Ja, er habe nur gehört, dass A.___ in diesen beiden Fällen das Fluchtauto gefahren habe. Er sei sich aber fast sicher, da nur A.___ das machen und vor der Polizei flüchten könne.
3.1.2.11 Am 14. Mai 2019 als Zeuge an geheimem Ort, zugeschaltet die Verteidiger der Beschuldigten C.___, B.___ und A.___ (AS 7104 ff.): Von den Beschuldigten, die ihm nun genannt worden seien, kenne er B.___, C.___, A.___, J.___ und D.___. B.___ kenne er durch C.___. Bei C.___ könne er sich nicht mehr genau erinnern. Er kenne auch den Vater von C.___, wisse aber nur dessen Spitznamen «[CC]». Auch D.___ kenne er schon lange, seit über 20 Jahren. A.___ kenne er durch D.___. Er habe diesen ein paar Mal gesehen in [Stadt 1] und einmal in der Garage von X.___ in der Nähe von Zürich. J.___ kenne er auch von der Billard-Bar in [Stadt 1]. (zu C.___) Diesen habe er am meisten in der Garage von X.___ getroffen. Er habe eine Freundin gehabt in [Ort 5] beim Einkaufszentrum […]. Er habe C.___ ein paar Mal mit dem Auto dorthin gefahren. Er habe C.___ glaublich mal ein Auto verkauft. C.___ kenne X.___ von Serbien, sie kämen vom gleichen Platz in Serbien. C.___ habe nicht in der Garage von X.___ gearbeitet. Ja, C.___ habe in der Schweiz Vermögensdelikte verübt. Er habe zusammen mit Y.___ und A.___, der nur gefahren sei, eine Bijouterie in [Ort 3] ausgeraubt. Normalerweise wüsste er nichts über das Delikt. Aber weil er einen [Renault] gehabt habe mit einem Schaden am Motor, habe er den Wagen in die Garage von X.___ gebracht. Dieser hätte ihn reparieren sollen für den Export nach Serbien. Als er eines Morgens von Serbien zurückgekommen sei, habe X.___ ihn angerufen und gesagt, er müsse sofort in die Garage kommen. Dort habe ihm X.___ den Schaden am Auto gezeigt, an der Felge und am Pneu. In der Garage seien A.___, Y.___ und C.___ gewesen. Sie seien vor der Polizei geflüchtet, A.___ sei so ein guter Fahrer, dass es ihm gelungen sei, vor der Polizei zu flüchten. C.___ sei nach ihm in die Garage gekommen und habe beinahe eine Schlägerei mit Y.___ angefangen, weil sie ihn zurückgelassen gehabt hätten. Sie hätten für den Raub den Schlüssel vom [Renault] genommen, wobei er nicht wisse, ob sie den Schlüssel geklaut oder von X.___ erhalten hätten. Er habe dann das Auto dort gelassen und X.___ habe ihm dieses bezahlt. C.___, A.___ und Y.___ habe er nie mehr gesehen. Was in [Ort 3] passiert sei, habe er gehört, als C.___ gekommen sei und es erzählt habe. Vom Delikt in [Ort 1] habe er von D.___ gehört. Dieser habe gesagt, C.___ und B.___ hätten an das Haus von diesem Mann geklopft. Der Mann habe die Türe geöffnet und sie seien dann ins Haus eingedrungen. Es habe dann eine Schlägerei gegeben, der Mann sei stark gewesen. Es habe lange gedauert, schliesslich hätten sie ihn aber fesseln können. Und am Ende hätten sie nichts gefunden, habe ihm D.___ gesagt. Nach einiger Zeit habe er drüber auch in der Zeitung gelesen. Er habe dann gehört, dass der Mann im Spital gestorben sei. Er wisse nicht, ob er das von D.___ so gehört habe oder in der Zeitung gelesen habe. D.___ habe ihm auch gesagt, er habe Angst, weil sie einen Schal vergessen hätten. Vielleicht könne man daran DNA finden und etwas herausfinden. Das habe ihm D.___ in [Stadt 1] in einem Einkaufszentrum mit Baumarkt und Migros gesagt. (aF, ob es daneben und dem Zigarettendiebstahl noch weitere Delikte gebe von den Beteiligten, die ihm bekannt seien) Es gebe noch eine Sache, einen Raub in der Nähe von […], in [Ort 4]. Dort hätten C.___, B.___ und noch eine Person einen Raub gemacht. Es sei eine Bijouterie gewesen. Er habe C.___ ein paar Mal mit dem Auto dorthin gefahren, dieser habe dort eine etwas ältere Freundin gehabt. Es sei bei der ersten Ausfahrt nach der Brücke über der Autobahn mit Restaurant und Tankstelle, und dann die zweite Ampel links. Er habe ihn dann rausgelassen und habe die Frau nur einmal gesehen. Sie heisse glaublich B.O.___. Da sei er sich aber nicht sicher. Nach seiner Erinnerung sei die Frau mit einem Cabrio […] gekommen. Nach seiner Erinnerung habe C.___ diese Bijouterie an diesem Ort gefunden. (aF, was er noch von diesem Raub wisse?) Nach dem Raub habe ihn X.___ von der Garage aus angerufen. Er sei dorthin gegangen und sie hätten ihm die Tasche mit der Beute gegeben. Er habe in der Garage C.___ und B.___ gesehen. Die dritte Person habe er nicht gesehen. Über diese Person möchte er nicht reden, das sei zu riskant für ihn. Er habe die Tasche im grossen Parkhaus im Glattzentrum einem Mann gegeben. Mehr möchte er wegen der Sicherheit für sich und seine Familie nicht sagen. Er habe die Tasche einfach schnell wegbringen müssen. Er habe von der Beute sicher nichts erhalten, das sei zu riskant. Ev. habe er später etwas dafür erhalten. Der Mann, über den er nicht sprechen wolle, sei ein sehr mächtiger Mensch in Serbien. (aF) Das Delikt in [Ort 4] sei vor [Ort 1] gewesen. (aF) Die Leute, die den Raub gemacht hätten, hätten danach Geld aus Serbien erhalten. (aF nach seinen Kontakten zu C.___ nach dem Vorfall in der Garage von X.___?) Nach seiner Erinnerung habe er diesem auch einen Peugeot 206 […] verkauft. Er könne sich noch gut an dieses Auto erinnern. C.___ habe ihm dann einen Teil des Geldes gegeben, aber den anderen Teil nicht. Wann das genau gewesen sei, wisse er nicht mehr. (auf Vorhalt, er habe in früheren Befragungen noch etwas Anderes erwähnt von C.___) Er habe damals in der Untersuchungshaft gelesen, dass etwas in Winterthur passiert sei, das C.___ ihm früher gezeigt gehabt habe. (aF) Dieser habe ihn gefragt, ob er (der Zeuge) einen Jeep oder SUV finden könnte. Denn er wolle mit einem solchen Fahrzeug in eine Bijouterie fahren, ins Schaufenster. Das habe er aber nicht gemacht, er sei in Untersuchungshaft gewesen. Aber er habe dann dort in der Zeitung gelesen, dass es genau so dort in Winterthur passiert sei. Er sei sich nicht sicher, ob C.___ das gemacht habe, es habe sich aber um die gleiche Bijouterie gehandelt. C.___ habe ihm diese gezeigt gehabt. Er habe da C.___ gesagt, das sei unmöglich, weil es ein Panzerglas sei. Es sei in der Fussgängerzone in Winterthur gewesen. Wann es genau gewesen sei, wisse er nicht mehr, gelesen davon habe er im Gefängnis. Er sei glaublich anfangs 2011 in Untersuchungshaft gekommen. (aF) Er habe C.___ glaublich noch einen BMW verkauft, Serie 3. Diesen habe C.___ glaublich auf [seine Freundin] eingelöst. (aF) C.___ sei damals gesund gewesen und habe immer trainiert, mit [seiner Freundin] gejoggt. (Auf Ergänzungsfragen RA Rickenbacher) Nach seiner Erinnerung habe er letztmals nach dem Fall von [Ort 3] Kontakt gehabt mit C.___. Sie hätten auch zusammengearbeitet, «mit Autos und schlussendlich …». Nein, er habe keinen Streit gehabt mit C.___ wegen dem ausstehenden Geld. Er habe diesen nie mehr gesehen oder gehört. (aF) Ja, C.___ habe in [Ort 4] eine ältere Frau als Freundin gehabt, dazu noch eine andere Frau, an die er sich nicht mehr genau erinnern könne. Die Frau von [Ort 4] habe ihre Sprache gesprochen, Serbokroatisch. Mit C.___ meine er den Sohn von [CC]. (aF, wie er darauf komme, dass D.___ den C.___ gemeint habe, wenn er von [«C.___»] gesprochen habe?) Diese seien von der fast gleichen Stadt, also in der selben Umgebung, in Serbien gestammt. Seiner Meinung nach sei es die gleiche Person. C.___, wobei dieser vorher einen anderen Namen gehabt habe. Von V.___ wisse er, dass dieser in Frankreich an diesem Raub beteiligt gewesen sei. Er sei mit D.___ und anderen Personen dort im Gefängnis gewesen. Er habe V.___ auch ein paar Autos verkauft und kenne diesen auch von anderen Sachen. Er habe diesen nach seiner Entlassung in Frankreich auch schon gesehen. Worüber sie dabei gesprochen hätten, könne er nicht mehr sagen, nichts Wichtiges. V.___ sei ein wenig alkohol- und drogenabhängig. Nein, über die Tat in [Ort 1] habe er mit V.___ nicht gesprochen. (aF) An eine Person namens [...] könne er sich im Moment nicht erinnern. Nach seinem Wissen seien V.___ und […] nicht in die Tat von [Ort 1] verwickelt. Nein, er habe die Informationen wegen [Ort 1] nicht von V.___, sondern von D.___. Nein, er versuche absolut nicht, den oder die wahren Täter von [Ort 1] zu schützen. Er habe nur erzählt, was er gehört habe. (aF) Dass C.___ bei diesem Delikt in [Ort 3] dabei gewesen sei, habe er dort in der Garage von X.___ mitbekommen. Sie hätten gestritten und es habe fast eine Schlägerei gegeben. Für ihn sei klar gewesen, dass C.___ dabei gewesen sei. Sie hätten ihn dort zurückgelassen. In der Garage seien X.___, Y.___ und A.___ gewesen, C.___ sei etwas später gekommen. (aF) Nein, er sei nicht an der Tat in [Ort 3] beteiligt gewesen. Sie hätten einfach sein Auto genommen, ohne dass er es gewusst gehabt habe, und hätten dann einen kleinen Unfall gehabt. (aF) Im Billard-Club in [Stadt 1] habe er D.___, A.___ und J.___ getroffen. Ob er C.___ auch dort getroffen habe, könne er nicht mehr sagen. (aF, er habe gesagt, C.___ und V.___ kennen sich; ob er diese beiden je zusammen gesehen habe?) Daran könne er sich nicht mehr genau erinnern. D.___ und A.___ seien sicher dort gewesen, vielleicht auch [alias J.]. An konkrete Treffen könne er sich nicht erinnern. (aF, warum er dann darauf komme, dass sich die Herren C.___ und J.___ kennen?) In [Stadt 1] kennen sich fast alle Leute aus dem Balkan. Sie gingen in die gleichen Clubs und so. (aF) Den Vater von C.___ habe er zur Zeit des Krieges im ehemaligen Jugoslawien letztmals gesehen. (aF, ob er C.___ und dessen Vater im Jahr 2009 einmal in einer Garage gesehen habe?) Daran könne er sich nicht erinnern. (aF, ob er einmal zusammen mit [dem Vater des Beschuldigten C.___] verhaftet worden sei?) Nicht verhaftet. Dieser sei in seinem (des Zeugen) Auto eingestiegen und habe eine kleine Menge Drogen bei sich gehabt. Dieser sei verhaftet worden. Ihn selbst hätten die Polizisten gelassen, weil der Andere erst gerade ins Auto eingestiegen gewesen sei. Das sei in der Nähe der Sihlpost in Zürich gewesen. (aF, wie er darauf komme, dass C.___ den B.___ in die Schweiz geholt habe?) C.___ habe ihm erzählt, er kenne B.___ von Deutschland, sie hätten etwas in Deutschland zusammen gemacht. (aF, was er gemeint habe, als er davon gesprochen habe, er habe Probleme mit den Leuten, weil er mit den Schweizer Behörden zusammengearbeitet habe?) Er habe ein Geständnis abgelegt und habe deswegen Probleme mit diesen Leuten gehabt. (aF, mit wem er Probleme bekommen habe in Serbien?) Dazu sage er nichts. (aF, ob er nach der Haftentlassung in der Schweiz bleibe?) Dazu sage er nichts, aus Sicherheitsgründen. (aF) Er habe C.___ nach seiner Erinnerung nie in einem Jeep oder einem SUV gesehen. Wann er mit C.___ in Winterthur gewesen sei, wisse er nicht mehr. (aF, wann der Raubversuch in Winterthur gewesen sei, für den er selbst verurteilt worden sei?) Irgendwann im 2010. Ja, es könnte im Oktober 2010 gewesen sein. (aF, wer ihm konkret etwas über den Raub in [Ort 4] gesagt habe?) Er habe C.___ und B.___ in der Garage von X.___ gesehen, einer davon habe ihm dann die Tasche gegeben. (aF, warum er die Tasche mit Diebesgut genommen habe?) Er habe Fehler gemacht und müsse sich dafür verantworten. (auf Nachfragen RA Helfenfinger, wie lange er B.___ kenne und wie er diesen kennen gelernt habe?) Das wisse er nicht mehr, er kenne diesen von C.___. Er habe B.___ öfters gesehen. (aF) Ja, nach seiner Erinnerung habe er einmal die Freundin von B.___ am Flughafen abgeholt. (aF) Nach dem Raub in [Ort 4] habe er beide, C.___ und B.___, gesehen und habe die Tasche übernommen. (aF, ob dies das einzige Mal gewesen sei, dass man ihm eine Tasche mit Deliktsgut übergeben habe?) Für einige Sachen sei er schon verurteilt worden, das sei bekannt, zu anderen Sachen möchte er sich nicht äussern. Zur Bezahlung für den Transport und die Übergabe der Tasche möchte er sich nicht äussern. (aF, ob man ihm auch die Tasche übergeben hätte, wenn man in [Ort 1] Beute gemacht hätte?) Über diese Sache habe er erst nach der Tat gehört.
3.1.2.12 Am 31. Mai 2021 vor Amtsgericht als Zeuge (DT AS 918 ff.): Er habe nach der Tat erstmals von D.___ von dieser Sache gehört. Dieser habe ihm erzählt, jemand habe einen Schal verloren und es bestehe die Gefahr, dass er entdeckt werde. Das sei irgendwann in [Stadt 1] gewesen. Wahrscheinlich in einem Einkaufszentrum, […]. Ob er vorher schon über die Sache gelesen gehabt habe, wisse er nicht mehr. Aber D.___ habe sicher gesagt, dass er Angst habe wegen diesem Schal. D.___ habe ihm auch gesagt, bei der Tat seien C.___ und B.___ dabei gewesen. Er kenne D.___ vielleicht mehr als 20 Jahre. Er selbst habe 17 Jahre eine Autohandelsfirma gehabt und sei pro Woche ein bis zwei Mal nach [Stadt 1] gegangen, dann habe er ihn manchmal getroffen. (aF, ob er mit D.___ Probleme gehabt habe, ob sie verfeindet gewesen seien?) Nein, diese Aussage sei für ihn sehr widerlich. Er habe die ganze Geschichte schon gelesen, mit Dubai und so. D.___ sei eine gefährliche Person und auf freiem Fuss. (aF, warum er sicher sei, dass es sich bei «C.___» und «B.___» um die beiden Beschuldigten C.___ und B.___ handle?) Nachher hätten sie diskutiert. Er habe auch C.___ einmal kurz darauf angesprochen. B.___ habe ihm auch einmal gesagt, er habe eine grosse Dummheit gemacht. (aF) D.___ habe ihm gesagt, sie hätten einen Tipp erhalten, dass es dort viel Bargeld gebe. Sie hätten aber nichts gefunden. Wie die Täter im Haus vorgegangen seien, wisse er nicht, es sei auch schon zehn Jahre her. Aber er könne sagen, dass D.___ ihm gesagt habe, sie hätten an der Türe geklingelt und genau gewusst, dass der Mann alleine sei. (aF) Ja, er kenne die beiden Beschuldigten C.___ und B.___: C.___ kenne er schon lange, B.___ noch nicht so lange. (aF) Mit den Tätern habe er keine Probleme gehabt, ausser dass ihm C.___ ein Auto nicht ganz bezahlt habe. (aF, ob er die Telefonnummern der Beschuldigten kenne?) C.___ habe gar kein Telefon, er telefoniere lieber mit Telefonen von Freunden, Freundinnen, nie mit dem eigenen. Bei B.___ könne er nicht sagen, ob er mal eine Nummer gehabt habe. (aF, ob die Täter Gewalt angewendet hätten, ob sie Waffen oder so dabei gehabt hätten?) Das wisse er nicht. Er wisse, dass sie das Opfer so zurückgelassen hätten, dass es praktisch verblutet sei. (aF) Wohin sie geflüchtet seien, wisse er nicht. Ebensowenig, welche Rolle genau die einzelnen Beschuldigten bei der Tat in [Ort 1] gehabt hätten. (aF) Nach seiner Erinnerung hätten die Beschuldigten damals in der Schweiz gelebt, aber ohne legale Arbeit. (aF) Zum Verhältnis zu C.___ und B.___ könne er sagen, dass er denen in [Ort 4] geholfen habe, was er auch teuer bezahlt habe. Ja, das Verhältnis sei gut gewesen. (aF, warum er sich entschlossen habe, gegen die Beschuldigten auszusagen?) Er sei zu alt und zu krank, um weiterhin so ein kriminelles Leben zu führen. Er habe aussteigen wollen, für den Rest des Lebens normal leben wollen, ohne kriminelle Sachen. (aF, warum er nicht schon früher in seinem Strafverfahren darüber berichtet habe?) Die Behörden hätten nur über die Sache reden wollen, die er gemacht habe. (aF, weshalb er D.___ für sehr gefährlich halte?) Er habe dazu ausgesagt, beispielsweise wegen dem Überfall in Dubai. D.___ habe da im Gefängnis kein Wort gesagt, er sei ein starker und gefährlicher Mann. (aF, ob sich D.___ am Überfall in Dubai beteiligt habe?) Nein, dieser sei nur nachher wegen der Beute dorthin gegangen und verhaftet worden. Er habe keine Aussagen gemacht und sei dann nach acht Monaten oder einem Jahr freigelassen worden. (aF, wer D.___ den Auftrag geben habe, die Beute abzuholen?) Das sei etwas kompliziert und eine unangenehme Sache. Dieser Mann heisse «[alias R.]» und sei in der Schweiz schon mehrfach wegen solcher Sachen verurteilt worden. Dieser habe D.___ den Auftrag gegeben. [alias R.] sei getötet und zerstückelt worden, man wisse das aus der Zeitung. Er habe dazu nicht viel sagen wollen, das sei heute nicht Thema. (aF, was er über die Geiselbefreiung von 2006 in [Liechtenstein] über D.___ wisse?) Er wisse, dass er da die Gewehre besorgt habe. Also dieser [alias R.], über den er gesprochen habe, er habe Kalaschnikows besorgt. (auf Vorhalt, der Beschuldigte D.___ habe im April ein Schreiben gemacht und geschrieben, dass nicht er den Raubüberfall [in der französischen Stadt 1] 2010 verübt habe, sondern der Zeuge diesen organisiert habe?) Er sei gar nicht da gewesen und wisse nicht, wie er das hätte organisieren sollen. D.___ sei dort gewesen. (auf Vorhalt, er habe ausgesagt, D.___ habe ihm zwei Monate nach der Tat gesagt, das Opfer sei gestorben. Das könne zeitlich nicht stimmen, da sei D.___ bereits in Haft gewesen in Frankreich) Er könne sich nach zehn Jahren nicht mehr klar erinnern, ob ihm das D.___ gesagt habe oder ob er es in der Presse gelesen habe. Er lese praktisch jeden Tag. (aF, warum ihm D.___ in einem Café in aller Öffentlichkeit dies erzählt haben sollte?) Wo sonst, sie hätten sich immer in Restaurants oder einer Garage getroffen, nicht «anders». (Wann der Raub Thema gewesen sei mit C.___ und B.___, was diese gesagt hätten?) C.___ habe kein Wort sagen können, B.___ habe gesagt, sie hätten eine grosse Dummheit gemacht. (Zum Vorhalt [Ort 4] vom 3. Februar 2010) Dort habe er die Beute genommen und weitergeleitet. Das sei in der Garage von X.___ gewesen. (aF) Daran seien B.___, C.___ und eine dritte Person beteiligt gewesen. Zur dritten Person sage er wegen seiner Sicherheit nichts. Er habe B.___ und C.___ in der Garage gesehen, die dritte Person nicht. Aber als er das Geld gebracht habe, habe er gewusst, dass die dritte Person beteiligt gewesen sei. Sie hätten wahrscheinlich von diesem Geld ihr Leben finanziert. (aF, ob die Täter Gewalt angewendet hätten) Von Gewalt wisse er nichts. Nach seinem Wissen würden sie nicht extra jemanden verletzen, wie bspw. in [Ort 1], da man dafür hohe Strafen erhalten könne. (aF) C.___ habe in [Ort 4] eine Freundin gehabt, glaublich B.O.___. Er habe diese glaublich an einer Tankstelle getroffen. (Auf Vorhalt, dem Geschäftsinhaber der Bijouterie in [Ort 4] sei eine Person aufgefallen, die ein oder zwei Monate vor der Tat ins Geschäft gekommen sei und auffällig gewesen sei. Er habe das Kennzeichen des Fahrzeugs dieses Mannes notiert. Laut Zeugen sei es auf ihn – den Zeugen – bzw. seine Frau eingelöst gewesen. Ob er dafür eine Erklärung habe?) Er habe C.___ ein paar Mal dorthin gefahren. Er selbst sei nie in diesem Laden drin gewesen. (Vorhalt Diebstahl [Ort 3]) Dort hätten sie ohne zu fragen sein Auto genommen und damit gemacht, was sie gemacht hätten. X.___ habe ihn am Morgen angerufen, er solle vorbeikommen. Dieser habe ihm dann gesagt, sie hätten das Auto genommen und es habe einen Unfall gegeben. Schliesslich habe ihm X.___ das Auto bezahlt. (aF, wer beteiligt gewesen sei?) A.___ sei gefahren. Dieser sei sehr bekannt als bester Fahrer. Die Polizei habe keine Chance, ihn zu überholen. Dann sei es praktisch zu einer Schlägerei gekommen zwischen C.___ und der dritten Person in der Garage. Die seien mit dem Auto geflüchtet, während C.___ zurückgeblieben sei. Was mit der Beute passiert sei, wisse er nicht. Er habe sich wegen seinem Auto geärgert. (aF, woher er A.___ kenne?) Von D.___. Er sei bekannt als super Fahrer. Er sei für die perfekte Flucht bekannt und mache nichts Anderes. (aF) Er sei ein bis zwei Mal wöchentlich nach Serbien und zurück gefahren. (aF) Mit D.___ sei er ein paar Mal gereist. Was für ein Fahrzeug sie damals gehabt hätten, könne er nicht mehr sagen. (aF, warum C.___ meist Telefone von Dritten benutzt habe?) Dieser sei sehr vorsichtig. Er glaube, C.___ habe gar kein Handy, er sei aber nicht sicher. (aF zum Rammbock-Einbruch in Winterthur) Damals habe C.___ ihn gefragt, ob er einen Geländewagen billig finden könne, um den Rammbock-Einbruch in Winterthur zu machen. Dann sei er selbst wegen seiner Dummheit ins Gefängnis gekommen und habe dann gelesen, dass dieser Laden mit einem Jeep «angefahren» worden sei. Da sei ihm klar gewesen, dass es sich um C.___ handeln müsse, da ihm dieser den Laden gezeigt gehabt habe. (Vorhalt Diebstahl [Ort 2]) Nach seiner Erinnerung hätten sie Zigaretten gestohlen. Er kenne den Ort aber nicht namentlich. Von den Zigaretten habe er gelesen. A.___ sei der Fahrer gewesen. Das hätten sie gemacht, Zigaretten gestohlen. Die Polizei habe sie verfolgt, aber A.___ sei so gut gefahren, dass das Polizeiauto verunfallt sei, nach seiner Erinnerung. (aF) Wer ihm das erzählt habe, daran daran könne er sich nicht klar erinnern. Seines Wissens seien C.___ und noch ein Mann, der seiner Meinung nach in den Niederlanden lebe, beteiligt gewesen. (aF) A.___ kenne er nur von D.___ in [Stadt 1], von einem Billard-Club oder so. Er wisse einfach, dass dieser der perfekte Fahrer sei, wie «Formel 1». (aF) Nein, mit A.___ habe er keinen regelmässigen Kontakt gehabt, nur mit D.___. Er müsse sagen, dass sich A.___ praktisch nie an der Tat beteiligt habe und nur gefahren sei. (aF) Nein, mit A.___ habe er nie Probleme gehabt.
3.1.3. Die Würdigung der Zeugenaussagen
3.1.3.1 Vorweg ist nach der vorstehenden Beweiswürdigung zum Beschuldigten B.___ festzuhalten, dass dieser am Delikt in [Ort 1] tatsächlich beteiligt war. Diesbezüglich hat der Zeuge L.___ somit die Wahrheit gesagt. Unter diesen Umständen wäre es bereits höchst fraglich, weshalb der Zeuge dann die Mitbeschuldigten C.___ und D.___, die er beide persönlich gut kannte – zum Beschuldigten D.___ bestand gar ein langjähriges Vertrauensverhältnis –, falsch belasten und sich damit strafbar machen sollte. Er musste bei falschen Aussagen ja ohne Weiteres damit rechnen, dass sie durch Ermittlungsergebnisse widerlegt werden könnten und er damit der falschen Anschuldigung und des falschen Zeugnisses überführt werden könnte (nur schon bei falschen Aussagen zur Höhe einer Beute oder zu verwendeten Waffen wie Messer etc.). Ein Motiv für eine Falschbezichtigung ist keines ersichtlich, auf das Schreiben des Beschuldigten D.___ vom April 2021 und auf die Beweggründe des Zeugen L.___ für seine Aussagen ist weiter unten näher einzugehen. Es bestanden weder Probleme noch Feindschaften zwischen dem Zeugen und den Beschuldigten. Auch die Beschuldigten B.___ und C.___ gaben zu keinem Zeitpunkt zu Protokoll, dass Probleme bzw. Feindschaften zwischen ihnen und dem Zeugen bestünden. Hier sind die Aussagen aller Beteiligten übereinstimmend. Auch die RTID-Daten aus Frankreich ergaben Kontakte des Zeugen zu den Beschuldigten D.___ und B.___ (AS 88).
3.1.3.2 Weiter fällt auf, dass der Zeuge bei seinen Aussagen zum Delikt in [Ort 1] in mehrfacher Hinsicht Täterwissen (Wissen, welches weder die Strafbehörden noch die Medien je kommuniziert hatten) preisgab, und dies grösstenteils schon in seinem freien Bericht anlässlich der ersten Einvernahme:
- Er schilderte, dass zwei Männer das Haus in [Ort 1] betreten hätten, was sich mit den Aussagen der Privatklägerin deckt, welche immer angegeben hat, ihr Mann, das Opfer, habe ihr nach dem Auffinden gesagt, er sei von «zwei» Männern «abgschlage worde», die Geld gesucht hätten. Auch das Schuh-Spurenbild weist auf zwei Täter hin (vgl. dazu die Ausführungen weiter unten). Das konnte der Zeuge nicht aus den Medien erfahren haben.
- Die Täter hätten geklopft oder geklingelt: es wäre bei einem Raubüberfall ebenso gut möglich, dass die Täter ins Haus einbrechen.
- Die Auseinandersetzung mit dem Opfer sei länger und härter als erwartet gewesen. [Beim Opfer] handelte es sich um einen Landwirt, der tatsächlich sehr stark gewesen sein soll (Zeugenaussagen [eines Polizeibeamten] in [Ort 1] von 1987 bis 2002, AS 3313 Rz. 98 f.).
- Der Zeuge gab immer wieder an, die Täter hätten im Haus nach Bargeld gesucht, dieses aber nicht gefunden und sie hätten keine Beute gemacht.
- Er gab an, die Täterschaft habe am Tatort einen Schal zurückgelassen und der Beschuldigte D.___ habe sich Sorgen gemacht, dass man gestützt darauf etwas herausfinden könnte. Auch dies konnte man nicht aus den Medien erfahren. Der Zeuge wusste denn auch nicht, dass am Schal tatsächlich DNA gefunden und zugeordnet werden konnte.
- Er gab an, der Tipp an D.___ sei aus dem Umfeld des Opfers gekommen und die Täter hätten gewusst, dass das Opfer an diesem Vormittag alleine zu Hause sein würde (es gab denn auch keine Aufbruchspuren, AS 1045). Jemand aus dem ehemaligen Jugoslawien arbeite im Umfeld des Verstorbenen. Auch dies ist Täterwissen, welches nicht aus den Medien erfahren werden konnte. Die umfangreichen Ermittlungen zur Frage eines Tipps aus dem Umfeld haben die diesbezüglichen Aussagen des Zeugen erhärtet. Darauf ist weiter unten zurückzukommen.
3.1.3.3 Der Zeuge gab spontan und unaufgefordert konstant an, er habe von der Täterschaft anlässlich eines Gesprächs mit dem Beschuldigten D.___ in [Stadt 1] erfahren. Dabei umschrieb er den Ort dieses Gesprächs immer gleich: es habe sich um ein Café/Restaurant in einem Einkaufszentrum gehandelt […]. Der Ort heisse […] oder so. Dies trifft exakt auf das […] Einkaufszentrum [in der Stadt 1] zu. Diese konstanten und detaillierten Angaben des Zeugen sind daher sehr glaubhaft. Gut vorstellbar ist auch, dass der Beschuldigte D.___ dem Zeugen, mit dem er sich regelmässig getroffen hat und dem er vertraut hat (sie waren ja auch beide erwiesenermassen in Bijouterie-Raubdelikte verwickelt), von seiner Angst, wegen des Schals überführt zu werden, erzählt hat. Beim Zeugen L.___ handelte es sich ja um einen Insider des Serbischen kriminellen Milieus. Deswegen ist es entgegen den Vorbringen der Verteidigung des Beschuldigten D.___ vor dem Berufungsgericht eben alles andere als «völlig unglaubhaft», dass der Beschuldigte D.___ mit dem Zeugen L.___ über das Delikt gesprochen hat. Dass das Gespräch in einem öffentlichen Restaurant stattgefunden hat, ist angesichts der Gewohnheiten des Zeugen und des Beschuldigten D.___ nicht aussergewöhnlich, man kann auch dort vertrauliche Gespr.he führen, welche Dritte nicht mithören können. Schliesslich sind auch keinerlei Gründe ersichtlich, weshalb der Beschuldigte D.___ den Zeugen hätte anlügen sollen, was seine Ausführungen zu [Ort 1] anbelangen, der Beschuldigte hat ja sich selbst belastet. Der Beschuldigte D.___ vertraute dem Zeugen, sie waren beide im kriminellen «Gewerbe» tätig und er belastete sich mit seinen Schilderungen selbst massiv.
3.1.3.4 Ausschliessen kann man, dass der Zeuge selbst am Delikt in [Ort 1] beteiligt war, was denn auch von den Beschuldigten nicht behauptet wird. In diesem Fall hätte es keinen Grund gegeben, sich mit den Informationen zum Tatgeschehen in [Ort 1] freiwillig an die Behörden zu wenden, zumal er selbst nicht als Mitbeteiligter auf dem Radar der Strafverfolger war. Erst recht hätte er das nicht nach mehr als sieben Jahren getan. Dass seine Aussagen für ihn persönlich sehr gefährlich sein könnten, dessen war sich der Zeuge bewusst. Sein Aussageverhalten zeigt auch deutlich auf, dass er sein Wissen bezüglich Delikten, mit denen er selbst hätte in Verbindung gebracht werden können ([Ort 3], [Ort 4]) bzw. bei dem er sich als Hehler beteiligt hatte ([Ort 4]), erst nach und nach preisgab. Auch dass der Zeuge den Tatort nicht genau bezeichnen konnte, weist darauf hin, dass er keine genaueren Kenntnisse hatte und nicht beteiligt gewesen war. Der Zeuge hätte, wäre er ein Mittäter in [Ort 1] gewesen, auf jeden Fall damit rechnen müssen, dass ihn die denunzierten Mittäter erst recht auch belasten würden. Der Beschuldigte D.___ hat dies ja in Bezug auf das Delikt [in der französischen Stadt 1] auch versucht, wie weiter unten zu zeigen sein wird.
3.1.3.5 Auch zu den weiteren Delikten, die aufgrund der Aussagen des Zeugen L.___ geklärt werden konnten, waren dessen Aussagen korrekt (vgl. dazu im Detail die Erwägungen zu den betreffenden Delikten weiter unten):
- Zum Einbruchdiebstahl in [Ort 2] konnte er viele zutreffende Detailangaben zum Ablauf machen: Einbruch in einen Laden mit Zigaretten als Beute, Flucht mit einem Unfall der Polizei, Ausbrennen des Tatfahrzeugs (korrekt: Motorschaden), Beute zurückgelassen, Polizei abgehängt.
- Bezüglich des Delikts in [Ort 3] hat der Zeuge das Fluchtfahrzeug, die halsbrecherische Flucht und die Situation am Tatort (Umbau) korrekt beschrieben und auch damit Täterwissen offenbart.
- In Bezug auf das Raubdelikt vom 3. Februar 2010 in [Ort 4] hat der Zeuge den Beschuldigten B.___ als Mittäter bezeichnet, was eine DNA-Analyse bestätigt hat.
- In Bezug auf das Raubdelikt [in der französischen Stadt 1] wusste der Zeuge, dass die Beute unentdeckt geblieben war und dass D.___ nicht direkt am Raub selbst mitgewirkt habe; dieser habe nach seinen Aussagen die Beute irgendwo versteckt gehabt.
- Die Aussagen des Zeugen zu den Hintergründen und Zusammenhänge der Gefangenenbefreiung Mitte Juli 2006 in [Liechtenstein] (befreit wurde dabei der eines Rammbock-Einbruchs auf eine Bijouterie in [Liechtenstein] [R.___]; siehe Bericht im Vaterland Liechtenstein vom 2. März 2010: https://www.vaterland.li/importe/archiv/ungluecke/verbrechen/Befreiter-Haeftling-kommt-zurueck-nach-Liechtenstein;art480,69147: [R.___] hatte sich im Kraftraum der Haftanstalt selbst den Arm gebrochen und war auf der Rückfahrt vom Spital von zwei Bewaffneten gewaltsam befreit worden. [R.___] wurde im Mai 2008 […] an der Grenze zu Frankreich bei einer Routinekontrolle angehalten und entging der Auslieferung nach Dubai, weil ihm dort die Prügelstrafe drohte: s.a. AS 131 f.) und zum Raubüberfall in Dubai im April 2007 (Beute 14,7 Mio. Dollar, zum Ereignis vgl. AS 133 ff.) unter massgeblicher Mitwirkung [von R.___] sind allesamt sehr plausibel. Beide Ereignisse werden klar der Pink Panther-Gruppierung zugerechnet. Dabei solle der Beschuldigte D.___ die Waffen für die Geiselbefreiung in [Liechtenstein] organisiert haben, in Dubai soll er beauftragt gewesen sein, die restliche Beute aus einem abgestellten Personenwagen zu holen (Einreise aus der Schweiz kommend in Dubai am 27. April 2007). Insbesondere das Detail, der Beschuldigte D.___ habe bei einem ersten Versuch ein verdächtiges Auto erblickt und habe das Vorhaben dann um einige Tage verschoben, erscheint sehr authentisch. Tatsächlich wurde der Beschuldigte D.___ in Dubai dann verhaftet, als er das betreffende Auto geöffnet hatte (aber die Beute noch nicht aus dem Versteck hervorgeholt hatte, was dann schliesslich zu seinem Freispruch führte). Auch das Delikt [in der französischen Stadt 1] vom Mai 2010 wird der Pink Panther-Gruppierung zugeordnet. Die damals mitbeteiligten [...] und V.___ […] gelten als Schwergewichte innerhalb der Gruppierung der Pink Panther (AS 90 f.).
3.1.3.6 Die Aussagen des Zeugen weisen weitere Realitätskennzeichen auf (wobei bei einer Geschichte «vom Hörensagen» naturgemäss weniger solche zu erwarten sind):
- zeitliche Verknüpfungen (beim Delikt [Ort 3] Anruf von X.___ gleich nach einer Rückkehr aus Serbien, Delikt Winterthur zur Zeit seiner Untersuchungshaft);
- Interaktionsschilderung: Das Opfer sei sehr stark gewesen, was zu einer längeren Schlägerei geführt habe; der Beschuldigte D.___ sei über den Ablauf verärgert gewesen, weil die beiden Mitbeschuldigten das Opfer viel zu stark verprügelt hätten. Man habe in [Ort 1] keine Beute gemacht, was dann der Grund gewesen sei für das nachfolgende Raubdelikt [in der französischen Stadt 1].
- Schilderung von Unverstandenem: Der Zeuge gab mehrfach an, die Täter hätten gewusst, dass das Opfer alleine daheim sei, vermutete aber, dies sei auf vorgängige Beobachtung des Hauses zurückzuführen.
- Ausgefallende Details (C.___ sei in [Ort 3] am Tatort zurückgelassen worden; Beinahe-Schlägerei mit Werkzeugen in der Garage von X.___ nach dem Delikt [Ort 3]; er habe nach dem Raub in [Ort 3] ja noch einen Beleg haben müssen für sein beschädigtes Fahrzeug; der Beschuldigte D.___ habe das Auto für die Gefangenenbefreiung in [Liechtenstein] von ihm (dem Zeugen) gehabt. Es sei ein Golf gewesen und – erneut höchst authentisch – D.___ habe von ihm noch ein besseres Reserverad für den Golf verlangt, weil man mit dem kleinen Reserverad nur 80 km/h schnell fahren könne; in Dubai habe «[alias R.]» den grössten Diamanten auf einem Ring geschluckt; nachher habe dieser Probleme mit dem Ausscheiden des Diamanten gehabt und der Beschuldigte D.___ habe ihn - den Zeugen - nach einem guten Arzt gefragt).
- Auch zum Delikt in [Ort 1] nannte er diverse Details, welche als nebensächlich erscheinen und für das Kerngeschehen von geringer Relevanz sind: B.___ und C.___ hätten an die Türe geklopft oder geklingelt; es habe sich um ein freistehendes Haus gehandelt und das Opfer sei zur Tatzeit alleine zuhause gewesen. Ebenfalls zu erwähnen ist seine beiläufig gemachte Angabe, wonach sich D.___ aufgeregt habe, weil die Gewalt im Haus eskaliert sei. Weiter gab er an, die Schlägerei habe länger gedauert, der Mann sei stark gewesen. Er habe stark geblutet und die beiden Täter hätten ihn so zurückgelassen. Der Mann sei gefesselt worden.
- Der Zeuge räumte auch Erinnerungslücken ein, beispielsweise hinsichtlich der Jahreszeit der Tat. Oder er könne nicht sagen, um wie viel Geld es gegangen sei. Verweisen kann man dabei auch auf seine Antwort vor Amtsgericht auf die Frage, welche Rolle die einzelnen Beschuldigten in [Ort 1] gespielt hätten: «Das kann ich nicht sagen, das weiss ich nicht.». Diese Aussage unterstreicht ausserdem, dass er die Täter nicht mehr als notwendig belastet. Auch ob der Beschuldigte C.___ beim Delikt in [Ort 2] dabei gewesen sei, konnte er nicht mehr genau sagen. Er erinnere sich an diese Sache nur noch wegen der bekannten Flucht. Er könne auch nicht mehr sagen, ob beim Delikt in [Ort 3] die Täter den Schlüssel des [Renault] einfach genommen hätten oder ob X.___ ihnen diesen gegeben habe.
- Der Zeuge belastete sich schliesslich in einem Fall selbst (Hehlerei nach dem Delikt in [Ort 4]) und auch eine Beteiligung an der Befreiungsaktion in [Liechtenstein] räumte er ein.
- Ein Belastungseifer ist nicht erkennbar: der Zeuge räumte ein, er wisse nicht, ob die Täter Waffen dabeigehabt hätten; sie hätten den Mann nicht umbringen wollen; er wisse nicht, ob [alias J.] dabei eine Rolle gespielt habe; ob C.___ den Rammbock-Einbruch in Winterthur dann effektiv gemacht habe oder jemand anders, wisse er nicht; von Gewalt beim Delikt in [Ort 4] sei ihm nichts bekannt, seines Wissens würden sie nie jemanden absichtlich verletzen. Wo es sich bei den Angaben des Zeugen um Vermutungen handelt, deklariert er das auch.
- Die Aussagen zu den einzelnen Delikten waren detailliert, in sich stimmig, plausibel und im Kerngeschehen widerspruchsfrei. Er gab in freier Rede mehrfach die gleichen Details wieder (geklingelt oder geklopft; Opfer alleine daheim; Fesselung; ein Schal zurückgeblieben). Dass nach einem Zeitablauf von sieben bis zehn Jahren einzelne Widersprüche auftraten, ist zu erwarten. Auf einzelne davon ist unten noch näher einzugehen.
Dazu kann auch auf die ausführlichen und zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz auf US 35 f. (lit. b) verwiesen werden.
3.1.3.7 Durch die Beschuldigten wurde wiederholt der Vorwurf erhoben, der Zeuge habe diese Aussagen getätigt, um ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen zu werden. Anders liesse sich seine Aussagemotivation nicht erklären. Hierzu ist vorerst darauf zu verweisen, dass viele der Angaben des Zeugen zutreffend waren und er sich von falschen Belastungen kaum viel hätte erhoffen können. Die Motivation des Zeugen für seine belastenden Aussagen sind vorliegend zwar kaum von Bedeutung, seine Angaben zu seinen Beweggründen sind aber plausibel: mit der Preisgabe seines Wissens konnte er sich in der Tat Vorteile erhoffen: mit einer Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm konnte er den ungünstigen Lebensumständen in Serbien entkommen und auch gesundheitlich war nun für ihn gesorgt. Zu den finanziellen Folgen einer Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm kann auf die Erläuterungen der Vorinstanz auf US 37 verwiesen werden. Mit der Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm waren für L.___ aber auch erhebliche Nachteile verbunden, sein Bewegungsradius wurde dauernd nachhaltig eingeschränkt. Möglicherweise gab es zusätzliche Beweggründe für den Zeugen, aus Serbien wegzugehen, wie seine Aussagen andeuten. Selbst wenn der Zeuge sich bereits in Serbien an die Solothurner Strafverfolgungsbehörden gewendet hätte (wie der Beschuldigte B.___ vor Amtsgericht insinuieren liess, wofür es aber keinerlei Anhaltspunkte gibt), würde das nichts ändern. Jedenfalls sind eigennützige Motive kein Grund, die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen zu verneinen. Gleiches gilt auch für seine Person und sein strafrechtlich belastetes Vorleben: Entscheidend ist die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen und nicht dessen Glaubwürdigkeit als Person. Das Konzept einer «allgemeinen Glaubwürdigkeit» wird in der Aussagepsychologie als wenig brauchbar bewertet. Zu letzterem kann auch auf den kürzlichen Bundesgerichtsentscheid 6B_323/2021 vom 11. August 2021, E. 2.3 und dabei insbes. E. 2.3.3, verwiesen werden: Der allgemeinen Glaubwürdigkeit eines Zeugen in Sinne einer dauerhaften personalen Eigenschaft kommt nach heutiger Erkenntnis bei der Würdigung von Zeugenaussagen daher kaum mehr relevante Bedeutung zu. Weitaus bedeutsamer für die Wahrheitsfindung als die allgemeine Glaubwürdigkeit ist die Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage (vgl. dazu die obigen allgemeinen Ausführungen zur Beweiswürdigung). Im genannten Urteil sagt das Bundesgericht auch: Daraus folgt, dass Abklärungen zum Vorleben und zu den persönlichen Verhältnissen im Sinne von Art. 164 Abs. 1 StPO nicht bereits dann notwendig sind, wenn Zweifel an der allgemeinen Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen, sondern nur, wenn diese Zweifel auch geeignet sind, sich auf die konkrete Beweiswürdigung, d.h. auf die Glaubhaftigkeit von konkreten, rechtserheblichen Zeugenaussagen, auszuwirken. … Keine Notwendigkeit für solche Abklärungen besteht, wenn schon das Zeugnis selbst und die Art seiner Präsentation es dem Gericht erlauben, dieses zu würdigen.
3.1.3.8 Weniger überzeugend sind die Aussagen des Zeugen auf die Fragen, weshalb er seine Angaben nicht bereits nach seiner Verhaftung im Jahr 2011 gemacht habe. Dies beeinträchtigt aber die Glaubhaftigkeit seiner Angaben zu den Delikten nicht, er hat sich ganz offenbar erst viel später entschlossen, sein Wissen preis zu geben.
3.1.3.9 Ebenfalls nicht massgeblich ist, ob der Zeuge die Informationen vom Hörensagen erfuhr bzw. dies direkt von mutmasslich Beteiligten erfahren hat und die Beteiligten nicht selbst bei der Tat gesehen hat. Entscheidend ist wie bereits ausgeführt die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen und es ist wie erwähnt nicht davon auszugehen, dass der Beschuldigte D.___ den Zeugen angelogen hat.
3.1.3.10 Am Rande darf auch darauf hingewiesen werden, dass sich der Beschuldigte C.___ in den Jahren 2004 und 2005 in Deutschland an mehreren Raubüberfällen beteiligt hatte und dafür auch verurteilt wurde. Aufgrund der darauf folgenden Ausweisung mit Einreisesperre erfolgte dann wohl auch sein Namenswechsel.
3.1.3.11 Wenn die Verteidigung des Beschuldigten C.___ vor dem Berufungsgericht darauf hinwies, dass bereits bei einer Befragung des Beschuldigten B.___ am 8.Juni 2017 eine Bemerkung gemacht wurde, wonach L.___ beim Delikt in [Ort 4] eine gewisse Rolle gespielt habe (AS 8211), dann ist das richtig, aber auch nachvollziehbar, war doch vor dem Delikt in [Ort 4] das auf die Ehefrau von L.___ lautende Kontrollschild von den Bijouterie-Angestellten nach einem verdächtigen Kundenbesuch notiert worden.
3.1.3.12 Zusammenfassend können die Aussagen des Zeugen L.___ als sehr glaubhaft qualifiziert werden. Zusammenfassend ist auch festzuhalten, dass die ausgesprochen aufwändigen Ermittlungen keine den Aussagen des Zeugen widersprechende Ergebnisse ergeben haben, wohl aber solche, welche dessen Aussagen erhärtet haben. Auf weitere Einwände der Beschuldigten dazu wird weiter unten eingegangen. Zu Zeugenaussagen vom Hörensagen kann auch auf den neuesten Entscheid des Bundesgerichts 6B_1403/2021 vom 9. Juni 2022, E.2.4, verwiesen werden.
3.2 Die Aussagen des Beschuldigten C.___ und die Ermittlungsergebnisse
3.2.1.1 C.___ (ehemals […]; Namensänderung per 29. Juli 2008, vgl. AS9137) bestreitet die fraglichen Vorhalte. Nach seiner Verhaftung in Holland liess er dort am 20. April 2018 durch seinen Rechtsvertreter ausführen, er habe mit dem Fall nichts zu tun und sei 2010 gar nicht in der Schweiz gewesen. Er sei mit dem abgekürzten Auslieferungsverfahren nicht einverstanden (AS 19018, Übersetzung AS 19022). Zu Beginn des Verfahrens gab er an, er habe sich im Jahre 2010 nicht in der Schweiz aufgehalten (Einvernahme vom 20.April 2018, AS 19016). Zu einem späteren Zeitpunkt kam er darauf zurück und erklärte sinngemäss, nicht er, sondern sein (damaliger) Rechtsanwalt habe anlässlich der Einvernahme in Holland gesagt, er sei nicht in der Schweiz gewesen. Die Stelle im Protokoll sei auf ein Missverständnis zurückzuführen; es sei alles sehr schnell gegangen.
3.2.1.2 Am 12. Februar 2019 wurde der Beschuldigte C.___ nach seiner Auslieferung erstmals vom verfahrensleitenden Staatsanwalt in der Schweiz befragt (AS 19135 ff.). Er bestritt dabei jegliche Beteiligung am Delikt in [Ort 1]. Das Protokoll in Holland sei nicht korrekt: er habe dort gesagt, er sei zur Tatzeit nicht in der Schweiz gewesen, nicht im ganzen Jahr 2010. Zur Tatzeit sei er krank gewesen wegen Nierenproblemen und habe sich in Serbien aufgehalten. Er sei wohl um den Jahreswechsel 2009/2010 nach Serbien gegangen. Das Arztzeugnis habe seine Mutter in seiner Wohnung in Serbien gefunden (wobei er wenig später angab, seine Frau habe nach entlastenden Unterlagen gesucht). Seit 2011 wohne er in Holland. Er habe damals seit 2007 in Serbien bei der Firma «Name» gearbeitet, sei zwischendurch aber auch in Holland und der Schweiz gewesen. Im 2010 habe er eine Freundin, S.___, in der Schweiz gehabt, deshalb sei er da öfters in der Schweiz gewesen, teilweise ein paar Monate. Da habe er jeweils bei ihr übernachtet. Sie habe am Zürichsee gewohnt. Die Beziehung sei beendet worden, bevor er nach Holland gegangen sei. Seit 2011 habe er keinen Kontakt mehr mit ihr und ihrem Umfeld gehabt. Andere Freundinnen habe er damals in der Schweiz nicht gehabt. Nach dem Spitalaufenthalt sei er zunächst in Serbien geblieben. An Namen seiner damaligen Bekannten in der Schweiz erinnere er sich nicht. Auf dem Fotoblatt erkenne er die Nr. 1 «B.___» (Beschuldigter B.___) und die Nummer 3 (Beschuldigter D.___). Die anderen kenne er nicht. Bei den Frauen glaubte er die Ehefrau des Beschuldigten D.___ zu erkennen (korrekt). B.___ habe er in Deutschland in einem Restaurant kennen gelernt, ca. 2002 oder 2003. Er sei nie mit diesem in Deutschland im Gefängnis gewesen. Er habe diesen zuletzt vor vielen Jahren in der Schweiz gesehen. Es müsse zur Zeit der Beziehung zu S.___ gewesen sein, sonst sei er nie in der Schweiz gewesen. B.___ sei er damals zufällig begegnet, in einer Kirche oder in einer Autogarage. Er habe diesen und dessen Freundin dann mal zu sich und S.___ eingeladen. B.___ sei dann nach Holland zu seinem Vater (Vater des Beschuldigten C.___) gegangen. (aF warum dorthin) Dieser habe vermutlich zu Kollegen gewollt und er habe ihm gesagt, er könne zu seinem Vater gehen. Seit damals habe er B.___ nicht mehr gesehen. Wenn B.___ gesagt habe, er (der Beschuldigte C.___) habe ihn am Busbahnhof abgeholt, als er in die Schweiz gekommen sei, könne er das nicht glauben. Wenn B.___ behaupte, er habe ihm (dem Beschuldigten C.___) damals gestohlene Kleider verkauft, so wisse er das nicht. Aus den Papieren habe er entnommen, dass B.___ im Gefängnis sei. In den Ferien habe er auch gehört, dass dieser in Frankreich im Gefängnis sei. Die Nummer 1 (Beschuldigter D.___) kenne er von seinem Vater her, die beiden seien zusammen im Militär gewesen. Diesen habe er im 2017 oder 2018 zufällig in den Ferien in Serbien getroffen. Dort habe D.___ gesagt, er sei unschuldig in Frankreich im Gefängnis gesessen, zusammen mit B.___. In den Jahren 2009 bis 2011 habe er diesen in der Schweiz nie getroffen. Man nenne ihn «[alias D.]», er wohne in [Stadt 1]. Dort sei er nie gewesen. Er habe nie gross Kontakt zum Beschuldigten D.___ gehabt, dieser sei ein Kollege seines Vaters. M.___ (Foto) kenne er nicht. Auch L.___ (Zeuge) erkenne er auf dem Foto nicht. Der Name hingegen sei ihm bekannt, er habe bei ihm ein paar Autos gekauft, darunter einen Peugeot. Mit ihm habe er auch vor vielen Jahren letztmals Kontakt gehabt, in Serbien hätten sie damals telefoniert und wegen einem Auto gestritten. L.___ habe gemeint, er habe nicht genug bezahlt für das Auto. Er glaube, B.___ und L.___ kennen sich. Woher, wisse er aber nicht. B.O.___ kenne er nicht. Er sei mit S.___ vielleicht zwei Mal in [Stadt 1] gewesen und möglicherweise dabei auch in einem Lokal. [Ort 1] […] kenne er nicht. Er habe Schuhgrösse 45. Er habe keine Idee, welche Beweismittel betreffend das Delikt [Ort 1] gegen ihn vorlägen. Er habe auch keine anderen Straftaten in der Schweiz verübt.
3.2.1.3 Bei der Befragung vom 13. Februar 2019 gab der Beschuldigte zuerst ergänzend an (AS 19182 ff.), seine Freundin habe in [Ort 5] gewohnt. Er habe sich auch zur Frage, ob B.___ einmal bestohlen worden sei, Gedanken gemacht und es sei ihm in den Sinn gekommen, dass diesem mal die Dokumente und andere Sachen weggekommen seien. Er habe im Fischereiladen beim Arbeitsort von S.___ viel Zeit verbracht und auch viele Sachen gekauft. Wenn man ihm aber einen Kontoauszug von S.___ einen Karten-Einkauf vom 30. März 2010 zeige, dann müsse das S.___ gekauft haben. Den Aufenthalt in der Schweiz habe er mit Erspartem, mit Einkünften aus seiner Arbeit und mit dem Handel von Haushaltartikeln finanziert. Er habe die Geräte hier gekauft und nach Serbien verkauft. Manchmal hätten sie Geld von der Mutter von S.___ geborgt. Durch den Vater von S.___ habe er von dessen Kollegen auch Occasionsartikel gekauft. Einmal habe er für den Vater von S.___ Renovationsarbeiten machen und vier bis fünf tausend Franken verdienen können. Er habe auch ein paar Autos gekauft und weiterverkauft. Da auf dem Kontoauszug eine Überweisung von Euro 1’500.00 am 16. Februar 2010 an seinen Vater verzeichnet sei, habe er das gemacht, oder S.___. Ev. habe er S.___, die am Vortag auf das Konto einbezahlten Euro 1'500.00 gegeben oder ihr das Geld da gelassen, bevor er nach Serbien gegangen sei. Er könne dann in der Schweiz gewesen sein. Sein Anwalt habe das mit der Abwesenheit im ganzen Jahr 2010 in Holland falsch gesagt. (auf Vorhalt der Abklärungen, wonach er 2010 nicht im Spital in [der Stadt in Serbien] gewesen sei) Er sei damals wirklich im Spital gewesen. Ja, er habe in der Schweiz ein Mobiltelefon gehabt, ob er die schweizerische Nummern eingelöst habe, wisse er nicht. Er erkenne auf dem Bild X.___ nicht, der Name sage ihm aber etwas. Dieser habe ein paar Mal das Auto repariert. A.___ kenne er nicht. Wenn ihm gesagt werde, der Zeuge habe ausgesagt, D.___ habe ihm erzählt, dass er (der Beschuldigte C.___) und B.___ den Überfall in [Ort 1] ausgeführt hätten, möchte er dazu nichts sagen. Auch nicht zu den gesicherten DNA-Spuren von B.___ auf dem Schal.
3.2.1.4 Am 22. März 2019 wurde der Beschuldigte C.___ polizeilich befragt (AS 6069 ff.) und gab zusammengefasst an, er habe den Beschuldigten B.___ damals ein paar Mal getroffen. Man habe sich im Hotel oder zu einem Spaziergang getroffen. Dieser habe auch ein paar Mal bei seiner Freundin S.___ geschlafen. Wie der Kontakt mit B.___ damals in der Schweiz zustande gekommen sei, darauf habe er keine Antwort, es sei lange her. Was B.___ ausgesagt habe, sei möglich. Warum sich B.___ gerade an ihn gewandt habe, dazu habe er nichts zu sagen. Er erinnere sich nicht. Wenn B.___ sage, er (der Beschuldigte C.___) habe damals einen Autohandel betrieben, sei das ein grosses Wort. Er habe ein paar Autos gekauft und weiterverkauft. Er habe dabei keine Partner gehabt. Vom Zeugen L.___ habe er zwei oder drei Autos gekauft. Und dann noch zwei andere Autos. Eines sei ein schöner BMW gewesen, den habe er auf S.___ eingelöst. Diesen habe er vom Mann auf der hier vorgelegten Foto gekauft. Das letzte Mal habe er diesen Mann auf dem Foto nicht erkannt, den Namen aber schon, X.___. M.___ sage ihm nichts, ev. sei «[alias M.]» gemeint. Einen P.___ kenne er nicht. Während der Zeit, als N.___ in Zürich gewesen sei, sei er auch da gewesen. Ob er von Ende Dezember 2009, als B.___ in die Schweiz gekommen sei, bis Mitte Februar 2010 in der Schweiz gewesen sei, wisse er nicht mehr. Er wisse auch nichts mehr zur Einreise von N.___. Wenn B.___ sage, er habe ihn (den Beschuldigten C.___) gebeten, sie am Flughafen abzuholen, dann könne das sein. Er erinnere sich absolut nicht. Wenn B.___ weiter ausgesagt habe, er (der Beschuldigte C.___) habe den Zeugen L.___ geschickt, um N.___ abzuholen, dann könne er sich nicht erinnern, er habe keine Vorstellung davon. Woher er X.___ kenne, könne er absolut nicht sagen. Das Telefon von X.___ habe er nie benutzt. Wenn B.___ das ausgesagt habe, dann könne er sich nicht erinnern. Ebenso könne er sich nicht erinnern, B.___ nach [Stadt 1] zu P.___ gefahren zu haben. Wie gesagt, sage ihm der Name P.___ überhaupt nichts.
3.2.1.5 Anlässlich der Befragung durch den Staatsanwalt am 9. Mai 2019 erklärte der Beschuldigte C.___ zu Protokoll (AS 9088 ff.), zu [Ort 3] mache er heute keine Aussagen. Wie er wisse, komme das auch vom Zeugen L.___. Er schliesse das daraus, dass dieser gesagt habe (auf dem Gefängniszettel), er mache drei Aussagen, zu den ersten beiden sei er schon befragt worden. Er habe in der Schweiz keine Vermögensdelikte verübt. Zu [Ort 3] bleibe er dabei, keine Aussagen zu machen. (auf Vorhalt, einen Rammbock-Einbruch in Winterthur gemacht zu haben). Nein. Als er das gelesen habe, habe er den Anwalt fragen müssen, was ein Rammbock überhaupt sei. A.___ erkenne er auf dem Fotobogen nicht. Das Shopping [Einkaufszentrum] in [Ort 3] kenne er nicht. X.___ kenne er nur als Automechaniker. Woher er diesen kenne, wisse er nicht. Er habe diesem manchmal auch geholfen, Autos zu reparieren. Er sei sich auf den vorgelegten Fotos auch nicht sicher, ob X.___ und M.___ darauf abgebildet seien. Ob er in der Schweiz mal einen Y.___ getroffen habe, wisse er nicht. Ja, den Zeugen L.___ habe er in der Garage von X.___ ein paar Mal getroffen, bspw. als er von L.___ den Peugeot gekauft habe und diesen dann von X.___ habe reparieren lassen. Er habe dort nie mit jemandem gestritten. Er sei mit dem Zeugen L.___ in dessen silbernem Renault […] mitgefahren. Er sei sich sicher, dass der Wagen silbern gewesen sei. Im Club in [Stadt 1] am Dreispitz, von dem man ihm nun Bilder vorlege, sei er nie gewesen. Die Geschichte des Zeugen L.___ zu [Ort 3] sei nicht wahr. Der Zeuge L.___ sei verrückt. Er habe mit diesem auch nie ein Schmuckgeschäft in Winterthur angeschaut. (Der Verteidiger merkte an, dass das Delikt in Winterthur nicht vom Spezialitätenprinzip erfasst sei und der Beschuldigte C.___ dazu keine Aussagen mache). Er könne sich die Falschbelastungen des Zeugen L.___ nicht erklären. Dieser habe dafür keinen Grund, er sei wie ein Monster.
3.2.1.6 Eine weitere staatsanwaltschaftliche Einvernahme erfolgte am 22. August 2019 (AS 9110 ff.). Warum er vor dem 10. März 2010 nach [der Stadt in Serbien] gereist sei, wisse er nicht mehr. Er sei oft und aus verschiedenen Gründen nach Serbien gereist, dies wegen Renovationen seiner Wohnung oder anderer Häuser, wegen des Verkaufs der Haushaltgeräte. Er sei immer mit seinem Pass gereist, dem Pass auf den Namen C.___. Nein, die gekauften Fahrzeuge habe er nicht auf seinen Namen eingelöst, da Andere die Fahrzeuge nach Serbien gefahren und die Schilder zurückgebracht hätten. Bspw. habe er einen Golf beim Zeugen L.___ gekauft, dieser habe das Auto von einem Mann runter transportieren lassen und dieser habe dann die Schilder zurückgebracht. Der Zeuge habe ihm alle Dokumente gegeben, um das Auto zu verkaufen. Die Nierenschmerzen habe er in Serbien bekommen, in einem Mitarbeiter-Café seines ehemaligen Chefs, […]. Dort sei er oft gewesen, um etwas zu essen, zu trinken oder zu feiern. Die Spitalkosten habe glaublich der Staat bzw. die Versicherung bezahlt, ev. habe er es auch bar bezahlt. Ja, er habe damals eine Sozialversicherung gehabt, da er damals angestellt gewesen sei und gearbeitet habe. Damit sei man automatisch versichert. Ob die Sozialversicherung Abrechnungen über den Krankenhausaufenthalt habe, wisse er nicht. Er nehme zur Kenntnis, dass bei der staatlichen Versicherung keine solchen Abrechnungen oder Belege für das Jahr 2010 vorhanden seien. (auf Vorlage der in Holland eingereichten Arbeitsbestätigungen für Serbien für die Zeit von Juni 2007 bis November 2011) Wer die Dokumente ausgestellt habe, wisse er nicht. Darauf stehe K.___. Ja, es sei von K.___, bei dem er damals gearbeitet habe. Ja, von K.___. Und auch von «[Name]». Dort habe er auch gearbeitet, die Unterlagen seien aber nicht komplett. (aF, warum K.___ auf dem Dokument bestätigen könne, der Beschuldigte habe auch bei der Firma «[Name]» gearbeitet?) Das wisse er nicht, ev. habe dieser das vom Anwalt oder vom Notar erfahren. Nein die Firma [Name] gehöre nicht K.___. (aF) Es handle sich bei allen Dokumenten um staatliche Dokumente. Ja, darin sei vermerkt, dass er von 2007 bis 2011 durchwegs 40 Stunden pro Woche gearbeitet habe. (aF) Wenn er damals im Ausland gewesen sei, sei er wohl entweder krank geschrieben gewesen oder habe Ferien gehabt. Er habe immer eine Stellvertretung gehabt, welche die Arbeit erledigt habe. Ja, er sei als «sales manager» bei [Name] tätig gewesen. Ja, er habe S.___ gesagt, er lebe vom Autohandel. Er habe ihr aber auch gesagt, dass er arbeite, das habe sie wohl vergessen. Er sage nun zum tausendsten Mal: er habe in der Schweiz nicht mit Autos gehandelt. Immer wenn er hierher gekommen sei, habe er geschaut, ein Auto zu kaufen und unten weiterzuverkaufen, um etwas Geld zu verdienen. Er habe insgesamt ein paar Autos gekauft, sei aber kein Autohändler gewesen. (aV, S.___ habe ausgesagt, er sei nur zwischendurch in Serbien bei der Mutter gewesen) Diese habe gewusst, dass er in Serbien lebe. Ja, er sei ein paar Monate mit S.___ zusammen gewesen und sei hier gewesen, wenn er Ferien gehabt habe oder krank gewesen sei. Er sei jeweils nur kurze Zeit hier gewesen und dann nach Serbien zurückgegangen. (aF, warum er dann vorher beim Grund für die Reise zwischen dem 18. Februar und dem 10. März 2010 nach Serbien allerlei Möglichkeiten aufgezählt habe, nur seine Arbeit bei [Name] nicht) Er habe seine Stelle nicht erwähnt, weil das für ihn normal und offensichtlich sei. Alles andere, was er erwähnt habe, sei nebensächlich gewesen. Wenn B.___ ausgesagt habe, er habe sich Ende Dezember 2009 für den Aufenthalt in der Schweiz an ihn (den Beschuldigten C.___) gewendet, weil dieser in Zürich bei seiner Freundin geweilt habe und mit Autos gehandelt habe, könne er erneut sagen, dass er damals in Serbien gelebt habe, in der Schweiz habe er manchmal ein paar Autos gekauft und weiterverkauft, das täten alle seine Landsleute, wenn sie hier zu Besuch kämen. (auf Vorhalt der registrierten Grenzübertritte, gemäss Interpol Belgrad sei von ihm im Jahr 2010 kein einziger Grenzübertritt registriert worden) Man könne mit Sachen über die Grenze, indem man EUR 20.00 oder 50.00 in den Pass lege. Dies auch, wenn man ein abgelaufenes Visum habe. Das gelte auch für die ungarische Grenze. Den Stempel hätten die Grenzbeamten manchmal auch vergessen oder sie hätten die Registrierung vergessen. (aF) Mit Geld komme man besser und schneller über die Grenze. (aF, der erste Eintrag sei von Februar 2011. Ob es korrekt sei, dass dies gewesen sei, als er mit S.___ im Peugeot nach Serbien gereist sei?) Er könne sich an Details nicht erinnern. (auf Vorhalt, im Jahr 2017 seien seine Grenzübertritte regelmässig erfasst) Dazu habe er nichts zu sagen. Wenn er nach eigenen Aussagen auch etwa mit dem Zeugen L.___ unterwegs gewesen sei, habe er trotzdem zu 100% gearbeitet. Es gebe eine Zeitspanne von zwei bis vier Monaten, in denen er hier mit S.___ zusammen gewesen sei und nicht nach Serbien gegangen sei. Wann das gewesen sei, wisse er nicht mehr. (aF) Alle von ihm abgegebenen Bescheinigungen seien Originale und von staatlichen Institutionen. Die angegebenen Firmen seien echt. Seine Arbeitsverhältnisse und Versicherungen seien echt. (aF) Er habe diese in Holland nach seiner Verhaftung abgegeben, um zu zeigen, dass er damals einen Job gehabt habe und gearbeitet habe. (aF) Wenn B.___ sage, er (der Beschuldigte C.___) habe die Telefonnummer von X.___ benutzt, dann sage ihm das absolut nichts. Ev. habe er das Telefon von X.___ benutzt, um B.___ anzurufen oder dieser habe ihn über X.___ zu erreichen versucht. (auf Vorhalt, die getätigten Abklärungen hätten ergeben können, dass er damals in Serbien gewesen sei und hätten ihn so entlastet. Nun sei das Gegenteil der Fall) Er sei aber wirklich im Spital gewesen. Die ihm auf Fotos vorgelegten Frauen habe er noch nie gesehen. Auch der Name […] aus [Ort 4] sage ihm nichts. Er kenne keine Frau, die so heisse. (auf Frage des Beschuldigten) Er (der Staatsanwalt) habe ihm die Ausweise aus Serbien zum Zeugen L.___ beigelegt. Dieser sei am 27. Juni 2010 aus Serbien ausgereist und am 29. Juni 2010 sei das Delikt in [Ort 3] gewesen.
3.2.1.7 Am 25. November 2019 (AS 9149 ff.) berief sich der Beschuldigte C.___ auf sein Schweigerecht. Man müsse ihn bis zur Gerichtsverhandlung nicht mehr befragen.
3.2.1.8 Vor Amtsgericht und vor dem Berufungsgericht berief sich der Beschuldigte ebenfalls auf sein Schweigerecht (DT AS 934 ff.).
3.3.2 Die Ermittlungsergebnisse zu diesen Aussagen des Beschuldigten C.___
3.3.2.1 Den Aussagen des Beschuldigten widerspricht, dass er sich mittels Einreichung eines gefälschten Spitalberichtes (vgl. dazu die Ausführungen zur Urkundenfälschung hiervor) ein falsches Alibi zu verschaffen versuchte. Dies alleine ist wohl nicht ein übermässig starkes Indiz, können doch auch unschuldige Verdächtigte sich um ein solches, falsches Alibi bemühen. Dass der Beschuldigte aber in der Lage war, wenige Tage nach seiner Verhaftung und Einvernahme am 17. Mai 2018 (AS 19035 ff.) ein derart professionell gefälschtes Arztzeugnis bzw. eine Kopie davon (und auch die nachstehend erwähnten amtlichen Dokumente) einzureichen, offenbart aber doch eine erhebliche kriminelle Energie und seine guten Kontakte zu einem kriminellen Umfeld. Belastender für den Beschuldigten wäre es, wenn der Spitalbericht - wie von ihm behauptet - vorbestehend gewesen wäre: Dann hätte er diesen bereits vorsorglich und einzig zum Zwecke eines Alibis für den 14. März 2010 herstellen lassen. Dabei wäre es möglich, dass – wie vom Staatsanwalt vermutet – die viertägige Reise des Beschuldigten C.___ nach Serbien am 14. Juni 2017, kurz nach der Befragung von [...] am 7. Juni 2017 in Holland, bei dem er auch Thema gewesen war (AS 4143), dem Zweck der Beschaffung des gefälschten Spitalberichts gedient hat, zumal er dort nach seinen Angaben – und wohl kaum zufällig – den Beschuldigten D.___ getroffen hat (AS 9020 ff.).
3.3.2.2 Auffallende Unregelmässigkeiten gibt es im Übrigen auch bei den vom Beschuldigten in Holland eingereichten amtlichen Dokumenten, welche eine durchgehende volle Erwerbstätigkeit von Juni 2007 bis November 2011 in Serbien bestätigen (und damit ihm auch als Alibi dienen sollten: AS 9125 ff.). Gegen deren Authentizität sprechen einmal die Passeinträge des Beschuldigten, aber auch die klaren Aussagen seiner damaligen (2009 bis Mitte 2011) Freundin S.___: Der Beschuldigte sei mal bei ihr gewesen ein paar Tage oder länger, dann wieder nach Holland zum Vater und nach Serbien zur Mutter gereist. Gelebt habe er nach seinen Angaben ihr gegenüber vom Autohandel, von einer geregelten Anstellung in Serbien habe er nie etwas gesagt und sie könne sich auch nicht vorstellen, dass das so gewesen sein sollte. Selbst der Beschuldigte C.___ gab einmal an, zur fraglichen Zeit habe er vom Autohandel gelebt (AS 9075 Frage 44). Bezüglich der Reise nach Serbien vor dem angeblichen Spitalaufenthalt gab er an, er wisse nicht, warum er damals nach Serbien gereist sei (AS 9113 Rz. 114). Es ist somit davon auszugehen, dass auch diese (Arbeits-)Dokumente falsch sind bzw. es sich um Gefälligkeitsbestätigungen handelt. Nach dem 28. Januar 2009 (Ausreise aus Serbien, AS 162) gab es erst am 8. Februar 2011 – und danach regelmässig – wieder Reiseaktivitäten des Beschuldigten C.___ in Richtung und aus Serbien (AS 165 f., auch Interpol Belgrad hatte bestätigt, dass im Jahr 2010 kein einziger Grenzübertritt des Beschuldigten C.___ registriert worden sei: AS 9137). Dass trotz angeblich regelmässigen Aufenthalts in Serbien in dieser Zeit nie ein Stempel/eine Registration erfolgt sein soll, wie dies der Beschuldige C.___ ausgesagt hat, ist nicht glaubhaft. Seine Aussage anlässlich der Hafteinvernahme, er habe damals in Serbien gelebt und gearbeitet, ist schlicht und einfach falsch. Der Beschuldigte C.___ war ab dem 20. Januar 2009 bis zum 15. Mai 2010 im Besitzes eines Visums für Slowenien, was ihm Zugang zum Schengenraum verschaffte (AS 168 f.). Er war auch mehrfach nachweislich in der Schweiz, so im Dezember 2009 (Abholen des Beschuldigten B.___, Weihnachtsmarkt in Basel), im Februar 2010 (Besuch B.___/N.___ bei C.___/S.___ mit Raclette), am 15. Februar 2010 (Überweisung Euro 1'500.00 ab Konto S.___ nach Holland) und im April 2010 ([…]). Nach den Aussagen von S.___ war er in dieser Zeit sogar mehrheitlich in der Schweiz.
3.3.2.3 Wie aus den Aussagen des Beschuldigten B.___ hervorgeht, hat dieser den Beschuldigten C.___ lange nicht erwähnt. Schliesslich gab er dann aber an, er sei durch den Beschuldigten C.___ in die Schweiz gekommen (AS 8075), dieser sei seine Bezugsperson in der Schweiz gewesen und habe ihn auch vom Bus in Zürich abgeholt (AS 8169). Demgegenüber gab der Beschuldigte C.___ an, er habe den Beschuldigten B.___ zufällig in der Schweiz getroffen und nicht gewusst, dass dieser in der Schweiz sei (AS 9016).
3.3.2.4 Auffällig am Aussageverhalten des Beschuldigten C.___ war, dass er über lange Zeit Fragen zum Delikt [Ort 1] umfangreich beantwortete und dann auf Fragen zu den weiteren Delikten ([Ort 3], [Ort 2], [Ort 4]), die für ihn überraschend kamen, kaum oder keine Antworten mehr geben wollte.
3.3.2.5 Die damalige Freundin des Beschuldigten C.___, S.___, wurde mehrfach befragt (AS 5206, Zusammenfassung s. gleich nachfolgend) und bestätigte dessen Kontakte zum Garagisten X.___. Ihre Aussagen lassen wie bereits erwähnt keineswegs auf eine Arbeitstätigkeit des Beschuldigten zur Tatzeit in Serbien schliessen und entgegen den ersten Aussagen des Beschuldigten gab sie auch an, mit diesem einmal in [Stadt 1] gewesen zu sein. Beim dortigen Besuch in einem Fischerclub sei ihr ein sehr ungleiches Paar aufgefallen: er klein und älter, sie sehr gross, blond und jünger. Der Mann könnte nach ihren Angaben anhand der vorgelegten Bilder D.___ gewesen sein und die Frau B.O.___ oder U.___. Den Spitznamen «[alias D.]» kenne sie. Weiter zeigen die Kontobewegungen ab ihrem Konto, dass der Beschuldigte C.___ nebst dem 16. Februar 2010 (Geldüberweisung an den Vater des Beschuldigten C.___) auch am 30. April 2010 (Überweisung des Vaters von C.___) und am 14. Juni 2010 (Überweisung des Vaters von C.___) in der Schweiz gewesen sein dürfte. Gleiches gilt für den Dezember 2009 (Besuch in Basel, Ankunft des Beschuldigten B.___ in der Schweiz Ende Dezember 2009). Am 18. April 2010 nahm der Beschuldigte C.___ an der Erstkommunion des Sohnes der [besten Freundin von S.___] teil.
S.___ wurde vom Staatsanwalt am 24. Mai 2018 in Anwesenheit des Verteidigers des Beschuldigten B.___ als Zeugin befragt (AS 5206). Sie gab zusammengefasst an, sie erkenne auf dem Fotoblatt C.___. Dieser habe den Nachnamen gewechselt, sie habe ihn unter [dem alten Namen] gekannt. (aF, wie sie ihn kennen gelernt habe?) Sie habe einmal ein Telefon von einer Cousine erhalten, es komme ein guter Kollege von ihr in die Schweiz und sie solle den doch mal treffen. Sie habe ihn dann kennen gelernt, sie hätten eine Beziehung angefangen und sie habe von ihm erfahren, dass er in der Autobranche tätig sei und viel reise. Er sei immer wieder zu seinem Vater in Holland und zwischendurch zu seiner Mutter in [der Stadt in Serbien] gereist. [einer Stadt in Serbien] komme sie selbst auch. Es sei eine on-off-Beziehung gewesen: er sei ein paar Tage bei ihr gewesen und dann ein paar Tage weg. Gelebt habe er nie hier. Das Ganze sei rund zwei Jahre gegangen, anderthalb Jahre seien sie zusammen gewesen, sie hätten sich da einfach immer wieder gesehen. Das letzte halbe Jahr sei es eine Telefonbeziehung gewesen. Sie habe damals, es sei rund sieben bis acht Jahre her, in [Ort 5] gewohnt und in [Ort 6] gearbeitet. Er habe Komplexe gehabt. Sie seien ein paar Mal unterwegs gewesen, auch nach Holland und sie habe nie eine Sonnenbrille tragen dürfen und er habe auch nie eine Brille getragen. Das sei auffällig gewesen. Er habe auch oft gelogen, sie sei dann misstrauisch geworden. Er sei aber total eifersüchtig gewesen. Da habe sie Schluss gemacht. Sie habe auch dessen Mutter kennen gelernt, diese sei [Akademikerin], und auch den Vater, […]. Sie sei einmal mit ihm in Holland, [...], gewesen und einmal in [der Stadt in Serbien]. Zuletzt habe sie ihn im Februar 2011 gesehen. Sie seien mit einem Peugeot über Österreich nach Serbien gefahren an eine Hochzeit. Dann hätten sie noch ein halbes Jahr telefoniert, bis sie Schluss gemacht habe. Den Peugeot habe er als Geschenk für seine Mutter gewollt. Er habe einen BMW auf ihren Namen eingelöst. Das Auto sei von Februar bis im Sommer, als sie Schluss gemacht habe, auf dem Parkplatz gestanden. Dann seien zwei Araber gekommen und hätten es abgeholt. Ja, der Wagen sei am 14. Juli 2009 eingelöst und am 22. Juli 2011 ausser Verkehr gesetzt worden. Sie habe den Beschuldigten C.___ dabei immer auf eine serbische Nummer angerufen. Als er bei ihr gewesen sei, habe sie gearbeitet. Er sei dann bei ihr daheim gewesen und manchmal geschäftlich, wegen den Autos, weggegangen. Ev. stimme das ja nun gar nicht. Wenn er jeweils weg gewesen sei, hätten sie immer - so alle zwei Tage - telefoniert. (aF, ob er in dieser Zeit einmal krank gewesen sei?) Ja, er sei allgemein krank. Er habe bei einem Streit sich mal mit einem Glas in die Hand geschnitten. Ob er in der Zeit, als sie zusammen gewesen seien, mal im Spital gewesen sei, wisse sie nicht. Er sei sehr verschlossen gewesen und sie habe nie jemanden aus seinem Kreis kennen gelernt. Er habe schon Kontakte gehabt, aber er habe nie Namen genannt. Und wenn, dann merkwürdige Abkürzungen. Er spreche sehr gut Deutsch. (aF) Damals habe er seinen Lebensunterhalt mit Autohandel verdient. Sie erinnere sich, dass er immer Fischen gegangen sei. Wenn sie essen gegangen seien, habe sie mit Karte bezahlt oder er bar. Einmal habe sie seinen Pass sehen wollen und er habe sich geweigert. Sie habe den Pass nie gesehen. In der Schweiz habe sich C.___ mit dem BMW bewegt. Er habe eine Serbische Mobilnummer gehabt, er habe ein schlichtes Mobiltelefon gehabt, kein Smartphone. Ja, er habe auch schweizerische Nummern gehabt, ev. auch eine holländische. Sie habe keine Nummern mehr von ihm und auch keine Fotos mehr, er habe die Kamera dann mitgenommen, obwohl es ihre gewesen sei. Er habe sich auch nie mit ihr fotografieren lassen wollen. Nein, es habe nie ein anderer Mann bei ihr übernachtet, den er mitgebracht gehabt habe. An ein Kollegenpärchen, an eine N.___, könne sie sich nicht erinnern. Die Nummer 1 (Beschuldigter B.___) auf dem Fotoblatt habe sie nie gesehen. N.___ auf dem Bild komme ihr irgendwie bekannt vor, sie könne sie aber nicht einordnen. Ja, C.___ kenne [ihren Nachbar in der Stadt in Serbien]. C.___ habe sie einmal nach diesem gefragt. Auch [ihr Nachbar] habe sie einmal nach C.___ gefragt. Dass dieser am 13. April hier in der Schweiz gewesen sein solle, sei ihr nicht bekannt. Dass dieser aus einer öffentlichen Telefonzelle in Oberwinterthur ihre Mobiltelefonnummer gewählt habe, daran könne sie sich nicht erinnern. Sie sei sich zu 100% sicher, dass sie sich nie mit C.___ mit [ihrem Nachbarn in Serbien] getroffen habe. Sie kenne keinen L.___ mit dem Übernamen [alias L.]. (aF, ob C.___ Kontakte zu [Stadt 1] gehabt habe?) Er habe überall irgendwelche Leute gekannt. Der Name «[alias D.]» sage ihr etwas, das sei ein älterer Herr, der könnte einmal bei ihnen gewesen sein. Die Abkürzung «[alias D.]» habe sie ein paar Mal gehört. Ja, man dürfe ihre damaligen Kontoauszüge einholen.
Am 2. Mai 2019 wurde S.___ in Anwesenheit aller Parteivertreter erneut als Zeugin befragt (AS 5223 ff.). Sie bestätigte ihre ersten Aussagen. Der Beschuldigte C.___ sei damals in der Autobranche tätig gewesen und sie nehme an, er habe davon gelebt. Manchmal habe er mehr Geld gehabt, manchmal weniger. (aF) Sie sei damals alleine an die Hochzeit geflogen, C.___ sei mit dem Peugeot gereist. Das sei wohl im Mai 2011 gewesen. Ja, sie habe bis Mai 2010 in [Ort 6] gearbeitet. Dort habe sie in einem grossen Gebäudekomplex gearbeitet. Ev. habe sie dort mal eingekauft in einem Geschäft. Sie wisse aber, dass sie einmal zusammen im Fischergeschäft gewesen seien, C.___ habe dort einen Fischerstab gekauft. (aV der Geldüberweisung vom 16. Februar 2010 an den Vater von C.___) Weil C.___ kein Konto gehabt habe in der Schweiz, habe er sie gebeten, die Überweisung zu machen. Der Vater von C.___ habe damals nicht gearbeitet und habe wohl Geldsorgen gehabt. Ja, C.___ habe ihr das überwiesene Geld sicher zurückgegeben. Offenbar habe er ihr das Geld am Vortag bar gegeben und sie habe es auf ihr Konto einbezahlt. Woher er das Geld gehabt habe, wisse sie nicht. Er habe immer gesagt, er arbeite in der Autobranche. Sie habe dann angenommen, er habe ein Auto verkauft. Bei der Durchsicht des Kontoauszuges sehe sie, dass sie damals eine Fischerrute bezahlt habe. Sie habe keinen Führerausweis und kein Auto. Mit den von C.___ auf sie eingelösten Fahrzeugen sei sie nie gefahren. Sie habe mit ihrer Karte manchmal beim Tanken bezahlt und sonst C.___ bar mit Euros. Sie habe ihm die Bankkarte nie ausgelehnt. Zur Belastung von Migros über CHF 104.55 am 29. März 2010 könne sie nichts sagen. Grössere Einkäufe habe sie nie an einer Tankstelle gemacht. Wenn der Vater von C.___ am 30. April 2010 EUR 200.00 auf ihr Konto überwiesen habe, sei C.___ dann ziemlich sicher bei ihr gewesen. Gleiches gelte für die Zahlung von 250.00 EUR [vom Vater von C.___] vom 14. Juni 2010. Da ihr am 28. August 2009 in Holland etwas belastet worden sei, hätten sie damals die Holland-Reise gemacht. Die Belastung vom 30. November 2009 in Luxemburg könne sie sich nicht erklären. Auf der Fahrt nach Holland seien sie bei Luxemburg vorbeigefahren. Von Renovationsarbeiten von C.___ für ihre Eltern sei ihr nichts bekannt. Sie wisse, dass C.___ einmal ein Auto für ihre Eltern gesucht habe, diese hätten dann aber ein anders Auto gekauft. Dass ihr C.___ einmal von einem Spitalaufenthalt erzählt habe, daran könne sie sich nicht erinnern. Wenn er nicht bei ihr gewesen sei, hätten sie ziemlich öfters telefoniert, täglich. K.___ aus [der Stadt in Serbien] sage ihr nichts. Von einer Beziehung zu einer Frau in der Schweiz habe sie nie etwas gehört, das sei aber möglich. Er habe ihres Wissens nie Leute in ihre Wohnung gebracht. Doch, einmal habe ein Typ da übernachtet. Den habe sie dann auch in Serbien gesehen. Der habe ein Baby bekommen. Dieser sei alleine gewesen. Der Name B.___ sage ihr nichts. (Auf Ergänzungsfragen des Verteidigers von C.___) Ja, C.___ habe ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern gehabt. Ja, dieser habe in der Schweiz Haushaltgeräte gekauft und in Serbien weiterverkauft. Von Arbeiten für ihren Vater wisse sie nichts. Ja, ihr Vater fische auch. An den Kauf der Fischerrute mit C.___ könne sie sich noch ganz genau erinnern. Sie selbst habe mit Fischerei nichts am Hut. Für ihren Vater habe sie da ihres Wissens nie etwas gekauft. Ja, am 1. April 2010 und 24. April 2010 habe es weitere Belastungen auf dem Konto vom Fischerladen. Dass C.___ einmal dabei gewesen sei bei den Einkäufen in diesem Fischerladen, da sei sie sich sicher, die anderen beiden Male sei er ziemlich sicher auch dabei gewesen. Da sie sich nicht auskenne beim Fischen, hätte sie nicht gewusst, was sie für ihn kaufen könnte. Die relativ kleinen Beträge von Belastungen an Tankstellen könnten Zigaretten für sie gewesen sein, eine ganze Stange habe sie nie gekauft. Ja, es sei möglich, dass sie auch einmal mit jemandem an der Tankstelle gewesen sei, der sie vom Geschäft abgeholt habe. Nein, der Beschuldigte habe keine Vollmacht über ihr Konto gehabt. Ja, sie habe einmal zu Hause für ein Kollegenpärchen von C.___ ein Raclette gemacht. Der Mann, der bei ihnen übernachtet habe, heisse mit Spitznamen «[…]». Sie habe nie das Gefühl gehabt, C.___ könne sich in der Schweiz nicht frei bewegen, bspw. weil er illegal hier gewesen sei.
Am 12. Dezember 2019 wurde S.___ ein weiteres Mal als Zeugin befragt (mit Gewährung der Teilnahmerechte an den Beschuldigten C.___ via Videoübertragung). Sie habe den Beschuldigten damals ihren Eltern, ihrer Schwester und ihrem Neffen vorgestellt. Der ex-Freund ihrer Schwester, […], habe ihn auch gekannt, da er einmal mit der Schwester gekommen sei und C.___ da am Nägel feilen gewesen sei in der Küche, das habe er dann auch weiter gemacht. Deshalb habe [der ex-Freund] dann von «Bianca» gesprochen statt von C.___. Es habe auch mehrere Treffen zwischen ihrer [besten Freundin] und dem Beschuldigten gegeben. Sie seien ein paar Mal wandern gegangen und C.___ sei an der 1. Kommunion des Sohnes [der besten Freundin] gewesen. Ja, C.___ sei auch ein paar Mal in Zürich zu einer Maniküre/Pediküre gegangen. Dies bei der Schwester eines seiner Kollegen, der die Garage habe. Ja, die Frau auf dem Foto sei die Kosmetikerin von C.___ gewesen. Den Mann auf den Fotos (Beschuldigter B.___) kenne sie nicht. Ev. habe sie ihn mal gesehen, das müsse man C.___ fragen. Der Name B.___ bzw. [alias B.] sage ihr nichts. Auch nicht die Spitznamen «[…]» oder «[…]». Wenn dieser aussage, sie zwischen dem 10. und 18. Februar 2010 drei Mal getroffen zu haben, könne sie sich nicht daran erinnern. Von den Kollegen von C.___ habe sie in der Schweiz den Garagisten ein paar Mal gesehen. Der Name […] sage ihr nichts, auf dem Fotoblatt erkenne sie niemanden. Der Mann auf den Fotos 4 bis 8 (Beschuldigter D.___) gleiche jemandem, den sie einmal gesehen habe. Dieser Mann sei klein gewesen. Das sei in [Stadt 1] gewesen, sie sei damals mit C.___ in einen Fischerclub gefahren. Aber der Mann auf dem Foto sehe irgendwie anders aus. Die Fahrt nach [Stadt 1] sei im Winter gewesen, weil sie Weihnachtsmärkte liebe. Sie habe an den Weihnachtsmarkt gehen wollen, C.___ habe aber gesagt, er müsse zum Fischerclub gehen. Dort seien sie nur 10 Minuten geblieben. Ihr sei ein kleiner, älterer Mann aufgefallen. Dessen Begleiterin sei das pure Gegenteil gewesen, gross, blond und jünger. Der Mann habe ein Verhältnis gehabt mit einer jüngeren Frau und sie hätten optisch nicht zusammengepasst, deshalb sei ihr dies aufgefallen. Diese hätten dort an einem Tisch Karten gespielt. C.___ sei an diesen Tisch gegangen und sie habe das Gefühl gehabt, er kenne alle Leute an diesem Tisch. Sie seien dann auch an den Tisch gesessen. Dann seien sie noch an den Weihnachtsmarkt. Dies sei mit dem BMW gewesen, gefahren sei C.___. Der Fischerclub sei glaublich etwas ausserhalb der Stadt gewesen, in einem Wohngebiet. Ob C.___ mehrmals dort gewesen sei, wisse sie nicht. Sie wisse, dass er gerne Fischer habe. Es sei ein Jugo-Club gewesen. Worüber gesprochen worden sei, wisse sie nicht mehr. Man habe dort noch rauchen können. Es sei ein kleiner Club gewesen mit Netzen und Fischerruten an der Wand. Ja, das müsse im Dezember gewesen sein. Wenn sie sich nochmals die Frauen auf dem Fotoblatt ansehe, könne es eine Mischung aus den Nummern 1 (B.O.___) und 4 (U.___) sein. (auf Ergänzungsfragen des Verteidigers Fingerhuth) Das erste Mal sei sie im Februar 2011 mit C.___ an der Hochzeit in Serbien gewesen. Sie hätten sich gegenseitig kein Geld ausgeliehen. Sie seien in Serbien in Cafés gewesen, ob aber eines «[Name]» geheissen habe, wisse sie nicht mehr. (aF, ob sie wisse, ob C.___ während ihrer Beziehung in Serbien gearbeitet habe) Sie glaube nicht. Sie kenne einfach die Story, dass er Autos gekauft und verkauft habe. Er habe sicher keinen fixen Job gehabt so von 10 bis 19 Uhr. Nein, sie wisse nicht, ob er je in einem Café [Name] gearbeitet habe. Die Frau auf Beilage 9 kenne sie nicht.
3.3.2.6 Als Fazit lässt sich ziehen, dass die Aussagen und das Verhalten des Beschuldigten C.___ die glaubhaften Aussagen des Zeugen L.___ nicht in Frage zu stellen vermögen, sondern diese vielmehr erhärten.
3.4.1 Die Aussagen des Beschuldigten D.___
3.4.1.1 Der Beschuldigte D.___ war am 30. Oktober 2017 im Zuge einer koordinierten Aktion der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt zusammen mit weiteren serbischen Landsleuten in anderer Sache verhaftet worden. Er musste aber am 1. November 2017 aus der Haft entlassen werden und setzte sich in der Folge nach Serbien ab. Vorladungen der Solothuner Strafverfolgungsbehörden kam er nicht nach. Beim Beschuldigten D.___ wurden am 7. Juni 2018 und am 16. September 2019 in [Stadt 1] Hausdurchsuchungen durchgeführt.
3.4.1.2 Der Beschuldigte D.___ wurde am 22. Oktober 2018 von der Staatsanwaltschaft [der Stadt in Serbien] rechtshilfeweise befragt (übersetztes Einvernahmeprotokoll: AS 10321 ff.). Der Beschuldigte konnte vorweg mit seinem Rechtsvertreter Advokat Bulatovic aus Belgrad Einblick nehmen in das Rechtshilfeersuchen und sich danach vertraulich mit dem Rechtsvertreter besprechen. Zusammengefasst gab er an, sein Spitzname sei «[alias D.]». Er habe über 40 Jahre lang in [Stadt 1] gelebt und gearbeitet und habe dort Anspruch auf eine Rente. Nach der Verbüssung der Freiheitsstrafe sei er nach Serbien zurückgekehrt, gehe aber regelmässig auch in die Schweiz. Seine Frau und sein Sohn, Schweizer Staatsangehörige, lebten weiterhin in [Stadt 1]. Dort sei er letztes Mal für zwei Tage von der Polizei festgenommen und dann wieder freigelassen worden. Da sei ihm nichts zum Ereignis, um das es heute gehe, gesagt worden. Aus den Schweizer Medien habe er kürzlich vernommen, die blutige Spur führe zu den Pink Panthers. Mit denen habe er nichts zu tun, obwohl die schweizerischen Journalisten ihn mit diesen in Verbindung brächten. Schon in Frankreich sei ihm zur Last gelegt worden, er sei ein Mitglied dieser Gruppierung, das sei aber dann aus der Anklage gestrichen worden. Das Opfer aus [Ort 1] habe er nicht gekannt.
Er kenne B.___. Praktisch kennen gelernt habe er diesen in Frankreich im Gefängnis. Er betone aber, dass er die Tat in Frankreich, für die er verurteilt worden sei, nicht begangen habe. Nach drei bis vier Jahren im Gefängnis habe er B.___ im Gang angetroffen. Im Gefängnis [in Frankreich] hätten sie sich dann mehr gesehen. Seit der Entlassung aus der Haft habe er keinen Kontakt mehr gehabt zu B.___. Er habe gehört, B.___ sei wieder im Gefängnis in der Schweiz. Im Gefängnis habe B.___ ihm gesagt, dass er gewisse Probleme mit den Schweizer Behörden habe, die Details dazu kenne er nicht. Er habe aus den Schweizer Zeitungen gelesen, was diesem genau zur Last gelegt werde. Er wiederhole, vor dem Treffen im Gefängnis in Frankreich habe er diesen nie getroffen gehabt. Zu seiner Bekanntschaft mit B.___ vor dem Gefängnisaufenthalt könne er folgendes erklären: er sei in einer romantischen Beziehung mit einer jungen Frau namens U.___ gewesen. Bei einer Gelegenheit habe er beim Durchschauen ihres Handys zwei unbekannte Telefonnummern bemerkt. Sonst habe er alle ihre Nummern gekannt. Aus Gründen der Eifersucht habe er mit ihr gesprochen und sei so zu einer Person namens [alias V.] gekommen. Er habe mit diesem über sein Verhältnis zu U.___ gesprochen. Die andere Nummer sei die von B.___ gewesen, er habe dann von diesem gehört, ihn aber nicht kennen gelernt. Er habe ihn erst im Gefängnis kennen gelernt.
Zur Person C.___, früher [alter Name], könne er folgendes sagen: Er kenne ihn nur mit dem [alten Namen]. Vom Namenswechsel wisse er nichts. Dies sei ein Sohn seines Freundes aus dem Militär. Er kenne ihn als gutes Kind und seit etwa 20 Jahren. Er habe diesen sicher in den Jahren 2007, 2008 und 2009 gesehen, ev. nur bis 2007. Wo C.___ gelebt habe und was er gemacht habe, wisse er nicht genau. Sicher sei er in Holland und in Deutschland verweilt, gelegentlich sei er in die Schweiz gekommen. Möglich sei, dass sie miteinander telefoniert hätten. Er telefoniere nicht gerne und mache das deshalb selten. Er könne sich nicht festlegen, wann er C.___ letztmals gesehen oder gesprochen habe. Es könnte sein, dass er nach seiner Entlassung in Frankreich, also in jüngerer Zeit, mit C.___ gesprochen habe, könne sich aber nicht festlegen. Er wisse nicht, wo sich C.___ Ende 2009 und anfangs 2010 befunden habe. Er selbst sei von 2007 bis Silvester 2009 nicht in der Schweiz gewesen. Er wisse nicht, ob C.___ kriminell sei. Nach den Veröffentlichungen in der Schweiz habe er C.___ nicht angerufen und habe auch sonst keinen Kontakt mit ihm gehabt. Sie seien aber nicht zerstritten. Im Zeitraum vor seiner Verhaftung in Frankreich sei nichts Bedeutendes passiert, deshalb könne er sich nicht gut daran erinnern. Zwischen 2007 und 2009 sei er im Gefängnis in Dubai gewesen. Dort sei ihm die Etikette, er sei Mitglied der Pink Panthers, angeheftet worden. Er sei am Schluss aber freigesprochen worden. Er habe nach der Rückkehr in die Schweiz unter Depressionen gelitten. Ob er nach dem Aufenthalt in Dubai noch Kontakt zu C.___ gehabt habe, wisse er nicht mehr. Vielleicht habe dieser ihn angerufen und gefragt, wie es ihm gehe nach Dubai.
Auf Frage, ob ihm der Beschuldigte B.___ im französischen Gefängnis Dokumente zu seinem Problem mit der Schweiz gezeigt habe: Dieser habe ihm keine Dokumente gezeigt, sondern erzählt, er habe ein Problem mit der Schweiz, ohne Details zu nennen. Dieser habe ihm gegenüber betont, dass er «sauber» sei. B.___ habe gegen die Strafe von 12 Jahren in Frankreich keine Beschwerde eingelegt und die Tat gestanden. (aF) Es sei ihm nicht bekannt, welche Beweise die Schweizerischen Rechtsorgane gegen B.___ besässen.
J.___ kenne er seit seiner Ankunft in der Schweiz 1976/77. Nach 1989 seien sie enger befreundet gewesen. Er habe diesem geholfen, [Kampfsportler] zu werden. Er habe mit diesem auch nach der Rückkehr aus Dubai Kontakt gehabt, nichts Besonderes. So sei das in [Stadt 1], jeder kenne jeden. Damals habe er letztmals Kontakt gehabt zu diesem. Er wisse nicht, wo dieser sich heute befinde.
L.___ kenne er seit langer Zeit aus Belgrad, weil dieser von dort stamme. Er kenne ihn aber auch aus der Schweiz. Dieser lebe in Zürich oder Umgebung. Er habe auch vor dem Ereignis, das ihm hier zur Last gelegt werde, Kontakt gehabt, via Telefon oder persönlich. Sie hätten sich in Belgrad und in der Schweiz getroffen und hätten über die Familie, die Kinder gesprochen. In der Schweiz habe es keinen besonderen Ort gegeben, wo sie sich getroffen hätten. Es könne sein, dass sie sich auch mal in einem Einkaufszentrum mit einem Baumarkt und einem Café getroffen hätten. L.___ habe mit Gebrauchtwagen gehandelt und er habe diesem dabei manchmal geholfen, indem er ihm ein Fahrzeug nach Belgrad gefahren habe oder mit ihm mitgefahren sei, um sich am Steuer abzuwechseln. Dies auch im Jahr 2010. Aus diesem Grund habe L.___ die ganze Schweiz bereist und er habe ihn getroffen, wenn dieser in [Stadt 1] gewesen sei. Wann er diesen zuletzt gesehen habe, könne er nicht sagen. Es sei wohl nach dem Aufenthalt in Dubai gewesen. Er sei der Meinung, dass er L.___ nach dem Gefängnisaufenthalt in Frankreich nicht mehr gesehen habe. Er glaube nicht, dass er mit diesem jemals über C.___ und B.___ gesprochen habe. Es könne aber sein, dass er ihm einmal über B.___ erzählt habe im Kontext mit dem gemeinsamen Gefängnisaufenthalt. Er glaube nicht, da auch C.___ erwähnt zu haben. Er denke, dass sich L.___ heute in Belgrad aufhalte. Sie hätten sich nicht zerstritten und seien in guten Verhältnissen gewesen. Weil er vom Ereignis in [Ort 1] nicht gewusst habe, habe er darüber mit L.___ auch nie gesprochen.
Zu I.___, genannt «[alias I.]», könne er sagen, er habe eine Person mit dem Spitznamen «[alias I.]» gekannt, kenne aber dessen Vor- und Nachnamen nicht. Er habe ein paar Kontakte mit ihm gehabt, nichts Besonderes und wisse wenig über ihn. Er habe diesem seine Telefonnummer nicht gegeben, ev. habe dieser die Nummer von einem seiner (des Beschuldigten) Freunde erhalten. Er wolle anfügen, dass sich dieser nicht bei ihm in [Stadt 1] aufgehalten habe.
Zu B.O.___ könne er nichts Genaueres sagen. Wenn man ihm nun die Fotographie zeige, könne er sagen, dass er deren Trauzeuge gewesen sei. Diese habe später mit J.___ zusammen gelebt. Er wisse nicht, wo diese gearbeitet habe, sie sei [Berufsangabe] gewesen. Sie habe ihn eingeladen, sie zu besuchen, er sei aber nicht dazu gekommen. Auf dem Fotoblatt mit acht Frauen erkenne er die 1, B.O.___, die Nummer 3 sei seine Ehefrau, die Nummer 4 sei U.___, von der er zum ersten Mal die Telefonnummer von B.___ gesehen habe, die Nummer 8 sei B.T.___. Diese habe ein Lokal […] geleitet. Er habe sie aber seit 20 Jahren nicht mehr gesehen. Er kenne auch deren Ehemann A.T.___, die Bekanntschaft sei nichts Besonderes gewesen. (Auf Zusatzfrage zu seinem letzten Treffen mit A.T.___) Es könne sein, dass er diesem im Juli dieses Jahres am Flughafen in Belgrad begegnet sei. Er sei sich nicht sicher. Vielleicht hätten sie kurz gesprochen, sie seien nie gut befreundet gewesen. Sicher hätten sie nicht über diesen Fall gesprochen. Auf dem Fotoblatt mit acht Männern erkenne er die 2, J.___, die Nummer 3 sei [alias V.], die Nummer 4 sei [...], mit dem er in Frankreich wegen der gleichen Tat im Gefängnis gewesen sei, die Nummer 5 sei B.___, die Nummer 6 sei L.___, die Nummer 7 sei M.___ aus [Ort in Serbien], die Nummer 8 sei er selbst. Auf dem nächsten Fotobogen erkenne er die Nummer 1, B.___, die Nummer 2 sei J.___, die Nummer 3 sei er selbst, die Nummer 4 kenne er vom Sehen her aus [Stadt 1], kenne den Namen aber nicht. Dieser Mann habe Probleme mit dem Gesetz, was genau, wisse er aber nicht. Die Nummer 5 sei A.T.___, bei der Nummer 8 handle es sich um den kleinen [C.___, alter Name].
(Auf Zusatzfrage) Von B.O.___ sei ihm bekannt, dass sie in einem Restaurant in [Stadt 1] als Kellnerin gearbeitet habe. Er wisse nicht, dass sie 2009/2010 in einem Restaurant in [Ort 1] gearbeitet habe. B.T.___ habe in einem Restaurant […] in [Stadt 1] gearbeitet. Sie habe ein Restaurant mit Saal geleitet, dort hätten sie Billard gespielt. Nachdem das Restaurant geschlossen worden sei, hätten sie sich nicht mehr gesehen. Er habe diese nie im Restaurant [...] getroffen, er kenne dieses, sei aber nie dort gewesen.
B.O.___ habe er ganz zufällig nach der Entlassung aus dem Gefängnis in Frankreich [in [Stadt 1] getroffen. Sie hätten nur allgemeine Fragen besprochen. Diese habe ihm nie die Information gegeben, dass sich beim Verstorbenen eine grosse Menge Geld befinde. (Auf Zusatzfrage) Es sei ihm nicht bekannt, wie I.___ seine Festnetznummer, die bei diesem auf einem Zettel gefunden worden sei, bekommen habe. Wahrscheinlich habe ihm jemand die Nummer gegeben, was üblich sei, wenn man ins Ausland gehe. Ja, er habe 1999 für humanitäre Zwecke gesammelt. Es sei möglich, dass [alias I.] da auch Geld gespendet habe, er habe damals nicht nachgeschaut, um wen es sich bei den Spendern handle.
Auf die Frage, ob er kurz nach dem Delikt in [Ort 1] EUR 200.00 an [den Vater von C.___] nach Holland überwiesen habe (am 22. März 2010: AS 99): Das sei möglich und nichts Besonderes, sie seien Freunde. Wenn das Geld für B.___ gewesen wäre, hätte er es diesem direkt geschickt, nicht über [den Vater].
Er wisse nicht, wie der Anwalt von B.___ in der Schweiz heisse. Rechtsanwalt Helfenfinger sei ihm nicht bekannt und er habe diesen dem Beschuldigten B.___ nicht empfohlen. Wenn er die Beilage sehe (Auszug aus einem Notizbuch, das im Juni 2018 in der Schweiz sichergesellt worden sei mit den Daten des Anwalts), dann sei das seine Handschrift. Er wisse aber nicht, wann und wozu er diese Daten aufgeschrieben habe. Er sei nie bei diesem Anwalt gewesen.
Es sei ihm nicht bekannt, dass der Zeuge L.___ 2012 verurteilt worden sei. Da sei er im französischen Gefängnis gewesen. Er wisse auch nicht, weshalb und wo sich L.___ jetzt im Gefängnis befinde. Er habe keine Schulden bei L.___.
(Auf Vorhalt der Aussagen des Zeugen L.___ zur Rolle des Beschuldigten D.___ beim Ereignis in [Ort 1]) Er könne das nicht glauben. Die Aussage sei unmöglich, weil er nichts damit zu tun habe. Er sei nie in [Ort 1] gewesen und wisse nichts darüber. Er habe dem Zeugen nie etwas von einem zurückgebliebenen Schal gesagt. L.___ solle erklären, woher er das wisse. (aF, wie er zur Schlussfolgerung gekommen sei, dass für die betreffende Straftat auch B.___ verdächtigt werde, das habe man nirgends lesen können?) In den […] Zeitungen habe er etwas lesen können wie «blutige Spur führt zum Pink Panther», da sei ihm in den Sinn gekommen, dass er der einzige aus der Gegend sei, dem als einem Mitglied der Gruppierung der Prozess gemacht worden sei. Deswegen habe er an sich gedacht. Über B.___ habe er nicht nachgedacht. Danach sei die Durchsuchung bei seiner Ehefrau gemacht worden und da sei er sich sicher gewesen, dass er einer der Verdächtigen sei. Seine Frau habe ihm nach der Durchsuchung die Zeitungsartikel gezeigt und ihn gefragt, ob er etwas damit zu tun habe.
3.4.2 Die Ermittlungsergebnisse zu diesen Aussagen des Beschuldigten D.___
3.4.2.1 Beim Beschuldigten D.___ wurde bei der Verhaftung in Frankereich ein Notizzettel mit der holländischen Telefonnummer des Beschuldigten B.___ aufgefunden (AS 128). Dies widerspricht seinen Angaben, wonach er den Beschuldigten B.___ erst im Gefängnis in Frankreich kennen gelernt haben soll. Die vom Beschuldigten D.___ dazu vorgetragene Geschichte (er habe auf dem Handy seiner Freundin U.___ zwei ihm unbekannte Telefonnummern, darunter diejenige von B.___, gefunden) ist völlig unglaubhaft. Die Vermutung des ermittelnden Polizeibeamten, der Beschuldigte D.___ habe die Rufnummer aus Vorsicht nicht in seinem Handy gespeichert (und deshalb auf einem Notizzettel gehabt) und aus gleichem Grund nicht mit seinem Handy, sondern mit demjenigen seiner Freundin U.___ mit B.___ telefoniert, ist wesentlich plausibler (AS 128). Die telefonischen Kontakte nach Holland, mutmasslich zur Familie C.___, wurden zudem sicher nicht von U.___ gepflegt. Am 22. März 2010 überwies der Beschuldigte D.___ Euro 200.00 an [den Vater von C.___], bei dem der Beschuldigte B.___ wenig später unterkam. Das kann kein Zufall sein. Dass der Beschuldigte D.___ alles Interesse hat, die Bekanntschaft mit dem Beschuldigten B.___ vor dem – gemeinsam begangenen – Delikt [in der französischen Stadt 1] zu leugnen, liegt auf der Hand: das Delikt in [Ort 1].
3.4.2.2 Wenig glaubhaft ist auch die Angabe, der Beschuldigte B.___ habe ihm im Gefängnis in Frankreich wohl gesagt, er habe ein Problem mit der Schweiz, man habe aber nicht darüber gesprochen, worum es gehe. Dazu passt, dass der Beschuldigte D.___ keine Erklärung liefern konnte, weshalb man bei der Hausdurchsuchung in seiner Wohnung in [Stadt 1] am 7. Juni 2018 einen Notizblock mit den Daten von Rechtsanwalt Helfenfinger (AS 129), dem Verteidiger von B.___ im vorliegenden Verfahren, gefunden hat. Er räumte wohl ein, es handle sich dabei um seine Handschrift, was aber wohl falsch sein dürfte (es dürfte sich um die Handschrift der Ehefrau des Beschuldigten D.___ handeln). Die Notiz beweist aber erneut die Verbindung zwischen den Beschuldigten D.___ und B.___ und zeigt klar, dass der Beschuldigte D.___ die Verteidigung von B.___ in der Schweiz organisiert hat und man sich im Gefängnis in [Frankreich] eben doch abgesprochen hatte.
3.4.2.3 Der Beschuldigte D.___ liess dem Vater des Beschuldigten C.___ kurz nach dem Ereignis in [Ort 1], am 22. März 2010 (AS 99) EUR 200.00 zukommen. Der Beschuldigte B.___ hatte im Frühjahr 2010 [beim Vater von C.___] in Holland Aufenthalt, dieser Aufenthalt […] wurde ihm vom Beschuldigten D.___ wohl nicht nur mitfinanziert, sondern auch organisiert. Erneut zeigen sich hier die tatzeitlichen Verbindungen zwischen den Beschuldigten und auch, dass sich die Beschuldigten B.___ und D.___ schon vor dem gemeinsamen Raubüberfall [in der französischen Stadt 1] gekannt haben.
3.4.2.4 B.O.___ gab zu Protokoll, A.T.___ habe sie zwei Mal aufgesucht und ihr aufgetragen, der Polizei zu sagen, dass er und seine Frau B.T.___ den J.___ nicht gut kennen würden. Weiter solle sie nicht sagen, dass B.T.___ ihr die Stelle im [Restaurant in Ort 1] vermittelt habe (AS 10241 Rz. 57 ff.). Darum habe sie auch B.T.___ gebeten (AS 10260 Rz. 84 ff.). Vorher habe B.T.___ sie aufgesucht und gefragt, wo sich J.___ aufhalte und was er so mache (AS 10209 Rz. 214 f. und AS 10240 Rz. 53 ff.). Sie gab auch an, dass sich das Verhalten von B.T.___ nach dem Ereignis in [Ort 1] geändert habe. Zwischen B.T.___ und A.T.___ und J.___ [alias J.] sei es zur Zeit des Vorfalls in [Ort 1] zu diversen Treffen in [Stadt 1] gekommen (AS 10248 Rz, 339 ff.). Für sie sei klar, dass B.T.___ die Informationen zu [Ort 1] an [alias J.] weitergegeben habe und nicht direkt an D.___. [alias J.] sei es aber damals nicht gut gegangen wegen den Problemen mit Serbien und er habe Medikamente genommen. Deshalb sei er ihrer Meinung nach nicht in der Lage gewesen, das selber zu machen und habe es zusammen mit anderen organisiert (AS 10249 Rz. 382 ff.). Wie die nachfolgenden Ausführungen zur Vorgeschichte zeigen werden, lassen diese Aussagen von B.O.___ den Beschuldigten D.___ in einem ungünstigen Licht erscheinen.
3.4.3 Als Fazit lässt sich festhalten, dass auch die Aussagen des Beschuldigten D.___ in keiner Weise geeignet sich, Zweifel an den glaubhaften Aussagen des Zeugen L.___ zu erwecken.
3.5 Weitere Ermittlungsergebnisse
3.5.1 Der anonyme Zeuge, genannt «Paul Schwarz», auf den bezüglich der Vorgeschichte zurückzukommen sein wird, gab detailliert und glaubhaft zu Protokoll (AS 6000), dass eine Kellnerin namens B.T.___, welche mit der Ehefrau des Getöteten zusammen gearbeitet habe, im […] Serben-Milieu den Tipp gegeben habe, bei G.___s sei viel Geld im Haus. Sein Bekannter I.___ («[alias I.]») habe den Tipp auch erhalten und sei dann sehr wütend gewesen, dass ihm jemand anderes zuvor gekommen sei auch aus [Stadt 1]. Z.___ («[alias Z.]») wisse auch davon.
3.5.2 Nach der Hausdurchsuchung vom 7. Juni 2018 rief die Ehefrau den Beschuldigten D.___ unverzüglich in Serbien an (AS 139). Auf seine Frage, weshalb sie anrufe, gab sie an: «Ich rufe Dich, da nichts gut ist.» Er: «Was ist nicht?». Sie: «Es ist nicht gut». Er: «Was?». Sie: «Für Dich ist es nicht gut». Er: «Gut. Ich habe dich gehört». Konkretere Hinweise waren dann offenbar nicht mehr nötig. Danach konnte in der überwachten Wohnung der Ehegatten D.___ kein Gespräch des Beschuldigten mehr aufgezeichnet werden.
3.5.3 Ins Bild passt da die Einschätzung der Polizeiverwaltung [der Stadt in Serbien] vom 6. Dezember 2018, wonach der Beschuldigte D.___ auffällig vorsichtig sei während der telefonischen Kontakte. Die Mehrheit der Gespräche drehe sich um den Standort, an dem er sich mit dem Gesprächspartner treffen werde. Sie hätten feststellen können, dass der Beschuldigte D.___ in kriminellen Kreisen bei ihnen wie im Ausland «hoch rangiert» sei, wobei er derjenige sei, der bestimme, wo und welche Straftat begangen werde (AS 29333 f.).
3.5.4 Der Beschuldigte D.___ verfügte auch über ein offensichtliches Tatmotiv: Durch seine Haft in Dubai hatte er bei verschiedenen Leuten Schulden machen müssen (vgl. seine Schuldenliste: AS 136), womit er auf Einnahmen angewiesen war. Dies zeigte auch seine Teilnehme am Delikt [in der französischen Stadt 1], das er u.a. zusammen mit dem Beschuldigten B.___ beging.
3.6. Zu prüfen sind die weiteren wesentlichen Einwände der Beschuldigten, namentlich gegen die Aussagen des Zeugen L.___:
3.6.1 In den Aussagen des Zeugen finden sich in der Tat auch Ungenauigkeiten und Widersprüche, vor allem in Bezug auf die zeitlichen Angaben. Auffällig ist die falsche Angabe, wonach ihm D.___ zwei Monate nach der Tat in einem Café in [Stadt 1] gesagt habe, dass der Mann gestorben sei. Diese Aussage kann nachweislich nicht stimmen, da das Opfer nicht Mitte Mai 2010, sondern erst am 15.Juli2010 verstarb (und zu jener Zeit befand sich der Beschuldigte D.___ in Frankreich in Haft). Hier gilt es zu bedenken, dass die Ereignisse im Zeitpunkt der Einvernahme mehr als sieben Jahre zurücklagen und es durchaus möglich ist, dass der Zeuge diese Information aus der Zeitung entnommen hatte (wie er das selbst in den Raum stellte). Jedenfalls ist diese Falschangabe nicht geeignet, vernünftige Zweifel an der ausserordentlich hohen Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen zu bewirken.
Der Beschuldigte C.___ wirft dem Zeugen Falschaussagen hinsichtlich seines eigenen Tatbeitrages am Raubdelikt, für das er in Winterthur verurteilt wurde, vor: der Zeuge habe gesagt, er habe sich am Delikt nicht aktiv beteiligt, sondern nur das Raubgut an sich genommen und verkauft (DT AS 1049). Bei diesem Einwand handelt es sich um eine sprachliche Spitzfindigkeit, da der Zeuge mit der Wendung, er habe sich «nicht aktiv beteiligt», ganz offensichtlich sagen wollte, er sei nicht an der eigentlichen Tatausführung in der Bijouterie beteiligt gewesen, was mit den Akten übereinstimmt. Selbst wenn er dabei seinen Tatbeitrag bagatellisiert hätte, wäre das nachvollziehbar. Gleiches gilt für seine Aussage, er sei nach dem Urteil «aus gesundheitlichen Gründen» nach Serbien gegangen.
Auch bei den monierten Falschaussagen zum Delikt in Winterthur (AS 1050), das nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet (Rammbock-Einbruch in Bijouterie), machte der Zeuge genaue Aussagen, was er vom Beschuldigten C.___ wisse und was aus der Zeitung. Er deklarierte, dass er aufgrund seines Vorwissens aus dem Zeitungsartikel geschlossen habe, der Beschuldigte C.___ habe seine Absicht nun in die Tat umgesetzt.
3.6.2 Der Beschuldigte D.___ liess am 28. April 2021 durch seinen Verteidiger der Vorinstanz ein persönliches, undatiertes Schreiben einreichen mit folgendem, zusammengefasstem Inhalt (DT AS 764 ff.): Er wolle mit diesem Schreiben die Rolle des Zeugen beim Raub im Mülhausen beleuchten. Beim Gespräch mit dem Zeugen im 2017 in Belgrad habe dieser ihn gefragt, was mit seinem (des Zeugen) Beuteanteil sei, da er ja den Raub organisiert gehabt habe. Er habe geantwortet, er wisse nichts davon, der Zeuge müsse das mit seinem Team lösen. Der Zeuge habe ihm gedankt, dass er ihn in Frankreich nicht erwähnt habe. Später sei der Zeuge zu [alias V.] gegangen und habe von diesem den Beuteanteil verlangt. Dieser habe dem Zeugen mitgeteilt, dass daraus nichts werde, da er sie damals habe sitzen lassen. Nach dem Raub habe sich der Zeuge nämlich versteckt und sei nicht wie verabredet erschienen zum Treffen, um die Beute zu übernehmen. Er selbst habe den Zeugen danach nicht mehr gesehen, habe aber von gemeinsamen Bekannten gehört, dass der Zeuge schlechte Sachen über ihn erzähle sowie, dass er (D.___) den Beuteanteil des Zeugen genommen haben solle. Bei seiner rechtshilfeweisen Befragung in Serbien habe er gesagt, er wisse nicht, weshalb der Zeuge gegen ihn aussage. Er habe gemeint, es sei nicht notwendig, dass er dem Zeugen Probleme in Frankreich bereite und von dessen Rolle beim Raub [in der französischen Stadt 1] erzähle. Er habe damals nicht gewollt, dass der Zeuge in Frankreich wegen seiner Aussage Probleme bekomme. Wenn er aber nun einsehe, dass der erwähnte Raub der Grund sei, wie auch das nicht erhaltene Geld, wovon der Zeuge meine, dass er dieses wegen der Organisation des Raubes verdient hätte, habe er sich entschieden, zu erzählen, welche Rolle der Zeuge bei diesem Raub innegehabt habe. Er denke, dass das Nichterhalten des Beuteanteiles das Hauptmotiv des Zeugen darstelle, warum er das Ganze inszeniere, um sich an ihm (D.___) zu rächen. Sinngemäss bestreitet der Beschuldigte D.___ zu Beginn des Schreibens noch seine Beteiligung am Raubdelikt [in der französischen Stadt 1], was er bereits bei seiner rechtshilfeweisen Befragung am 22. Oktober 2018 in Belgrad so ausgesagt hatte (AS 10324 und 10331).
Abgesehen vom offenkundigen hohen persönlichen Interesse des Beschuldigten am Inhalt des Schreibens, wirken die Ausführungen auch sehr konstruiert und sind nicht nachvollziehbar. Aus den Akten ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass der Beschuldigte D.___ [in der französischen Stadt 1] beteiligt war (vgl. rechtskräftiges Urteil Cour D'assises De La Meurthe-Et-Moselle mit Sitz in Nancy vom 29. Januar 2015 wegen bandenmässigen, bewaffneten Raubes, AS 18238 bzw. DT AS 160 ff.: je zehn Jahre Freiheitsstrafe für D.___, V.___ [alias V.] und [...]; am 7. März 2013 – recte wohl: 2012 – war noch eine Strafe von je 12 Jahren Freiheitsstrafe ausgefällt worden: DT AS 155 ff.). Wenn der Beschuldigte D.___ nicht am Raub [in der französischen Stadt 1] beteiligt gewesen wäre, hätte es – von diesem Standpunkt des Beschuldigten D.___ ausgehend - für den Zeugen L.___ ja auch gar keinen Grund gegeben, D.___ nach der Beute zu fragen, und erst recht nicht, sich aus diesem Grund an D.___ zu rächen. Hierzu kann noch vermerkt werden, dass gemäss dem Beschuldigten B.___ die Beute [aus der französischen Stadt 1] an (wohl erfundenen) P.___ gegangen sein soll. Es ist aber vor allem nicht nachvollziehbar, weshalb D.___ die entsprechenden Ausführungen nicht bereits anlässlich der rechtshilfeweisen Einvernahme vom 22. Oktober 2018 (AS 10321 ff., in Anwesenheit seines Rechtsbeistandes) machte. Der Zeuge wurde im September 2017 verhaftet und gab ab November 2017 sein Wissen preis. Anlässlich der genannten Einvernahme des Beschuldigten D.___ wurden ihm die belastenden Aussagen des Zeugen ja auch vorgehalten (AS 10330 f.). Der Beschuldigte D.___ und sein Rechtsbeistand hatten vor der Einvernahme auch Einblick erhalten in das Rechtshilfeersuchen und danach ein vertrauliches Gespräch führen können (AS 10322 unten und 10323 oben). Dort gab der Beschuldigte D.___ zudem noch an, er habe den Zeugen seit dem Gefängnisaufenthalt in Frankreich nicht mehr gesehen. Letztlich wird auch nicht klar, ob der Zeuge dem Beschuldigten D.___ nun dankbar sei (weil ihn dieser in Frankreich nicht verraten hat) oder ob er wütend sei (weil er seinen Beuteanteil nicht erhalten hat). Im letzteren Fall hätte der Zeuge denn auch kaum den Beschuldigten C.___ falsch belasten müssen, sondern bspw. V.__, den Beteiligten [in der französischen Stadt 1]. Insgesamt handelt es sich somit bei diesem Schreiben um ein leicht durchschaubares Manöver des Beschuldigten D.___, den Belastungszeugen L.___ zu diskreditieren. Das Schreiben wurde von der Verteidigung des Beschuldigten D.___ vor dem Berufungsgericht denn auch nicht mehr thematisiert.
3.6.3 Der Beschuldigte C.___ lässt vorbringen, die Aussagen des Zeugen seien formell nicht verwertbar, da er – als Mitbeteiligter eines Delikts, zu dem er Aussagen gemacht habe (Delikt [Ort 4]) – nicht als Zeuge hätte befragt werden dürfen (DT AS 1046 mit Verweis auf die Ausführungen im Rahmen der Vor- und Zwischenfragen). Dieser Einwand kann jedenfalls hinsichtlich des Delikts von [Ort 1] nicht von Bedeutung sein, da der Zeuge bei diesem Delikt nicht beteiligt war. Aber auch in Bezug auf das Delikt [Ort 4] sind die Aussagen des Zeugen verwertbar, da er vorgängig über das Aussageverweigerungsrecht hinsichtlich eigener Belastungen belehrt worden war und sich dessen bewusst war. Ebenso war er belehrt worden über die strafrechtlichen Folgen einer falschen Anschuldigung. Zudem war der Zeuge L.___ am angeklagten Delikt, am Bijouterie-Raub in [Ort 4] vom 3. Februar 2010 gar nicht beteiligt, sondern erst in der Folge als Hehler deliktisch tätig. Letztlich wären seine Aussagen als Auskunftsperson in Sachen [Ort 4] genau so beweiskräftig wie seine Zeugenaussagen. Der Beschuldigte begründet seinen Einwand namentlich damit, der fallführende Staatsanwalt habe bereits bei der Befragung des Beschuldigten B.___ vom 8. Juni 2017 darauf hingewiesen, dass L.___ beim Raub in [Ort 4] eine Rolle gespielt haben könnte (AS 8211). Ganz genau hat der Staatsanwalt aber damals die Frage gestellt, ob es sich bei «P.___» um L.___, dessen Name damals bereits genannt worden war, gehandelt habe. Wie bereits dargelegt, dürfte es sich bei «P.___» um eine Erfindung des Beschuldigten C.___ handeln, ganz sicher kann aber ausgeschlossen werden, dass «P.___» und der Zeuge L.___ die gleiche Person sind. Seine Beteiligung am Delikt [Ort 4] legte der Zeuge erst in der letzten Befragung offen. Ein Verstoss gegen das Fairness-Prinzip hinsichtlich der mutmasslichen Täter des Raubdeliktes von [Ort 4] durch die Verwertung der Aussagen des Zeugen L.___ ist in keiner Weise erkennbar. Mit dem Bundesgericht (Urteil 6B_98/2016 vom 9. September 2016 E. 2.4.2) kann damit festgestellt werden, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern durch die Einvernahme des Zeugen hinsichtlich des Delikts [Ort 4] die Verteidigungsrechte des Beschuldigten beeinträchtigt haben sollte oder sein Interesse an einem rechtskonformen und fairen Beweiserhebungsverfahren verletzt worden sein sollte. Dies berührt keine gegenüber dem Interesse an der Wahrheitsfindung vorrangige Interessen des Beschuldigten. Nur der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass L.___ zur Zeit seiner Aussage als Zeuge vor Amtsgericht bereits rechtskräftig wegen der Hehlereihandlung verurteilt war.
3.6.4 Korrekt ist der Einwand des Beschuldigten C.___, dass eine (gelungene) Fesselung des Opfers nicht bewiesen ist. Ob dabei einer der aufgefundenen Kabelbinder falsch geschlossen wurde (DT AS 1041) und ob der gerissene Kabelbinder, auf dem die DNA des Beschuldigten B.___ gesichert werden konnte, vom Opfer nach einer Fesselung aufgebrochen wurde, kann nicht festgestellt werden. Dies ist aber nicht massgebend, da erwiesen ist, dass Kabelbinder von der Täterschaft mitgebracht und verwendet wurden zwecks Fesselung des Opfers. Ob die Fesselung dann auch gelang oder – wohl eher – nicht (möglicherweise auch, weil in der Aufregung ein Kabelbinder falsch geschlossen wurde), ist nicht massgebend und die Aussage des Zeugen L.___, das Opfer sei gefesselt worden, daher grundsätzlich richtig und als Täterwissen des Zeugen zu qualifizieren.
Wenn vom Beschuldigten D.___ vorgebracht wird, das Delikt in [Ort 1] passe überhaupt nicht ins Schema der Pink Panthers, dann ist das richtig. Viele andere hier aktenkundige Delikte tragen die Handschrift der sog. «Pink Panthers», weshalb auch die hier Beschuldigten nachvollziehbarer Weise von den Strafverfolgungsbehörden dieser Gruppierung zugeordnet wurden. Ob dem so ist, kann aber offen gelassen werden, denn es ist nicht massgeblich, auch allfällige Pink Panthers können eine Gelegenheit für ein untypisches Delikt ergreifen, wenn sich eine solche anbietet.
3.7 Die Vorgeschichte
3.7.1 Voraus zu schicken ist, dass die Vorgeschichte im Rahmen der Beweiswürdigung zum Delikt [in Ort 1] hinsichtlich der drei Beschuldigten keine Rolle spielt. Sie stützt allerdings die Aussagen des Zeugen L.___, wonach das Delikt von [Ort 1] seinen Ursprung in der Serbischen Gemeinschaft in [Stadt 1] hat.
3.7.2 Die Ermittlungen ergaben im Herbst 2014 aufgrund der Aussagen des anonymen Zeugen Schwarz konkrete Hinweise auf die Serbische Diaspora in [Stadt 1] und eine mögliche Tatbeteiligung durch B.T.___, I.___ (alias «[alias I.]») und J.___ («[alias J.]»). Daher erfolgten in diesem Milieu in der Folge auch umfangreiche Ermittlungshandlungen namentlich gegen B.T.___ und A.T.___ (Übersicht AS 109 ff.). B.T.___ wäre wohl von der Staatsanwaltschaft wegen Beteiligung am Raub in [Ort 1] angeklagt worden, wäre sie nicht am 13. November 2019 verstorben (Einstellungsverfügung vom 16. Januar 2020, AS 26001.2). Die Ermittlungen gegen sie führten zu einer Strafanzeige wegen mehrfachen Diebstahls zum Nachteil der [Nachbarfamilie 1] (Betreiber des [Restaurants in Ort 1]), wo B.T.___ zusammen mit der Privatklägerin und Ehefrau des Opfers gearbeitet hatte). Umfangreiche Ermittlungen wurden auch gegen B.O.___ […] geführt (vgl. Darstellung AS 106 ff.), die damalige Lebensgefährtin von J.___, weil diese ebenfalls vereinzelt aushilfsweise im [Restaurant in Ort 1] gearbeitet hatte. Diese Ermittlungen führten insgesamt zu einer Entlastung von B.O.___ hinsichtlich des Delikts in [Ort 1] (Einstellungsverfügung AS 22395), wohl aber zu einer Anzeige gegen sie wegen Sozialhilfebetrugs. Ermittlungen wurden auch gegen […] I.___ geführt (vgl. AS 115 ff.).
3.7.3 Der anonyme Zeuge, genannt Paul Schwarz
3.7.3.1 Am 22. März 2010, acht Tage nach dem Delikt, meldete sich eine Person anonym bei der Polizei und gab an, die Täterschaft des Delikts in [Ort 1] sei im Umfeld der Pink Panther Organisation zu suchen. Weil diese Aussage dann im Zusammenhang mit dem Tatverdächtigen B.___ von Interesse war, konnte die damals beim Meldungseingang noch unbekannte Person später ermittelt werden. In der zweiten Hälfte des Jahres 2014 erhielt die Polizei – offenbar von dieser Person (AS 89) – detaillierte Informationen, welche der Bluttat in [Ort 1] zugeordnet werden konnten. Diese Informationen wurden mit Erkenntnisbericht vom 12. März 2015 niedergeschrieben und der Staatsanwaltschaft übermittelt (AS 27000 ff.). Die Person, welche aus Gründen der eigenen Sicherheit nicht genannt werden wolle, erklärte sich im Jahr 2017 bereit, ihre Aussagen offiziell zu Protokoll zu geben, dies aber nur unter Zusicherung der Anonymität. Durch das Zwangsmassnahmengericht wurde am 7. Juli 2017 die Zusicherung der Anonymität bewilligt (AS 11003 ff.). Die Person wurde in der Folge unter dem Pseudonym Paul Schwarz geführt. Die Polizei nahm auch Abklärungen zu dieser Person vor. Diese ergaben, dass «Paul Schwarz» keine Kontakte zu den beim Delikt [Ort 1] Verdächtigen, sondern – wie er auch angab – Kontakte nur zu […] I.___ hatte (AS 217). Es gibt keinerlei Hinweise, dass es sich – wie vom Beschuldigten B.___ im Parteivortrag vor dem Berufungsgericht insinuiert (S. 7, Rz. 29) – beim anonymen Zeugen Paul Schwarz um den Zeugen L.___ handeln könnte. Der anonyme Zeuge machte ganz andere Aussagen und es hätte keinen Grund gegeben, danach mit der wirklichen Identität weitere Aussagen zu machen. Wenn eingewendet wird, ohne Kenntnis der Identität könne man die Glaubwürdigkeit des Zeugen nicht beurteilen, dann muss – erneut – darauf hingewiesen werden, dass die Glaubhaftigkeit der Aussagen zu beurteilen ist, aber auch dass die StPO die Möglichkeit der Zusicherung der Anonymität ausdrücklich kennt (Art. 149 Abs. 2 und 150 StPO).
3.7.3.2 Am 29. Juni 2017 gab Paul Schwarz als Zeuge an (AS 6000 ff.), er habe gehört, dass beim Delikt in [Ort 1] ein Mensch getötet worden sei und dass B.T.___ ([…]) «von» diesem Delikt zu tun habe. Er wisse, dass B.T.___ einem Bekannten von ihm den Tipp gegeben habe, dass es dort in diesem Haus Geld habe. Den Namen dieses Bekannten möchte er aus Sicherheitsgründen nicht angeben. Dieser habe mit der Tat nichts zu tun. Dieser Bekannte habe ihm dann erzählt, dass B.T.___ den Tipp dann auch noch einer anderen Person gegeben habe, welche die Tat dann ausgeführt habe. B.T.___ kenne er nicht persönlich, sie sei Kellnerin. Sie kenne ihn auch nicht. (aF) B.T.___ arbeite dort, wo die Frau des Verstorbenen arbeite. Er kenne das Restaurant aber nicht. Sie habe durch Frau G.___ gewusst, dass diese Geld im Hause hätten. Frau G.___ habe als Aushilfe oder so dort gearbeitet, nur am Wochenende. Ob das stimme oder nicht, wisse er nicht, er habe es so gehört. (aF) Von der Tat habe er aus dem Blick erfahren. Was er gehört habe, sei, dass Frau G.___ damals gearbeitet habe. (aF) B.T.___ habe zwei Töchter und einen Ehemann, der damals nicht gearbeitet habe. Das habe er so gehört. Sie […] habe einen Serben geheiratet […]. Er kenne den Namen des Ehemannes nicht. Nach dem Bekannten, den er nicht nennen möchte, habe er das auch von Z.___ gehört. Diese sei heute zwischen 75 und 80 Jahre alt. Diese sei mit B.T.___ befreundet. In [Stadt 1] habe sich das Ganze herumgesprochen. Es sei so, dass B.T.___ den Tipp noch einer anderen Person gegeben habe, die die Tat dann effektiv gemacht habe. Also diese Person sei seinem Bekannten zuvorgekommen und das habe zu Problemen geführt und man habe deswegen darüber gesprochen. Das habe er auch von Z.___ mitbekommen, die kenne seinen Bekannten auch. (aF) Offenbar habe Frau G.___ von einer Million gesprochen, ob das stimme, wisse er nicht. (aF, ob er wisse, ob effektiv etwas gestohlen worden sei?) Als die Tat verübt worden sei, hätten Z.___ und sein Bekannter davon erfahren. Um herauszufinden, ob die anderen es wirklich gemacht hätten, hätten sein Bekannter und Z.___ den Ehemann von B.T.___ angerufen und diesen gefragt, ob sie Z.___ Geld, CHF 2'000.00, ausleihen könnten. Das sei eine Finte gewesen, um zu erfahren, ob die Familie von B.T.___ Geld habe, weil diese ja sonst nie Geld gehabt hätten. Der Ehemann habe dann effektiv das Darlehen von CHF 2'000.00 gegeben. Dabei habe er erwähnt, dass «[alias J.]» einen Seich gemacht habe. So hätten dann sein Bekannter und Z.___ gewusst, dass sie die Tat gemacht hätten. Sein Bekannter sei dann auf B.T.___ zu gegangen und habe von ihr Geld gewollt, da sie ja ihm den Tipp versprochen gehabt habe. Sein Bekannter habe das Geld nämlich tatsächlich stehlen wollen, aber erst, wenn die G.___s an Ostern in die Ferien nach Österreich gefahren wären. Es sei aber lange her, er wisse es nicht mehr so genau. Aber eben, der Andere habe dann die Tat verübt. Sein Bekannter und Z.___ hätten dann in der Zeitung von der Tat gelesen. Er wisse nicht, wer «[alias J.]» sei und wisse nur, dass dieser gewalttätig sei und glaublich auch [Kampfsport gemacht] habe. Er habe gehört, das sei ein gefährlicher Mann. Dieser müsse in [Stadt 1] gewohnt haben, dessen Stiefvater sei glaublich ein Schweizer. «[alias J.]» müsse Serbe sein, […]. Über G.___ habe er gehört, deren Sohn […] habe geholfen bei der Einbürgerung von B.T.___. (aF, warum er das erzähle?) Er sei ein korrekter Mensch und da sei ein Mensch getötet worden. Das gehe einfach nicht. Die Täter müssten gefasst werden. Deswegen sei er bereit, diese Aussagen zu machen. Wenn es «nur» ein Raub gewesen wäre, hätte er ganz sicher nie etwas gesagt. Er verpfeife keine anderen Leute. Aber bei einem Tötungsdelikt sei es etwas Anderes.
Am 17. Juli 2017 wurde Paul Schwarz als Auskunftsperson zu einem Fotobogen mit Frauen befragt. Er erkannte einzig Z.___ ([…]).
Am 8. August 2018 wurde Paul Schwarz erneut als Zeuge befragt. Die Rechtsvertreterin von B.T.___ war anwesend, der Verteidiger des Beschuldigten B.___ verzichtete auf eine Teilnahme (AS 6011). Vom Fotoblatt kenne er nur die Nummer 7, I.___ (I.___). […] sei dessen Spitzname. Der volle Name sage ihm nichts. Bei den Frauen erkenne er nur Z.___ (Nummer 5). Die Nummer 4, [Q.___], kenne er nicht. Wenn diese ausgesagt habe, I.___ habe ihr vor ein paar Jahren mal gesagt, er habe wegen [Ort 1] einen Tipp erhalten, dann könne er das bestätigen. (aF) Ja, bei seinem Bekannten, den er damals nicht habe nennen wollen, handle es ich um I.___ alias [alias I.]. Dieser solle einen Tipp erhalten haben von einer Kellnerin. Die Frau, welche am Sonntag Aushilfe mache, habe B.T.___ gesagt, zu Hause solle eine Million rumliegen. Diesen Tipp solle B.T.___ dem I.___ weitergegeben haben. (aF) Die Ehefrau des Getöteten habe als Aushilfe am Sonntag gearbeitet. Über B.T.___ könne er nichts sagen, er kenne diese nicht. (aF) I.___ habe ihm dies zwei bis drei Monate vor dem Delikt gesagt. Die Familie hätte im März oder an Ostern in die Ferien gehen sollen. I.___ habe gesagt, sie seien krank oder sie könnten nicht in die Ferien gehen. Kurz darauf sei in der Zeitung gestanden, dass der Mann getötet worden sei. I.___ habe sofort gewusst, um wen es sich handle. Dieser sei rasend geworden, weil B.T.___ ja ihm den Tipp gegeben gehabt habe, und er habe Z.___ beauftragt, sie solle bei B.T.___ ein Darlehen aufnehmen von CHF 2'000.00, um zu prüfen, ob diese Geld hätten. Weil Z.___ gesagt habe, diese hätten nie Geld. Und letztlich seien die CHF 2'000.00 da gewesen. B.T.___ habe das gesagt, die G.___s gingen dann in die Ferien. I.___ habe sein Leben lang auf einen solchen Coup gewartet und sei rasend geworden, als er vom Zeitungsbericht gemerkt habe, dass B.T.___ den Tipp weiter gegeben habe. Er sage hier einfach, was ihm erzählt worden sei. Als der Mann von B.T.___ das Geld gebracht habe, habe er gesagt, «[alias J.]» habe einen «Seich» gemacht. Das sei noch wichtig. Das hätten Z.___ und I.___ so gesagt. I.___ habe dann gegenüber B.T.___ Drohungen gemacht, diese habe aber alles bestritten, sie habe nichts damit zu tun. Plötzlich habe I.___ gesagt, er lasse es sein. Ev. habe er Angst vor [alias J.] gehabt. Dieser sei gewalttätig und in [Stadt 1] bekannt. Er wisse aber selbst nicht, wer [alias J.] sei. Wie er gehört habe, sei das auch ein Serbe. Er denke, ja, das sei «[alias J.]». Vater oder Stiefvater Schweizer? Er sei sich da aber nicht ganz sicher und wolle nichts sagen, wovon er nicht ganz überzeugt sei. Aber die anderen Aussagen könne er auch in hundert Jahren noch genau gleich machen. B.T.___ könnte das ja zugeben mit dem Tipp, das sei keine Lüge. Er werde rasend, wenn er darüber spreche. Aber er beschuldige niemanden, er habe es nur so gehört. Es wäre für ihn aber eine Beruhigung, wenn die Schuldigen gefunden würden. (aF) I.___ habe [alias J.] kaum darauf angesprochen, er habe zu viel Angst vor diesem. (aF) I.___ habe ihm das gesagt, weil sie sich kennen und dieser ihm vertraue. Dieser habe noch gesagt, er brauche noch einen Chauffeur für den Tresor in dieser Sache. Und er habe sich das Dorf angeschaut, es sei abgelegen. Er erzähle nur das, was ihm I.___ persönlich gesagt habe. Was genau I.___ der Z.___ erzählt habe, wisse er nicht. Aber er müsse ihr das wohl erzählt haben, wenn er sie schon eingespannt habe. Z.___ habe nichts damit zu tun, sie sei eine hilfsbereite Person. (aF) Ob [alias J.] und I.___ Pink Panther seien, wisse er nicht. Diese brächten keine Leute um.
3.7.3.3 Die Aussagen des anonymen Zeugen erscheinen aus folgenden Gründen als glaubhaft:
3.7.3.3.1 Die vom Zeugen genannten Personen konnten von den Strafverfolgungsbehörden identifiziert werden. Insbesondere stimmten die Aussagen des Zeugen zur Bekanntschaft von B.T.___ mit der Ehefrau des Opfers sehr genau. B.T.___ und die Ehefrau des Opfers hatten schon jahrelang zusammen im [Restaurant in Ort 1] als Serviceangestellte gearbeitet, sogar am Tattag, 14. März 2010, arbeiteten beide dort (Arbeitsplan: AS 219). Auch zu den Arbeitszeiten der Ehefrau des Opfers im [Restaurant in Ort 1] (Aushilfe am Sonntag) machte er Aussagen, die sich als richtig erwiesen. Ebenso verhält es sich mit der Angabe, sein Kollege hätte zum Abtransport eines Tresors die Hilfe von Dritten benötigt: im Haus der Familie G.___ befand sich in der Tat ein Tresor. Auch sein Hinweis [den Beruf des Sohnes betreffend] dürfte zutreffen: Gemäss dem langjährigen Polizisten und Kollegen des Opfers […] (in [Ort 1] stationiert von 1987 bis 2002) sei dieser «irgendwie Rechtsanwalt oder so» (AS 3314).
3.7.3.3.2 I.___ «[alias I.]» ist den Polizeibehörden seit den frühen 80-er-Jahren als Einbrecher bekannt (was er in der Einvernahme vom 23. Oktober 2018, übersetztes Protokoll AS 3003 ff., auch ohne Umschweife einräumte, ansonsten wollte er nach seinen Angaben wegen eines Hirnschlages praktisch keine Erinnerungen mehr haben, eine B.T.___ kenne er nicht, auch nicht deren Bild, ebensowenig J.___ den [Kampfsportler], einzig X.___ kenne er gut und – auf Nachfrage noch – Q.___) und war in der serbischen Diaspora in [Stadt 1] gut vernetzt (AS 88). Er war damit «prädestiniert» für einen Tipp wie den vorliegenden. Wie der anonyme Zeuge ebenfalls korrekt abgab, war B.T.___ ursprünglich eine Kroatin, welche mit einem Serben verheiratet war, der wie I.___ aus […] stammte (Aussage B.T.___ bei der ersten Einvernahme am 12. Juni 2018, AS 10100).
3.7.3.3.3 Der Zeuge legte immer wieder offen, dass er die beteiligten Personen nicht persönlich kenne und alles nur vom Hörensagen wisse. Auch hinsichtlich [alias J.] machte er den Vorbehalt, dass er nicht ganz sicher sei, dass «[alias J.]» gemeint sei. Die Aussagen enthalten zahlreiche Details wie die List, bei Familie T.___ durch eine Drittperson ein Darlehen zu erlangen, um zu prüfen, ob diese zu Geld gekommen sei. Der hochkriminelle Hintergrund von J.___, […] (Darstellungen siehe AS 85 f., AS 105 und AS 172 ff.), erklärt die in den Aussagen des Zeugen geschilderte Angst vor diesem Mann. J.___ solle dem Beschuldigten D.___ auch ein Alibi für seinen Aufenthalt im April 2008 in Dubai verschafft haben. Dies trifft zu: von J.___ unterzeichnetes und am 10. September 2007 versendetes (AS 134) Dokument der Firma [Handels] GmbH (AS 232), wonach der Beschuldigte D.___ im Auftrag dieser Firma in Dubai unterwegs gewesen sei; vgl. dazu die Aussage [...], angeblicher Mitunterzeichner des Dokuments und Gründer der genannten Firma, als Zeuge vom 4. Dezember 2018: seine Unterschrift sei gefälscht, J.___ und D.___ seien nie bei ihm angestellt gewesen: AS 3198. Auch der dritte Mitunterzeichner, […], gab am 10. Januar 2019 zu Protokoll, er habe das Dokument nie unterzeichnet, seine Unterschrift sei gefälscht (AS 6174). Das Dokument wurde am 7. Juni 2018 anlässlich der Hausdurchsuchung beim Beschuldigten D.___ gefunden. Ebenfalls bei der Hausdurchsuchung vom 7. Juni 2018 konnte in der Wohnung des Beschuldigten D.___ ein Tagebuch gefunden werden, in dem er seine Kontakte während der Haft in Dubai ab dem 28. Juni 2007 notiert hatte. Darunter waren viele Kontakte zu J.___ (AS 135). Der Beschuldigte D.___ konnte am 31. Dezember 2008 Dubai verlassen und war ab Anfang Januar 2009 wieder in der Schweiz. D.___ trug bei seiner Verhaftung in Frankreich im Mai 2010 den serbischen Pass und den Schweizer Ausländerausweis von J.___ auf sich, was erneut die enge Verbindung zwischen den Beiden aufzeigt (AS 126).
3.7.3.3.4 Ein Motiv für eine strafbare Falschbelastung ist beim anonymen Zeugen nicht ersichtlich, zumal offenkundig ist, dass der Zeuge sich vor dem Umfeld der Serbischen Diaspora in [Stadt 1] fürchtet. Selbst wenn davon auszugehen wäre, der anonyme Zeuge habe seine Aussagen nur gemacht, um seinen Kollegen I.___ zu «rächen», würde dies ja erst recht die Wahrheit seiner Aussagen nachweisen.
3.7.3.3.5 Dazu kommen zahlreiche Ermittlungsergebnisse, welche die Aussagen des anonymen Zeugen erhärten (den Aussagen des Anonymen Zeugen zuwiderlaufende Ermittlungsergebnisse gab es auch hier nicht):
3.7.3.3.5.1 Die Darstellung des Zeugen, wonach seinem Bekannten I.___ in [Ort 1] jemand zuvorgekommen sei, wurde im Laufe der Ermittlungen von Q.___ bestätigt: I.___, genannt [alias I.], habe ihr im […] Restaurant zum Delikt [Ort 1] gesagt, er habe einen Tipp bekommen und habe etwas machen wollen, aber jemand anderes habe das dann gemacht (Aussage vom 23. November 2017, AS 4006 Rz. 210 f. und AS 4005 Rz. 191 ff.). Später präzisierte sie, [alias I.] habe ihr gesagt, er hätte es machen wollen, aber [alias J.] habe es gemacht (AS 4009 Rz. 328 ff.). Dies wollte sie allerdings später nicht so bestätigen, sie wisse nur, dass [alias J.] dem [alias I.] einmal eine Arbeit weggenommen habe. Sie habe nichts von einem Tipp gewusst (AS 4026 f.).
3.7.3.3.5.2 Auffällig ist, dass J.___ seine Bekanntschaft mit den Ehegatten T.___ verleugnete (und umgekehrt B.T.___ Gleiches tat), obwohl diese nach Aussagen von A.T.___ bestand, bzw. nach den Angaben [einer Auskunftsperson] sehr gut war (AS 6142 Fragen 21 ff.: [alias J.] und die beiden T.___s seien wie eine Familie gewesen, bestätigt AS 6162 Fragen 53 ff.). Auch B.O.___ führte mehrfach aus, J.___ und die beiden T.___s hätten sich gut gekannt (AS 102006, 10229, 10241 und 10261).
3.7.3.3.5.3 Falsch war auch die erste, mehrfache Angabe von B.T.___, sie kenne den I.___ nicht, sie habe noch nie von diesem gehört (AS 1010 Rz. 309 ff. AS 20111 Rz. 458 ff.). Ebenso falsch war die dann nachgeschobene Aussage, sie habe seit 2007 mit diesem keinen Kontakt mehr gehabt (AS 10118 Rz. 59 ff., AS 10133 Rz. 78 f.), hatte sie ihn doch bspw. im Mai 2009 im Gefängnis in [Stadt 1] besucht (von ihr dann zugestanden AS 10151 f.). Das räumte sie in der Folge auch ein. Auch Z.___ gab an, B.T.___ und A.T.___ seien mit I.___ eng befreundet gewesen (AS 4087). Wenn diese sage, sie habe mit [alias I.] seit 2006 keinen Kontakt mehr gehabt, sei das falsch (AS 4096). Falsch war auch die Aussage von B.T.___, sie habe seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr gehabt mit Z.___ (A 10109 Rz. 381 ff.). Kaum verwunderlich ist daher, dass B.T.___ auch von J.___ kaum etwas wissen wollte (sie nannte ihn «glaublich [J.]»: AS 10106 und wollte ihn auch auf den Fotos nicht erkennen, s.a. AS 10123 Rz. 62 ff.) oder dass sie die Diebstähle zu Lasten ihres Arbeitgebers, [Restaurant in Ort 1], abstritt und zu den aufgezeichneten Gesprächen sagte, sie habe die Diebstähle ihrem Mann nur vorgespielt (bspw. AS 10145, Näheres zu diesem Vorhalt kann dem Urteil der Beschwerdekammer vom 24. Juli 2018 entnommen werden, Verfahren BKBES.2018.92). Schliesslich bezeichnete sie Z.___ und I.___ als Alkoholiker (AS 10153 Rz. 136 ff.). Den Beschuldigten D.___ kenne sie nicht (AS 10162, später sagte sie dann, dieser sei früher Gast in ihrem Restaurant […] gewesen: AS 10184), auch Q.___ nicht (AS 10178). Die Anschuldigungen gegen sie bestritt B.T.___ durchgehend und bezeichnete sie meist als «Getratsche». Zusammengefasst ist sehr auffällig, wie B.T.___ versuchte, die Beziehungen zu drei «kritischen» Personen – zu I.___, J.___ und D.___ – zuerst zu leugnen bzw. später herunterzuspielen. Gleiches galt für ihre Beziehung zu Z.___, mit der sie gemäss ersten Aussagen seit Jahren keinen Kontakt mehr gehabt haben wollte.
3.7.3.3.6 Zu den Aussagen von A.T.___ (AS 5032 ff.) ist anzumerken, dass seine Antworten insbesondere bezüglich der abgehörten Telefongespräche in etwa gleich falsch und unplausibel waren wie diejenigen seiner Ehefrau. Zu Beginn gab er an, dass sie J.___ und I.___ als Gäste ihres [eigenen] Restaurants und als Gäste des Restaurants [...] von Z.___ kennen gelernt hätten. Auch D.___ kenne er von ihrem Restaurant her gut, dieser sei sehr oft zu ihnen gekommen, habe Billard gespielt und sei auch mit J.___ zusammengesessen (AS 5080). Ab der dritten Einvernahme vom 27. August 2018 haben sich seine Aussagen denjenigen seiner Frau angeglichen, so wollte er sich zunächst nicht an das Treffen mit D.___ am Flughafen am 20. Juli 2018 erinnern und diesen nur vom Sehen kennen (AS 5087).
3.7.3.3.7 Z.___ wurde am 28. August 2017 zu den Aussagen des anonymen Zeugen befragt und kam – ungefragt! – gleich auf B.T.___ und J.___ zu sprechen. Sie gab zusammenfassend an, sie wisse nichts von einem Tipp von B.T.___. Diese würde das nie machen. Auffällig war aber auch, dass sie – darauf angesprochen, sie könne gemäss den Erkenntnissen Informationen zu dem Delikt in [Ort 1] geben – direkt auf I.___ zu sprechen kam. Sie habe nur gehört, dass [alias J.] die Finger drin habe. Das habe sie von B.T.___ und A.T.___ gehört. B.T.___ habe ihr gesagt, dass ev. B.O.___ dem J.___ den Tipp gegeben habe. Es könne schon sein, dass A.T.___ ihr einmal gesagt habe, der J.___ habe «einen Seich» gemacht, dies sei ein Bandit (AS 4066 ff.). Am 15. November 2017 gab Z.___ noch an, halb [Stadt 1] spreche davon, dass J.___ an diesem Tötungsdelikt beteiligt gewesen sei. Es sei erzählt worden, dass die Frau des Opfers mit B.T.___ im Restaurant gearbeitet habe. Und es sei erzählt worden, man wisse, dass diese Frau Geld habe (AS 4081 ff.).
Wie aus der Telefonabhörung von B.T.___ ersichtlich ist (Telefongespräch B.T.___ mit A.T.___ ab Telefonkabine […] vom 29. August 2017, 19.06 Uhr), hat Z.___ ihr gleich am folgenden Tag (nach der Einvernahme) einen Brief zukommen lassen (AS 203): «Ciao B.T.___, ich bitte euch, sich bei mir zu melden, es ist aber am besten, dass wir uns dringend treffen. Jemand hat es dick verhudelt, aber es ist kein Problem, ich weiss die Wahrheit.» Auf diesen Brief angesprochen, erklärte Z.___ später, mit «dick verhudelt» habe sie gemeint, jemand habe «fest gelogen», AS 4099) B.T.___ rief in der Folge in Absprache mit ihrem Mann Z.___ an (29. August 2017, 19.08 Uhr: AS 204 f.). Dabei erzählt ihr Z.___, jemand habe sie angezeigt, dass sie Bescheid wisse, wer den Tipp für den Mord gegeben habe. Aus dem weiteren Gesprächsverlauf und den nachfolgenden Telefonaten zwischen den Ehegatten T.___ wird klar (und wurde von Z.___ und B.T.___ auch bestätigt), dass es sich um I.___ («[alias I.]») gehandelt hat, der es «dick verhudelt» und den Hinweis auf den Tipp gegeben hatte (AS 204 ff.). Die Ehegatten vereinbarten dann am Telefon auch, dass B.T.___ den Brief von Z.___ wegwerfen solle, damit ihn die Polizei bei einer allfälligen Durchsuchung nicht finden könne (AS 207). Auch nach der zweiten Befragung durch die Polizei vom 15. November 2017 gab es ein Gespräch zwischen Z.___ und B.T.___ mit Berichterstattung (22. November 2017, 18.27 Uhr, AS 210 f., wobei A.T.___ beim darauffolgenden Telefongespräch seiner Frau sagte, hoffentlich höre niemand ihre Gespräche mit Z.___ ab: AS 211).
3.7.3.3.8 Erwähnenswert sind an dieser Stelle auch die Erkenntnisse aus den angeordneten technischen Massnahmen über das konspirative Verhalten verschiedener Beteiligter: B.T.___ telefonierte trotz eines Handys immer aus öffentlichen Telefonkabinen mit ihrem damals in Serbien weilenden Ehemann ([…], ermittelt durch Observation). Dabei kommunizierte sie auch in auffälliger Weise mit ihrem Mann (ermittelt durch Echtzeitüberwachung der Telefone in den Kabinen, AS 203 ff.). Auch D.___ rief seine Ehefrau […] oft aus Serbien auf ihren Festnetzanschluss an und gab ihr zu verstehen, sie solle auf «Vìber» gehen, weshalb keine konkreten Gesprächsinhalte abgehört werden konnten. Deshalb wurde in der Folge eine Audioüberwachung (Lauschangriff) in der Wohnung D.___ in [Stadt 1] angeordnet und es wurden Viber-Gespräche abgehört. Dabei zeigte sich auch die verklausulierte Form der Kommunikation, als Beispiel sei das Gespräch vom 7. Juni 2018, 10:35 Uhr, genannt, unmittelbar nach Abschluss der Hausdurchsuchung mit anschliessendem abruptem Abbruch der Kommunikation (AS 138 f.).
3.7.3.3.9 Da der Hinweis auf das Geld von B.T.___ auch zu J.___ gekommen war, war es danach nur noch ein minimaler Schritt zu dessen Vertrautem, D.___ (nach Aussage [einer Auskunftsperson] war der Beschuldigte wie ein Stiefvater zu J.___: AS 6160).
3.8 Als Fazit ist festzuhalten, dass die Ergebnisse der umfangreichen Ermittlungen zur Vorgeschichte ebenfalls keine Zweifel an den Angaben des Zeugen L.___ zu erwecken vermögen, erneut ist das Gegenteil der Fall. Auf die Aussagen des Zeugen L.___ kann somit abgestellt werden und die Tatbeteiligung der Beschuldigten D.___ und C.___ am Delikt vom 14. März 2010 in [Ort 1] ist damit erstellt.
4. Der Tatablauf
Aus den Tatspuren und den Aussagen des Zeugen L.___ ergibt sich folgender Tatablauf:
4.1 Der Beschuldigte D.___ hat die beiden Mitbeschuldigten B.___ und C.___ am Sonntag, 14. März 2010, vormittags, nach [Ort 1] gefahren. Der Beschuldigte D.___ hatte einen Tipp erhalten – wohl von †B.T.___ –, dass im Haus des Opfers viel Bargeld vorhanden sein müsse, das sie sich beschaffen wollten. Da die Beschuldigten wussten, dass das Opfer alleine daheim sein würde und kaum bereit sein würde, ihnen das Geld ohne weiteres auszuhändigen, war schon im Vorfeld klar, dass sie zur angestrebten Erlangung der Vermögenswerte bei Bedarf Gewalt gegen das Opfer anwenden würden. Alleine die zur Fesselung des Opfers mitgeführten Kabelbinder zeigt dies ohne Weiteres auf. Welche Waffen bzw. Schlagmittel sie dabei hatten, lässt sich nicht nachweisen, weshalb zu ihren Gunsten davon auszugehen ist, dass sie keine Schusswaffen oder Messer, sondern nur Schlaginstrumente, auf sich trugen. Hingegen war es nicht Teil des von den drei Tätern gefassten Tatplanes, das Opfer zu töten. Dem Tatplan folgend, klingelten oder klopften die beiden ausführenden Täter B.___ und C.___, an der Türe des Opfers, das ihnen öffnete. In der Folge gingen sie gewaltsam gegen das Opfer vor, es entwickelte sich eine längere tätliche Auseinandersetzung und die Täter schlugen vielfach mit harten Gegenständen auf den Kopf des Opfers ein (mindestens acht harte Schläge: AS 2219). Zumindest versucht wurde, das Opfer mit den mitgebrachten Kabelbindern zu fesseln. Bestritten wird nun von den Beschuldigten, dass es beweisen werden kann, dass sie beide am Gewaltexzess gegen das Opfer aktiv beteiligt gewesen seien. Das Beweisergebnis ist auch diesbezüglich eindeutig:
- Der Zeuge L.___ sagte dazu klar aus, dass beide Täter im Haus auf das Opfer eingewirkt hätten, da sich dieses viel stärker gewehrt habe und stärker gewesen sei als erwartet.
- Das Gutachten vom 17.März 2010 weist deutlich auf zwei verschiedene Schlaginstrumente hin: „Charakteristisch geformte Verletzungskomponenten, die auf ein bestimmtes Tatwerkzeug schliessen lassen, konnten bei der Untersuchung nicht festgestellt werden. Aufgrund ihres teilweise linearen Aspektes könnte zumindest ein Teil der Läsionen am Kopf durch Einwirkung eines kantigen stumpfen Gegenstandes respektive durch ein Werkzeug mit kantig begrenzter Schlagfläche verursacht worden sein. Ein weiterer Teil der Kopfschwartendefekte war neben dem geradlinigen Verlauf durch glatte Wundränder und angedeutet spitze Wundwinkel sowie durch das Fehlen von Gewebebrücken oder Umblutungen gekennzeichnet. Aufgrund dieser morphologischen Kriterien können die genannten Läsionen als Hiebverletzungen interpretiert werden, wie sie bei Schlägen mit vergleichsweise schweren Gegenständen beobachtet werden, die scharfe, respektive schneidende Komponenten aufweisen (z.B. Axt, Beil, Machete etc.).“
- Die Spurenlage am Tatort weist auf zwei Täter (zwei verschiedene Schuhe) hin, die sich in den Blutspuren des Opfers bewegten und die sich auch nach der Bluttat noch im Haus befanden (Spurenbericht, AS 1043 ff., 1055 f., Fotos AS 1059 ff, 1070 f., 1136 ff.). Beide Täter bleiben somit nach dem Übergriff auf das Opfer im Haus und von einem sofortigen Abbruch des Delikts nach der Eskalation im Haus – und sei es auch nur durch einen der Täter – kann keine Rede sein. Da ein Täter nach der Bluttat noch in den ersten Stock gestiegen ist, muss der Andere das Opfer in Schach gehalten haben.
Auch die Privatklägerin und Witwe des Opfers sagte am 15. März 2010 aus, sie habe ihren Mann am Abend beim Heimkommen in der Stube am Boden liegend gefunden und angesprochen. Er habe gesagt „Mami, wo bist du gewesen“ und er sehe nichts, sei solle ihn waschen. Sie habe ihn gefragt, wer das gemacht habe und er habe geantwortet, „zwei Männer“ hätten ihn zusammengeschlagen. Dann habe er nichts mehr gesagt und sei bewusstlos geworden (AS 3057). Am 4.Juli 2017 bestätigte sie diese Angabe, zwei hätten ihn „abgschlage“. Ihr Mann habe noch gesagt, die beiden Männer seien nicht aus der Gegend gewesen, sie seien vermummt gewesen und hätten Geld gewollt. Dann habe er nicht mehr sprechen können (AS 3084). Er habe klar gesagt, es seien zwei Personen gewesen, sie seien vermummt gewesen (AS 3085).
Wenn eingewendet wird, die Aussagen der Privatklägerin könnten mangels Konfrontation nicht verwertet werden, ist dazu folgendes zu bemerken: Eine Konfrontation mit der Privatklägerin wurde vor dem Berufungsgericht nicht mehr beantragt. Eine erneute Einvernahme der Privatklägerin zwecks Konfrontation konnte durch die Staatsanwaltschaft nicht mehr durchgeführt werden, da sich die Privatklägerin damals, im Alter von über 82 Jahren dazu nicht mehr in der Lage sah. Sie liess der Staatsanwaltschaft am 28. August 2018 durch ihren Rechtsvertreter mitteilen: „Die Privatklägerin, Frau G.___, ist durch die Ereignisse im Strafverfahren in den vergangenen Wochen und Monaten psychisch immer noch sehr stark aufgewühlt. Hinzu kommt, dass Frau G.___ fürchtet, mit weiteren Aussagen sich selber erheblich und schwer zu gefährden. Vor diesem Hintergrund ist Frau G.___ weder bereit noch in der Lage, derzeit Aussagen zu machen.“ Da es nicht die Staatsanwaltschaft zu vertreten hat, dass die Privatklägerin nicht mehr befragt und konfrontiert werden konnte, und der Aussage der Privatklägerin auch keine entscheidende oder ausschlaggebende Bedeutung zukommt, ist es gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Konfrontationsrecht wohl möglich, dass die Aussagen der Privatklägerin trotz mangelnder Konfrontation verwertet werden könnten. Das Bundesgericht führte in BGE 131 I 476, E. 2.2, aus:
«Aussagen von Zeugen und Auskunftspersonen dürfen in der Regel nur nach erfolgter Konfrontation zum Nachteil eines Angeschuldigten verwertet werden. Dem Anspruch, den Belastungszeugen Fragen zu stellen, kommt insofern grundsätzlich ein absoluter Charakter zu. Er erfährt in der Praxis aber eine gewisse Relativierung. Er gilt uneingeschränkt nur, wenn dem streitigen Zeugnis alleinige oder ausschlaggebende Bedeutung zukommt, dieses also den einzigen oder einen wesentlichen Beweis darstellt (BGE 129 I 151 E. 3.1 mit Hinweisen). Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, ist erforderlich, dass die Gelegenheit der Befragung angemessen und ausreichend ist und die Befragung tatsächlich wirksam ausgeübt werden kann. Der Beschuldigte muss namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe und in Frage stellen zu können (BGE 129 I 151 E. 4.2 mit Hinweisen). Das kann entweder zum Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Belastungszeuge seine Aussage macht, oder auch in einem späteren Verfahrensstadium (BGE 125 I 129 E. 6b S. 132 f. mit Hinweisen).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann auf eine Konfrontation des Angeklagten mit dem Belastungszeugen oder auf die Einräumung der Gelegenheit zu ergänzender Befragung des Zeugen unter besonderen Umständen verzichtet werden (ausführlich BGE 124 I 274 E. 5b S. 285 mit Hinweisen). So hat der Gerichtshof die fehlende Befragung unbeanstandet gelassen, wenn der Zeuge berechtigterweise das Zeugnis verweigerte (Urteil des EGMR i.S. Asch gegen Österreich vom 26. April 1991, Serie A, Bd. 203 = EuGRZ 1992 S. 474; anders aber Urteil des EGMR i.S. Unterpertinger gegen Österreich vom 28. August 1986, Serie A, Bd. 110 = EuGRZ 1987 S. 147), der Zeuge trotz angemessener Nachforschungen unauffindbar blieb (Urteil des EGMR i.S. Artner gegen Österreich vom 28. August 1992, Serie A, Bd. 242 A = EuGRZ 1992 S. 476; Urteil des EGMR i.S. Doorson gegen Niederlande vom 26. März 1996, Recueil CourEDH 1996-II S. 446, Ziff. 79) oder verstorben war (Urteil des EGMR i.S. Ferrantelli gegen Italien vom 7. August 1996, Recueil CourEDH 1996-III S. 937, Ziff. 52 f.). Es ist in solchen Fällen gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. d EMRK erforderlich, dass der Beschuldigte dazu hinreichend Stellung nehmen kann, die Aussagen sorgfältig geprüft werden und ein Schuldspruch nicht allein darauf abgestützt wird (BGE 124 I 274 E. 5b S. 286).»
Dies kann jedoch offen gelassen werden, da auch ohne Miteinbezug der Aussagen der Privatklägerin rechtsgenüglich erstellt ist, dass beide Täter auf das Opfer gewaltsam eingewirkt haben. Dafür spricht auch die Logik: Dass nur einer der Beschuldigten jeweils zugeschlagen und der Andere immer nur das Opfer gehalten und zu fesseln versucht hätte, ist höchst unwahrscheinlich, wäre aber rechtlich auch nicht von Belang. Dass überhaupt nur einer der beiden Beschuldigten auf das kräftige und sich im existentiellen Kampf vehement wehrende Opfer eingewirkt hat in diesem langen und harten Kampf und der andere tatenlos dabei gestanden wäre oder sich ohne Weiteres einzig der Suche nach der Beute gewidmet hätte (wie es die Verteidigung im Parteivortrag vor Amtsgericht nahe zu legen versuchte: DT AS 1106 f.), kann hingegen völlig ausgeschlossen werden. Die Anwendung notwendiger Gewalt gegen das Opfer war ja wie erwähnt bereits Teil des vereinbarten Tatplanes gewesen. Eindrückliches Zeugnis dieses Kampfes legt das sogleich darzulegende Spurenbild ab.
4.2 Das Opfer erlitt beim Überfall folgende Verletzungen: Gemäss erstem rechtsmedizinischem Gutachten des IRM Basel über die körperliche Untersuchung vom 17. März 2010 (Untersuchung vom 14. März 2010 am späten Abend im Schockraum der Notaufnahme des Universitätsspitals Basel, AS 2000 ff.) wurden [dem Opfer] beim fraglichen Überfall durch Gewalteinwirkung namentlich grossflächige und tiefgreifende Kopfverletzungen und mehrere Hämatome zugefügt. Die Verletzungen werden durch die erstellten Fotografien (AS 2008 ff) eindrücklich dargestellt; besonders zahlreich sind sie auf dem Oberkopf und am Hinterkopf (AS 2012). Es zeigten sich mehrere tiefgreifende Hautdurchtrennungen an der behaarten Kopfhaut, wobei sich insgesamt acht Verletzungszentren mit unterschiedlichem morphologischem Aspekt abgrenzen liessen (AS 2005). Zusätzlich zu den äusserlich sichtbaren Verletzungen habe man gemäss mündlichen Angaben der behandelnden Ärzte im Spital mehrere Brüche am Hirn- und Gesichtsschädel festgestellt. Diese Befunde müssten anhand von Krankenunterlagen noch verifiziert werden.
Bei der Interpretation der Verletzungen führten die Gutachter aus, aufgrund der Verletzungsverteilung/-lokalisation (oberhalb der sog. Hutkrempenlinie) und -morphologie sowie dem Schwerpunkt im Kopf- und Gesichtsbereich bestünden aus rechtsmedizinischer Sicht an einer Fremdbeibringung keine vernünftigen Zweifel. Auch durch multiple Sturz-ereignisse oder einen komplizierten Sturz (z.B. Treppensturz) liessen sich die Befunde in ihrer Gesamtheit nicht erklären.
Die teilweise sehr tiefgreifenden Kopfhautverletzungen entsprächen dem Bild einer mehrfachen stumpfen Gewalteinwirkung im Sinne von Schlägen mit einem harten Gegenstand, wobei von mindestens acht Einwirkungen auszugehen sei. Charakteristisch geformte Verletzungskomponenten, die auf ein bestimmtes Tatwerkzeug schliessen liessen, hätten bei der Untersuchung nicht festgestellt werden können. Aufgrund ihres teilweise linearen Aspektes könne zumindest ein Teil der Läsionen am Kopf durch Einwirkung eines kantigen, stumpfen Gegenstandes bzw. durch ein Werkzeug mit kantig begrenzter Schlagfläche verursacht worden sein.
Ein weiterer Teil der Kopfschwartendefekte sei neben dem gradlinigen Verlauf durch glatte Wundränder und angedeutet spitze Wundwinkel sowie durch das Fehlen von Gewebebrücken und Umblutungen gekennzeichnet. Aufgrund dieser morphologischen Kriterien könnten die genannten Läsionen als Hiebverletzungen interpretiert werden, wie sie bei Schlägen mit vergleichsweise schweren Gegenständen beobachtet würden, die scharfe, resp. schneidende Komponenten aufwiesen (z.B. Axt, Beil, Machete). Bei den Hautdurchtrennungen an der linken Augenbraue und an der Oberlippe handle es sich dem Aspekt nach um Quetsch-Riss-Wunden infolge stumpfer Gewaltanwendung. Diese Verletzungen könnten – wie die ungeformten Hauteinblutungen im Gesicht – ebenfalls durch Schläge erklärt werden. Alternativ kämen aufgrund von Art und Lokalisation der Befunde auch Stürze oder mehrfaches Anschlagen an harter Unterlage in Betracht. In diesem Zusammenhang könnten auch die Blutunterlaufungen und Schürfungen an den unteren Gliedmassen entstanden sein. Die massiven Blutunterlaufungen beider Augen würden medizinisch als sog. Brillenhämatome bezeichnet. Als Ursache komme eine direkte stumpfe Traumatisierung (z.B. Schläge) in Betracht. Alternativ könnten solche Befunde im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas mit Schädelbasisfrakturen durch Fortleitung einer Blutung aus dem Schädelinnern entstehen. Für eine abschliessende Beurteilung der Ursache des Brillenhämatoms seien eine klinische und eine radiologische Untersuchung erforderlich. Die Läsion am linken Handgelenk könne aufgrund ihres streifigen Aspektes Folge einer Fesselung – z.B. mit einem Kabelbinder – interpretiert werden, wobei die Beurteilung wegen der medizinischen Versorgung (venöser Zugang für Infusion) nur eingeschränkt möglich sei.
Zusammenfassend seien die festgestellten Läsionen an der Kopf- und Gesichtshaut als gravierende Verletzungen zu bewerten und liessen auf schwere Gewalteinwirkungen gegen den Kopf schliessen. Als vital bedrohlich sei einerseits der Blutverlust aus den teilweise sehr grossen und tiefgreifenden Kopfhautdurchtrennungen anzusehen. Andererseits könnten bei einem derartigen Kopftrauma Blutungen im Schädelinnern sowie Verletzungen am Gehirn resultieren. Solche Veränderungen könnten unmittelbar oder über sekundäre Hirnschäden im Sinne einer zunehmenden posttraumatischen Wassereinlagerung im Hirngewebe (Ödem) zum Tode führen. Im Hinblick auf den kritischen Bewusstheitszustand des Betroffenen bei der Untersuchung sowie die vorläufigen klinischen Angaben zu den Kopfverletzungen sei aus rechtsmedizinischer Sicht eine unmittelbare Lebensgefahr zu bejahen. Für die abschliessende Beurteilung sei allerdings Einsicht in die vollständigen Krankenunterlagen nach Abschluss der Spitalbehandlung erforderlich. Das Opfer war bei der Untersuchung an zahlreiche medizinische Überwachungsgeräte angeschlossen. Zu Beginn der Untersuchung sei es stark bewusstseinsgetrübt, zeige lediglich unkoordinierte Abwehrreaktionen und müsse im weiteren Verlauf sediert, intubiert und beatmet werden. Die Untersuchung, Befunderhebung und -dokumentation sei aufgrund der zeitgleich erforderlichen Notfallbehandlung nur eingeschränkt möglich gewesen.
Infolge der Kopfverletzungen erlitt das Opfer ein Hirnödem sowie ein Epiduralhämatom parietal rechts, eine multifragmentäre Kalottenfraktur, einen Jochbeinbruch und eine Orbitalfraktur beidseits, Brüche der Querfortsätze der Lendenwirbelkörper 1 bis 4 und ausgeprägte Substanzdefekte an der Grundfläche des Grosshirns (Gutachten IRM BS vom 17. März 2010, AS 2000 ff.; forensisches Abschlussgutachten IRM BS vom 29. Juli 2010, AS 2068 ff.). Darauf ist weiter unten näher einzugehen. Angesichts der gutachterlichen Feststellungen, aber auch der Aussagen von Frau G.___ und des Zeugen L.___ ist erstellt, dass die schwerwiegenden Verletzungen des Opfers von den beiden Beschuldigten B.___ und C.___ stammten, eine Selbstbeibringung oder ein Unfall (Treppensturz) kann ausgeschlossen werden.
4.3 Die Täter suchten das ganze Haus vergeblich nach Wertgegenständen ab und nahmen nur einen Haus- und einen Autoschlüssel – beide am gleichen Schlüsselbund – mit. Beide Täter waren nach dem Beibringen der schweren Verletzungen am Opfer noch am Tatort, was wie bereits erwähnt die Spuren von zwei verschiedenen Paaren Schuhen in den Blutlachen zeigen. Offenbar übersahen sie aber in der Aufregung und Bestürzung über den Verlauf der Tat den Wandtresor und das Portemonnaie des Opfers. Das schwerstverletzte Opfer liessen sie alleine im Haus zurück. Dass sie die Hauseingangstüre hinter sich abgeschlossen hätten, lässt sich den Beschuldigten angesichts der diesbezüglich unterschiedlich lautenden Aussagen der Privatklägerin nicht nachweisen. Der Beschuldigte D.___ fuhr in der Folge die beiden anderen Beschuldigten vom Tatort weg.
4.4 Die Frage der Kausalität zwischen den von den Tätern dem Opfer am 14. März 2010 zugefügten Verletzungen und dem späteren Todeseintritt ist nachfolgend bei der rechtlichen Würdigung zu prüfen.
5. Rechtliche Würdigung
5.1 Raubdelikt
5.1.1.1 Gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich des Raubes schuldig, wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht. Die Strafe ist Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt (Ziff.2).
Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, wenn er bandenmässig handelt oder sonst wie durch die Art, wie er den Raub begeht, seine besondere Gefährlichkeit offenbart (Ziff. 3).
Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt (Ziff. 4).
Raub ist der unter Anwendung von Gewalt oder Drohung oder durch Herbeiführung von Widerstandsunfähigkeit begangene Diebstahl. Das Gesetz nennt als Nötigungsmittel (nicht abschliessend) Gewalt an einer Person und Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben. Gewalt an einer Person ist nach h.L. das unmittelbare Einwirken auf den Körper. Analog der Nötigung richtet sich die erforderliche Intensität der Gewalt nach der Widerstandskraft des konkreten Opfers. Gewalt und Drohung müssen sich gegen die Person richten, die ein Hindernis für den Diebstahl bildet. Raub ist vollendet mit der Begehung des Diebstahls gemäss Art.139, wobei die Nötigung für den Diebstahl kausal sein muss (BGE 133 IV 212). Zur Bandenmässigkeit und zur besonderen Gefährlichkeit vgl. die nachfolgenden Ausführungen zu den Qualifikationen.
Den Grundtatbestand von Art. 139 Ziff. 1 aStGB erfüllt, wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern. Wegnahme ist Bruch fremden und Begründung neuen (meist eigenen) Gewahrsams. Der Gewahrsamsinhaber (nicht notwendigerweise auch Eigentümer) muss faktisch die Möglichkeit haben, über die Sache zu verfügen; auch der Dieb erlangt über die gestohlene Sache faktisch Gewahrsam.
Die Nötigungshandlungen sind Gewalt gegen eine Person, im Sinne eines unmittelbaren Einwirkens auf den Körper (Stefan Trechsel/Dean Crameri in: Stefan Trechsel/Mark Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar Schweizerisches Strafgesetzbuch, Zürich/St. Gallen 2018, nachfolgend zit. «PK StGB», Art. 140 StGB N 4), dann die Drohung, die eine solche Intensität erreichen muss, dass ein durchschnittlich Einsichtiger dem Ansinnen des Täters nachgeben würde (Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 140 StGB N 5), und schliesslich das Bewirken der Widerstandsunfähigkeit durch andere Tatmittel als Gewalt oder Drohung.
5.1.1.2 Vorliegend ist offenkundig, dass die Beschuldigten gegen das Opfer schwerwiegende Gewalt ausübten, um an die vorgestellte Beute von Bargeld in erheblicher Höhe zu gelangen. Sie waren mit diesem Tatplan mit Fesselungsmitteln und Schlagwerkzeugen nach [Ort 1] gefahren, im Haus eine grosse Geldmenge zu entwenden und zu diesem Zweck den Widerstand des anwesenden Opfers gewaltsam zu brechen bzw. dieses mit Schlägen zur Bekanntgabe des Ortes der Beute zu zwingen. Dieses Vorgehen erfüllt den Grundtatbestand des Raubes in objektiver und subjektiver Hinsicht mit Ausnahme der Bereicherung ohne Weiteres.
Die Beschuldigten konnten keinen Geldbetrag entwenden, sie nahmen einzig einen Haustürschlüssel und einen PW-Schlüssel der Marke [...] mit. Eine Bereicherung der Täter ist damit nicht eingetreten. Sie entfernten sich mit dem gleichen Fahrzeug, mit dem sie nach [Ort 1] gekommen waren, sodass mit der Vorinstanz von einer versuchten Tatbegehung auszugehen ist (wobei im Hinblick auf das Verbot der reformatio in peius ohnehin kein vollendetes Raubdelikt angenommen werden könnte).
5.1.2.1 Das Strafgesetzbuch enthält keine allgemeine Definition der Mittäterschaft. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist Mittäter, wer Tatherrschaft ausübt, d.h. wer bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung eines Delikts vorsätzlich und in massgebender Weise mit anderen Tätern zusammenwirkt, sodass er als Hauptbeteiligter dasteht. Ein Tatbeitrag begründet Tatherrschaft, wenn er nach den Umständen des konkreten Falles und dem Tatplan für die Ausführung des Delikts so wesentlich ist, dass diese mit ihm steht oder fällt. Das blosse Wollen der Tat, der subjektive Wille allein genügt zur Begründung von Mittäterschaft nicht. Der Mittäter muss vielmehr bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung der Tat auch tatsächlich mitwirken. Daraus folgt aber nicht, dass Mittäter nur ist, wer an der eigentlichen Tatausführung beteiligt ist oder sie zu beeinflussen vermag (vgl. u.a. BGE 133 IV 76 E.2.7, 130 IV 58 E.9.2.1). Mittäterschaft verlangt in objektiver Hinsicht keine direkte Beteiligung an der oder gar Herrschaft über die Ausführung der konkreten Straftat. Auch eine massgebliche Beteiligung an der Entschlussfassung bzw. an der Planung oder Koordination kann genügen (vgl. BSK StGB - Marc Forster, Vor Art. 24 N 8). Für Mittäterschaft wird ein koordinierter Vorsatz vorausgesetzt, Eventualvorsatz genügt. Nicht erforderlich ist, dass der Mittäter bei der Entschlussfassung mitwirkte, es genügt, wenn er sich später den Vorsatz seines Mittäters zu eigen macht. Der Tatentschluss muss nicht ausdrücklich bekundet werden, er kann auch nur konkludent zum Ausdruck kommen. Es ist also nicht erforderlich, dass die Tat im Voraus geplant und aufgrund eines vorher gefassten gemeinsamen Tatentschlusses ausgeführt wird. Eine blosse Billigung genügt aber nicht (vgl. u.a. BGE 130 IV 58 E.9.2.1, 120 IV 265 E.2c, 118 IV 227 E.5d/aa; Stefan Trechsel/Marc Jean-Richard, in Trechsel/Pieth, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 3.Aufl., Zürich/St.Gallen 2018, Vor Art. 24 N 13). Jedem Mittäter werden – in den Grenzen seines Eventualvorsatzes bzw. Vorsatzes– die kausalen Tatbeiträge der anderen Mittäter angerechnet. Es genügt, dass sich die mittäterschaftlichen Beiträge in ihrer Gesamtheit kausal auswirken (Urteil 6S.135/2005 vom 1.September2005 E.1.2.4). Ein Indiz für Mittäterschaft sind das Interesse an der Tat, insbesondere die anteilsmässige Beteiligung an der Beute, ebenso die Rollen-Austausch-Bereitschaft (vgl. u.a. Stefan Trechsel/Marc Jean-Richard, Vor Art.24StGB N 15; Marc Forster, Vor Art. 24 N11).
Die mittäterschaftliche Tatbeteiligung wird damit massgebend an der Rolle gemessen, die der Einzelne willentlich übernimmt, weshalb subjektive Vorbehalte irrelevant sind. Die Willensübereinstimmung kann irgendwie hergestellt werden. Eine besondere Verabredung ist nicht erforderlich. Mittäter ist, wer bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung tatsächlich mitwirkt (BGE 130 IV 58 E. 9.2.1). Mittäterschaft kann durch die tatsächliche Mitwirkung bei der Ausführung begründet werden. Konkludentes Handeln genügt (BGE 126 IV 84 E. 2c/aa S. 88; 125 IV 134 E. 3a). Auch an spontanen, nicht geplanten Aktionen oder unkoordinierten Straftaten ist Mittäterschaft möglich. Das Inkaufnehmen durch Billigen oder Einverständnis im Sinne des Eventualvorsatzes erfasst auch den unerwünschten, aber um des Handlungsziels willen hingenommenen Erfolg (Urteil 6B_473/2012 vom 21. Februar 2013 E. 1.5 mit Hinweisen).
Das Konzept der Mittäterschaft bewirkt eine materiellrechtlich begründete Beweiserleichterung bei der Zurechnung von Teilaspekten einer Tat an die Mittäter. Führen verschiedene Personen gemeinsam strafbare Handlungen insbesondere in örtlich, zeitlich oder funktionell unterschiedlichen Zusammenhängen arbeitsteilig aus, schneidet das Institut der Mittäterschaft einem Mittäter den Einwand ab, es habe jeweils ein Anderer die fragliche Teilhandlung ausgeführt, er könne dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, denn er habe das weder getan noch davon auch nur Kenntnis gehabt. Das Zusammenwirken im konkludenten Handeln begründet Mittäterschaft. In diesen Fällen ist das Vorliegen der eine Mittäterschaft begründenden Tatsachen im Beweisverfahren nachzuweisen. Hingegen muss nicht jedem Beteiligten jede Teilhandlung eines komplexen Tatgeschehens im Detail nachgewiesen und akribisch zugeordnet werden. Wer die Kriterien der Mittäterschaft erfüllt, muss sich die Taten seiner Mittäter grundsätzlich zurechnen lassen (Urteil 6B_557/2012 vom 7. Mai 2013 E. 2.7).
5.1.2.2 Vorliegend ist offensichtlich, dass die drei Beschuldigten D.___, B.___ und C.___ hinsichtlich des Raubdelikts mittäterschaftlich gehandelt haben: Der Beschuldigte D.___ erhielt den Tipp, plante den Raubüberfall und zog dafür die beiden Mitbeschuldigten B.___ und C.___ bei. Diese hatten das eigentliche Raubdelikt im Hause des Opfers dann auszuführen. Der Beschuldigte D.___ führte sie an den Tatort und nahm sie nach der Deliktsausführung wieder mit. Er erfüllt als Mastermind des Delikts zweifellos die Anforderungen an einen Mittäter. Es kann dazu auch auf das Urteil des Bundesgerichts 6B_982/2016 E. 1.4 vom 20. September 2017 verwiesen werden.
5.1.3.1 Das qualifizierende Merkmal der Bandenmässigkeit ist nach der ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung gegeben, wenn zwei oder mehrere Täter sich mit dem ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen zusammenfinden, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger, im Einzelnen möglicherweise noch unbestimmter Straftaten zusammenzuwirken (BGE 132 IV 132 E. 5.2 S. 137 mit Hinweisen). Eine Bande kann bereits beim Zusammenschluss zweier Täter gegeben sein (BGE 135 IV 158 E. 2 und 3 S. 158 ff.). Zweck der Qualifikation ist die besondere Gefährlichkeit, die sich daraus ergibt, dass der Zusammenschluss die Täter stark macht und die fortgesetzte Verübung solcher Delikte voraussehen lässt (BGE 78 IV 227 E. 2 S. 233; 72 IV 110 E. 2 S. 113). Die Mitglieder binden sich an die verbrecherischen Ziele und erschweren sich gegenseitig die Umkehr (Stefan Trechsel/Dean Crameri in: PK StGB, Art. 139 StGB N 16; Marcel Alexander Niggli/Christof Riedo in BSK StGB II, Art. 139 StGB N 112 f.). Es ist nicht erforderlich, dass sich jeder Einzelne an allen Straftaten der Bande beteiligt (Stefan Trechsel/Dean Crameri, a.a.O., Art. 139 StGB N 17; Stratenwerth/Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 3. Aufl., 2013).
5.1.3.2 Den Beschuldigten B.___, C.___ und D.___ (sep. Anklageschrift) wird bandenmässiger Raub vorgehalten: Dies mit Blick auf das ebenfalls vorgehaltene Delikt vom 3. Februar 2010 in [Ort 4] (Raubüberfall Bijouterie) und das Delikt [in der französischen Stadt 1] (Raubüberfall Bijouterie). Da das Delikt in [Ort 4] – wie weiter unten zu zeigen sein wird – ebenfalls erstellt ist, kann an dieser Stelle auf den Qualifikationsgrund der Bandenmässigkeit eingegangen werden. Die Beschuldigten haben ausdrücklich oder zumindest konkludent den Entschluss gefasst, inskünftig gemeinsam und in wechselnder Zusammensetzung mit zugeschriebener Rollen- und Arbeitsaufteilung mehrere selbständige, im Einzelnen allenfalls noch unbestimmte Vermögensdelikte zu begehen. Zu diesem Zweck reisten die beiden Beschuldigten B.___ und C.___ in die Schweiz ein. Primär konzentrierten sich die Beschuldigten auf Bijouterien als Tatobjekte, aber nicht nur. In die Bande wurden nur Leute aufgenommen, welche man gut kannte und das Vertrauen der Bandenmitglieder genossen. Vor der Tat in [Ort 1] verübten die Beschuldigten B.___ und C.___ am 3. Februar 2010 – zusammen mit einem dritten, unerkannt gebliebenen Mittäter – einen Raubüberfall auf [eine Bijouterie] in [Ort 4]. Der Beschuldigte D.___, der sich bereits mit anderen Bandenmitgliedern in Dubai am 27. April 2007 beteiligt gehabt hatte, organisierte und plante den Raubüberfall auf [Herrn G.___] sorgfältig und bestimmte die beiden Mitbeschuldigten B.___ und C.___ als ausführende Mittäter. Kurz danach schritten die Beschuldigten B.___ und D.___ in Mittäterschaft mit V.___ ([alias V.]) und [...] erneut zur Tat und raubten [eine Bijouterie in der französischen Stadt 1] aus. Zu weiteren Straftaten kam es in der Folge nicht, weil die Beschuldigten B.___ und D.___ kurz nach der Tat [in der französischen Stadt 1] verhaftet und zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Der Beschuldigte C.___ war seinerseits noch beim Diebstahl in [Ort 3] dabei. Die Voraussetzungen für die Annahme einer bandenmässigen Tatbegehung sind bei den Beschuldigten B.___, C.___ und D.___ mit jeweils zwei durchgeführten Raubdelikten somit erfüllt. Es gibt keinerlei Hinweise, dass sie sich auf diese zwei Delikte beschränkt hätten, die Tat in [in der französischen Stadt 1] zeigt, wenn auch in veränderter Zusammensetzung ohne den Beschuldigten C.___, das Gegenteil. Man kann vor diesem Hintergrund ohne weiteres davon ausgehen, dass die drei Beschuldigten einem kriminellen Netzwerk angehörten. Die Vorgehensweise entspricht genau dem oben beschriebenen System der sog. Pink Panther: Die Gruppe sei in einer Art Zellen-System organisiert, deren Mitglieder sich nach einem nicht erkennbaren System immer wieder neu zusammenfänden, um ihre Überfälle auszuführen. Durch diese Zusammenschlüsse stärkten sich die jeweils Beteiligten psychisch und physisch, hatten bessere Erfolgsaussichten und konnten höhere Deliktsbeträge anstreben. Die jeweiligen Teams waren jeweils gut organisiert, bereiteten die Taten sorgfältig vor und wirkten planmässig zusammen. Die Beschuldigten haben somit bandenmässig gehandelt.
5.1.4 Dem Beschuldigten D.___ wird in der Anklage zusätzlich eine qualifizierte Tatbegehung nach Art. 140 Ziffer 4 StGB (Verbringen des Opfers in Lebensgefahr, Zufügen einer schweren Körperverletzung oder grausame Behandlung) vorgeworfen. Die Vorinstanz hat das Vorliegen dieses Qualifikationsgrundes verneint (US 68), die Staatsanwaltschaft hat dagegen kein Rechtsmittel ergriffen, weshalb darauf mit Blick auf das Verbot der „reformatio in peius“ nicht weiter einzugehen ist.
5.2 Tötungsdelikt
5.2.1 Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besonderen Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft (Art. 111 StGB). Das Opfer [Herr G.___] ist rund vier Monate nach dem Raubüberfall im Spital verstorben, ohne zuvor je wieder das Bewusstsein voll erlangt zu haben (vgl. dazu die Chronologie des Gesundheitsverlaufes auf AS 00065 ff.). Daran ändert nichts, dass ein Arzt der Polizei einmal eine «Ja/Nein-Befragung» erlaubt hatte, die dann vor Ort aus medizinischen Gründen aber doch wieder verweigert wurde (AS 00066 f.). Bestritten ist von Seiten der Beschuldigten, dass der Tod des Opfers in adäquat-kausalem Zusammenhang mit den ihm am 14. März 2010 zugefügten Verletzungen stand.
5.2.2.1 Die Voraussetzung der Adäquanz der Kausalität ist eine normative Einschränkung der natürlichen Kausalität. Ein adäquater Kausalzusammenhang liegt vor, wenn ein Umstand nicht nur conditio sine qua non des Schadens, sondern auch nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, den eingetretenen Erfolg zu bewirken, so dass der Eintritt dieses Erfolgs als durch die fragliche Bedingung wesentlich begünstigt erscheint (BGE 142 IV 237 E. 1.5.2). Der adäquate Kausalzusammenhang wird unterbrochen, wenn zu einer an sich adäquaten Ursache eine andere Ursache hinzutritt, die einen derart hohen Wirkungsgrad aufweist, dass erstere nach wertender Betrachtungsweise als rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint. Entscheidend ist die Intensität der beiden Ursachen. Das Verhalten eines Dritten vermag den Kausalzusammenhang nur zu unterbrechen, wenn diese Zusatzursache derart ausserhalb des normalen Geschehens liegt, derart unsinnig ist, dass damit nicht zu rechnen war (BGE142 IV 237 E. 1.5.2). In anderen Worten fehlt es an dem erforderlichen rechtserheblichen Kausalzusammenhang, wenn die Folge "soweit ausserhalb der normalen Lebenserfahrung liegt", dass sie "nicht zu erwarten war" (BGE 98 IV 168, 173; 101 IV 28, 31), d.h. "ganz aussergewöhnliche Umstände […] hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste, und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache […] alle anderen mitverursachenden Faktoren – namentlich das Verhalten des Angeschuldigten – in den Hintergrund drängen" (BGE130 IV 7, 10; zum Ganzen: BSK StGB - Niggli/Maeder, Art. 12 N 94). Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung führt die körperliche Prädisposition des Opfers nicht zu einem Unterbruch des Kausalzusammenhangs (BGE 131 IV 145 E. 5.2). "Wohl kann eine drohende und ernsthafte Lebensgefahr unter Umständen durch einen sofortigen medizinischen Eingriff herabgesetzt oder aufgehoben werden. Das schafft aber die Tatsache nicht aus der Welt, dass der Täter zuerst eine ernsthafte Lebensgefahr geschaffen hat. Nach der Rechtsprechung genügt es, dass der Geschädigte durch die ihm zugefügte Schädigung der Lebensgefahr ausgesetzt war; wie lange dieser Zustand dauerte, ist unerheblich (BGE 91 IV 194E. 2). Unerheblich ist also auch, ob die Lebensgefahr rasch behoben werden konnte oder nicht […]" (BGE 109 IV 18, 21). Die Verteidigung des Beschuldigten B.___ argumentierte vor dem Berufungsgericht kurz mit der Rechtsfigur der «objektiven Zurechenbarkeit» (beschäftigte sich in der Folge aber ausschliesslich mit der Adäquanztheorie: Parteivortrag vor dem Berufungsgericht S. 48 ff.). Die objektive Zurechnung ist im deutschen Strafrecht ein Kriterium zur Ermittlung der Tatbestandsmäßigkeit einer Handlung und damit eine Weiterentwicklung der Adäquanztheorie, welche im Schweizerischen Recht nach wie Geltung hat. Die objektive Zurechnung eines tatbestandlichen Erfolges dient ebenfalls der Eingrenzung der strafrechtlich relevanten Kausalität. Die Lehre von der objektiven Zurechnung fragt danach, ob der Erfolg dem Täter als sein Werk zugerechnet werden kann, es geht dabei namentlich um das rechtlich relevante Risiko und den Risikozusammenhang (https://www.juracademy.de/strafrecht-at1/objektiven-zurechnung.html). Die Adäquanz einer natürlich kausalen Handlung oder die objektive Zurechenbarkeit spielen in der Praxis insbesondere bei Fahrlässigkeitsdelikten eine Rolle, um die Strafbarkeit einzugrenzen. Dementsprechend nennt auch die Verteidigung einen Bundesgerichtsentscheid zu einem Fahrlässigkeitsdelikt (BGE 100 IV 284). Wenn beim Vorsatzdelikt der adäquate Kausalzusammenhang bzw. die objektive Zurechenbarkeit fehlt, handelt es sich allenfalls um ein versuchtes Delikt, allenfalls kann auch der Vorsatz entfallen.
5.2.2.2.1 Dem Sektionsprotokoll des IRM Basel vom 15. Juli 2010 (Todestag) kann dazu folgendes entnommen werden (AS 2056): Nach den Obduktionsbefunden erkläre sich der Tod des Opfers als Folge einer ausgeprägten Lungenentzündung mit Beteiligung beider Unterlappen und des rechten Lungenmittellappens. In der Gesamtschau aller Befunde und vorbehaltlich der Kenntnis des medizinischen Verlaufs sei die tödliche Lungenentzündung als typische Komplikation der lange dauernden Intensivbehandlung nach vorausgegangenem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) aufzufassen. Als Residuen dieses SHT hätten bei der Obduktion noch ausgeprägte Substanzdefekte an der Grundfläche des Grosshirns festgestellt werden können. Es habe sich ausserdem ein Zustand nach operativer Schädelreparation gezeigt. Es handle sich dabei um die Entfernung eines Teils des Schädeldachs entweder als operativen Zugangsweg zum Schädelinneren und/oder zur Druckentlastung bei vorliegender Hirnschwellung. Die umschriebene Gewebserweichung im Marklager des rechten Hirnhauptlappens dürfte einer umschriebenen Läsion infolge eines Sauerstoffmangels des Gewebes bei Hirndrucksteigerung und somit einer sekundären Hirnschädigung entsprechen. Zur Sicherung dieser Diagnose würden noch feingewebliche Untersuchungen durchgeführt. Krankhafte Veränderungen an den inneren Organen, die als konkurrierende Todesursache aufzufassen wären, hätten bei der Obduktion nicht festgestellt werden können. Es handle sich somit um einen nicht-natürlichen Tod. Unter Berücksichtigung der bisherigen Ermittlungsergebnisse und der Angaben zum klinischen Verlauf sei vorläufig von einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem ursprünglichen SHT (Deliktfolge) und dem Todeseintritt auszugehen. Für die abschliessende Begutachtung sei die Auswertung der vollständigen Krankenunterlagen erforderlich.
5.2.2.2.2 Im forensischen Abschlussgutachten des IRM Basel vom 29. Juli 2010 wird zusammengefasst zum Krankheitsverlauf und zur Todesursache ausgeführt (AS 2074 f.):
Am 14. März 2010 sei das Opfer mit schweren Kopfverletzungen in das Universitätsspital Basel eingeliefert worden, nachdem es zuvor daheim von Unbekannten überfallen worden sei. Gemäss Krankenunterlagen sei das Opfer aufgrund der traumabedingten Ausfallserscheinungen in der Folge längerfristig beatmungspflichtig sowie immobilisiert gewesen und habe Schluckstörungen aufgewiesen. Künstliche Beatmung, Immobilisierung und Schluckstörungen stellten bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung von Atemwegsinfektionen dar. Bereits fünf Tage nach Aufnahme ins Universitätsspital Basel habe das Opfer eine Lungenentzündung entwickelt, die vermutlich durch Einatmung von Blut im Rahmen des Vorfalles entstanden sei, die jedoch mittels antibiotischer Behandlung ab dem 20. März 2010 rasch habe beherrscht werden können. Am 1. April 2010 sei die Verlegung des Opfers ins Kantonsspital Bruderholz erfolgt, wo am 25. Mai 2010 eine Zustandsverschlechterung mit Fieber und allgemeinem Sauerstoffmangel aufgetreten sei, die auf eine durch Einatmung von Fremdmaterial bedingte Lungenentzündung (Aspirationspneumonie) habe zurückgeführt werden können. Die Pneumonie sei durch eine antibiotische Therapie zur Ausheilung gebracht worden. Am 23. Juni 2010 habe das Opfer erneut in reduziertem Zustand auf die Intensivstation verlegt werden müssen. Durch laborchemische Kontrollen sowie eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbs sei erneut eine Lungenentzündung diagnostiziert worden, welche im Verlauf zu einer weiteren Zustandsverschlechterung geführt habe. Nach Rücksprache mit den Angehörigen sei auf lebenserhaltende Massnahmen verzichtet worden, worauf das Opfer in der Folge am 15. Juli 2010, 02.20 Uhr, verstorben sei.
Nach den Ergebnissen der postmortal durchgeführten Untersuchungen sei das 71 Jahre alt gewordene Opfer an einer eitrigen Entzündung von Lungen und Atemwegen (Bronchopneumonie) verstorben. Bei der Sektion seien bereits eine akute Überwässerung und Verfestigung der Lungen sowie entzündliche Veränderungen an den Atemwegen aufgefallen. Bei den feingeweblichen Zusatzuntersuchungen hätten als Ausdruck einer Bronchopneumonie granulozytäre Entzündungsinfiltrate, Bakterien und Flüssigkeitsansammlungen in Lungenbläschen und tiefen Atemwegen festgestellt werden können. Herdförmig habe sich in den Entzündungszonen amorphes Material gezeigt, welches als Hinweis auf eine Aspiration (Einatmung von Fremdmaterial) gewertet werden könne. Am Gehirn hätten sich makroskopisch älter imponierende traumatische Schädigungen mit ausgedehnten Gewebedefekten an der Basis beider Frontallappen, welche histologisch bereits eine fortgeschrittene Abräumreaktion aufgewiesen hätten und die im Hinblick auf das Wundheilungsstadium zeitlich ohne weiteres dem angegebenen Vorfall vom 14. März 2010 hätten zugeordnet werden können, gezeigt. Im rechten Hinterlappen habe sich ein umschriebener frischer Gewebsuntergang (Nekrose) ohne nennenswerte Reaktion gefunden, welcher auf eine Durchblutungsstörung (Ischiämie) zurückgeführt werden könne, die histologisch in Form thrombotischer Verschlüsse kleiner Arterien zur Darstellung gekommen sei. Dieser Befund alleine erkläre aufgrund der geringen Ausdehnung den Todeseintritt des Betroffenen zum gegenständlichen Zeitpunkt jedoch nicht schlüssig. Im Rahmen der Obduktion und feingeweblichen Zusatzuntersuchungen hätten keine anderweitigen Erkrankungen innerer Organe festgestellt werden können, welche als konkurrierende Todesursache in Erwägung zu ziehen wären. Hinweise auf eine Intoxikation oder zeitnahe relevante Gewalteinwirkung durch fremde Hand hätten sich nicht gefunden. Die in Blut und Urin nachgewiesenen Medikamente würden typischerweise im Rahmen von medizinischen Notfallmassnahmen eingesetzt und seien gemäss den Einträgen in den Krankenunterlagen auch beim Opfer zum Einsatz gekommen.
Nach Angaben der Ermittlungsbehörden zur Vorgeschichte gehe man aktuell davon aus, dass das Opfer am 14. März 2010 von Unbekannten in seiner Wohnung überfallen und durch diese vor allem am Kopf schwer verletzt worden sei. Gemäss Krankenunterlagen sei es durch die Kopfverletzungen zu schweren anhaltenden Bewusstseins- und Gedächtnisstörungen gekommen. Die postmortal an der Hirnbasis nachgewiesenen Substanzdefekte seien ohne vernünftige Zweifel traumatisch entstanden und liessen sich zwangslos dem berichteten Ereignis zuordnen. Die todesursächliche Bronchopneumonie sei als Komplikation der Immobilisierung und Langzeitbeatmung sowie der Schluckstörungen infolge der schweren Hirnschädigung und damit als Folge des erlittenen Traumas zu interpretieren. Gehe man davon aus, dass dieses Trauma durch fremde Hand induziert worden sei, so handle es sich im vorliegenden Fall um einen nicht-natürlichen Tod (Tötungsdelikt). Für die Unterbrechung der Kausalkette zwischen Trauma und Todeseintritt, z.B. durch ein unabhängiges inneres Leiden oder einen allfälligen medizinischen Behandlungsfehler, ergäben sich anhand der postmortalen Untersuchungsergebnisse keine Hinweise.
5.2.2.2.3 Im Gutachten des IRM Aarau vom 14. März 2018 kommen die Gutachter zusammengefasst zu folgenden Schlüssen (AS 2194 ff.):
Das vorliegende Verletzungsbild am Kopf (behaarte Kopfhaut und Hirnschädel) könne durch mehrfache, sehr schwere, stumpfe bzw. ggf. scharfe/halbscharfe Gewalteinwirkung erklärt werden. Eindeutig geformte Läsionen – z.B. Abdrücke von Waffenbestandteilen, Schuhsohlenprofilabdrücke etc. – die einem konkreten Tatwerkzeug sicher zugeordnet werden könnten, seien hingegen nicht abgrenzbar gewesen. Im Hinblick auf die Wundmorphologie kämen teils jedoch kantige Gegenstände, z.B. Teile einer Feuerwaffe, ohne Weiteres in Betracht. Insbesondere bei den Läsionen ohne Gewebebrücken und mit z.T. spitzen Wundwinkeln, die jedoch mit umgebenden Blutergüssen dennoch Zeichen einer stumpfen Gewalteinwirkung aufgewiesen hätten, müsse wie bereits im rechtmedizinischen Vorgutachten, auch teils eine halbscharfe Gewalt (bspw. Axt, Beil, Machete etc.) als Entstehungsursache diskutiert werden. Faustschläge mit blossen Händen erschienen gerade im Hinblick auf die grosse Verletzungsschwere und bei einer Schädeldicke von bis zu 0,6 cm als alleinige Ursache für die morphologisch eher linienförmigen Quetsch-Riss-Wunden und multiplen Schädelbrüche nicht plausibel geeignet. Fusstritte mit entsprechend geformten, harten Schuhen/Schuhteilen, könnten jedoch zumindest das Auftreten der QRWs und Schädelbrüche zwangslos erklären.
Bei den Gesichtsverletzungen handle es sich ebenfalls um die Folgen multipler, schwerer, stumpfer Gewalt, wobei eine Entstehung durch Stürze, Schläge und Tritte – oder Kombinationen daraus – grundsätzlich als möglich erscheine.
Am Rumpf und an den Extremitäten hätten sich die Folgen multipler, schwerer, stumpfer Gewalt gefunden, wobei die Entstehung durch Stürze, Schläge oder Tritte – oder Kombinationen daraus – grundsätzlich als möglich erscheine.
Die Folgerungen des Vorgutachtens vom 17. März 2010 könnten bestätigt werden. Ergänzend könne ausgeführt werden, dass insgesamt der grosse Verletzungsschwerpunkt mit zahlreichen Einzelläsionen im Kopfbereich des Opfers auffalle, wohingegen an Rumpf und Extremitäten verhältnismässig wenige Verletzungen zur Beobachtung gekommen seien. Die Lage der Verletzungen am gesamten Kopf – also im Gesichtsbereich, am Hinterkopf und an beiden Kopfseiten – erkläre sich nicht plausibel durch einen einfachen Sturz in der Ebene, sondern würde zwingend zahlreiche Stürze in verschiedenen Richtungen voraussetzen. Entsprechende sturztypische Begleitverletzungen an prominenten, sturztypischen Stellen des Rumpfes und der Extremitäten (Blutergüsse und/oder Schürfungen an Schultern, Ellenbogen, Hüften etc.) fehlten jedoch, was damit im Widerspruch zum Gesamtverletzungsbild stehe. Zusammengefasst bestünden somit an einer überwiegenden Verletzungsbeibringung durch fremde Hand – also sturzunabhängig – keine vernünftigen Zweifel.
Anhand des Verletzungsbildes müsse es sich um mehr als acht einzelne Gewalteinwirkungen gegen den Hirnschädel gehandelt haben. Weiter seien insgesamt mindestens drei stumpfe Gewalteinwirkungen gegen das Gesicht erfolgt, die ebenfalls durch Schlageinwirkungen entstanden sein könnten. An Rumpf und Extremitäten könne es sich prinzipiell um die Folgen von mindestens fünf weiteren Fremdeinwirkungen handeln. Die Läsionen an den Beinstreckseiten könnten aufgrund von Lage und Morphologie hingegen Sturz- oder «Kriechverletzungen» zugeordnet werden.
Gemäss klinischen Angaben habe bei den Röntgenuntersuchungen des Kopfes sowie bei der neurochirurgischen Operation eine Zertrümmerung des Schädeldaches in mindestens 10 grosse und zahlreiche kleine Fragmente festgestellt werden können. Eine Reihenfolge der Schläge/Gewalteinwirkungen sei nicht bestimmbar. Alleine aufgrund der Verletzungslokalisationen sowie der Blutspuren im Haus könne nicht abschliessend auf einen exakten Tatablauf – insbesondere die Reihenfolge und Lokalisationen der einzelnen Verletzungsentstehungen – geschlossen werden. Allerdings ergäben sich aufgrund des Blutspurenmusters sowie der Verteilung der Blutspuren Hinweise darauf, dass zumindest ein Teil der Kopfverletzungen am Treppenabsatz und einzelne Gesichtsverletzungen vor der Küchentüre bzw. in der Küche entstanden seien. Ein räumlicher Verlauf der Spurentstehung vom Treppenabsatz über Flur, Küche und Büro bis ins Wohnzimmer, erscheine grundsätzlich möglich, ebenso wie eine überwiegend kniende/kriechende Fortbewegung des Opfers aufgrund der Blutspurenhöhe und Verletzungen an den Beinen.
Die beim Opfer festgestellten Läsionen erfüllten aufgrund von Lage, Morphologie und Schwere typische Kriterien einer Fremdbeibringung und könnten daher mit dem vom Betroffenen bei Auffindung angegebenen Überfall zwangslos in Übereinstimmung gebracht werden. Hinweise auf frische oder zurückliegende Selbstverletzungen hätten sich hingegen nicht gefunden. Die Tatsache, dass bis auf die Läsion am rechten Zeigefinger, die ggf. durch eine passive Abwehr entstanden sein könnte, keine klassischen Abwehrverletzungen an den Armen hätten festgestellt werden können, könne einen Hinweis darauf darstellen, dass das Opfer entweder vom Angriff überrascht worden sei oder bereits unmittelbar nach der ersten Gewalteinwirkung in seiner Handlungsfähigkeit und damit auch der Fähigkeit zur Gegenwehr höhergradig beeinträchtigt gewesen sei. Auch müsse diskutiert werden, dass das Opfer durch eine Fesselung mit den vor Ort aufgefundenen Kabelbindern, die aufgrund der Läsionen an den Unterarmen nachvollzogen werden könne, trotz erhaltener Handlungsfähigkeit überhaupt nicht mehr zur Gegenwehr mit dem Armen imstande gewesen sei.
5.2.2.2.4 Gemäss den zitierten und voll beweiskräftigen Gutachten handelte es sich vorliegend zusammengefasst um einen nicht-natürlichen Tod. Das Opfer verstarb an einer Bronchopneumonie als typischer Komplikation der Immobilisierung und Langzeitbeatmung sowie der Schluckstörungen infolge der schweren Hirnschädigung und damit als Folge des erlittenen Traumas vom 14. März 2010. Es bestehen aus medizinischer Sicht keine Hinweise für eine Unterbrechung der Kausalkette und die natürliche Kausalität zwischen den Verletzungen und dem Todeseintritt ist klar zu bejahen (Sektionsprotokoll und Vorläufiges Gutachten IRM Basel vom 15. Juli 2010, AS 2056; Gutachten Kantonsspital Aarau vom 14. März 2018, AS 2199). Ebenso zu bejahen ist die adäquate Kausalität: die von den Tätern dem Opfer zugefügten schwersten Kopfverletzungen führten zu erwarteten, typischen Komplikationen und schliesslich zum Todeseintritt nach vier Monaten, ohne dass das Opfer das Bewusstsein je wieder voll erlangt gehabt hätte. Ein Behandlungsfehler wird im Gutachten des IRM Basel ausgeschlossen: «Für eine Unterbrechung der Kausalkette zwischen Trauma und Todeseintritt, z.B. durch ein unabhängiges inneres Leiden oder einen allfälligen medizinischen Behandlungsfehler, ergeben sich anhand der postmortalen Untersuchungsergebnisse und der vorliegenden Krankenunterlagen keine Hinweise» (AS 2075). Daran würde sich aber selbst dann nichts ändern, wenn bei der Behandlung des Opfers im Spital auch Fehler gemacht worden sein sollten, wie an der Berufungsverhandlung geltend gemacht wurde (Stichwort: ungenügende Hochlagerung beim und nach dem Essen). Dass die Angehörigen sich nach den wiederholten Lungenentzündungen letztlich gegen die Ausführung weiterer lebensverlängernder medizinischer Massnahmen (u.a. von den Neurochirurgen empfohlene spinale Drainage des Hydrocephalus, erneute antibiotische Behandlung) und sich einzig noch für palliative Pflege aussprachen, ist angesichts der langen Leidensgeschichte, des gesundheitlichen Zustandes des Opfers (schwere neurokognitive Defizite, Bewusstseinsstörung, halbseitige Lähmung) und der fehlenden Aussicht auf nachhaltige Heilung nachvollziehbar und bewirkt ebensowenig eine Unterbrechung der Kausalkette. Dieser Entscheid ist weder aussergewöhnlich, noch von derartiger Bedeutung, dass damit die adäquate Kausalität unterbrochen worden wäre. Schon gar nichts ändert sich an diesem Schluss mit Blick auf die Erstbeurteilung von Dr. […], der als Notfallarzt im Spital als erster mit dem Opfer konfrontiert war, wonach bei normalem Heilungsverlauf nicht mit dem Ableben zu rechnen sei (AS 00023). Dieser groben Erstdiagnose kann im Vergleich mit den fachärztlichen Gutachten keinerlei Bedeutung zukommen. Dass alle drei Aspirationspneumonien bei fachgerechter Pflege und Beachtung der Präsdispositionen hätten vermieden werden können, wie der Beschuldigte B.___ ausführen liess (DT AS 1089), ist eine Spekulation, die von den Gutachtern nicht geteilt wird, und wäre wie gesagt nicht von derartiger Bedeutung, dass von einer relevanten Unterbrechung der Kausalkette auszugehen wäre. Wenn der Beschuldigte B.___ ausführen lässt, die dritte Aspirationspneumonie habe nicht er ausgelöst, sondern diese habe ihre Ursache in einer unsachgemässen Behandlung, verkennt er die hohen Anforderungen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung an die Unterbrechung der Kausalkette. Aus BGE 109 IV 18 (Regeste: «Ein Milzriss, der ohne sofortigen operativen Eingriff mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führt, ist eine lebensgefährliche Verletzung. Ob im konkreten Fall rasche medizinische Hilfe zur Stelle sei oder nicht, ist unerheblich»). ergibt sich für den vorliegenden Fall jedenfalls nichts Entlastendes. Von einer «Zusatzursache, die derart ausserhalb des normalen Geschehens liegt, derart unsinnig ist, dass damit nicht zu rechnen war», kann hier nicht die Rede sein. Es bleibt bei der Feststellung der Gutachter: «Für die Unterbrechung der Kausalkette zwischen Trauma und Todeseintritt, z.B. durch ein unabhängiges inneres Leiden oder einen allfälligen medizinischen Behandlungsfehler, ergäben sich anhand der postmortalen Untersuchungsergebnisse keine Hinweise.» (AS 2075). Entsprechende Ergänzungsfragen an die Gutachter wurden vom Beschuldigten B.___ im Übrigen weder vor Auftragserteilung noch nach Erhalt des Gutachtens gestellt. Wenn die Verteidigung des Beschuldigten B.___ vor dem Berufungsgericht bei der Frage nach der Adäquanz das Beispiel vorbringt, dass jemand in einem Spital von einem Amokläufer getötet wird, wobei dieser Tod nicht mehr der Zuständigkeit dessen angerechnet werde, der den Spitalaufenthalt verursacht habe, hat das mit der vorliegenden Konstellation gar nichts mehr zu tun.
5.2.3.1 Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besonderen Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft (Art. 111 StGB). Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren (Art. 112 StGB).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zeichnet sich der Mord durch eine aussergewöhnlich krasse Missachtung fremden Lebens bei der Durchsetzung eigener Absichten aus. Das Gesetz strebe an, den skrupellosen, gemütskalten, krass und primitiv egoistischen Täter zu erfassen, der ohne soziale Regungen sei und sich daher zur Verfolgung seiner eigenen Interessen rücksichtslos über das Leben anderer Menschen hinwegsetze (BGE 115 IV 8 E. 1b; 117 IV 369 E. 17; 118 IV 122 E. 2b; 120 IV 265 E. 3a; 127IV10 E. 1.a; Urteil 6S.163/1998 vom 23. November 1999, Pra 2000, Nr. 73, 430; Urteil 6S.10/2004 vom 1. April 2004 E. 4; Urteil 6B_82/2009 vom 14.Juli2009 E. 2.3; Urteil 6B_21/2010 vom 4. März 2010 E. 6.3; Urteil 6B_914/2010 vom 7. März 2011 E. 2.2). Die besondere Skrupellosigkeit muss aus der Tat selber hervorgehen. Umstände aus der Zeit vor und nach der Tat sind unbeachtlich, soweit sie nicht zur Beurteilung des Verbrechens, sondern unabhängig von diesem zur Würdigung der Persönlichkeit des Täters herangezogen werden. Im Sinne der erwähnten Auslegung werten die h.L. und Rechtsprechung den besonders verwerflichen Beweggrund bzw. Zweck der Tat und die besonders verwerfliche Art der Ausführung als Regelbeispiele für die besondere Skrupellosigkeit, wobei nur eine Gesamtwürdigung aller äusseren und inneren Umstände des konkreten Falles zu diesem Rückschluss berechtigt. Mit Recht wird Habgier, die sich in der Tötung um materiellen Gewinnes willen manifestiert, als Indiz für verwerfliche Gesinnung gewertet. Klassischerweise als Mord gelten somit Tötungen zum Zwecke eines Raubes (BGE 114 IV 188; Urteil 6B_734/2011 E. 7.2 vom 3. April 2012: «für Mord typische Fälle sind die Tötung eines Menschen zum Zwecke des Raubes») oder eines Diebstahls (BGE 100 IV 148).
5.2.3.2 Die Täter verschafften sich vorliegend zwecks Diebstahls, demnach aus rein pekuniären Interessen, Zugang zum Haus, nachdem ihnen [das Opfer] die Haustüre geöffnet hatte. Sie machten ihn in der Folge auf äusserst brutale Weise zum Widerstand unfähig, indem sie mit roher Gewalt, u.a. mit Gegenständen (Schlagwerkzeugen), auf ihn einschlugen, wobei er weitaus überwiegend am Kopf traktiert wurde. Der 71-jährige Mann war den beiden deutlich jüngeren Tätern sowohl körperlich als auch zahlenmässig unterlegen. Das Opfer wurde gefesselt, stark verletzt zurückgelassen und das Hilfeholen erschwert, indem die Täter die Türe abschlossen und den Hausschlüssel mitnahmen. Die Täter opferten ein Menschenleben, um an die beabsichtigten materiellen Werte zu gelangen. Dieses gesamte Vorgehen zeugt von krassem Egoismus und Habgier, grosser Gefühlskälte, Gleichgültigkeit und Rücksichtslosigkeit. Nicht nur ihr Beweggrund, sondern auch die Art der Tatausführung erscheinen als besonders verwerflich i.S.v. Art.112StGB. Die besondere Skrupellosigkeit als qualifizierendes Merkmal ist demgemäss erfüllt.
5.2.4.1 In subjektiver Hinsicht erfordert Art. 112 StGB Vorsatz. Gemäss Art. 12 Abs. 2 StGB verübt ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt.
Direkter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter um die Tatumstände weiss und er den Willen hat, den Tatbestand zu verwirklichen. Der Täter muss sich gegen das rechtlich geschützte Gut entscheiden, die Verwirklichung des Tatbestandes muss das eigentliche Handlungsziel des Täters sein oder ihm als eine notwendige Voraussetzung zur Erreichung seines Ziels erscheinen.
Dass die Beschuldigten mit direktem Vorsatz gehandelt haben – also der Tod des Opfers ihr direktes Handlungsziel war – lässt sich trotz der mehreren und schwerwiegenden Attacken gegen den Kopf des Opfers unter Beachtung des Grundsatzes «in dubio pro reo» nicht rechtsgenüglich nachweisen. Zu prüfen ist somit, ob die Beschuldigten mit Eventualvorsatz gehandelt haben.
5.2.4.2 Ein eventualvorsätzliches Verhalten liegt vor, wenn der Täter die Verwirklichung des tatbestandsmässigen Erfolges als Folge seines Verhaltens für möglich hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt bzw. sich mit ihm abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 125 IV 242 E. 3c S. 251). Der eventualvorsätzlich handelnde Täter weiss um die Möglichkeit bzw. das Risiko der Tatbestandsverwirklichung und handelt trotzdem (Urteil des Bundesgerichts 6S.378/2002 vom 11.2.2003).
Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft innere Tatsachen. Bei einem fehlenden Geständnis des Täters muss aus äusseren Umständen auf diese inneren Tatsachen geschlossen werden. In der Praxis stützt sich das Gericht beim Nachweis des Eventualvorsatzes somit auf äusserlich feststellbare Indizien, die es erlauben, Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Täters zu ziehen. Zu den relevanten Umständen für die Entscheidung der Frage, ob ein Täter eventualvorsätzlich handelte, gehören die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung, die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung, die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung. Je grösser das Risiko des Erfolgseintritts ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto näher liegt die tatsächliche Schlussfolgerung, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen und damit eventualvorsätzlich gehandelt. Dahinter steckt der Gedanke, dass in der Missachtung elementarer Sorgfaltsregeln eine Gleichgültigkeit gegenüber Integritätsinteressen Dritter zum Ausdruck kommt, welche – in besonders krassen Fällen – auch den Schluss auf die Inkaufnahme des Verletzungserfolgs zulässt (BGE 135 IV 12 S. 17 E. 2.3.2). Eventualvorsatz kann indessen auch vorliegen, wenn der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs nicht in diesem Sinne sehr wahrscheinlich, sondern bloss möglich war. Doch darf nicht allein aus dem Wissen des Täters um die Möglichkeit des Erfolgseintritts auf dessen Inkaufnahme geschlossen werden. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen (BGE 133 IV 9 E. 4.1 S. 17; 133 IV 1 E. 4.5 S. 6f.; je mit Hinweisen). Solche Umstände liegen namentlich vor, wenn der Täter das ihm bekannte Risiko nicht kalkulieren und dosieren kann und das Opfer keine Abwehrchancen hat (BGE 133 IV 1 E. 4.5 S. 7; 131 IV 1 E. 2.2 S. 5). Zu den relevanten Umständen können aber auch die Beweggründe des Täters und die Art der Tathandlung gehören (BGE 130 IV 58 E. 8.4).
5.2.4.3 Das Bundesgericht hat sich in seiner jüngeren Rechtsprechung verschiedentlich mit Körperverletzungen in Folge von Fusstritten gegen den Kopf des Opfers befasst, wobei teils die Abgrenzung der einfachen zur versuchten schweren Körperverletzung, teils die Abgrenzung der Körperverletzungsdelikte zur versuchten eventualvorsätzlichen Tötung zur Beurteilung stand (vgl. Urteile 6B_181/2015 vom 23. Juni 2015; 6B_1250/2013 vom 24. April 2015; 6B_839/2014 vom 21. April 2015; 6B_901/2014 vom 27. Februar 2015; 6B_222/2014 vom 15. Juli 2014; 6B_222/2014 vom 15. Juli 2014; 6B_370/2013 vom 16. Januar 2014; 6B_45/3013 vom 18. Juli 2013; 6B_954/2010 vom 10. März 2011; 6P.184-188 und 6S.418/2006 vom 21. Februar 2007).
Dabei hielt das Bundesgericht wiederholt fest, dass es sich bei der Kopfregion um einen besonders sensiblen Bereich des menschlichen Körpers handle und dass Kopfverletzungen (insbesondere Verletzungen der Hirnregion) gravierende Folgen nach sich ziehen könnten. Dies stimme überein mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts, das mehrfach festgehalten habe, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Fusstritte und Faustschläge in den Kopfbereich eines am Boden liegenden Opfers – selbst wenn dieses sich zusammenrolle und den Kopf mit den Händen zu schützen versuche – zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität führen könnten (Urteile 6B_1180/2015 vom 13. Mai 2016, 6B_208/2015 vom 24. August 2015 E. 12.4; 6B_181/2015 vom 23. Juni 2015 E.2.3; vgl. auch die Urteile 6B_132/2015 vom 21. April 2015 E. 2.3.2; 6B_222/2014 vom 15. Juli 2014 E.1.4; ferner 6B_901/2014 vom 27. Februar 2015 E. 2.7.3).
Im Urteil 6B_643/2011 vom 26. Januar 2012 führte das Bundesgericht in E. 2.3 aus: «Mehrfache hochgradig gewaltintensive Faustschläge gegen den ungeschützten Kopf bzw. in das ungeschützte Gesicht eines Opfers sind angesichts der bekannten Empfindlichkeit der Kopfregion eines Menschen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens geeignet, lebensgefährliche Verletzungen oder gar den Tod des Betroffenen herbeizuführen. Eine solche massive Gewalteinwirkung gegen den Kopf eines Menschen ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge auch geeignet, einen unkontrollierten Sturz des Opfers mit tödlichen Folgen zu bewirken. Wer wie der Beschwerdeführer einem Menschen in blinder Wut mehrfach die Faust mit aller Kraft massiv in das Gesicht/gegen den Kopf schlägt, weiss nicht nur um das Risiko tödlicher Verletzungen infolge der Faustschläge, sondern er weiss auch, dass das Opfer infolge einer derartig wuchtigen Gewalteinwirkung unkontrolliert stürzen, mit dem Kopf hart aufprallen und sich dabei tödliche Verletzungen zuziehen könnte. Mit andern Worten stellt sich das Risiko eines unkontrollierten Sturzes mit tödlichem Ausgang bei wiederholten hochgradig gewalttätigen Faustschlägen gegen den Kopf bzw. das Gesicht eines Menschen nicht mehr als ein blosses Unfallgeschehen dar, sondern als voraussehbare Folge der erfolgten massiven Gewalteinwirkung. Der Beschwerdeführer musste mithin ernsthaft damit rechnen, dass die wuchtigen Faustschläge gegen den Kopf bzw. in das Gesicht des Opfers tödliche Folgen nach sich ziehen könnten. Die Wissenskomponente des Vorsatzes ist gegeben.
Auch die Willenskomponente ist zu bejahen. Indem der Beschwerdeführer mit der Faust mehrfach mit hochgradiger Gewaltintensität gegen den Kopf bzw. in das Gesicht des Opfers schlug, musste sich ihm der Todeseintritt – als Folge der massiven Faustschläge oder eines dadurch ausgelösten unkontrollierten Sturzes – als so wahrscheinlich aufdrängen, dass sein Verhalten vernünftigerweise nur als Inkaufnahme der Verwirklichung des Erfolgs ausgelegt werden kann. Dass dem Beschwerdeführer die Folgen seines Tuns bzw. das Leben des Opfers völlig gleichgültig waren, zeigt sich im Übrigen auch darin, dass er auf dieses bzw. dessen Kopf auch noch einschlug, als es bereits regungs- und wehrlos am Boden lag.»
Der vorinstanzliche Schuldspruch wegen eventualvorsätzlicher Tötung wurde vom Bundesgericht bestätigt.
Gleich urteilte das Bundesgericht mit Entscheid 6B_330/2012 vom 14. Januar 2013 bei mehreren Schlägen mit einem Baseballschläger gegen den Kopf eines Menschen und mit Entscheid 6B_221/2016 vom 20. Mai 2016 (mehrere Schläge mit einem 1,2 kg schweren Stein gegen den Kopf eines Menschen).
5.2.4.4 Die Beschuldigten B.___ und C.___ gingen in einem beispiellosen Gewaltexzess mit hochgradiger Gewaltintensität und äusserst brutal gegen das Opfer vor. Sie verpassten nicht nur mit Fäusten, sondern auch mit einem harten Schlaginstrument dem schliesslich abwehrunfähigen Opfer (kaum Abwehrverletzungen) mindestens acht schwere Schläge alleine gegen den Ober- und Hinterkopf (und daneben mindestens drei Schläge gegen das Gesicht und fünf Schläge gegen den Rumpf und die Extremitäten). Illustrativ sind die beiden Fotographien der Kopfverletzungen auf AS 1087 und 1088. Das Opfer wies keine Abwehrverletzungen auf, die Einwirkungen trafen den ungeschützten Kopf des Opfers. Dadurch erlitt das Opfer schwerste Kopfverletzungen, darunter eine Vielzahl von Schädelbrüchen. Die von den Beschuldigten begangenen Pflichtverletzungen wiegen ausgesprochen schwer und das Risiko des Todeseintrittes lag – auch für die beiden Beschuldigten klar erkennbar – sehr nah. Der Beweggrund war, das Opfer zwecks Vornahme von Diebstählen auszuschalten. Nachdem sie das Opfer schwer verletzt hatten, überliessen die Beschuldigten dieses seinem Schicksal. Es befand sich in unmittelbarer Lebensgefahr. Wer derart, teilweise mit stumpfen bzw. scharfkantigen Gegenständen auf den Kopf eines Menschen einschlägt, das Opfer fesselt, es in schwerverletztem Zustand zurücklässt, muss den Tod ohne Weiteres für möglich halten und nimmt zumindest in Kauf, dass der Tod die Folge sein kann. Damit handelten die Täter eventualvorsätzlich, wobei eine gewisse Nähe zum direkten Vorsatz nicht zu übersehen ist; der subjektive Tatbestand ist erfüllt. Dass das Opfer schliesslich nicht direkt an den schweren Verletzungen gestorben ist, sondern aufgrund einer typischen Komplikation nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma und anschliessender Einstellung der medizinischen Massnahmen, ändert an der Vorhersehbarkeit des Todeseintrittes im Rahmen des Eventualvorsatzes nichts: es handelt sich dabei um eine von der Vorstellung der Täter unwesentliche Abweichung im Kausalverlauf, es kann dazu auf die vorstehenden Erwägungen zur Frage der adäquaten Kausalität verwiesen werden. Mord ist auch bei Eventualvorsatz hinsichtlich der Tötung möglich (Urteil des Bundesgerichts 6B_719/2012 E. 1.5 vom 13. Mai 2013).
5.2.5 Damit ist der Schuldspruch der Vorinstanz wegen Mordes gegen die beiden Beschuldigten B.___ und C.___ zu bestätigen. Sie haben dabei in Mittäterschaft gehandelt: beide schlugen auf das Opfer ein und für beide war das hohe Risiko des Todeseintrittes unschwer erkennbar. Sie handelten im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses und Tatplans und sie müssen sich die Handlungen des jeweils anderen gegenseitig anrechnen lassen. Der Schuldspruch wegen Mordes konsumiert beim Raub die Qualifikation nach Art. 140 Ziffer 4 StGB.
V. Delikt [Ort 4]
1. Vorhalt
Bandenmässiger Raub (Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 2 StGB; Beschuldigte B.___ und C.___), AZ 3
Den Beschuldigten B.___ und C.___ wird vorgehalten, am 3. Februar 2010, um 09:25 Uhr, in [Ort 4], zum Nachteil [einer Bijouterie], [des Geschäftsführers der Bijouterie] und H.___, einen Raub begangen zu haben, indem die Beschuldigten in Mittäterschaft mit einer unbekannten Person (allenfalls V.___) den Geschäftsführer […] sowie die Angestellte H.___ vorsätzlich zum Widerstand unfähig gemacht hätten, weil sie die Geschädigten mit Gewalt überwältigt, mit einer Schusswaffe bedroht und mit Kabelbindern an Füssen und Händen gefesselt hätten. Anschliessend hätten sie die Geschädigten in den Toiletten-Raum beordert, ohne aber die Türe zuzusperren und aus dem Tresor, den Vitrinen, vom Handgelenk und aus der Brieftasche des geschädigten Geschäftsführers in unrechtmässiger Bereicherungs- und Aneignungsabsicht Schmuck und Bargeld im Wert von CHF 856'122.20 gestohlen. Insgesamt hätten die Beschuldigten rund 98 Armbanduhren, unter anderem der Marken Baume + Mercier und Corum, rund 121 Fingerringe, diverse Schmuckanhänger, Ohrschmuck, Colliers und Edelsteine (siehe auch Deliktsverzeichnis AS38007 ff) sowie Bargeld im Betrag von CHF 500.00 weggenommen.
Die Beschuldigten hätten in Mittäterschaft mit einer weiteren unbekannten Person gehandelt. Sie hätten sich minutiös auf die Tat vorbereitet. Dazu hätten auch das Auskundschaften des Objekts und kurz vor der Tat eine Visite im Geschäft gehört, wobei sie sich nach teuren Uhren erkundigt hätten. Dadurch sei ihnen auch bekannt gewesen, dass regelmässig mindestens zwei Personen im Objekt anwesend gewesen seien. Sie hätten sich deshalb ausdrücklich entschieden, die Tat zu dritt mit einer klaren Rollenverteilung und Arbeitsaufteilung auszuführen. Im Rahmen der Vorbereitung hätten sie eine gewalttätige Konfrontation mit den Geschädigten in ihre Planung mit einbezogen, was sich unter anderem daraus ergebe, dass sie Kabelbinder und Schusswaffen mitgenommen hätten, um den Widerstand der Geschädigten zu brechen und diese zu fesseln. Sie hätten sich daher ausdrücklich oder zumindest konkludent entschlossen, auf die Geschädigten gemeinsam Gewalt auszuüben, um Schmuck, Bargeld und andere Wertgegenstände in möglichst hohem Wert unter Überwindung des Widerstands der Geschädigten zu stehlen. Ein Täter, mutmasslich B.___, habe [den Geschäftsführer] von hinten an der rechten Schulter gepackt und den Arm um ihn gelegt. Er habe ihm die Schusswaffe in die linke Rippengegend gepresst und verlangt, dass sich die beiden Geschädigten auf den Boden legten. Auch der zweite Täter sei mit einer Schusswaffe bewaffnet gewesen, er habe die Geschädigte H.___ auf den Boden gedrückt. Anschliessend hätten die zwei Täter je einen Geschädigten gefesselt, während der dritte Täter bereits die Beute behändigt und im Verkaufsraum das Geschehen draussen beobachtet habe. Der dritte Täter habe damit auch die Aufgabe übernommen, vor Gefahren wie einer anrückenden Polizei oder Kundschaft zu alarmieren. Die Beschuldigten hätten Rollenverteilung und Arbeitsaufteilung vor dem Überfall im Detail abgesprochen. Sie hätten bestimmt, in welcher Reihenfolge sie den Laden beträten, wer die Konversation führe, wer welche Person überwältige und fessle und schliesslich, wer in welchen Räumen nach Schmuck suche. Die genauen Tatbeiträge beim Überfall liessen sich den einzelnen Beschuldigten nicht zuweisen. Aufgrund der Spurenauswertung sei jedoch davon auszugehen, dass B.___ den [Geschäftsführer] überwältigt habe. Die Tatbeiträge beider Beschuldigter seien jedoch für die erfolgreiche Tatausführung entscheidend gewesen. Jeder habe sich den Tatbeitrag des andern Mittäters zu eigen gemacht, weshalb sich infolge Mittäterschaft jeder die Tatbeiträge des andern wie seinen eigenen anrechnen lassen müsse.
Die Bandenmässigkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beschuldigten konkludent oder ausdrücklich den Entschluss gefasst hätten, inskünftig in einem festen Team mit zugewiesener Arbeits- und Rollenaufteilung mehrere selbständige, im Einzelnen allenfalls noch unbestimmte Straftaten zu verüben. Zu diesem Zweck seien B.___ und C.___ bereits 2009 in die Schweiz eingereist. Primär hätten sich die Beschuldigten auf Bijouterien als Tatobjekte spezialisiert, aber nicht nur. In die Bande seien nur Personen aufgenommen worden, welche man bestens gekannt habe und die das Vertrauen der Bandenmitglieder genossen hätten. Nach der Tat in [Ort 4] hätten B.___ und C.___ in Mittäterschaft mit D.___ den Raubüberfall auf [das Opfer] am 14. März 2010 verübt. D.___, welcher sich bereits mit anderen Bandenmitgliedern am Diebstahl in Dubai zum Nachteil [einer Juwelierfirma] am 27.April2007 beteiligt gehabt habe und auf Delikte solcherart spezialisiert gewesen sei, habe als Kopf der Bande den Raubüberfall auf [das Opfer] sorgfältig und minutiös geplant und organisiert. Am 20. Mai 2010 sei der Beschuldigte B.___ in Mittäterschaft mit D.___, V.___ ([…]) und [...] ein weiteres Mal zur Tat geschritten und habe [eine Bijouterie in der französischen Stadt 1] ausgeraubt. Zu weiteren Straftaten sei es in der Folge nur deshalb nicht mehr gekommen, weil die Täter kurz nach der Tat in [in der französischen Stadt 1] verhaftet und zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden seien. Durch den Zusammenschluss zu einer Bande hätten sich die Beschuldigten bessere Erfolgsaussichten bei ihren Taten versprochen, aber auch höhere Deliktsbeträge. Als Bande seien Taten möglich gewesen, die sich nur in einem festen Team realisieren liessen.
Der Vorhalt wird von den Beschuldigten bestritten.
2. Sachverhalt
2.1 Am Mittwoch, 3. Februar 2010, 09.31 Uhr, meldete sich [der Geschäftsführer und Inhaber der Bijouterie] in [Ort 4], über die Notrufnummer 117 bei der Polizei mit der Meldung, er sei im seinem Verkaufsladen soeben überfallen, gefesselt und ins WC gesperrt worden. Von den drei Tätern seien mindestens zwei mit einer Pistole bewaffnet gewesen. Es sei niemand verletzt worden (vgl. Tatbestandsrapport der Kantonspolizei Aargau vom 28. März 2010 gegen unbekannte Täterschaft, AS 38002 ff.). Bei den Unbekannten habe es sich um zwei slawische Typen, welche Englisch gesprochen hätten, gehandelt. Den dritten Täter habe man nur gehört, nicht gesehen. Zur Tatzeit habe sich noch die Angestellte H.___ im Laden aufgehalten. Der erste Täter habe sich explizit nach Uhren der Marke «Corum» in der Schaufensterauslage erkundigt. Er ([der Geschäftsführer]) habe dann das Schaufenster aufgeschlossen. Der Täter habe ihn dann von hinten gepackt und mit einer Pistole bedroht. Sie hätten sich dann in die hinteren Räumlichkeiten begeben, wo sich Frau H.___ aufgehalten habe. Da sei ein zweiter Täter dazu gekommen. Die Täter hätten Frau H.___ zu Boden befohlen, wo sie der zweite Täter mit Kabelbindern an Händen und Füssen gefesselt habe. Der erste Täter habe dann den Tresorschlüssel bei ihm verlangt, den er diesem gezeigt habe. Die Täter, nun noch ein dritter Mann, den sie nur gehört hätten, hätten nun gezielt diverse Luxusuhren und Schmuck behändigt. Nachdem sie ihm die Armbanduhr ebenfalls ausgezogen gehabt hätten, hätten sie ihn auch noch an Händen und Füssen mit Kabelbindern gefesselt und zusammen mit Frau H.___ ins WC gedrängt. Die Türe sei geschlossen, aber nicht verschlossen worden. Die Täter hätten die Haupteingangstüre mit den daran befindlichen Riegeln verschlossen. Die Liegenschaft hätten sie durch den Seiteneingang verlassen, welcher mit einem mitgenommenen Schlüssel ebenfalls verschlossen worden sei. Der Wert des Deliktsgutes betrage rund CHF 850'000.00. Anlässlich der Einvernahme vom 3. Februar 2010 gab [der Geschäftsführer der Bijouterie] – nach verdächtigen Feststellungen in der Vergangenheit gefragt – an, vor ca. zwei Monaten sei ein Kunde, ebenfalls englischsprechend, ins Geschäft gekommen. Dieser habe sich nach derselben Uhrenmarke «Corum» erkundigt in derselben Vitrine wie heute. Er habe dem Mann damals die Preise genannt und Prospekte mitgegeben. Der Mann habe danach das Geschäft verlassen und sei draussen in ein Auto mit ZH-Schildern gestiegen. Weil er sich vorsichtig verhalte, habe er sich die ZH-Nummer des PWs aufgeschrieben. Er werde noch mal nachschauen, ob er den Zettel noch finde. Es sei damals auch ein Ostblock-Typ gewesen. Auf dem Beifahrersitz habe sich damals sicher noch eine Person befunden (AS 38041 f.). Getätigte Abklärungen ergaben, dass die Ehefrau des Zeugen L.___ damals die Besitzerin des genannten Kontrollschildes ZH-[…] war (Wechselschild, AS 38219 ff.). Sowohl die Besitzerin als auch L.___ wollten auf Nachfrage der Polizei nie mit den Fahrzeugen in [Ort 4] gewesen sein (AS 38224 ff.). Der Geschädigte konnte niemanden aus der Familie von L.___ als damaligen Besucher identifizieren, womit diese Abklärungen ergebnislos verliefen. Ermittlungen gegen mehrere Russen, die wenige später bei einem Raubüberfall auf eine Bijouterie in Interlaken verhaftet wurden (am 8. Februar 2010), verliefen ebenfalls ergebnislos.
Das im Zusammenhang mit dem Raubüberfall vom 3. März 2010 in [Ort 4] auch gegen V.___ eröffnete Verfahren wurde mit Verfügung vom 23. März 2020 eingestellt (Ausschluss durch DNA-Analyse, AS 39172.1 ff.).
2.2.1 Im Verlaufe seiner Befragungen zum Delikt «[Ort 1]» machte der Zeuge L.___ auch Aussagen zum Raubüberfall in [Ort 4]. Der Raub sei von den Beschuldigten B.___ und C.___ zusammen mit einer Drittperson, deren Namen er nicht nennen wolle, begangen worden. Bei der letzten Einvernahme als Zeuge im Vorverfahren am 14. Mai 2019 (AS 7109 ff.) gab der Zeuge L.___ – auf Frage, ob es noch weitere Delikte gebe, zu denen er Aussagen machen könne – an, es gebe noch eine Sache, einen Raub in der Nähe von […], in [Ort 4]. Dort hätten C.___, B.___ und noch eine Person einen Raub gemacht. Es sei eine Bijouterie gewesen. Er habe C.___ ein paar Mal mit dem Auto dorthin gefahren, dieser habe dort eine etwas ältere Freundin gehabt. […]. Er habe ihn dann rausgelassen und habe die Frau nur einmal gesehen. Sie heisse glaublich B.O.___. Da sei er sich aber nicht sicher. Nach seiner Erinnerung sei die Frau mit einem Cabrio mit Harttop gekommen. Nach seiner Erinnerung habe C.___ diese Bijouterie an diesem Ort gefunden. (aF, was er noch von diesem Raub wisse?) Nach dem Raub habe ihn X.___ von der Garage aus angerufen. Er sei dorthin gegangen und sie hätten ihm die Tasche mit der Beute gegeben. Er habe in der Garage C.___ und B.___ gesehen. Die dritte Person habe er nicht gesehen. Über diese Person möchte er nicht reden, das sei zu riskant für ihn. Er habe die Tasche im grossen Parkhaus im Glattzentrum einem Mann gegeben. Mehr möchte er wegen der Sicherheit für sich und seine Familie nicht sagen. Er habe die Tasche einfach schnell wegbringen müssen. Er habe von der Beute sicher nichts erhalten, das sei zu riskant. Ev. habe er später etwas dafür erhalten. Der Mann, über den er nicht sprechen wolle, sei ein sehr mächtiger Mensch in Serbien. (aF) Das Delikt in [Ort 4] sei vor [Ort 1] gewesen. (aF) Die Leute, die den Raub gemacht hätten, hätten danach Geld aus Serbien erhalten. … (aF) Ja, C.___ habe in [Ort 4] eine ältere Frau als Freundin gehabt, dazu noch eine andere Frau, an die er sich nicht mehr genau erinnern könne. Die Frau von [Ort 4] habe ihre Sprache gesprochen, Serbokroatisch. Mit C.___ meine er den Sohn von [CC]. … (aF) Nach dem Raub in [Ort 4] habe er beide, C.___ und B.___, gesehen. Wer ihm die Tasche konkret übergeben habe, könne er nicht mehr sagen, es sei aber einer dieser beiden gewesen. (aF, wieso er gewusst habe, dass in der Tasche die Beute aus [Ort 4] gewesen sei. Er habe gesagt «sie» hätten es ihm gesagt. Wen er mit «sie» konkret gemeint habe?) Er habe damit C.___ und B.___ gemeint. Vielleicht hätten sie ihm nicht genau gesagt von [Ort 4]. Aber für ihn sei es klar gewesen. (aF, weshalb er die Tasche genommen habe im Wissen darum, dass sich Diebesgut darin befinde?) Er habe Fehler gemacht und dafür müsse er sich verantworten. (aF, ob ihm jemand gesagt habe, dass C.___ und B.___ den Raub in [Ort 4] zusammen begangen hätten?) Er habe beide, also B.___ und C.___, nach dem Raub gesehen und die Tasche übernommen. (aF, wer ihm den Auftrag erteilt habe, die Tasche jemandem zu überbringen?) Dazu äussere er sich nicht. (aF, ob dies das einzige Mal gewesen sei, dass man ihm eine Tasche mit Deliktsgut übergeben habe?) Für einige Sachen sei er schon verurteilt worden, das sei bekannt, zu anderen Sachen möchte er sich nicht äussern. Zur Bezahlung für den Transport und die Übergabe der Tasche möchte er sich nicht äussern. (aF, wieso B.___ und C.___ gerade ihm gegenüber die Tat in [Ort 4] eingestanden haben sollten?) Das hätten sie nicht getan, er habe aber die Tasche mit der Beute gesehen.
Am 31. Mai 2021 gab er vor Amtsgericht als Zeuge an (DT AS 918 ff.): (aF) Zum Verhältnis zu C.___ und B.___ könne er sagen, dass er denen in [Ort 4] geholfen habe, was er auch teuer bezahlt habe. … (Zum Vorhalt [Ort 4] vom 3. Februar 2010) Dort habe er die Beute genommen und weitergeleitet. Das sei in der Garage von X.___ gewesen. (aF) Daran seien B.___, C.___ und eine dritte Person beteiligt gewesen. Zur dritten Person sage er wegen seiner Sicherheit nichts. Er habe B.___ und C.___ in der Garage gesehen, die dritte Person nicht. Aber als er das Geld gebracht habe, habe er gewusst, dass die dritte Person beteiligt gewesen sei. Sie hätten wahrscheinlich von diesem Geld ihr Leben finanziert. (aF, ob die Täter Gewalt angewendet hätten) Von Gewalt wisse er nichts. Nach seinem Wissen würden sie nicht extra jemanden verletzen, wie bspw. in [Ort 1], da man dafür hohe Strafen erhalten könne. (aF) C.___ habe in [Ort 4] eine Freundin gehabt, glaublich B.O.___. Er habe diese glaublich an einer Tankstelle getroffen. (Auf Vorhalt, dem Geschäftsinhaber der Bijouterie in [Ort 4] sei eine Person aufgefallen, die ein oder zwei Monate vor der Tat ins Geschäft gekommen sei und auffällig gewesen sei. Er habe das Kennzeichen des Fahrzeugs dieses Mannes notiert. Laut Zeugen sei es auf ihn - den Zeugen - bzw. seine Frau eingelöst gewesen. Ob er dafür eine Erklärung habe?) Er habe C.___ ein paar Mal dorthin gefahren. Er selbst sei nie in diesem Laden drin gewesen.
2.2.2 Das forensisch-molekularbiologische Gutachten des IRM Bern vom 14. November 2019 kam zu folgenden Schlüssen: Bei der Spur 10-1454.Q1, Abstrich ab Wange links [des Geschäftsführers der Bijouterie] erscheint es als rund 10 Millionen Mal wahrscheinlicher, die vorliegenden Analyseresultate zu erhalten, wenn die auf der Spur 10-1454.Q1 nachgewiesene DNA [des geschädigten Geschäftsführers], der Person mit PCN 29 509780 69 (Beschuldigter B.___) und einer unbekannten Person stammt, als wenn die DNA von Loosli und zwei unbekannten Personen stammen würde (forensisch-molekularbiologisches Gutachten IRM Bern vom 14. November 2019, AS38278). Bei der Spur 10-1454.Q3, Abstrich ab Kabelbinder weiss (Werkstatt) ist ein Likelihood Ratio (LR) für H1/H2 in der Grössenordnung von 2'300 berechnet worden. Dies bedeutet gemäss Gutachten, dass es 2'300 Mal wahrscheinlicher sei, die vorliegenden Analyseresultate zu erhalten, wenn die auf der Spur 10-1454.Q3 nachgewiesene DNA von der Person mit PCN 29 509780 69 (Beschuldigter B.___) und drei unbekannten Personen stammt, als wenn die DNA von vier unbekannten Personen stammen würde (forensisch-molekularbiologisches Gutachten IRM Bern vom 14.November2019, AS38278 f.). Gemäss AS 1102 ist sodann erstellt, dass das Profil PCN 29 509780 69 B.___ zuzuordnen ist.
2.2.3 Während der Beschuldigte C.___ die Aussage zu diesem Vorhalt verweigerte, gab der Beschuldigte B.___ am 22. Januar 2020 dazu Auskunft (AS 38105 ff.): Er habe mit dem Raubüberfall in [Ort 4] nichts zu tun, er wisse nicht einmal, wo [Ort 4] sei. Er habe L.___ sicher keine Tasche mit Beute gegeben, er sei kein Freund von diesem und habe nichts mit ihm zu tun. Mit seinen falschen Aussagen habe L.___ möglicherweise seine Geschichte mit [Ort 1] bekräftigen wollen. Die in [Ort 4] verwendeten Kabelbinder finde man in vielen Geschäften. (Auf Vorhalt der DNA-Abklärungen) Er verstehe das nicht. Auch in [Ort 1] sei seine DNA an Kabelbindern gefunden worden und auch dort erst später. Da gebe es keine Chance. (Auf Vorhalt, dass er Mitte Februar 2010 viel Geld für den Aufenthalt mit seiner Freundin ausgegeben habe) Er habe ja teure Kleider geklaut und verkauft. Er habe CHF 10'000.00 dafür erhalten. Wenn gesagt werde, es sei für CHF 800'000.00 Schmuck geklaut worden, dann hätte er 10% davon erhalten, also ca. CHF 8'000.00. Dann wäre er in Nizza gewesen mit seiner Freundin oder hätte seine Schulden bezahlt. Wenn er CHF 8'000.00 erhalten hätte, hätte er nicht CHF 4'000.00 mit seiner Freundin ausgegeben. Das mache keinen Sinn. (auf Vorhalt, er habe zunächst gesagt, er sei erst Mitte Februar 2010 in die Schweiz gereist, obwohl dies Ende 2009 gewesen sei) Das habe er nie gesagt. Daran könne er sich nicht erinnern, das müsse ein Fehler sein. Ev. habe er das gesagt, um C.___ und M.___ in Schutz zu nehmen und diesen keine Probleme zu machen.
2.3.1 Die Täterschaft des Beschuldigten B.___ ist aufgrund folgender Umstände rechtsgenüglich nachgewiesen:
- Die Anwesenheit des Beschuldigten B.___ am Tatort ist durch das forensisch-molekularbiologische Gutachten des IRM Bern vom 14. November 2019 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erstellt. Der Fundort der DNA-Spur ab der linken Wange [des geschädigten Geschäftsführers der Bijouterie] deckt sich mit dessen Sachverhaltsdarstellung, wonach er von einem Täter mit dem Arm von hinten um den Hals gepackt worden sei. Dies hat auch Frau H.___ so bestätigt. Zur äusserst unwahrscheinlichen Möglichkeit einer Sekundärübertragung/Drittübertragung kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden.
- Zur Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen L.___ kann auch auf die bisherigen Ausführungen verwiesen werden. Auch hier hat der Zeuge den Beschuldigten B.___ als einen der Täter bezeichnet und die nachfolgenden DNA-Analysen haben dessen Anwesenheit am Tatort bestätigt. Ebenso hat er zutreffend von insgesamt drei Tätern gesprochen. Das ist klares Täterwissen. Wenn er gesagt hat, er wisse nicht, wie genau die Tat in der Bijouterie abgelaufen sei, sagt er einfach die Wahrheit. Ein Falschbelastungsmotiv ist auch hier nicht auszumachen, zumal sich der Zeuge L.___ bei diesem Delikt selbst belastet hat (was auch der Grund sein dürfte, dass er zu diesem Delikt erst am Schluss Aussagen gemacht hat, und was zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten führte). Zudem wurde ein Fahrzeug des Zeugen einige Zeit vor dem Raubüberfall vom Geschädigten im Zusammenhang mit einem angeblichen Kunden vor dem späteren Tatort festgestellt.
- Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch bei diesem Delikt – wie in [in der französischen Stadt 1] und in [Ort 1] – die aussergewöhnlich langen und schwer erhältlichen Kabelbinder verwendet wurden. Dieses Indiz hat wenig Beweiskraft, da die angegebene Länge der Kabelbinder nicht gleich war. Allerdings konnte der Staatsanwalt dafür eine plausible Erklärung liefern: die Behörden im Kanton Aargau hätten wohl die Länge ohne Verschluss gemessen.
- Der Beschuldigte B.___ hat zunächst zum Zeitpunkt seiner Einreise in die Schweiz falsche Angaben gemacht: Er sei am 8. Februar 2010 in die Schweiz eingereist (AS 8010 und 8040). Später räumte er dann ein, bereits im Dezember 2009 in die Schweiz gekommen zu sein (AS 8075).
- Der Beschuldigte B.___ leistete sich Mitte Februar 2010 – also eine Woche nach dem Raubüberfall in [Ort 4] – vergleichsweise teure Ferien [in einem Hotel] in Zürich (Barzahlung von CHF 2'395.10 am 18. Februar 2010, AS 1199), obwohl er sonst mehrheitlich davon sprach, Schulden gehabt zu haben und deshalb von P.___ auch zum Mitmachen [in der französischen Stadt 1] quasi genötigt worden zu sein. Dazu kann auf die bereits zitierten Aussagen des Beschuldigten B.___ verwiesen werden. So gab dann auch N.___ wie bereits zitiert an, in Belgrad habe der Beschuldigte B.___ nicht so viel Geld gehabt, in der Schweiz habe er es dann gehabt. Woher, das wisse sie nicht, er habe ja in Zürich keinen Job gefunden gehabt.
- Der modus operandi entspricht dem Delikt in [in der französischen Stadt 1], an dem der Beschuldigte B.___ mit einer Schusswaffe beteiligt war.
2.3.2 Aber auch die Täterschaft des Beschuldigten C.___ ist rechtsgenüglich erstellt: Der Zeuge L.___ hat ganz offensichtlich die Täterschaft von [Ort 4] gekannt und es ist kein Grund ersichtlich, weshalb er bezüglich des Beschuldigten C.___ eine strafbare Falschaussage machen sollte. Er hätte ja ganz einfach nichts sagen können und sich damit auch selbst geschützt. Im Hinblick auf einen allfälligen Zeugenschutz wären diese zusätzlichen Aussagen am Schluss der Voruntersuchung jedenfalls nicht mehr nötig gewesen. Zudem sind die Angaben des Zeugen hinsichtlich des Beschuldigten C.___ im Zusammenhang mit dem Delikt in [Ort 4] konstant und auch sehr detailreich (bspw. zur Freundin des Beschuldigten C.___ und deren Auto) und damit auch in dieser Hinsicht ausgesprochen glaubhaft. Auch der Beschuldigte C.___ liess bekanntlich am 15. Februar 2010 EURO 1'500.00 durch seine Freundin an seinen Vater überweisen (AS 15210).
2.4 Die Sachverhaltsdarstellung in der Anklageschrift ist damit erstellt. An diesem eindeutigen Beweisergebnis ändert die Tatsache nichts, dass der [geschädigte Geschäftsführer der Bijouterie] einmal glaubte, A.O.___ – der bei einem Raubüberfall am 9. März 2011 in Schaffhausen beteiligt gewesen war – als einen der Täter in seinem Geschäft wieder zu erkennen. Selbst eine Beteiligung von A.O.___ würde die beiden Beschuldigten nicht entlasten, handelte es sich doch damals um drei Täter im Laden. Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Zeuge den Beschuldigten B.___ bei der ersten Fotowahlkonfrontation erkannt hat, aber noch keinen Namen nannte (AS 7013).
3. Rechtliche Würdigung
Die rechtliche Würdigung als bandenmässiger Raub ist eindeutig: die beiden Beschuldigten haben als Mittäter und bandenmässig gehandelt, dazu kann auf die Ausführungen unter den Ziffern III.5.1.3.1 und 5.1.3.2 hiervor verwiesen werden.
Eine Qualifikation der Tat nach Art. 140 Ziffer 2 StGB (Mitführen einer Schusswaffe) ist nicht angeklagt und auch erstinstanzlich – unangefochten – nicht vorgenommen worden, womit sich Ausführungen dazu erübrigen.
VI. Delikt [Ort 3]
1. Vorhalt
Gewerbs- und bandenmässiger Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2 und 3StGB; C.___) sowie Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 StGB; A.___), AZ 4
Den Beschuldigten C.___ und A.___ wird vorgehalten, sie hätten am 29. Juni 2010, um 04:09 Uhr, in [Ort 3], [Einkaufszentrum], zum Nachteil der [Schmuckfirma], einen Diebstahl begangen, indem die Beschuldigten in Mittäterschaft mit einem weiteren Mittäter ("Y.___") vorsätzlich in das Schmuck- und Uhrengeschäft eingebrochen seien und Schmuck wie Fingerringe, Anhänger, Colliers, Ohrringe und Uhren im Wert von total CHF160'200.00 in unrechtmässiger Bereicherungs- und Aneignungsabsicht weggenommen hätten.
Die Beschuldigten hätten in Mittäterschaft gehandelt. Sie hätten beschlossen, den Diebstahl gemeinsam zu verüben. Im Rahmen ihrer Tatplanung hätten sie die Rollenverteilung und Arbeitsaufteilung vereinbart. C.___ habe zusammen mit dem unbekannten Mittäter ("Y.___") das Schmuckgeschäft betreten und die Wertsachen gestohlen, während A.___ mit dem Fluchtauto vor der Liegenschaft Schmiere gestanden sei. Die Tatbeiträge von C.___ und A.___ seien für die erfolgreiche Tatausführung entscheidend gewesen, und infolge Mittäterschaft müsse sich jeder den Tatbeitrag seiner Mittäter wie seinen eigenen anrechnen lassen.
Zur Gewerbsmässigkeit: Der Beschuldigte C.___ sei in dieser Zeit ohne regelmässiges, legales Erwerbseinkommen gewesen. Er habe seinen Lebensunterhalt hauptsächlich mit Vermögensdelikten finanziert, wie sie ihm in dieser Anklage vorgeworfen werden. Durch diese Vermögensdelikte habe C.___ während eines halben Jahres Deliktsgut von einer Million Franken erzielt. Aus der Zeit und den Mitteln (Planung der Tat, Auskundschaften des Tatobjekts, Organisation der Mittäter, Verwertung des Deliktsgutes), die C.___ für seine Taten aufgewendet habe, habe er diesen Diebstahl – unter der Berücksichtigung der anderen Vermögensdelikte – in der Art eines Berufes verübt, weil er sich darauf eingerichtet habe, durch Vermögensdelikte einen namhaften Beitrag an seine Lebenshaltungskosten zu erzielen.
Zur Bandenmässigkeit: Nachdem beim Raubüberfall am 20. Mai 2010 in [in der französischen Stadt 1] die Bandenmitglieder D.___ und B.___ verhaftet worden seien, sei der Beschuldigte C.___ gezwungen gewesen, andere Bandenmitglieder einzuspannen. Aus diesem Grund habe er sich für diesen Diebstahl unter anderem mit dem ihm bekannten A.___ zusammengeschlossen, welcher im Übrigen das Vertrauen von D.___ genossen habe. Im Weiteren werde auf die bisherigen Ausführungen zur Bandenmässigkeit verwiesen.
Der Vorhalt wird von den Beschuldigten bestritten.
2. Sachverhalt
2.1 Gemäss Rapport der Kantonspolizei Aargau vom 5. September 2010 meldete die Certas am 29. Juni 2010, 04.09 Uhr, den Eingang eines Einbruchalarmes in der [Schmuckfirma] im [Einkaufszentrum] in [Ort 3] (AS 36000 ff.). Die ausgerückte Patrouille meldete, dass sie die Verfolgung eines dunkelfarbigen […] PW Renault […] mit den Kontrollschildern ZH-[...] aufnehme. Diesem sei vorgängig eine aus dem [Einkaufszentrum] eilende männliche Person zugestiegen, worauf sich das Auto unbeleuchtet und mit rasantem Tempo in Richtung Zürich entfernt habe. Die genannten Kontrollschilder seien im Ripol als gestohlen ausgeschrieben. Nach wenigen Kilometern habe die Verfolgung dann erfolglos abgebrochen werden müssen, da die Patrouille den PW in Schlieren aus den Augen verloren habe. Bei der Kontrolle bei der Bijouterie seien mehrere aufgebrochene Vitrinen festgestellt worden. Der Wert des gestohlenen Schmuckes betrage insgesamt rund CHF 160'000.00. Die weiteren polizeilichen Ermittlungen verliefen erfolglos.
2.2 Im Verlaufe seiner Befragungen zum Delikt «[Ort 1]» machte der Zeuge L.___ schon früh auch Aussagen zum Einbruchdiebstahl in [Ort 3]. Am 29. August 2018 gab er als Zeuge auf die Frage, ob er noch weiteres über den Beschuldigten C.___ sagen könne, an (AS 7073 ff.), er selbst habe einmal ein Auto gekauft, einen Renault […], den er nach Serbien habe verkaufen wollen. Dieser habe aber Motorprobleme gehabt. Das Auto habe einen grossen Rauch gemacht hinten, so grossen Rauch, dass man damit nicht nach Serbien habe fahren können. Also habe er versucht, einen Abschleppwagen zu organisieren, aber dies wäre zu teuer gewesen und er hätte kein Geld mehr verdient. Deshalb habe er das Auto zu X.___ in die Garage gebracht. Dieser habe ihm oft Autos billig repariert. X.___ habe ihn dann angerufen, 2009 oder 2010, und habe gesagt, es gebe ein grosses Problem, er wolle aber nicht am Telefon darüber sprechen. Er solle zu ihm in die Garage kommen. Er selbst sei da gerade aus Serbien zurückgekommen. X.___ habe ihn am Vormittag angerufen, er selbst sei da am Schlafen gewesen, müde von der Fahrt aus Serbien. Trotzdem sei er hingegangen, X.___ habe gesagt, es sei wichtig. In der Garage seien X.___ und Y.___ gewesen. X.___ habe ihm gesagt, Y.___ und C.___ hätten in der Nacht zuvor in einer Ortschaft einen Einbruch gemacht. Es sei in einer Ortschaft zwischen Solothurn und Zürich, wo [ein Möbelgeschäft] sei. (aF) Ja, in [Ort 3]. [Das Möbelgeschäft] sei in einem anderen Haus, das betroffene Einkaufszentrum werde gerade umgebaut, renoviert. X.___ habe ihm gesagt, sie hätten für den Einbruch seinen Renault […] genommen. Ob ihnen X.___ den Wagen gegeben habe oder ob sie ihn einfach genommen hätten, wisse er nicht. Sie hätten gestohlene Kontrollschilder an das Fahrzeug getan. Jedenfalls hätten sie das Fahrzeug genommen, ohne ihn (den Zeugen) zu fragen. Y.___, A.___ und C.___ hätten sich einen Fluchtweg organisiert gehabt, damit sie nicht über die Hauptstrasse hätten flüchten müssen. Sie hätten irgendeine Barriere durchbrechen wollen. Jedenfalls sei jemand auf den Einbruch aufmerksam geworden, die Polizei sei gekommen und sie hätten flüchten müssen. A.___ habe mit laufendem Motor gewartet. Y.___ habe sich knapp ins Fahrzeug retten können, die Türe sei noch offen gewesen, als sie losgefahren seien. Sie hätten aber C.___ einfach zurückgelassen an Ort und Stelle. A.___ habe schliesslich die Polizei abhängen können. Dieser sei bekannt als guter Fahrer, der die Polizei immer wieder habe abhängen können. Jedenfalls hätten sie fliehen können, hätten aber auf der Flucht am [Renault] eine Felge beschädigt und schliesslich sei auch der Pneu kaputt gegangen. C.___ sei dann zu Fuss nach Zürich gelaufen zu X.___s Wohnung, [...], weil er aus Angst nicht den öffentlichen Verkehr habe benutzen wollen. C.___ habe kein Telefon gehabt und habe dann von dort aus X.___ angerufen. X.___ habe ihn dann abgeholt und zur Garage gebracht. C.___ sei sehr wütend gewesen, weil ihn die anderen einfach zurückgelassen hätten und es habe beinahe eine Schlägerei gegeben. C.___ habe mit einem Werkzeug auf die anderen los gehen wollen. X.___ habe sie aber beruhigen können. Er selbst sei auch wütend geworden, weil er den [Renault] ja auf seinen Namen gekauft gehabt habe. Jedenfalls hätten sie ihm angeboten, ihm den Wagen abzukaufen. Er habe gesagt, das sei ok, aber er müsse ja noch einen Beleg haben, wem er den Wagen verkauft habe. X.___ habe ihm dann das Geld gegeben und eine Rechnung gemacht. (aF) Der [Renault] sei silbrig gewesen. (aF) Es sei um eine Bijouterie gegangen, was sie erbeutet hätten, wisse er nicht. (aF, ob es noch weitere Sachen von C.___ gebe?) Er müsse darüber nachdenken. Im Moment wisse er es noch nicht.
Am 30. Januar 2019 führte er als Zeuge (AS 7078 ff.) aus: In der Garage nach [Ort 3] seien X.___, A.___ und Y.___ anwesend gewesen. Später sei C.___ noch zu Fuss gekommen. Sie hätten dann fast eine Schlägerei gehabt, weil sie C.___ dort zurückgelassen gehabt hätten. Er könne sich noch gut an diese Sache erinnern, weil es für ihn problematisch gewesen sei. (aF, ob er wisse, warum man ausgerechnet in diesem Geschäft in [Ort 3] eingebrochen sei?) Nach seiner Erinnerung, er sei nicht hundertprozentig sicher, hätten sie ihm gesagt, es sei ein Umbau gewesen und sie hätten einen einfachen Weg gefunden, um dort einzubrechen. (aF) C.___ sei auf Y.___ wütend gewesen, nicht so sehr auf A.___. Er wisse noch, dass beide Werkzeuge genommen hätten und aufeinander los seien. X.___ sei dann dazwischen gegangen. Er selbst habe versucht, mit Worten zu schlichten. Er wisse nicht, ob X.___ ihnen die Schlüssel für seinen [Renault] ausgehändigt habe oder ob C.___ diesen gestohlen habe. Vielleicht hätten sie X.___ auch etwas versprochen, wenn sie den [Renault] nehmen könnten. (aF nach der Person «Y.___») Dieser sei oft hier im Gefängnis und komme aus [Ort in Serbien] oder [der Stadt in Serbien]. Auf einem Bild würde er ihn wiedererkennen. (aF) A.___ sei seines Wissens immer nur der Fahrer gewesen. (aF) Was mit dem Deliktsgut passiert sei, wisse er nicht mehr, man habe es ihm aber sicher nicht gezeigt. (aF) A.___ habe er glaublich letztmals da in der Garage von X.___ getroffen. Vorher ein paar Mal im Lokal in [Stadt 1], wo man Karten, Schach und Billard spielen könne. Sicherlich sei der Beschuldigte D.___ eine gute Bezugsperson von A.___ gewesen, und sicher auch J.___.
Am 11. April 2019 identifizierte er als Zeuge zunächst den Beschuldigten A.___ in einer Personengegenüberstellung (AS 7085 ff.) und gab dann in Anwesenheit des Beschuldigten A.___ an (AS 7090 ff.): Er kenne A.___ aus [Stadt 1], aus einem Billardclub. Am Dreispitz. Die Beschuldigten C.___ und A.___ hätten sich gekannt und einige Sachen zusammen gemacht. (aF) Die Sache in [Ort 3] und die in der Nähe von [Stadt 1]. Zu [Ort 3]: X.___ habe ihn am Morgen nach seiner Ankunft aus Serbien angerufen und gesagt, er solle sofort in die Garage kommen. Er selbst sei müde gewesen, aber X.___ habe insistiert. Anfänglich seien glaublich X.___ und Y.___ dort gewesen in der Garage. Das Auto sei beschädigt gewesen nach diesem Fall, eine Felge und mehr sei beschädigt gewesen. Später seien C.___ und A.___ gekommen. (aF, warum später) Er habe gehört, Y.___ und A.___ seien vor der Polizei geflüchtet und C.___ sei zurückgeblieben und zu Fuss praktisch bis nach Zürich gelaufen. Es habe in der Garage fast eine Schlägerei gegeben, weil sie C.___ zurückgelassen hätten. Sie seien mit Werkzeugen aufeinander losgegangen. X.___ habe dann das Ganze beruhigt. Er habe von X.___ das Geld verlangt für den [Renault]. (aF) A.___ habe C.___ dort zurückgelassen, weil die Polizei gekommen sei. (aF) Sie hätten in [Ort 3] eine Bijouterie ausgeraubt. Das hätten sie ihm erzählt. Davon habe er aber erst danach in der Garage erfahren. C.___ und Y.___ seien im Laden gewesen, A.___ sei nur gefahren. (aF) A.___ sei gefahren, der sei als sehr guter Fahrer bekannt gewesen, der praktisch immer vor der Polizei geflüchtet sei. Er wisse konkret von zwei Fällen: von diesem und dem in [Stadt 1]. Vielleicht gebe es noch mehr, aber das wisse er nicht. (aF) Er habe nicht gewusst, dass sie sein Fahrzeug verwendeten. (aF) Ob das Einkaufszentrum im Umbau gewesen sei, wisse er nicht zu 100%. (aF) Er glaube, sie hätten in [Ort 3] Beute gemacht. Er wisse aber nicht, was und wieviel. (aF) Da habe er glaublich A.___ letztmals getroffen. … (aF) Der [Renault] sei silbrig gewesen und sehr schnell, über 200 PS. (aF) Nein, er habe nicht persönlich gesehen, dass A.___ das Fluchtauto in [Ort 3] gefahren habe. Aber X.___ habe ihm gesagt, A.___ sei mit dem Fluchtauto in die Garage gekommen. X.___ sei böse gewesen. Sie hätten das Auto ohne Wissen von X.___ genommen, also C.___ habe das gemacht. Und dann hätten sie eben den Unfall gemacht. (auf Nachfrage, ob er denke, dass A.___ in [Ort 2] und [Ort 3] gefahren sei, weil X.___ ihm das gesagt habe, A.___ sei in [Ort 3] gefahren und C.___ und/oder A.___ ihm gesagt hätten, A.___ sei in [Ort 2] gefahren?) Er sei sich fast sicher, da nur A.___ das machen, also vor der Polizei flüchten, könne.
Am 14. Mai 2019 als Zeuge (AS 7104 ff.): Ja, C.___ habe in der Schweiz Vermögensdelikte verübt. Er habe zusammen mit Y.___ und A.___, der nur gefahren sei, eine Bijouterie in [Ort 3] ausgeraubt. Normalerweise wüsste er nichts über das Delikt. Aber weil er einen [Renault] gehabt habe mit einem Schaden am Motor, habe er den Wagen in die Garage von X.___ gebracht. Dieser hätte ihn reparieren sollen für den Export nach Serbien. Als er eines Morgens von Serbien zurückgekommen sei, habe X.___ ihn angerufen und gesagt, er müsse sofort in die Garage kommen. Er habe nicht gehen wollen, X.___ habe aber insistiert. Dort habe ihm X.___ den Schaden am Auto gezeigt, an der Felge und am Pneu. In der Garage seien A.___, Y.___ und C.___ gewesen. Sie seien vor der Polizei geflüchtet und A.___ sei so ein guter Fahrer, dass es ihm gelungen sei, vor der Polizei zu flüchten. C.___ sei nach ihm in die Garage gekommen, er sei praktisch zu Fuss gekommen und habe beinahe eine Schlägerei mit Y.___ angefangen, weil sie ihn zurückgelassen gehabt hätten. Sie hätten für den Raub den Schlüssel vom [Renault] genommen, wobei er nicht wisse, ob sie den Schlüssel geklaut oder von X.___ erhalten hätten. Er habe dann das Auto dort gelassen und X.___ habe ihm dieses bezahlt. C.___, A.___ und Y.___ habe er nie mehr gesehen. (aF) Was in [Ort 3] passiert sei, habe er gehört, als C.___ gekommen sei und es erzählt habe. … (aF) Er habe dort gehört, dass sie C.___ bei der Baustelle zurückgelassen hätten. Sie hätten deswegen gestritten. (aF) C.___ und Y.___ hätten gestritten. (aF) Dass C.___ bei diesem Delikt in [Ort 3] dabei gewesen sei, habe er dort in der Garage von X.___ mitbekommen. Sie hätten gestritten und es habe fast eine Schlägerei gegeben. Für ihn sei klar gewesen, dass C.___ dabei gewesen sei. Sie hätten ihn dort zurückgelassen. In der Garage seien X.___, Y.___ und A.___ gewesen, C.___ sei später gekommen. (aF) Nein, er sei nicht an der Tat in [Ort 3] beteiligt gewesen. Sie hätten einfach sein Auto genommen, ohne dass er es gewusst gehabt habe, und hätten dann einen kleinen Unfall gehabt.
Vor Amtsgericht als Zeuge (DT AS 918 ff.): (zum Diebstahl [Ort 3]) Dort hätten sie ohne zu fragen sein Auto genommen und damit gemacht, was sie gemacht hätten. X.___ habe ihn am Morgen angerufen, er solle vorbeikommen. Dieser habe ihm dann gesagt, sie hätten das Auto genommen und es habe einen Unfall gegeben. Sie hätten das Auto ohne zu bezahlen und ohne zu fragen genommen. Schliesslich habe ihm X.___ das Auto bezahlt. (aF, wer beteiligt gewesen sei?) C.___. A.___ sei gefahren. Dieser sei sehr bekannt als bester Fahrer. Die Polizei habe keine Chance, ihn zu überholen. Dann sei noch eine dritte Person dabei gewesen. Diese könne er nicht identifizieren. Er wisse nur den Namen, aber davon gebe es Tausende. (aF) Ja, er habe einen Teil der Beute gesehen, ein zweiter Teil sei praktisch irgendwo in der Nähe der Tat geblieben. Dann sei es praktisch zu einer Schlägerei gekommen zwischen C.___ und der dritten Person in der Garage. Die seien mit dem Auto geflüchtet, während C.___ zurückgeblieben sei. Was mit der Beute passiert sei, wisse er nicht. Er habe sich wegen seinem Auto geärgert. X.___ habe ihn dann bezahlt. (aF, woher er A.___ kenne?) Von D.___. Er sei bekannt als super Fahrer. Er sei für die perfekte Flucht bekannt und mache nichts Anderes. Er sei sich zu 100% sicher. A.___ sei nur für die perfekte Flucht bekannt.
2.3 Auch diesbezüglich erweisen sich die Aussagen von L.___ als ausgesprochen glaubhaft und sie stimmen mit der Strafanzeige zum Delikt überein. Sie sind hinsichtlich des Kerngeschehens konstant, enthalten viele Details und Nebensächlichkeiten (namentlich zu den Abläufen in der Garage von X.___) und ein Falschbelastungsmotiv ist nicht erkennbar. Es kann zur Aussagenanalyse auch auf die zutreffenden Ausführungen des Staatsanwalts vor der Vorinstanz (DT AS 1001 f.) und die Erwägungen der Vorinstanz auf US 56 ff. – auch hinsichtlich der einzelnen Widersprüche – verwiesen werden. Der Zeuge verrät Täterwissen, indem er den Fluchtwagen, damals auf ihn zugelassen, mit gestohlenen Kontrollschildern und die geglückte, halsbrecherische Flucht der Täterschaft vor der Polizei beschrieb. Darüber hinaus beschrieb er den Tatort genau mit den damals herrschenden besonderen Umständen: Aus dem Polizeirapport ist dazu zu entnehmen, die eigentlichen Geschäftsräumlichkeiten der Bijouterie hätten sich damals gerade im Umbau befunden, weshalb die Bijouterie vorübergehend in einem Holzprovisorium in der Mall des [Einkaufszentrums] untergebracht gewesen sei. Dieses Provisorium sei zwar mit einem Alarmsystem gesichert gewesen, habe ansonsten aber nur mässigen Einbruchsschutz geboten (AS 26002). Ein weiteres auffallendes und zutreffendes Detail: Der Zeuge schilderte anschaulich, wie sich ein Täter gerade noch ins anfahrende Fluchtauto werfen konnte, genau wie dies im Polizeirapport dargelegt ist. L.___ war in der Tat am 27. Juni 2010 um 03.08 Uhr morgens aus Serbien ausgereist, so dass eine Heimkehr in die Schweiz ein/zwei Tage später plausibel ist (AS 36069.18). L.___ war am Tattag vor Ort und er konnte beide Beschuldigten identifizieren (betr. A.___: AS 7071, 7087 und 7089). In Bezug auf A.___ ist dessen Ruf, ein einzigartig guter Fluchtwagenfahrer zu sein, ein weiteres Indiz für dessen Mitwirkung als Fahrer, überquerte er bei der Flucht doch eine Kreuzung bei Rotlicht auf der Gegenfahrbahn, um – im Gegensatz zum Polizeifahrzeug – nicht von der Radarkontrolle erfasst zu werden (AS 36004). Der Beschuldigte A.___ war denn unter seinen Kollegen auch unter dem Übernamen «[Rennfahrer]» – […] – bekannt (vgl. entsprechende eigenhändige Notiz von «J.___», AS 36069.15). Die Polizeipatrouille verlor das Fluchtfahrzeug in der Region Schlieren, also in der Nähe der Garage von X.___ in [Ort 7], aus den Augen. Gestützt auf die Aussagen von L.___ ist der angeklagte Sachverhalt erstellt. Wenn der Zeuge auf wiederholte Nachfrage am Schluss der Einvernahme am 11. April 2019 sagte, er habe schon nur von den anderen gehört, dass A.___ gefahren sei, sei sich aber «fast sicher», dass dieser gefahren sei; dieser sei ein super Fahrer und nur dieser könne das machen, also vor der Polizei zu flüchten (AS 7100), dann erweckt das keine Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten A.___, sondern zeigt einfach, dass der Zeuge von der Täterschaft des Beschuldigten A.___ praktisch überzeugt war, dies sogar unabhängig von den Angaben der anderen Beteiligten. Zudem traf der Zeuge den Beschuldigten A.___ nach der Tat in der Garage von X.___. Aber selbstverständlich hat er den Beschuldigten A.___ nicht mit eigenen Augen fahren gesehen. Wenn der Zeuge L.___ einmal gesagt hat, der Garagist X.___ sei der Fahrer gewesen (AS 7072), dann muss es sich dabei angesichts der Singularität der Aussage um einen Versprecher gehandelt haben, der keine ernsthaften Zweifel am Beweisergebnis aufkommen lässt.
Der Vollständigkeit halber kann ergänzend noch festgehalten werden, dass sich der Beschuldigte C.___ im Juni 2010 in der Schweiz aufhielt, überwies ihm doch sein Vater am 14. Juni 2010 noch Geld (EURO 250.00) auf das Konto von S.___. Und zu Recht weist der Staatsanwalt (DT AS 1002 f.) auf das verdächtige Aussageverhalten des Beschuldigten C.___ am 9. Mai 2019 hin: Am 13. Februar 2019 wollte der Beschuldigte X.___ nicht auf den Fotos erkennen, der Name sage ihm aber etwas (AS 9053 f.). Später beschrieb er aber einen regelmässigen Kontakt mit X.___ und führte von sich aus aus, er kenne diesen als guten Mann und könne nicht glauben, dass er in einer Beziehung mit kriminellen Geschäften stehe (AS 9091). Letztere Bemerkung – bevor ihm zu X.___ überhaupt ein Vorhalt gemacht worden war – konnte er dann nicht plausibel erklären (AS 9091). Auch der Beschuldigte A.___ wollte bei der Fotokonfrontation vom 22. Februar 2019 weder die Beschuldigten D.___ und C.___ noch den Garagisten X.___ kennen (AS 10000 ff.). Nachdem er fortan zunächst die Aussagen verweigert hatte, räumte er dann am 9. Mai 2019 ein, den Beschuldigten D.___ sehr gut zu kennen, ebenso den Garagisten X.___, den er schon öfters getroffen habe, und auch den Beschuldigten C.___, den er zwei Mal in der Garage von X.___ gesehen habe (AS 1058 ff.). Mit dem Beschuldigten D.___ hatte er im Mai 2010 – im Vorfeld des Delikts in [in der französischen Stadt 1] – zahllose Kontakte (AS 00131 und 10055), der Zeuge L.___ hatte die Rufnummer von A.___ ebenfalls unter «A.___» im Handy gespeichert und der Beschuldigte B.___ trug A.___s Telefonnummer in der Hosentasche. Am 8. August 2019 gab der Beschuldigte A.___ dann an, auch den Zeugen L.___ zu kennen, er habe sich aber nie mit diesem unterhalten (AS 10096.6).
3. Rechtliche Würdigung
Dass es sich beim vorliegenden Sachverhalt um einen Diebstahl handelt, bedarf keiner näheren Erläuterung. Zu prüfen sind die Teilnahmeform des Beschuldigten A.___ und die Qualifikation auf Seiten des Beschuldigten C.___.
3.1.1 Zu prüfen ist, ob die Teilnahme des Beschuldigten A.___ am Diebstahlsdelikt als Mittäterschaft oder als Gehilfenschaft zu qualifizieren ist.
Die Mittäterschaft ist gesetzlich nicht geregelt. Nach der Rechtsprechung gilt wie bereits ausgeführt als Mittäter, wer bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung eines Deliktes vorsätzlich und in massgebender Weise mit anderen Tätern zusammenwirkt, so dass er als Hauptbeteiligter dasteht. Dabei kommt es darauf an, ob der Tatbeitrag (nach den Umständen des konkreten Falles und dem Tatplan) für die Ausführung des Deliktes so wesentlich ist, dass sie "mit ihm steht oder fällt". Der Mittäter muss bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung der Tat auch tatsächlich mitwirken. Das blosse Wollen der Tat, der subjektive Wille allein genügt zur Begründung von Mittäterschaft nicht. Daraus folgt aber nicht, dass Mittäter nur ist, wer an der eigentlichen Tatausführung beteiligt ist oder sie zu beeinflussen vermag. Tatbestandsmässige Ausführungshandlungen sind nicht notwendige Voraussetzung für die Annahme von Mittäterschaft (vgl. BGE 143 IV 361 E. 4.10 S. 371 f.; 135 IV 152 E. 2.3.1 S. 155; Urteil 6B_712/2017 vom 23. Mai 2018 E 2.3.2, nicht publ. in BGE 144 IV 198; je mit Hinweisen).
Gehilfe ist demgegenüber, wer zu einem Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet (Art. 25 StGB). Die Strafbarkeit der Teilnahme setzt eine tatbestandsmässige und rechtswidrige Haupttat voraus (limitierte Akzessorietät). Als Hilfeleistung im Sinne von Art. 25 StGB gilt jeder kausale Beitrag, der die Tat fördert. Nicht erforderlich ist, dass es ohne die Hilfeleistung nicht zur Tat gekommen wäre (BGE 132 IV 49 E. 1.1 S. 51 f.). Der Gehilfe weiss oder rechnet damit, die Haupttat zu fördern und nimmt zumindest in Kauf, dass seine Hilfeleistung die Straftat erleichtert. Er handelt diesbezüglich vorsätzlich, wobei Eventualvorsatz genügt (BGE 13 IV 49 E. 1.1 S. 51 f.; 121 IV 109 E. 3a S. 120; je mit Hinweisen).
Für die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Gehilfenschaft setzt das Bundesgericht auf die Tatherrschaftstheorie: Im Unterschied zu Täter und Mittäter besitzt der Gehilfe keine Herrschaft über den Tatablauf; sein Beitrag besteht in der blossen Förderung der Tat anderer (BGE 111 IV 51 E. 1b). Wie der Mittäter setzt auch der Gehilfe einen kausalen Beitrag, der die Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders abgespielt hätte. Im Unterschied zum Tatbeitrag des Mittäters verlangt Beihilfe jedoch nicht, dass die Realisierung der Straftat von der Hilfeleistung geradezu abhinge. Das blosse «Schmierestehen» oder die Fluchthilfe bei einem Raubüberfall stellen in aller Regel eine Gehilfenschaft i.S. von Art. 25 StGB dar, es sei denn, die Beteiligten seien sich bewusst, dass der Tatbeitrag des Schmierestehens oder der Fluchthilfe derart wichtig war, dass ohne ihn der Raubüberfall nicht verübt worden wäre (Marc Forster in: Basler Kommentar StPO, 4. Auflage, Vor Art. 24 StGB N 11 und 39). Für die Gehilfenschaft genügt die blosse Förderung der Tat. Diese Unterstützung muss jedoch in dem Sinne kausal sein, als sie tatsächlich zur Straftat beiträgt und ihre praktischen Erfolgschancen erhöht. Der Gehilfe leistet also durchaus auch Beiträge zur Straftat, aber – und das ist das entscheidende Abgrenzungskriterium zur Mittäterschaft – nicht derart wichtig, dass im Sinne einer „conditio sine qua non“ die Realisierung von diesem Beitrag abhängen würde. Immerhin muss der Beteiligte – damit von Tatherrschaft ausgegangen werden kann – in für die Tat massgebender Weise mit dem bzw. den anderen Tätern zusammenwirken. Dabei ist die Gesamtheit der Umstände des Tatgeschehens zu berücksichtigen (Urteil des Bundesgerichts 6S.424/2006 vom 21. Februar 2007).
3.1.2 Die Vorinstanz ging von Mittäterschaft des Beschuldigten A.___ aus und begründete das wie folgt (US 96): „A.___, C.___ und "Y.___" beschlossen, den Diebstahl gemeinsam zu begehen, wobei der Tatentschluss nicht ausdrücklich bekundet werden muss. Er kann auch konkludent zum Ausdruck kommen. Spätestens bei der Ausführung machten sich alle Täter den Vorsatz der Anderen zu eigen. Während A.___ die Täter in die Nähe des Tatortes fuhr, begaben sich die anderen in das Objekt, um die Beute zu behändigen. Anschliessend fuhr A.___ erneut das Fluchtfahrzeug. Die Tatbeiträge aller Beteiligter waren für die erfolgreiche Tatausführung entscheidend und jeder hat sich den Tatbeitrag des anderen Täters zu eigen gemacht. Das Vorgehen beruht auf einem gemeinsamen Tatentschluss, einem gemeinsamen Tatplan und einer gemeinsamen Ausführung, unter Austauschbarkeit der Rollen. Entsprechend haben sich C.___, A.___ und der Dritte die jeweiligen Tatbeiträge anrechnen zu lassen. Es ist zweifelsohne von Mittäterschaft auszugehen.»
3.1.3 Über das Verhältnis des Beschuldigten A.___ zum Beschuldigten C.___ und zu „Y.___“ ist wenig bekannt, ebensowenig zur Planung des Deliktes und der Beurteilung. Der Zeuge L.___ betonte jedoch immer wieder, A.___ habe sich bei Delikten als Fluchtwagenfahrer betätigt. Davon ist demnach auszugehen, wobei der Beschuldigte A.___ für seine (guten) Fahrerdienste zweifellos auch entschädigt wurde.
3.1.4 Zur Beurteilung der Frage, ob Gehilfenschaft oder Mittäterschaft vorliegt, lohnt sich ein Blick in die Rechtsprechung:
Bundesgericht:
- BGE 98 IV 83: Der Beschuldigte begleitete seine Freundin in ein Modegeschäft und übergab ihr dort eine Plastiktasche, in welcher sie in der Umkleidekabine diverse Kleidungsstücke verstaute. Vor der Kabine übergab sie dem Beschuldigten die Tasche zum Tragen und beide verliessen ohne zu zahlen den Laden. Verurteilung der Vorinstanz wegen Gehilfenschaft zu Diebstahl bestätigt.
- Urteil 6S.240/2005 vom 9. Oktober 2005: Der Tatbeitrag des Teilnehmers beschränkte sich nicht auf blosse Fluchthilfe. Er wirkte massgebend mit an der Entschlussfassung und der Planung der Tat, indem er durch den Tipp den Anstoss zum Raubüberfall gab. Ferner trug er zur Verwirklichung des Tatplanes wesentlich bei, indem er das Auto zur Verfügung stellte, den Transport gewährleistete, den Spielsalon auskundschaftete und die Flucht sicherte. Schliesslich bekam er einen nicht geringen Anteil an der Beute. Unter diesen Umständen und auch wegen seiner Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten und seiner Erfahrung mit Spielsalons erschien der Beitrag des Teilnehmers nach dem gemeinsamen Tatplan als derart wesentlich, dass er als Hauptbeteiligter dastand und damit als Mittäter zu qualifizieren war.
- Urteil 6S.193/2006 vom 3. November 2006: Mittäter, da der Beschuldigte für die Bereitstellung der Infrastruktur für die Einbrecherbande (Wohnungen, Chalet) zuständig war und an der Planung der Delikte mitwirkte. Daneben wurde ihm zur Last gelegt, an der Durchführung einzelner Delikte auch direkt beteiligt gewesen zu sein.
- Urteil 6B_520/2011 vom 8. Dezember 2011: Entgegen der beschwerdeführenden Staatsanwaltschaft wurde der Teilnehmer, der mit einem Funkgerät „Schmiere stand“ und seine Wohnung zur Verfügung stellte, als Gehilfe und nicht als Mittäter qualifiziert.
- Urteil 6B_207/2013 vom 10. September 2013: Chauffeurdienste an 110 Tatorte für Einbruchdiebstähle sind Gehilfenschaft (Vorinstanz). Entgegen der Vorinstanz, welche den Beschuldigten wegen Gehilfenschaft zu banden- und gewerbsmässigem Diebstahl schuldig gesprochen hat, hätte ein Schuldspruch wegen mehrfacher Gehilfenschaft zu Diebstahl erfolgen müssen (E. 1.3.2).
- Urteil 6B_688/2019 vom 26. September 2019: Zu beurteilen war ein Teilnehmer, der bei sämtlichen Delikten anwesend war, wobei er sich nie ins Gebäude begab. Er leistete zu den meisten Delikten Chauffeurdienste, fungierte mehrfach als Aufpasser, war drei Mal bei der Beschaffung des Tatwerkzeugs dabei, half einmal beim Einladen und einmal auch beim Öffnen eines abtransportierten Tresors und erhielt bei allen sechs vollendeten Einbruchdiebstählen denselben Anteil der Beute. Er hatte ein früheres Bandenmitglied ersetzt, verfügte über Ortskenntnisse, stellte Wohnraum zur Verfügung und beförderte einen Mitbeschuldigten nach der Verhaftung eines Anderen über die Grenze bzw. holte einen Mitbeteiligten in Italien ab. Auch wenn der Beschwerdeführer am Tatort selber weder in die Gebäude hineinging noch Sachen beschädigte, durfte er gemäss Bundesgericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung «seiner Beteiligung in Bezug auf alle Straftaten gesamthaft» als Mittäter (und nicht wie beantragt lediglich als Gehilfe) qualifiziert werden.
Strafkammer des Solothurner Obergerichts:
- STBER.2017.78 vom 28. Februar 2019: Gehilfenschaft in zwei Fällen beim Diebstahl von Kupferrollen durch: a) Zur Verfügung stellen seines Lieferwagens zum Abtransport des Diebesguts, und b) Abholen des Diebesguts im Firmenareal. Der Gehilfe war nachfolgend auch noch Hehler des Deliktsgutes.
- STBER.2018.79 vom 8. Januar 2019: Drei Beschuldigte, die sich seit der Jugend kannten, fuhren aus Osteuropa in die Schweiz und verübten da drei (auch versuchte) Einbruchsdiebstähle. Der eine stand jeweils «Schmiere» und betrat die Einbruchsobjekte nicht, gilt aber als Mittäter (gemeinsamer Tatentschluss und gemeinsame Einreise in die Schweiz, Verbringen der ganzen Zeit zusammen, Anteil an Beute, fest verbundenes und stabiles Team).
- STBER.2020.45: Der Beschuldigte fuhr die beiden Haupttäter zu insgesamt 15 Einbruchsdiebstahldelikten und hatte die besten Ortskenntnisse, er war aber nicht an der Planung und Durchführung der Delikte beteiligt. Er wurde als Gehilfe qualifiziert.
- STAPA.2009.18 vom 16. November 2010: Der Mitbeteiligte, der die beiden Haupttäter nur an die Tatorte fuhr und nach den Delikten wieder mitnahm, und darüber hinaus nicht in die Deliktsbegehung involviert war, ist als Gehilfe zu qualifizieren. Er war damit auch nicht Mitglied der (Zweier-)Bande.
Es drängt sich anhand der soeben zitierten Rechtsprechung der Schluss auf, dass der Beschuldigte A.___ nicht bloss Gehilfe, sondern Mittäter war. Er war für die perfekte Flucht bekannt, er hatte den Ruf, ein einzigartig guter Fluchtwagenfahrer zu sein. So hat bspw. der Zeuge L.___ eben betont, nur A.___ habe so etwas durchziehen können. Und im vorliegenden Fall kam der Flucht – bereits im Stadium der Planung – eine entscheidende Bedeutung zu, weshalb auch davon auszugehen ist, dass der Beschuldigte A.___ bereits in die Planung involviert war. Die Täter gingen in ein Shopping-Center, sie haben dort – dies war voraussehbar – den Alarm ausgelöst und mussten dann fliehen – in der Nacht bzw. bei Dunkelheit, aus einem überbauten Gebiet mit zahlreichen Ampeln und mit Radarkontrollen. Der Beschuldigte A.___ war nicht einfach irgendein Chauffeur, der hätte ausgetauscht werden können. Er war schlicht der Einzige, der eine solche Flucht erfolgreich durchziehen konnte. Er hat die Strecke gekannt und die beiden anderen Täter konnten sich – bereits im Vorfeld – darauf verlassen, dass A.___ der Polizei davonfahren würde. Und genau dies hat er dann auch unter Beweis gestellt. Sein Tatbeitrag war also entscheidend. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall von den erwähnten Fällen STBER.2020.45 und STAPA.2009.18.
3.1.5 Der Beschuldigte A.___ ist somit wegen Mittäterschaft zum Diebstahl für schuldig zu befinden.
3.2 Dem Beschuldigten C.___ wird hinsichtlich dieses Diebstahls gewerbs- und bandenmässiger Diebstahl vorgehalten.
3.2.1.1 Bezüglich der Bandenmässigkeit kann vorweg auf die vorstehenden allgemeinen Erläuterungen verwiesen werden. Dem Beschuldigten C.___ wird vorgehalten, nachdem beim Raubüberfall am 20. Mai 2010 in [in der französischen Stadt 1] die Bandenmitglieder D.___ und B.___ verhaftet worden seien, sei der Beschuldigte C.___ gezwungen gewesen, andere Bandenmitglieder einzuspannen. Aus diesem Grund habe er sich für diesen Diebstahl unter anderem mit dem ihm bekannten A.___ zusammengeschlossen, welcher im Übrigen das Vertrauen von D.___ genossen habe.
3.2.1.2 Nach Art. 139 Ziff. 3 Abs. 2 StGB ist nur zu bestrafen, wer den Raub «als Mitglied» der Bande ausgeführt hat. Damit verlangt das Gesetz mehr als blosse Zugehörigkeit des Täters zu einer Bande. Nicht erfasst sind demnach solche Taten, die jemand bei gegebener Bandenmitgliedschaft im Alleingang, also in der Eigenschaft eines Alleintäters begeht. Vielmehr muss sich aus den Vorbereitungen und/oder der Ausführung der Tat ergeben, dass der Täter den Diebstahl in Erfüllung einer ihm von der Bande übertragenen Aufgabe begangen hat (BGE 78 IV 227, 234; Niggli/Riedo, BSK Art. 139 N 132).
3.2.1.3 Vorliegend ist demnach entscheidend, ob der Beschuldigte C.___ in [Ort 3] im Rahmen eines Auftrags der Bande (dabei geht es um die Bande D.___ – B.___ – C.___) gehandelt hat, bzw. ob sich dies aus der Vorbereitung und/oder Ausführung der Tat ergibt. Es liegt auf der Hand, dass es wohl an der Verhaftung von B.___ und D.___ [in der französischen Stadt 1] gelegen sein dürfte, dass in dieser Zusammensetzung nicht mehr weiter delinquiert wurde und sich C.___ gezwungen sah, sich nach anderen Mitgliedern (bzw. Mittätern) umzusehen. Und es besteht auch die Möglichkeit, dass C.___ den Diebstahl in [Ort 3] in Erfüllung einer ihm von der Bande übertragenen Aufgabe begangen hat bzw. die Tätigkeit der Bande – gezwungenermassen mit neuem Personal – weitergeführt hat. Allerdings lässt sich diese Möglichkeit nicht rechtsgenüglich erhärten, zumal bezüglich der Vorbereitungen kaum Erkenntnisse vorliegen (der Zeuge hat vom Delikt erst in der Garage erfahren und konnte zu den Vorbereitungen entsprechend nichts sagen) und der modus operandi mit jenem der übrigen Delikte nicht identisch ist (in [Ort 3] ein Diebstahl/Aufbrechen der Vitrinen, ansonsten indes klassische Raubdelikte mit Fesselung der Opfer). Insofern ergibt sich aus den Vorbereitungen und/oder der Ausführung der Tat nicht (oder zumindest nicht genügend klar), dass C.___ den Diebstahl in [Ort 3] im Rahmen eines Auftrags der Bande bzw. in Erfüllung einer ihm von der Bande übertragenen Aufgabe begangen hat. Folglich ist beim Delikt [Ort 3] die Bandenmässigkeit in Bezug auf C.___ nicht erstellt.
3.2.2.1 Hinsichtlich der Gewerbsmässigkeit wird vorgebracht, der Beschuldigte C.___ sei in dieser Zeit ohne regelmässiges, legales Erwerbseinkommen gewesen. Er habe seinen Lebensunterhalt hauptsächlich mit Vermögensdelikten finanziert, wie sie ihm in dieser Anklage vorgeworfen würden. Durch diese Vermögensdelikte habe C.___ während einem halben Jahr Deliktsgut von einer Million Franken erzielt. Aus der Zeit und den Mitteln (Planung der Tat, Auskundschaften des Tatobjekts, Organisation der Mittäter, Verwertung des Deliktsgutes), die C.___ für seine Taten aufgewendet habe, habe er diesen Diebstahl – unter der Berücksichtigung der anderen Vermögensdelikte – in der Art eines Berufes verübt, weil er sich darauf eingerichtet habe, durch Vermögensdelikte einen namhaften Beitrag an seine Lebenshaltungskosten zu erzielen.
3.2.2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt der massgebliche Ansatzpunkt für die Definition der Gewerbsmässigkeit im berufsmässigen Handeln. Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art eines Berufes ausübt (BGE 129 IV 253 E. 2.1 S. 254; 123 IV 113 E. 2c S. 116; 116 IV 319 E. 4 S. 330 ff.). Gewerbsmässigkeit setzt demnach voraus, dass der Täter die Tat bereits mehrfach beging und sich der Täter, wie aus den gesamten Umständen geschlossen werden muss, darauf eingerichtet hat, durch deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen; dann ist die erforderliche soziale Gefährlichkeit gegeben (BGE 116 IV 319 E. 3b und 4b; BGE 119 IV 129 E. 3a S. 132 f.; 116 IV 319 E. 4c S. 332; vgl. auch BGE 123 IV 113 E. 2c S. 116).
3.2.2.3 Der Beschuldigte C.___ hat im Zeitraum von Februar bis Juni 2010 an insgesamt drei (schwerwiegenden) Vermögensdelikten mitgewirkt, die Deliktsumme betrug gegen eine Million Franken. Es handelte sich um einen professionellen Kriminellen. Selbst wenn der Beschuldigte C.___ noch anderes Erwerbseinkommen erzielt haben sollte, sind die beschriebenen Voraussetzungen für die Annahme von Gewerbsmässigkeit erfüllt.
VII. Delikt [Ort 2]
1. Vorhalt
Diebstahl (Art. 139 Ziff. 1 StGB; A.___), AZ 5
Dem Beschuldigten A.___ wird vorgehalten, er habe am 20. März 2009, um 04:50 Uhr, in [Ort 2], […], zum Nachteil der [Ladenkette], einen Diebstahl begangen, indem er in Mittäterschaft mit weiteren, unbekannten Personen in die Filiale eingebrochen sei und vorsätzlich 154 Zigarettenstangen im Wert von CHF 9'602.00 in unrechtmässiger Bereicherungs- und Aneignungsabsicht weggenommen habe. Der Beschuldigte bestreitet den Vorhalt.
2. Sachverhalt
2.1 Am Freitag, 4. März 2009, 04.53 Uhr, wurde der Polizei Basel-Landschaft durch eine beobachtende Drittperson ein Einbruchdiebstahl bei der Verkaufsfiliale der [Ladenkette] in [Ort 2] gemeldet (vgl. polizeiliche Anzeige vom 9. April 2009, AS 37000 ff.). Mittels eines unbekannten, stumpfen Gegenstands seien mehrere Löcher in die Glasscheiben der Haupteingangstür geschlagen und danach eine Verbundglasscheibe herausgerissen worden. Durch die entstandene Öffnung sei die Täterschaft eingestiegen und habe im Kassenbereich zahlreiche Zigarettenstangen im Wert von rund CHF 9'600.00 entwendet. Nach Eingang der Meldung konnte die flüchtende Täterschaft durch eine Polizei-Patrouille gesichtet und verfolgt werden. Die Nacheile habe von Giebenach via Augst durch den Hardwald in Richtung Birsfelden geführt. Nachdem das Patrouillenfahrzeug im dortigen Doppelkreisel verunfallt sei, habe die Täterschaft ihre Flucht in unbekannte Richtung fortsetzen können. Um ca. 05.30 Uhr habe dann im Rahmen der Nahfahndung das abgestellte Fluchtfahrzeug auf der H18, Ausfahrt Muttenz/Münchenstein, gesichtet und gesichert werden können. Das Fluchtfahrzeug sei vorgängig in [Stadt 1] entwendet worden. Im Fluchtfahrzeug habe das gesamte Deliktsgut von 154 Zigarettenstangen sichergestellt werden können, die Täterschaft sei unerkannt entkommen. Das Fluchtfahrzeug habe wohl einen Motorenschaden erlitten, weshalb die Täterschaft das Fahrzeug auf der Autobahnausfahrt abrupt habe stehen lassen. Aufgrund einer beim Fluchtfahrzeug aufgefundenen Hotel-Schlüsselkarte habe man im betreffenden Hotel eine Kontrolle vorgenommen, die zufolge defekter Karte ergebnislos verlaufen sei. Ein Teil des Deliktsgutes sei in ein blumengemustertes Bettlaken eingepackt gewesen (Polizei-Bericht vom 30. Mai 2010, AS 37026). Das Fahrzeug war zuvor in [Stadt 1] gestohlen und ausgeräumt worden. Die weiteren Ermittlungen verliefen erfolglos (AS 37027).
2.2 Der Zeuge L.___ machte zu diesem Delikt folgende Aussagen:
8. November 2018 als Zeuge (AS 7070): Auf dem Fotowahlblatt erkenne er A.___, den Nachnamen A.___ kenne er nicht. (aF, er habe letztes Mal Aussagen zu diesem gemacht im Zusammenhang mit [Ort 3], ob er Kenntnis habe von weiteren Delikten von A.___?) Er könne nur sagen, dass A.___ ein sehr guter Fahrer gewesen sei. Er glaube, der Beschuldigte C.___ habe ihn gut gekannt. Er habe von einer Geschichte von A.___ in einem Laden in der Nähe von [Stadt 1] gehört, […]. Sie hätten das ganze Auto mit Zigaretten gefüllt. A.___ sei wieder gefahren und habe vor der Polizei flüchten können. Offenbar habe die Polizei bei der Verfolgung einen Unfall gebaut. A.___ sei sehr stolz gewesen, dass er die Polizei da abgehängt habe. (aF) Das müsse vor [Ort 3] gewesen sein. (aF, ob er noch mehr darüber wisse?) Er habe gehört, sei aber nicht sicher, dass das Fluchtauto in Brand geraten sei und sie es nachher nicht hätten verkaufen können. Er sei sich sicher und wisse einfach, dass A.___ sehr stolz gewesen sei, dass ihm damals die Flucht geglückt sei. Er könne sich nicht mehr erinnern, woher er diese Information habe. (aF) Er glaube, es sei ausserhalb von [Stadt 1] gewesen, weil A.___ lange von der Polizei verfolgt worden sei.
30. Januar 2010 als Zeuge (AS 7078 ff.): (aF, man habe sich bei der letzten Einvernahme über A.___ unterhalten, ob er nochmals sagen könne, über welche Delikte er Bescheid wisse, bei denen A.___ beteiligt gewesen sei?) Er könne nur über diese zwei Sachen berichten. Das eine mit den Zigaretten, irgendwo in der Nähe von [Stadt 1]. A.___ sei sehr stolz gewesen, dass er vor der Polizei habe flüchten können und die Polizei sei glaublich bei der Verfolgung verunfallt. (aF, woher er wisse, dass die Polizei verunfallt sei?) Nach seiner Erinnerung habe ihm das C.___ gesagt. Und A.___ sei sehr stolz gewesen, weil er sehr perfekt fahre, wie ein Formel 1-Fahrer. Das sei ja sicher auch in der Zeitung gekommen. Er sei sich aber fast sicher, dass ihm C.___ dies auch gesagt habe. (aF) Ob C.___ beim Zigarettendiebstahl auch eine Rolle gespielt habe, wisse er nicht mehr, es sei ja auch schon lange her. (aF, ob er einmal persönlich mit A.___ über dieses Delikt gesprochen habe?) Vielleicht, ja, aber an Details könne er sich nicht mehr erinnern. Er wisse einfach, dass A.___ sehr stolz gewesen sei wegen dieser Flucht. (aF) Nein, er wisse nicht, wer den Zigarettendiebstahl organisiert habe. Er wisse von dieser Sache nur wegen der super Flucht von A.___. (aF) Er wisse nicht, wer sonst noch an diesem Diebstahl beteiligt gewesen sei. (aF, woher er wisse, dass A.___ ein guter Fahrer gewesen sei?) Dieser habe sich selbst damit gebrüstet.
11. April 2019 als Zeuge (AS 7090 ff.): Der zweite Fall mit A.___ sei ein Diebstahl von Zigaretten in einem Laden in der Nähe von [Stadt 1] gewesen. Plötzlich sei die Polizei gekommen und es habe ein Rennen gegeben. Es sei A.___ gelungen, vor der Polizei zu flüchten. Die Polizei habe einen Unfall gehabt. Das habe er nicht gesehen, aber gehört und er habe in der Zeitung von diesem Fall gelesen. Und am Ende sei das Fluchtauto in Flammen aufgegangen, so habe man das ihm gesagt. (aF, wer ihm das gesagt habe?) C.___ und seiner Meinung nach habe er A.___ einmal in [Stadt 1] getroffen nach diesem Fall. Er habe in Erinnerung, dass er C.___ und A.___ mal in der Nähe der Messe getroffen habe. (aF, ob bei diesem Treffen dieser Zigarettendiebstahl Thema gewesen sei?) Ja, sie seien alle sehr stolz gewesen, der Polizei entkommen zu sein. Mit einem guten Auto könne die Polizei sie nie erwischen, A.___ sei ein sehr guter Fahrer. (aF) Das sei vor [Ort 3] gewesen. … Ob ihm A.___ vor zehn Jahren persönlich gesagt habe, dass er gefahren sei beim Zigarettendiebstahl, könne er nicht sagen. Seines Erachtens seien C.___ und A.___ dort gewesen. Wer es genau gesagt habe, wisse er nicht mehr. (aF) Nein, er habe nicht selbst gesehen, wie A.___ das Fluchtauto von [Ort 2] gefahren habe. Er wisse, dass A.___ ein super Fahrer sei und deshalb meine er, dass A.___ die einzige Person sei, die vor der Polizei fliehen könne. A.___ und D.___ kennen sich gut, seien aus der gleichen Stadt und spielten zusammen Billard. Auch mit C.___ zusammen habe er A.___ gesehen. C.___ habe glaublich mal bei A.___ geschlafen.
Am 31. Mai 2021 vor Amtsgericht: (Vorhalt Diebstahl [Ort 2]) Nach seiner Erinnerung hätten sie Zigaretten gestohlen. Er kenne den Ort aber nicht namentlich. Von den Zigaretten habe er gelesen. A.___ sei der Fahrer gewesen. Das hätten sie gemacht, Zigaretten gestohlen. Die Polizei habe sie verfolgt, aber A.___ sei so gut gefahren, dass das Polizeiauto verunfallt sei, nach seiner Erinnerung. Sie seien sehr stolz, weil man A.___s Fahrzeug praktisch nicht verfolgen könne. (aF) Wer ihm das erzählt habe, könne er sich nicht klar erinnern. (aF) Seines Wissens seien C.___ und noch ein Mann, der seiner Meinung nach in den Niederlanden lebe, beteiligt gewesen. (aF) Nach seiner Erinnerung seien zwei Personen beteiligt gewesen, er könne sich aber nicht genau erinnern. (aF) A.___ kenne er nur von D.___ in [Stadt 1], von einem Billard-Club oder so. Er wisse einfach, dass dieser der perfekte Fahrer sei, wie «Formel 1». (aF) Nein, mit A.___ habe er keinen regelmässigen Kontakt gehabt, nur mit D.___. Er müsse sagen, dass A.___ praktisch nie an der Tat beteiligt gewesen sei, nur an der Flucht. (aF) Nein, mit A.___ habe er nie Probleme gehabt. (aF) Nach seiner Erinnerung sei das ganze Fluchtfahrzeug in Flammen aufgegangen und es habe keine einzige Zigarette mitgenommen werden können.
2.3 Auch bezüglich dieses Delikts machte der Zeuge sehr viele Detailangaben, die sich mit dem effektiven Ablauf des Vorfalles decken: Ort (Nähe [Stadt 1]), Einkaufsladen, längere Flucht vor der Polizei, Unfall der Polizei, Brand (korrekt: Motorschaden) am Fluchtfahrzeug, Zurücklassen der Beute, Art der Beute. Er räumte auch immer wieder ein, wenn er sich nicht mehr genau erinnern konnte, und gab mehrfach an, über diesen Vorfall auch in der Zeitung gelesen zu haben. Tatsächlich war über den Unfall des Polizeifahrzeugs bei der Verfolgung berichtet worden (AS 37013.7). Aber über den Motorschaden des Fluchtwagens und die Art der Beute war dabei nichts zu lesen. Auch das Betonen, wie stolz die damaligen Täter, namentlich der Beschuldigte A.___, über die gelungene Flucht gewesen seien, erscheint als sehr authentisch. Für eine Falschbelastungsmotivation gibt es auch hier keinerlei Hinweise. Gemäss der Zeugin […] wartete der Fluchtfahrer bei laufendem Motor, was mit dem Vorgang in [Ort 3] übereinstimmt. Allerdings kann sich der Zeuge nicht mehr daran erinnern, wer ihm genau davon erzählt hat und seine Erinnerungen daran, wer nun neben dem Beschuldigten A.___ mitgemacht habe, sind unterschiedlich. Dazu kommen noch Erinnerungen des Zeugen aus der Zeitungslektüre. Ein erheblicher Unterschied zu den Delikten [Ort 4] und [Ort 3] liegt darin, dass der Zeuge bei diesem Delikt nicht selbst vor Ort war und unmittelbar nach den Delikten von den Beteiligten direkt davon erfahren hat. Er weiss aber nicht mehr, von wem er darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass auch bei diesem Delikt der Beschuldigte und Fahrkünstler A.___ den Fluchtwagen gelenkt hat, können letzte Zweifel nicht ausgeräumt werden. Der von der Verteidigung des Beschuldigten A.___ vor dem Berufungsgericht ins Zentrum gerückte Spurenbericht (AS 37021.1 ff.) erhärtet dieses Beweisergebnis. Bezüglich dieses Vorhalts hat deshalb nach dem Grundsatz «in dubio pro reo» ein Freispruch zu ergehen.
VIII. Widerhandlungen gegen das Ausländergesetz
1. Vorhalt
Unter den Ziffern 6 und 7 der Anklageschrift wird dem Beschuldigten A.___ folgendes vorgehalten:
1.1 Mehrfacher rechtswidriger Aufenthalt (Art. 115 Abs. 1 lit. b AlG, aArt. 115 Abs.1 lit.b AuG), AZ 6
A.___ habe sich vom März 2013 (frühere Taten seien verjährt) bis am 22. Februar 2019, in [Stadt 1], [...], und anderswo in der Schweiz, rechtswidrig aufgehalten, indem er sich als kroatischer Staatsbürger vorsätzlich jeweils mehrfach länger als drei Monate während einer Bezugsdauer von einem halben Jahr ohne die erforderliche Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufgehalten habe.
Der Beschuldigte selbst wende ein, es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass er über keine Aufenthaltsbewilligung verfügt habe, was ihm jedoch hätte bekannt sein müssen, hätte er die Sorgfalt an den Tag gelegt, die man von ihm hätte erwarten dürfen.
1.2 Mehrfache Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung (aArt. 115 Abs. 1 lit. c AuG), AZ7
A.___ sei in der Zeit vom 29. Juni 2016 bis am 12. Juli 2016, in [Stadt 1], einer nicht bewilligten Erwerbstätigkeit nachgegangen, indem der Beschuldigte als kroatischer Staatsbürger bei [zwei Firmen] vorsätzlich als Arbeitnehmer gearbeitet habe, ohne dass ihm der Stellenantritt vorher bewilligt worden sei.
2. Sachverhalt
2.1.1 Am 22. Februar 2019 (Einvernahme nach vorläufiger Festnahme) gab der Beschuldigte A.___ an (AS 10000 ff.), man müsse seinen Arbeitgeber nicht verständigen, er habe erst vor eine Woche dort angefangen. Er sei vor ca. drei Monaten eingereist, von Kroatien. (aF, wie lange er hier habe bleiben wollen?) Er habe hier bleiben wollen, er sei kein Tourist. (aV, da brauche er aber eine Aufenthaltsbewilligung, ob er das wisse?) Da sei er «dran». (aF) Neben seinem kroatischen Reisepass habe er seinen alten Ausweis, einen B-Aufenthaltstitel. (aF) In den letzten drei Monaten habe er von seiner Mutter gelebt. (aF, warum er in die Schweiz eingereist sei?) Er sei die ganze Zeit in der Schweiz gewesen. Er sei nur nach Kroatien, um den Pass zu verlängern. Seine B-Bewilligung sei abgelaufen, seit 2006. Er sei aber eigentlich seit 1989 immer hier in der Schweiz gewesen. Dies mit Unterbrechungen in Serbien. Er habe dort eine Partnerin und zwei Kinder. In der Schweiz wohne er bei seiner Mutter. Seine Mutter sei ein Pflegefall.
Am 16. Mai 2019 (AS 10085) gab er zu Protokoll, es sei richtig, dass er am 9. Januar 1989 erstmals in die Schweiz eingereist sei. Am 8. November 2001 sei er nicht unkontrolliert abgereist, er sei damals bei seiner Mutter geblieben, in der Schweiz. Es habe ihm damals niemand gesagt, dass er ausreisen müsste oder so. Dass damals sein Ausländerausweis eingezogen worden sei, wisse er nicht. Wenn das Misa ausführe, er sei am 6. Januar 2006 wieder in die Schweiz gekommen und habe eine B-Jahresaufenthaltsbewilligung erhalten, so sage ihm das nichts. Im 2004 habe er seinen Führerausweis gemacht, habe dann zwei bis zweieinhalb Jahre eine Firma gehabt und anschliessend als Chauffeur gearbeitet. Er habe eigentlich immer einen Ausweis gehabt. Er sei hier zur Schule und habe hier seine Lehre gemacht. Das erste Mal habe es Schwierigkeiten gegeben, als er im Gefängnis gewesen sei. Man habe abgeklärt, ob er hierbleiben dürfe oder nicht. Dies sei aber nicht wegen dem Ausweis gewesen, sondern weil er keinen Pass gehabt habe. Erst etwa 2006 habe ihm Kroatien einen Pass ausgestellt. Die Ausweisverlängerungen seien ja immer über die Firmen gelaufen. Er habe zwar oft keinen Ausweis gehabt, aber nicht gewusst, dass er keine Aufenthaltsbewilligung habe. Den Ausweis habe er ja meist erst erhalten, wenn er einen Job gehabt habe. (aF) Ja, es sei ihm schon klar, dass er sich nur mit einer gültigen Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufhalten dürfe. Er habe aber gemeint, er habe die Aufenthaltsbewilligung, nur einfach den Ausweis – das Kärtli – nicht. (aF) Ja, er sei seit 1989 ununterbrochen in der Schweiz wohnhaft gewesen. (aF, gemäss Misa sei er am 23. Oktober 2012 erneut ausgereist und damit fehle ihm seither erneut die Aufenthaltsbewilligung?) Er habe das nicht gewusst, er habe keinen Brief oder so erhalten. Auf den Ausweisen habe er immer die B-Bewilligung gehabt. In den letzten Jahren habe er keine Steuern bezahlt und auch keine Steuererklärung ausgefüllt. Er habe ja auch nicht gearbeitet. Er habe immer in der [Stadt 1] gewohnt. Bis 2008 habe er an der [Strasse] gewohnt mit seiner Ex-Freundin zusammen. Dann habe er wieder Kontakt aufgenommen mit seiner jetzigen Freundin und pendle seither zwischen Serbien und der Schweiz hin und her. Wenn er in der Schweiz sei, sei er meist bei seiner Mutter an der [Adresse]. Er sei seit 2008 immer hin und her gependelt: zwei Monate Serbien, zwei Monate Schweiz etc. In Serbien wohne er bei seiner Frau, […]. Sie hätten zusammen zwei Kinder, vier und sieben Jahre alt. (aF, warum er sich trotz Familie in Serbien und ohne Job und Aufenthaltsbewilligung so oft in der Schweiz aufhalte?) Er sei hier aufgewachsen und kenne nichts Anderes. In Serbien dürfe er nicht arbeiten, er sei dort ja auch Tourist mit dem kroatischen Pass. Ja, in der Schweiz werde er von seiner Mutter finanziell unterstützt. Dies seit ca. 2008. Das meiste Geld verdiene er mit dem Billard-Spielen. (aF) Bei einer Sicherheitsfirma habe er einmal so ein «Schnupperdings» gemacht. Er habe Antrag gestellt wegen dem Visum. Das Schnuppern habe nur zwei Wochen gedauert. Die sichergestellten Arbeitskleider gehörten [der Firma 1] und seien für die Einsätze als Security gewesen. Das sei etwa vor drei bis vier Jahren gewesen. Er habe dort nicht gearbeitet, nur geschnuppert. Er habe dafür glaublich CHF 200.00 erhalten und dann auch einen Arbeitsvertrag. Deswegen habe er dann die Bewilligung verlängern wollen und sei an den Schalter. Die hätten ihm gesagt, er solle einen Brief schreiben und einen Termin machen. Da sei er zurück nach Serbien gegangen. Dann wieder in die Schweiz, wieder nach Serbien etc. Er habe nicht gewusst, was für einen Brief er schreiben sollte. Nach dem Schnuppereinsatz habe er nicht mehr für die [Firma 1] gearbeitet. (aF) Die ihm hier vorgehaltenen Papiere seien seine Abrechnungen über seine Security-Einsätze zwischen dem 29. Juni und 10. Juli 2016. Das sei der Schnuppereinsatz gewesen. Der vorgehaltene Arbeitsvertrag ab 1. August 2016 sei derjenige, den er vorher erwähnt gehabt habe. Diese Stelle habe er nie angetreten. Ja, auf dem Vertrag stehe, er müsse seine «B-Bewilligung aktivieren». Es habe einfach geheissen: wenn Du das erledigt hast, kannst Du kommen. Seither habe er nie in der Schweiz gearbeitet, mit Ausnahme einer Schnupperarbeit ca. einen Monat vor der Verhaftung.
Am 13. August 2019 gab der Beschuldigte zu diesen Vorhalten an (AS 10096.1 ff.), er wisse, dass man als Ausländer in der Schweiz während des Aufenthaltes eine gültige Bewilligung haben müsse. Er habe das ja auch probiert. Früher habe man das am Schalter erledigen können, heute werde man dort abgewiesen und müsse Briefe schreiben. Wenn er gewusst hätte, was für Briefe, dann hätte er es gemacht. (aF, ob er nie Abklärungen dazu gemacht habe) Doch, seine Mutter hätte dies machen müssen über ihre Übersetzerin. Ob die Mutter das gemacht habe, wisse er nicht. Das sei gewesen, als er bereits ein paar Tage hier gearbeitet gehabt habe. (aF) Er kenne den Namen der Übersetzerin nicht.
Vor Amtsgericht gab der Beschuldigte A.___ an (DT AS 940), für ihn sei das nie so gewesen, dass er sich rechtswidrig hier befunden habe. Das mit den Behörden und Bewilligungen habe schon seit seiner Lehre angefangen. Zuerst habe er alle fünf Jahre seine Bewilligung verlängern müssen. Und dann jährlich. Er habe oft keinen Ausweis gehabt, drei/vier Jahre. Wenn er einen festen Job gehabt habe, habe man ihm den Ausweis gegeben. Er habe so eine Rückzahlung für die Jahre machen müssen, als er den Ausweis nicht gehabt habe. So sei dies auch entstanden, dass er keinen Ausweis gehabt habe, weil er auch nicht gearbeitet habe. Es stimme nicht, dass er schwarz gearbeitet habe. Er habe immer einen Job haben müssen, damit er einen Ausweis bekommen habe. Wenn man ihm vorwerfe, er habe zwei Wochen dort gearbeitet: Der Herr, der ihm den Job angeboten habe, habe mit der Behörde telefoniert, habe ihm den Vertrag gegeben und gesagt, er könne nur weiterarbeiten, wenn er die Bewilligungen habe. Dann habe sich das erledigt. Er habe gearbeitet, zuletzt habe er es bei einer Putzfirma versucht. Dort sei er knapp einen Monat gewesen. (aF, ob er dort gearbeitet habe, bevor die Bewilligung vorgelegen habe?) Ja, aber das sei meistens so. Er kriege die Bewilligung nicht, wenn er keine Arbeit habe. Meistens habe er in dieser Zeit in Serbien bei seiner Frau gelebt. Dann sei er in die Schweiz gekommen. Wenn er keinen Job gefunden habe, sei er nach Serbien zurück. In der Schweiz sei er bei seiner Mutter gewesen. Heute lebe er in Serbien bei seiner Familie. Seine Frau arbeite und er schaue zu den Kindern. Seine Mutter komme oft auf Besuch.
2.1.2.1 Die Abklärungen der Staatsanwaltschaft beim Migrationsamt ergaben, dass A.___ vom 9. Januar 1989 bis zum 18. November 2001 im Besitz eines gültigen Ausländerausweises war. Am 18. November 2001 reiste er gemäss Migrationsamt […] unkontrolliert ab. Am 6. Januar 2009 erhielt A.___ eine B-Jahresaufenthaltsbewilligung. Gemäss Datenbank des Migrationsamtes sei er am 23. Oktober 2012 erneut abgereist (AS 37013.9).
2.1.2.2 Auf eine amtliche Erkundigung der Vorinstanz hin, gab das Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Basel-Stadt am 27. Mai 2021 telefonisch an, bei ihrem Amt sei weder von der [Firma 1] noch von der [Firma 2] jemals ein Antrag auf Ausstellung einer Arbeitsbewilligung für A.___ eingegangen. Dieser sei somit diesbezüglich bei ihrem Amt nicht verzeichnet bzw. es seien keine Akten vorhanden. Gemäss Vermerk im ZEMIS sei der Betreffende am 23. Oktober 2012 ohne persönliche Abmeldung weggezogen. Eine Aufenthaltsnachforschung per 25. Januar 2016 sei ergebnislos verlaufen (DT AS 844).
2.1.3.1 Zusammenfassend kann auch nach den uneinheitlichen und teilweise wirren Angaben des Beschuldigten von folgendem Sachverhalt ausgegangen werden: Der Beschuldigte hielt sich in der angeklagten Zeit mehrheitlich in der Schweiz auf und dabei zumeist mehr als drei Monate innerhalb von sechs Monaten. Seine erste Aussage dazu war, er lebe seit 1989 in der Schweiz und sei kein Tourist. Ihm war die Bewilligungspflicht für einen über dreimonatigen Aufenthalt bekannt, er hatte ja auch früher mehrfach eine Bewilligung beantragt und erhalten. Unbestritten ist, dass er in der massgeblichen Zeit ab Juni 2014 nicht über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt hat. Er gab selbst an, seit 2006 sei seine Bewilligung erloschen. Seither war er nach seinen Angaben mehrfach mit der Frage der Bewilligung konfrontiert, es war ihm aber – nach seinen Angaben – entweder zu kompliziert, die Bewilligung einzuholen (er habe nicht gewusst, was für ein Schreiben er dafür erstellen sollte) oder er überliess dies anderen (seiner Mutter bzw. deren Übersetzerin), wobei daraufhin auch nichts vorgekehrt wurde. Seine zeitweiligen Ausführungen, er habe gemeint, er habe zwar keinen Ausweis – kein Kärtli –, aber wohl die Bewilligung an sich, ist völlig unglaubhaft und als Schutzbehauptung zu werten. Dem Beschuldigten war somit die ihm bekannte Bewilligungspflicht schlicht egal und er hat zumindest in Kauf genommen, sich in der Schweiz ohne Bewilligung aufzuhalten. Damit hat er eventualvorsätzlich gehandelt. Auch aus der Aussage der Mutter des Beschuldigte geht im Übrigen hervor, dass es dem Beschuldigten bewusst war, dass er keine Aufenthaltsbewilligung hatte (AS 03157, Antwort auf Frage 33: «Er muss hier zuerst eine Arbeit finden. Ohne Arbeit kriegt er keine Bewilligung.»).
2.1.3.2 Gleiches gilt für den sog. «Schnuppereinsatz»: Beim fraglichen Dokument auf AS 10093 f. handelt es sich zweifelsohne um eine Aufstellung über die in der Zeit vom 29. Juni bis am 12. Juli 2016 an verschiedenen Standorten jeweils während mehreren Stunden geleisteten Arbeitseinsätze (total 56 Stunden). Dazu wurden bei ihm nebst einem Funkgerät und einer Mütze ein Kleidungsstück mit dem Aufdruck [Firma 1]" sichergestellt (AS10092). Schliesslich erhellt aus der Auskunft des Amtes für Wirtschaft und Arbeit Kanton Basel-Stadt vom 26. Mai 2021 (Aktennotiz vom 27. Mai 2021), dass beim genannten Amt weder von der [Firma 1], noch von der [Firma 2] jemals ein Antrag auf Ausstellung einer Arbeitsbewilligung für A.___ eingegangen ist. Entsprechend ist der Beschuldigte A.___ diesbezüglich beim Amt für Wirtschaft und Arbeit Basel-Stadt nicht verzeichnet bzw. es sind keine Akten vorhanden. Es bestehen keinerlei Hinweise, dass es sich beim entsprechenden Einsatz von A.___ nur um einen unentgeltlichen Schnuppereinsatz handelte. Dies ist auch in Anbetracht der Stundenmenge sowie der Einsatzzeiten höchst unwahrscheinlich, wäre aber ohnehin nicht von Bedeutung, da es sich um eine üblicherweise gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit gehandelt hat. Dem Beschuldigten war bekannt, dass er für eine Erwerbstätigkeit eine Bewilligung benötigt; wenn er gearbeitet hat, ohne sich um die Bewilligung zu kümmern und dies einfach dem Arbeitgeber überliess, hat er die Tätigkeit ohne Vorliegen der Bewilligung in Kauf genommen.
3. Rechtliche Würdigung
3.1 Zum anwendbaren Recht: Die Ausländergesetzgebung ist in den vergangenen Jahren bis zu mehrmals jährlich abgeändert worden. Die am 14. Juni 2014 in Kraft gewesene Fassung der Strafnorm von Art. 115 Abs. 1 AuG stimmt allerdings mit der heutigen Fassung von Art. 115 AIG überein, wonach mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft wird, wer:
b.
sich rechtswidrig, namentlich nach Ablauf des bewilligungsfreien oder des bewilligten Aufenthalts, in der Schweiz aufhält;
c.
eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit ausübt.
Wird die Tat fahrlässig begangen, ist die Strafe Busse (Abs. 3).
Art. 10 Abs. 1 AuG normierte (heute ebenfalls unverändert): Ausländerinnen und Ausländer benötigen für einen Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit bis zu drei Monaten keine Bewilligung; enthält das Visum eine kürzere Aufenthaltsdauer, so gilt diese.
Wird ein längerer Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit beabsichtigt, so ist dafür eine Bewilligung erforderlich. Diese ist vor der Einreise in die Schweiz bei der am vorgesehenen Wohnort zuständigen Behörde zu beantragen. Artikel 17 Absatz 2 bleibt vorbehalten (Abs. 2).
Art. 11 AuG legte unter dem Titel Bewilligungspflicht bei Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit fest (unverändert):
Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben
wollen, benötigen unabhängig von der Aufenthaltsdauer eine Bewilligung. Diese ist bei der am vorgesehenen Arbeitsort zuständigen Behörde zu beantragen (Abs. 1).
Als Erwerbstätigkeit gilt jede üblicherweise gegen Entgelt ausgeübte unselbständige oder selbständige Tätigkeit, selbst wenn sie unentgeltlich erfolgt (Abs. 2).Bei unselbständiger Erwerbstätigkeit ist die Bewilligung von der Arbeitgeberin oder vom Arbeitgeber zu beantragen (Abs. 3).
3.2 Ausländern, die sich auf das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU berufen können, werden zwar Kurzaufenthaltsbewilligungen und Aufenthaltsbewilligungen EU erteilt. Soweit allerdings die Bewilligungen übergangsrechtlich für neue EU-Mitgliedstaaten oder aufgrund der besonderen Schutzklausel kontingentiert sind, was vorliegend der Fall ist, bleibt die Bewilligung für die Aufnahme der Erwerbstätigkeit erforderlich (Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit [nachfolgend: Freizügigkeitsabkommen], Anhang I, Art.26 Abs. 2), womit, wenn sie nicht eingeholt wird, die einschlägigen Tatbestände des rechtswidrigen Aufenthalts (Art. 115 Abs. 1 Bst. b AIG), der Ausübung einer nichtbewilligten Erwerbstätigkeit (Art. 115 Abs. 1 Bst. c AlG) und der Beschäftigung ohne Bewilligung (Art.117 AlG) erfüllt sein können (vgl. auch BGE 134 IV 57; Zünd, in: Migrationsrecht Kommentar, AIG, AsylG, BüG sowie FZA mit weiteren Erlassen, 5. Aufl., Zürich 2019, Art.115 N 7 f.).
3.3 Am 1. Juli 2013 ist Kroatien der Europäischen Union beigetreten. Die Erweiterung des Freizügigkeitsabkommens auf Kroatien erfolgte am 1. Januar 2017. Für kroatische Staatsangehörige gelten im Hinblick auf die Personenfreizügigkeit nach wie vor die Übergangsbestimmungen des Freizügigkeitsabkommens (vgl. Ausführungen unter lit.aa). Für den über dreimonatigen Aufenthalt und für den Antritt einer Erwerbstätigkeit gilt die Bewilligungspflicht. Indem sich der Beschuldigte A.___ in der Zeit zwischen dem 15. Juni 2014 und dem 22.Februar2019 als kroatischer Staatsangehöriger jeweils länger als drei Monate und sich damit nach Ablauf der bewilligungsfreien Zeit in der Schweiz aufgehalten hat, hat er sich des rechtswidrigen Aufenthalts gemäss Art. 115 Abs.1 lit. b AuG schuldig gemacht. Ebenso hat er sich vom 29. Juni 2016 bis zum 12. Juli 2016 des Verstosses gegen Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG schuldig gemacht.
IX. Strafzumessung
1. Allgemeines zur Strafzumessung und Vollzugsform
1.1 Nach Art. 47 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Abs. 1). Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Abs. 2).
1.2 Bei der Tatkomponente können verschiedene objektive und subjektive Momente unterschieden werden. Beim Aspekt der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes (Ausmass des verschuldeten Erfolgs) geht es sowohl um den Rang des beeinträchtigten Rechtsguts wie um das Ausmass seiner Beeinträchtigung, aber auch um das Mass der Abweichung von einer allgemeinen Verhaltensnorm. Auch die Verwerflichkeit des Handelns (Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgs) ist als objektives Kriterium für das Mass des Verschuldens zu berücksichtigen. Auf der subjektiven Seite ist die Intensität des deliktischen Willens (Willensrichtung des Täters) zu beachten. Dabei sprechen für die Stärke des deliktischen Willens insbesondere Umstände wie die der Wiederholung oder Dauer des strafbaren Verhaltens oder auch der Hartnäckigkeit, die der Täter mit erneuter Delinquenz trotz mehrfacher Vorverurteilungen oder sogar während einer laufenden Strafuntersuchung bezeugt. Hier ist auch die Skrupellosigkeit, wie auch umgekehrt der strafmindernde Einfluss, den es haben kann, wenn ein V-Mann bei seiner Einwirkung auf den Verdächtigen die Schranken des zulässigen Verhaltens überschreitet, zu beachten. Hinsichtlich der Willensrichtung ist dem direkten Vorsatz grösseres Gewicht beizumessen als dem Eventualdolus. Die Grösse des Verschuldens hängt weiter auch von den Beweggründen und Zielen des Täters ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Delinquenz umso schwerer wiegt, je grösser das Missverhältnis zwischen dem vom Täter verfolgten und dem von ihm dafür aufgeopferten Interesse ist. Schliesslich ist unter dem Aspekt der Tatkomponente die Frage zu stellen, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Hier geht es um den Freiheitsraum, welchen der Täter hatte. Je leichter es für ihn gewesen wäre, die Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt die Entscheidung gegen sie und damit seine Schuld (BGE 117 IV 7 E. 3aa). Innere Umstände, die den Täter einengen können, sind unter anderem psychische Störungen mit einer Verminderung der Schuldfähigkeit, aber auch unterhalb dieser Schwelle, wie Affekte, die nicht entschuldbar, aber doch von Einfluss sind, Konflikte, die sich aus der Bindung an eine andere Kultur ergeben, Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, subjektiv erlebte Ausweglosigkeit oder Verzweiflung usw. Auch äussere Umstände betreffen die Schuld nur, wenn sie die psychische Befindlichkeit des Täters berühren.
1.3 Bei der Täterkomponente sind einerseits das Vorleben, bei dem vor allem Vorstrafen, auch über im Ausland begangene Straftaten (BGE 105 IV 225 E. 2), ins Gewicht fallen – Vorstrafenlosigkeit wird neutral behandelt und bei der Strafzumessung nur berücksichtigt, wenn die Straffreiheit auf aussergewöhnliche Gesetzestreue hinweist (BGE 136 IV 1) – und andererseits die persönlichen Verhältnisse (Lebensumstände des Täters im Zeitpunkt der Tat), wie Alter, Gesundheitszustand, Vorbildung, Stellung im Beruf und intellektuelle Fähigkeiten zu berücksichtigen. Des Weiteren zählen zur Täterkomponente auch das Verhalten des Täters nach der Tat und im Strafverfahren, also ob er einsichtig ist, Reue gezeigt, ein Geständnis abgelegt oder bei den behördlichen Ermittlungen mitgewirkt hat, wie auch die Strafempfindlichkeit des Täters sowie, ob der Staat neben der Strafe dem Täter anderweitige Sanktionen auferlegt (bspw. Führerausweisentzug oder Landesverweisung).
Vorstrafen stellen eines von mehreren täterbezogenen Merkmalen dar und steigern das konkrete Tatverschulden nicht. Das Sachgericht darf Vorstrafen nicht wie eigenständige Delikte im Rahmen einer "nachträglichen Gesamtstrafenbildung" würdigen. Nicht zulässig ist es, eine am Tatverschulden ausgerichtete prozentuale Straferhöhung vorzunehmen, mit der Folge, dass die gleiche Vorstrafe sich je nach Tatverschulden unterschiedlich stark straferhöhend auswirkt. Damit würde aus dem täterbezogenen Strafzumessungskriterium des Vorlebens ein tatbezogenes gemacht, was der gesetzlichen Konzeption von Art. 47 Abs. 1 StGB widerspricht, wonach Tat- und Täterkomponenten voneinander unabhängige Strafzumessungsfaktoren sind. Auch kann keine Vorstrafe derart straferhöhend berücksichtigt werden, dass der Täter faktisch ein zweites Mal für die bereits abgeurteilte Tat bestraft wird. Dies liefe sowohl dem Einzeltatschuldprinzip als auch dem Grundsatz "ne bis in idem" zuwider (vgl. Urteil 6B_249/2014 vom 16. Oktober 2014 E. 2.4.2 mit Hinweis). Gemäss einem Urteil des Bundesgerichts vom 25. August 2015, 6B_510/2015, kann indes eine beachtliche Renitenz und Gleichgültigkeit gegenüber der schweizerischen Rechtsordnung zu einer Straferhöhung von bis einem Drittel des Strafmasses führen.
Nach der Rechtsprechung kann ein Geständnis bei der Beurteilung des Nachtatverhaltens im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Täters berücksichtigt werden, wenn es auf Einsicht in das begangene Unrecht oder auf Reue schliessen lässt oder der Täter dadurch zur Tataufdeckung über den eigenen Tatanteil beiträgt (vgl. BGE 121 IV 202 E. 2d/cc S. 205). Auch hier kann das Ausmass der Strafreduktion bis zu einem Drittel des Strafmasses erreichen BGE 121 IV 204 f.).
1.4 Strafen von bis zu 180 Tageseinheiten (bis 1. Januar 2018: bis 360 Tageseinheiten) sind grundsätzlich in Form einer Geldstrafe auszusprechen (Art. 34 StGB). Das Gericht kann stattdessen auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn a) eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten, oder b) eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann (41 Abs. 1 StGB). Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen (Art. 41 Abs. 2 StGB). Die Freiheitsstrafe als eingriffsintensivste Sanktion ist nach der gesetzlichen Konzeption somit nach wie vor (auch nach der auf den 1. Januar 2018 in Kraft gesetzten Revision) «ultima ratio» und kann nur verhängt werden, wenn keine andere, mildere Strafe in Betracht kommt (Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie zu einem Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht, BBl 1999 2043 f. Ziff. 213.132; BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f.; BGE 144 IV 217 vom 30. April 2018 E. 3.3. 3 mit Hinweisen). Bei der Wahl der Sanktionsart waren auch unter dem früheren Recht als wichtige Kriterien die Zweckmässigkeit einer bestimmten Sanktion, ihre Auswirkungen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präventive Effizienz zu berücksichtigen (BGE 134 IV 97 E. 4.2 S. 100 f. mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat entschieden, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters und dessen voraussichtliche Zahlungsunfähigkeit keine Kriterien für die Wahl der Strafart sind. Sinn und Zweck der Geldstrafe erschöpfen sich nicht primär im Entzug von finanziellen Mitteln, sondern liegen in der daraus folgenden Beschränkung des Lebensstandards sowie im Konsumverzicht. Nach der Meinung des Gesetzgebers soll die Geldstrafe auch für einkommensschwache Täter, d.h. für solche mit sehr geringem, gar unter dem Existenzminimum liegendem Einkommen ausgefällt werden können. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Geldstrafe als unzweckmässige Sanktion angesehen und deshalb vielfach auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden müsste. Dies würde dem zentralen Grundanliegen der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches zuwiderlaufen. Gerade mittellosen Straftätern geht die Geldstrafe ans Lebensnotwendige, so dass sie für jene deutlich spürbar wird. Eine nicht bezahlbare Geldstrafe soll es nach der Botschaft – ausser durch Verschulden des Täters oder durch unvorhergesehene Ereignisse – denn auch nicht geben. Bei einkommensschwachen oder mittellosen Tätern, etwa Sozialhilfebezügern, nicht berufstätigen, den Haushalt führenden Personen oder Studenten ist somit die Ausfällung einer tiefen Geldstrafe möglich (BGE 134 IV 97 E. 5.2.3 mit Hinweisen). Nach dem Prinzip der Verhältnismässigkeit sollte bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift (BGE 138 IV 120 E. 5.2 S. 122 f. mit Hinweis).
1.5 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht diese angemessen. Es darf dabei jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden (Art. 49 Abs. 1 StGB). Das Gericht hat die Strafe zudem zu erhöhen, d.h. die Mindeststrafe darf nicht ausgefällt werden. Das Asperationsprinzip kommt indes nur zur Anwendung, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht (BGE 142 IV 265 E. 2.3.2 S. 267 f.; 138 IV 120 E. 5.2 S. 122). Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 137 IV 57 E. 4.3.1 S. 58).
Der Richter hat somit in einem ersten Schritt, unter Einbezug aller straferhöhenden und strafmindernden Umstände, gedanklich die Einsatzstrafe für das schwerste Delikt festzulegen. In einem zweiten Schritt hat er diese Einsatzstrafe unter Einbezug der anderen Straftaten zu einer Gesamtstrafe zu erhöhen, wobei er ebenfalls den jeweiligen Umständen Rechnung zu tragen hat (Urteil des Bundesgerichts 6B_405/2011 vom 24.1.2012 E. 5.4). Dabei hat er sämtliche Einzelstrafen für die von ihm neu zu beurteilenden Taten festzusetzen und zu benennen (BGE 142 IV 265 E. 2.4.3). Aus dem Urteil muss hervorgehen, welche Einzelstrafen für die verschiedenen Straftaten festgesetzt werden und welche Strafzumessungsgründe für jede Einzelstrafe massgebend waren. Nur so lässt sich überprüfen, ob die einzelnen Strafen als auch deren Gewichtung bei der Strafschärfung bundesrechtskonform sind (vgl. BGE 118 IV 119E. 2b S. 120 f.; Urteil 6B_323/2010 vom 23. Juni 2010 E. 3.2; MATHYS, a.a.O., N. 362; je mit Hinweisen). Die Nennung der Einzelstrafen stellt auch keinen Mehraufwand bei der Urteilsbegründung dar, denn das Gericht muss ohnehin gedanklich für jede Einzeltat eine selbständige Strafe festsetzen und die entscheidrelevanten Überlegungen in Grundzügen wiedergeben (vgl. Art. 50 StGB; BGE 134 IV 17 E. 2.1 S. 20; Urteil 6B_493/2015 vom 15. April 2016 E. 3.2). Das Gericht ist jedoch nach wie vor nicht gehalten, in Zahlen oder Prozenten anzugeben, wie es die einzelnen Strafzumessungsgründe innerhalb der Einzelstrafen gewichtet (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; Urteil 6B_1110/2014 vom 19. August 2015 E. 4.3). Nach der Festlegung der Gesamtstrafe für sämtliche Delikte sind endlich die Täterkomponenten zu berücksichtigen (vgl. Urteile des Bundesgerichts 6B_865/2009 vom 25.3.2010 E. 1.6.1, 6B_496/2011 vom 19.12.2012 E. 4.2). Die Gesamtstrafe ist schliesslich in einer Gesamtwürdigung auf Angemessenheit zu prüfen (vgl. Urteil 6B_323/2010 vom 23. Juni 2010 E. 3.2).
1.6.1 Gemäss Art 42 Abs. 1 StGB schiebt das Gericht den Vollzug einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten. In subjektiver Hinsicht relevantes Prognosekriterium ist insbesondere die strafrechtliche Vorbelastung (ausführlich BGE 134 IV 1 E. 4.2.1). Für den bedingten Vollzug genügt das Fehlen einer ungünstigen Prognose, d.h. die Abwesenheit der Befürchtung, der Täter werde sich nicht bewähren (BGE 134 IV 1 E. 4.2.2). Bereits in der bisherigen Praxis spielte die kriminelle Vorbelastung die grösste Rolle bei der Prognose künftigen Legalverhaltens (Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Strafen und Massnahmen, 2. Auflage, Bern 2006, § 5 N 27). Allerdings schliessen einschlägige Vorstrafen den bedingten Vollzug nicht notwendigerweise aus (Roland M. Schneider / Roy Garré in: Niggli / Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Auflage, Basel 2019, Art. 42 StGB N 61).
Der Strafaufschub wird lediglich bei einer klaren Schlechtprognose verwehrt. Dabei kommt es auf die Persönlichkeit des Verurteilten an. Diese erschliesst sich aus den Tatumständen, dem Vorleben, insb. Vortaten und Leumund, wobei auch das Nachtatverhalten miteinzubeziehen ist, ebenso die vermutete Wirkung der Strafe auf den Täter. Das Gericht hat eine Gesamtwürdigung aller prognoserelevanten Kriterien vorzunehmen und deren einseitige Berücksichtigung zu vermeiden. Dies gilt auch für das Prognosekriterium Vorstrafen. Dieses dürfte zwar ein durchaus gewichtiges darstellen, was aber, wie erwähnt, nicht heisst, dass Vorstrafen die Gewährung des bedingten Strafvollzugs generell ausschliessen. Dies hat allerdings auch im Umkehrschluss zu gelten: das Fehlen von Vorstrafen führt nicht zwingend zur Gewährung des bedingten Strafvollzugs, wenn die übrigen Prognosekriterien das klare Bild einer Schlechtprognose zu begründen vermögen. Allerdings ist doch wohl davon auszugehen, dass Ersttätern im Allgemeinen der bedingte Strafvollzug zu gewähren ist.
1.6.2 Nach Art. 43 Abs. 1 StGB kann das Gericht den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen. Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte der Strafe nicht übersteigen (Art. 43 Abs. 2 StGB). Sowohl der aufgeschobene Teil wie auch der zu vollziehende Teil müssen mindestens sechs Monate betragen (Art. 43 Abs. 3 StGB). Als Bemessungsregel ist das Ausmass des Verschuldens zu beachten, dem in genügender Weise Rechnung zu tragen ist. Das Verhältnis der Strafteile ist so festzusetzen, dass darin die Wahrscheinlichkeit der Bewährung des Täters einerseits und dessen Einzeltatschuld anderseits hinreichend zum Ausdruck kommen. Je günstiger die Prognose und je kleiner die Vorwerfbarkeit der Tat, desto grösser muss der auf Bewährung ausgesetzte Strafteil sein. Der unbedingte Strafteil darf das unter Verschuldensgesichtspunkten gemäss Art. 47 StGB gebotene Mass nicht unterschreiten (BGE 134 IV 1 E. 5.6 S. 15; vgl. auch 134 IV 140 E. 4.2 S. 142 f. zur Beurteilung der Bewährungsaussichten). Auch die bloss teilbedingte Strafe gemäss Art. 43 StGB setzt indes das Fehlen einer ungünstigen Prognose voraus. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut, aber aus Sinn und Zweck der Bestimmung. Wenn und soweit die Legalprognose nicht schlecht ausfällt, muss der Vollzug zumindest eines Teils der Strafe bedingt aufgeschoben werden. Andererseits ist bei einer schlechten Prognose auch ein bloss teilweiser Aufschub der Strafe ausgeschlossen (BGE 134 IV 1 E. 5.3.1 mit Hinweisen). Indessen besteht die Möglichkeit, dass eine zwar grundsätzlich schlechte Prognose durch den Vollzug bloss eines Teiles der Strafe in Verbindung mit dem drohenden späteren Widerruf des aufgeschobenen Strafrests deutlich günstiger werden kann (vgl. hierzu etwa Roland M. Schneider/Roy Garré, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Strafrecht I, Basel 2019, Art. 43 StGB N 15).
2. Konkrete Strafzumessung B.___
2.1 Das schwerste Delikt ist der Mord an [Herrn G.___] vom 14. März 2010. Die Strafe dafür ist lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren. Dabei ist das Doppelverwertungsverbot zu beachten, das bedeutet, dass Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens führen, innerhalb des geänderten Strafrahmens nicht noch einmal als Straferhöhungs- oder Strafminderungsgrund berücksichtigt werden dürfen. Sonst würde dem Täter der gleiche Umstand zweimal zur Last gelegt oder zugutegehalten. Indes ist es dem Gericht nicht verwehrt, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, in welchem Ausmass ein qualifizierender oder privilegierender Tatumstand gegeben ist. Das Gericht verfeinert damit nur die Wertung, die der Gesetzgeber mit der Festsetzung des Strafrahmens vorgezeichnet hat (BGE 120 IV 67 E. 2b S. 72 mit Hinweis).
Das Tötungsdelikt selbst wurde von den Beschuldigten nicht geplant, es war aber die Folge eines sorgfältig geplanten Raubüberfalles mit erwarteter Gegenwehr und damit auch mit erwarteter Verletzung des Opfers. Die Täter wussten, dass das Opfer zum Tatzeitpunkt alleine daheim sein würde. Die Tatausführung war ausgesprochen grausam: das Opfer wurde heimtückisch in seinen eigenen vier Wänden überfallen, mit harten Gegenständen mehrfach schwer gegen den Kopf geschlagen und es war den zahlenmässig und körperlich überlegenen Angreifern hilflos ausgeliefert. Die Mordqualifikation ist somit in zweierlei Hinsicht erfüllt: «Raubmord» und besonderes grausame Ausführung. Dem Opfer wurden so lebensgefährliche Kopfverletzungen zugefügt und es wurde schliesslich in diesem Zustand alleine zurückgelassen. Diese äusserst brutale, kaltblütige und skrupellose Misshandlung des Opfers dauerte einige Zeit und offenbart eine sehr hohe kriminelle Energie und Gefühlskälte der beiden Täter. Das Opfer litt mehrere Stunden schwerverletzt daheim, bis es am Abend aufgefunden wurde. Es verstarb schliesslich nach einem monatelangen Kampf um Leben und Tod. Das Begehen eines Delikts in Mittäterschaft ist wegen der dabei erhöhten Sozialgefährlichkeit straferhöhend in Anschlag zu bringen. Die Täter überfielen das Opfer in dessen privater Liegenschaft: das Bundesgericht stellt zu Recht fest, dass derartige Delikte einen schweren Eingriff in den Kernbereich des Privatlebens der Betroffenen darstellen (Urteil 6B_510/2013 vom 4. März 2014 E. 4.4). Ausserdem zu straferhöhend zu berücksichtigt ist der Umstand, dass die beiden Täter als sogenannte "Kriminaltouristen" in erster Linie zum Zweck der Verübung von Einbruchdiebstählen in die Schweiz eingereist sind (Urteil des Bundesgerichts 6B_510/2013 vom 4. März 2014 E. 4.4). Verschuldenserhöhend zu bewerten ist ebenfalls das krasse Missverhältnis zwischen dem erstrebten und dem geopferten Rechtsgut. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Beschuldigte sich nicht rechtskonform hätte verhalten können. Das Handeln der Täter aus finanziellen Gründen war rein egoistisch. Entlastend für den Beschuldigten B.___ wirkt sich einzig aus, dass hinsichtlich des Todeseintrittes nur von Eventualvorsatz auszugehen ist, wobei eine gewisse Nähe zum direkten Vorsatz nicht zu übersehen ist. Insgesamt ist das Tatverschulden des Beschuldigten mit der Vorinstanz als mittelschwer bis schwer zu qualifizieren, was beim zur Verfügung stehenden Strafrahmen einer Einsatzstrafe von 16,5 Jahren Freiheitsstrafe entspricht.
2.2.1 Diese Einsatzstrafe ist nunmehr angemessen zu erhöhen zur Abgeltung der weiteren Delikte. Für das bandenmässig begangene, versuchte Raubdelikt vom 14. März 2010 in [Ort 1] beträgt der Strafrahmen Freiheitsstrafe zwischen zwei und zwanzig Jahren. Hier ist zu berücksichtigen, dass der Raubüberfall sorgfältig geplant und umgesetzt wurde. Es wurde mit einer hohen Beute gerechnet und auch mit Verletzungen eines sich wehrenden Opfers wurde im Voraus gerechnet. Die Täter handelten als Bande und waren dem erwarteten Opfer zahlenmässig und körperlich überlegen. Sie überfielen das Opfer in seiner privaten Liegenschaft: das Bundesgericht stellt zu Recht fest, dass derartige Delikte einen schweren Eingriff in den Kernbereich des Privatlebens der Betroffenen darstellt. Ausserdem ist der Umstand, dass die Beschuldigten B.___ und C.___ als sogenannte "Kriminaltouristen" in erster Linie zum Zweck der Verübung von Einbruchdiebstählen in die Schweiz eingereist sind, als straferhöhend zu berücksichtigen. Nicht berücksichtigt werden dürfen dabei die schwerwiegenden und letztlich tödlichen Verletzungen (mithin die gegenüber dem Tatplan überschiessende Gewalt, der Exzess), welche dem Opfer beigebracht wurden, diese sind mit der Strafe für das Tötungsdelikt abgegolten. Die Täter handelten mit direktem Vorsatz und aus egoistischen, rein pekuniären Gründen, sie strebten die Wegnahme eines hohen Geldbetrages an. Dies ist bei einem Raubdelikt allerdings der Regelfall. Die Beschuldigten B.___ und C.___ waren innerhalb der Bande die ausführenden Täter, Initiator war jedoch der Beschuldigte D.___. Es sind wie bereits erwähnt keine Gründe ersichtlich, weshalb sich die Täter nicht rechtsgetreu hätten verhalten können. Insgesamt ist im Hinblick die möglichen Fälle von bandenmässigem Raub beim hypothetischen vollendeten Delikt von einem gerade noch leichten Tatverschulden auszugehen, das im Hinblick auf den zur Verfügung stehenden Strafrahmen mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren abzugelten wäre.
2.2.2 Bei der Strafmilderung zufolge Versuchs ist zu berücksichtigen, dass der angestrebte Deliktsbetrag zwar gar nicht erreichbar war, das Erzielen einer Beute aber sehr nahe lag; zumindest den Inhalt des Portemonnaies beispielsweise hätten die Beschuldigten ohne Weiteres mitnehmen können. Die Gewalteinwirkung auf das Opfer (und damit auch der Versuch) war vollendet und die Folgen für das Opfer – auch ohne Einbezug des Todeseintrittes – schwerwiegend. Eine Strafreduktion zufolge Versuchs um einen Drittel auf nunmehr 40 Monate Freiheitsstrafe erscheint gerechtfertigt.
2.2.3 Bei der aspirationsweisen Erhöhung der Einsatzstrafe ist zu berücksichtigen, dass der Unrechts- und Schuldgehalt des Raubdelikts mit der Strafe für das Tötungsdelikt schon zu einem guten Teil abgegolten ist. Deshalb ist eine grosszügige Anwendung des Asperationsprinzips angezeigt und die Einsatzstrafe von 16,5 Jahren Freiheitsstrafe zur Abgeltung des (versuchten) Raubdelikts ist um ein Jahr Freiheitsstrafe zu erhöhen.
2.3 Eine weitere Straferhöhung ist nun vorzunehmen zur Abgeltung des (vollendeten) Raubdelikts in [Ort 4]. Auch hier beläuft sich der Strafrahmen zufolge qualifizierter Tatbegehung (Bandenmässigkeit) auf zwei bis zwanzig Jahre Freiheitsstrafe. Das Delikt wurde sorgfältig vorbereitet, unter anderem mit einem vorgängigen Besuch des Juweliergeschäfts zum Auskundschaften, und ebenso professionell ausgeführt. Die Täter traten zu dritt auf und trugen Schusswaffen mit sich, wobei zu ihren Gunsten davon auszugehen ist, dass es sich um Imitationen und nicht um echte Schusswaffen handelte (andernfalls wäre gemäss Art. 140 Ziffer 2 StGB angeklagt worden). Diese Waffen verfehlten ihre Wirkung aber nicht, die Geschädigten hielten sich in jeder Hinsicht an die Anweisungen der Täter und wurden mit Kabelbindern gefesselt. Dem Geschäftsinhaber wurde die Waffe an die Brust gehalten. Für einen derartigen Raubüberfall am hellen Tag ist eine erhebliche Kaltblütigkeit notwendig und er offenbart damit eine erhebliche kriminelle Energie. Bei den Beschuldigten B.___ und C.___ handelte es sich um Kriminaltouristen. Die Beute war mit einer Grössenordnung von CHF 860'000.00 wie erwartet sehr hoch. Die Täter handelten mit direktem Vorsatz und aus egoistischen, pekuniären Gründen. Insgesamt ist von einem leichten bis knapp mittelschweren Tatverschulden auszugehen und für das Delikt ist im vorgegebenen Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren angemessen. Die Einsatzstrafe ist zur Abgeltung dieses bandenmässigen Raubes um drei Jahre zu erhöhen. Rechnerisch ergäben sich nun nach Vornahme der Asperationen insgesamt 20,5 Jahre Freiheitsstrafe, wobei die Freiheitsstrafe aber von Gesetzes wegen nicht mehr als 20 Jahre betragen darf (Art. 40 Abs. 1 Satz 1, die Asperation zufolge eines Raubdelikts erlaubt keine Straferhöhung auf eine lebenslängliche Freiheitsstrafe: BGE 141 IV 61 E. 6.1.2 und 132 IV 102 E. 9.1, Urteil 6B_877/2014 vom 5. November 2015, E. 8.5).
2.4 Bei den Täterkomponenten ist folgendes zu erwägen:
2.4.1 Der Beschuldigte B.___ ist […] 1977 in […] Serbien geboren. Er beschrieb seine Kindheit als schön, die Familie sei wohlhabend gewesen (höhere Mittelklasse), es sei ihnen gut gegangen (vgl. Befragung zur Person vom 26. Juli 2017, AS 18255 ff.). Er habe nach der Grundschule [eine Fachhochschule] besucht. Danach habe er zwei Jahre an der […] Universität studiert, habe das Studium aber dann aufgrund der wirtschaftlichen Situation abbrechen müssen, er habe arbeiten gehen müssen. Danach habe er als Sicherheitsangestellter bei einer Speditionsfirma und danach bis 2003 in der Firma seines Vaters gearbeitet. Da sei das Geschäft «zu gegangen»; warum, wisse er nicht, er habe seinen Vater nicht danach gefragt. 2002 habe er geheiratet und sie hätten einen Sohn bekommen. Die Ehe sei 2005 geschieden worden. Nach der Schliessung der Firma seines Vaters hätten die Probleme angefangen. Er habe sich beim Pokerspielen verschuldet. 2005 sei er nach Deutschland gegangen und habe sich an verschiedenen Firmen beteiligt. Dies habe zu seinen Delikten in Deutschland und der dortigen Haftstrafe geführt. Danach sei er nach Serbien ausgeliefert worden und habe ein Einreiseverbot für den Schengenraum für fünf Jahre erhalten. Von 2009 bis 2010 sei er wegen der Schulden bei P.___ in die Schweiz gekommen, jedoch nicht, um rechtsschaffend (erwerbs-) tätig zu sein, sondern um Sachen zu klauen. Auch das Delikt [in der französischen Stadt 1] habe er wegen seinen Schulden verübt. In Frankreich sei er vom Mai 2010 bis zum Februar 2017 in Haft gewesen. Er habe weiterhin Kontakt zu seinem mittlerweile erwachsenen Sohn, dieser lebe […] bei der Mutter. Er habe in Serbien noch ein Strafverfahren offen, die Straftat liege zehn Jahre zurück, deshalb sei sein Pass bei der Polizei in Belgrad und er könne sich im Ausland nicht frei bewegen.
Während der Beschuldigte im Schweizerischen Strafregister nicht verzeichnet ist, ist er in Frankreich und Deutschland registriert. So wurde er wie bereits erwähnt in Frankreich mit Urteil des Cour D'Assises De La Meurthe-Et-Moselle - Nancy vom 7.März2012 wegen bandenmässigem, bewaffnetem Raub rechtskräftig zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. In Deutschland erfolgte am 14. März 2009 eine rechtskräftige Verurteilung durch das Amtsgericht Hagen wegen gewerbsmässigen Betrugs, begangen im Sommer 2008, zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit einer Probezeit von vier Jahren (Auskunft aus dem Zentralregister und Urteil, AS18230 ff.). Der Vorstrafe ist – angesichts des langen Zeitablaufes – mit einer nur leichten Straferhöhung um drei Monate Freiheitsstrafe Rechnung zu tragen.
2.4.2 Der Beschuldigte B.___ war nicht geständig, zeigte dementsprechend keine Reue und war im Rahmen des Strafverfahrens wenig kooperativ. Eine beschuldigte Person ist jedoch weder gehalten, sich selbst zu belasten noch sonst mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren. Dass er sich seit 2010 offensichtlich wohl verhalten hat, liegt auch in der Natur der seitherigen Inhaftierung in Frankreich und der Schweiz und ist nicht weiter zu würdigen. Im Strafvollzug ist sein Verhalten tadellos, was aber keine besondere Leistung darstellt und nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung neutral zu werten ist. Eine besondere Strafempfindlichkeit ist beim Beschuldigten nicht auszumachen.
2.4.3 Gemäss Art. 48 lit. e StGB mildert das Gericht die Strafe, wenn das Strafbedürfnis in Anbetracht der seit der Tat verstrichenen Zeit deutlich vermindert ist und der Täter sich in dieser Zeit wohl verhalten hat. Dies ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung der Fall, wenn seit der Tat zwei Drittel der Verfolgungsverjährung verstrichen sind und sich der Täter zwischenzeitlich wohl verhalten hat (BGE 140 IV 145 E. 3.1 und 132 IV 1 E. 6.2.1).
Die Delikte des Beschuldigten B.___ datieren vom Frühjahr 2010, letztmals straffällig gemacht hat er sich kurz danach mit dem Raubüberfall [in der französischen Stadt 1]. Seither sind gut zwölf Jahre vergangen, während denen sich der Beschuldigte durchgehend im Strafvollzug befunden und wohl verhalten hat. Gemäss Art. 97 Abs. 1 StGB betragen die Verjährungsfristen für den Mord 30 Jahre, für die beiden Raubdelikte 15 Jahre. Somit ist gestützt auf Art. 48 lit. e StGB für die Straferhöhungen zufolge der Raubdelikte jeweils eine Strafmilderung vorzunehmen, dies um total neun Monate (= gut 20% der effektiven Straferhöhung um 3,5 Jahre). Hinsichtlich des Mordes ist dem langen Zeitablauf mit einer leichten Strafminderung um ein Jahr Rechnung zu tragen.
2.4.4 Geltend gemacht wird eine Verletzung des Beschleunigungsgebots. Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf Beurteilung innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV). Art. 6 Ziff. 1 EMRK vermittelt diesbezüglich keinen weitergehenden Schutz als Art. 29 Abs. 1 BV (BGE 140 IV 373 E. 1.3.1, BGE 130 I 269 E. 2.3 S. 272 f., BGE 130 I 312 E. 5.1 S. 332; je mit Hinweis). Gemäss Art. 5 Abs. 1 StPO nehmen die Strafbehörden die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss. Bei einem Haftfall – wie vorliegend – wird das Verfahren vordringlich durchgeführt (Abs. 2). Das Beschleunigungsgebot verpflichtet die Behörden, ein Strafverfahren mit der gebotenen Beförderung zu behandeln, nachdem die beschuldigte Person darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Sie soll nicht länger als notwendig den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt sein (BGE 133 IV 158 E. 8 S. 170). Die Beurteilung der angemessenen Verfahrensdauer entzieht sich starren Regeln. Ob sich die Dauer als angemessen erweist, ist in jedem Einzelfall unter Würdigung aller konkreten Umstände zu prüfen (BGE 130 I 312 E. 5.2 S. 332 mit Hinweisen).
Vorliegend erhielt der Beschuldigte B.___ zwar schon während des Strafvollzugs in Frankreich Kenntnis von dem in der Schweiz wegen des Delikts in [Ort 1] gegen ihn eröffneten Verfahrens. Formell eröffnet wurde dem Beschuldigten das Strafverfahren aber erst nach seiner Überstellung vom 7. Februar 2017. Die Dauer von nunmehr fünfeinhalb Jahren bis zum zweitinstanzlichen Urteil ist angesichts der hohen Komplexität des Verfahrens mit vier Beschuldigten, mit mehreren, zumeist schweren Delikten, den internationalen Bezügen und vor dem Hintergrund des vollständigen Bestreitens aller Beschuldigter nicht als übermässig lang zu qualifizieren. Konkrete Stillstände sind keine erkennbar und auch nicht geltend gemacht. Im Übrigen ist festzuhalten, dass 10 Monate nach der Auslieferung des Beschuldigten B.___ im Herbst 2017 neue, aussichtsreiche Hinweise auf mutmassliche Mittäter und weitere Delikte zutage traten, was umfangreiche und komplexe Ermittlungen (inkl. verdeckte Zwangsmassnahmen) zur Folge hatte. Der Zeuge L.___ wurde im September 2017 verhaftet; die erste Einvernahme erfolgte am 21. November 2017, nachdem er zuvor in einem Brief an die Gefängnisleitung geschrieben hatte, Aussagen machen zu wollen. Im Rahmen dieser umfangreichen Ermittlungen wurden bis Ende 2019 diverse Personen – unter anderem auch rechtshilfeweise – einvernommen. Der Zeuge L.___ wurde letztmals im Mai 2019, der Beschuldigte B.___ letztmals im Dezember 2019 befragt. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Haftgerichts Solothurn im Entscheid vom 15.November2017 verwiesen (AS 17148 f.). In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist die erst per 31.März2020 erfolgte Anklageerhebung nachvollziehbar. Das Verfahren gegen den Beschuldigten B.___ – wie auch gegen die weiteren Beschuldigten – wurde somit von der Strafverfolgungsbehörde mit der notwendigen Beförderlichkeit geführt. Auch das erstinstanzliche Verfahren wurde zügig vorangetrieben und erfuhr einzig wegen des Verhaltens eines Verteidigers eine halbjährige Verzögerung. Das Berufungsverfahren nahm rund ein Jahr in Anspruch. Im Übrigen kann auf das unter Ziffer III.2.5.3 hiervor zum Beschuldigten B.___ bereits Ausgeführte verwiesen werden. Dort wurde festgehalten, dass das Verfahren bei Inanspruchnahme einer temporären Überstellung des Beschuldigten B.___ zur Befragung in der Schweiz rückblickend nicht weniger Zeit in Anspruch genommen hätte. Zudem war von allem Anfang an klar, dass beim Raufüberfall in [Ort 1] mehrere Täter zusammengearbeitet hatten.
Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots ist bei Berücksichtigung der konkreten Umstände somit nicht auszumachen.
2.4.5 Aus den Täterkomponenten ergibt sich somit insgesamt eine Reduktion der Einsatzstrafe um ein Jahr und sechs Monate. Damit ergibt sich schliesslich eine Gesamtstrafe von 18 Jahren und sechs Monaten, was bei einer Gesamtwürdigung aller Delikte als angemessen erscheint.
2.4.6 Nicht auszufällen ist die vor dem Berufungsgericht verlangte Zusatzstrafe zum französischen Urteil aus dem Jahr 2012 (Parteivortrag S 66). Wie die Verteidigung des Beschuldigten B.___ selbst feststellt, hat das Bundesgericht mit BGE 142 IV 329 festgehalten, dass eine Zusatzstrafe gemäss Art. 49 Abs.2 StGB nur nach inländischen Urteilen ausgesprochen werden kann. Weiter wird geltend gemacht, gestützt auf den Vertrauensgrundsatz und den Grundsatz von Treu und Glauben wirke sich diese Praxisänderung erst auf diejenigen Betroffenen aus, welche kein schutzwürdiges Vertrauen in die alte Praxis mehr aufwiesen oder die neue Praxis zwingend hätten kennen müssen. Letzteres sei bei Tathandlungen nach erfolgter gehöriger Veröffentlichung der Praxisänderung der Fall, sofern sie in der Regeste ausdrücklich als solche bezeichnet worden sei. Ab diesem Zeitpunkt trete eine Fiktion der Kenntnis der neuen Rechtsprechung ein.
Die Berufung auf den sog. Vertrauensschutz ist vorliegend absurd, dieser würde eine entsprechende (falsche) Auskunft der zuständigen Behörde voraussetzen, wenn der Beschuldigte im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können (BGE 115 Ia12 E.4). Aber auch die Berufung auf eine unzulässige Rückwirkung ist – anders als bei der Gesetzgebung – nicht zu hören: das Bundesgericht nimmt Änderungen der Rechtsprechung immer mit Bezug auf Sachverhalte, die sich in der Vergangenheit ereignet haben, vor.
2.5 An die Freiheitsstrafe anzurechnen sind dem Beschuldigten B.___ die seit dem 30. Januar 2017 erstandene Haft und der vorzeitige Strafvollzug. Eine Anrechnung des ordentlichen Strafvollzugs in Frankreich zufolge der rechtskräftigen Verurteilung für das Raubdelikt [in der französischen Stadt 1] kann nicht angerechnet werden, selbst wenn sich der Beschuldigte B.___ dabei teilweise auch formell in Auslieferungshaft befunden hätte.
2.6 Für den Beschuldigten B.___ wird mit separatem Beschluss Sicherheitshaft angeordnet, vollziehbar weiterhin im vorzeitigen Strafvollzug.
3. Konkrete Strafzumessung C.___
3.1.1 Bezüglich der mit dem Beschuldigten B.___ begangenen Delikte kann vollumfänglich auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Da unter den beiden Beschuldigten hinsichtlich des Tatverschuldens keine Unterschiede auszumachen sind, ist auch für den Beschuldigten C.___ die Einsatzstrafe für den Mord auf 16,5 Jahre Freiheitsstrafe festzusetzen. Für den versuchten bandenmässigen Raub in [Ort 1] ist eine Straferhöhung von einem Jahr und für den Raub in [Ort 4] eine Straferhöhung von drei Jahren vorzunehmen.
3.1.2 Eine weitere Straferhöhung ist beim Beschuldigten C.___ vorzunehmen zur Abgeltung des Diebstahlsdelikts von [Ort 3]. Es handelt sich um ein gewerbsmässig begangenes Delikt. Die Strafdrohung lautet auf eine Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Das Delikt wurde professionell geplant und ausgeführt. Es wurde von drei Mittätern mit Unterstützung begangen. Allerdings war der Einstieg in die Bijouterie zufolge Bauarbeiten vergleichsweise einfach und erfolgte in der Nacht, was eine Konfrontation mit Menschen als gering erscheinen liess. Der Deliktsbetrag war mit einer Grössenordnung von CHF 160’00.00 beachtlich hoch, der Beschuldigte handelte als Kriminaltourist. Das Tatverschulden ist für einen gewerbsmässigen Diebstahl als leicht bis knapp mittelschwer zu qualifizieren, was einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren entspricht. Asperationsweise ist eine Straferhöhung um ein weiteres Jahr vorzunehmen.
3.1.3 Zur Abgeltung der Urkundenfälschung ist eine weitere Straferhöhung vorzunehmen. Da diese im direkten Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt steht und der Beschuldigte ohnehin die nächsten Jahre im Strafvollzug verbringen und damit selbstverschuldet kein nennenswertes Einkommen erziehen wird, ist es beim vorbestraften Beschuldigten gerechtfertigt, auch für dieses Delikt eine Freiheitsstrafe auszufällen. Der inkriminierte Spitalbericht wurde innert kürzester Frist professionell erstellt mit den Namen der damals effektiv zuständigen Ärzte sowie einer authentischen Nummerierung der Krankheitsgeschichte. Mit der gefälschten Urkunde sollte ein Alibi für ein schwerwiegendes Gewaltdelikt vorgetäuscht werden, sodass der Urkunde ein entsprechend hohes Gewicht zukam. Für die Einreichung der Urkunde wurde zudem der Verteidiger instrumentalisiert. Der Beschuldigte handelte mit direktem Vorsatz. Es ist von einem gerade noch leichten Tatverschulden auszugehen, was beim zur Verfügung stehenden Strafrahmen von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe von fünf Jahren einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten entspricht. Asperationsweise ist die Einsatzstrafe zur Abgeltung dieses Deliktes um sechs Monate Freiheitsstrafe zu erhöhen.
3.1.4 Rechnerisch ergäbe sich damit nach Vornahme der Asperationen für den Beschuldigten C.___ eine Freiheitsstrafe von 22 Jahren, diese ist aber auch hier wie bereits beim Beschuldigten B.___ erwähnt auf die maximale Dauer der Freiheitsstrafe von 20 Jahren zu begrenzen.
3.2.1 Der Beschuldigte C.___ wurde […] 1979 [unter einem anderen Familiennamen] in Belgrad geboren. Seine Jugend beschrieb er wegen seines gewalttätigen Vaters als schwierig (vgl. Befragung zur Person vom 27. Februar 2019, AS 20281 ff.). Seine Mutter habe sich dann irgendwann, als er selbst 14 bis 15 Jahre alt gewesen sei, aus diesem Grund bei Freunden versteckt. Der Vater habe in der Folge nach einigen Monaten [das Land] verlassen und er (der Beschuldigte) habe wieder bei seiner Mutter und deren neuem Partner gelebt. Nach der Grundschule habe er vier Jahre lang [ein Gymnasium] besucht und parallel dazu eine Lehre […] absolviert. Danach habe er nach zwei Jahren die höhere technische Schule […] abgeschlossen. Um im Krieg nicht ins Militär einrücken zu müssen, sei er 1999 mit einem gefälschten Pass nach Deutschland gegangen, wo er nach kurzer Zeit mit Anderen einen «Boutique-Diebstahl» verübt habe und festgenommen worden sei. 2001 habe er in Deutschland geheiratet und sei deswegen geduldet worden, habe aber nicht arbeiten dürfen. Im Jahr 2007 sei er dann nach Serbien zurückgekehrt bzw. sei aus Deutschland ausgewiesen worden und habe eine Einreisesperre für zehn Jahre erhalten. In Serbien habe er den [ursprünglichen] Familiennamen auf C.___ ändern lassen. Er habe in Serbien gearbeitet, bis er 2011 nach Holland gegangen sei, wo er immer gearbeitet und sich verheiratet habe. Nebenbei habe er mit Autos gehandelt: er habe dazu in der Schweiz, in Holland etc. Autos - insgesamt etwa deren vier - gekauft und diese in Serbien weiterverkauft. Mittlerweise sei er holländischer Staatsangehöriger. Auch wenn die Jugend des Beschuldigten C.___ zeitweise nicht einfach gewesen sein dürfte, gibt dies keinen Anlass zu einer Strafreduktion, immerhin konnte er eine gute Ausbildung absolvieren und hätte so ein geordnetes Leben führen können.
Im Schweizerischen Strafregister ist der Beschuldigte C.___ nicht verzeichnet. Hingegen ist er in Deutschland mehrfach wegen Vermögensdelikten vorbestraft (AS 20221 ff.). Konkret wurde er vom Amtsgericht Düsseldorf mit Urteil vom 23. Mai 2000 wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Am 18. Juni 2001 verurteilte ihn das Amtsgericht Gelsenkirchen wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je DM 10.00. Mit Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 29. April 2005 wurde er erneut wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten mit einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt. Das Amtsgericht Recklinghausen verurteilte ihn am 15. Dezember 2005 wegen schweren Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Schliesslich wurde er vom Landgericht Bochum wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt (unter Einbezug des Urteils des Amtsgerichts Recklinghausen; Auszug aus dem Zentralregister, AS20221ff.). Das Vorleben wirkt sich aufgrund der mehrfachen, einschlägigen Vorstrafen straferhöhend aus. Angemessen erscheint unter Berücksichtigung des Zeitablaufes eine Straferhöhung um fünf Monate Freiheitsstrafe.
3.2.2 Das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren ist auch beim Beschuldigten C.___ neutral zu werten. So war der Beschuldigte C.___ weder geständig noch reuig und zeigte sich auch nicht kooperativ, im Gegenteil. Mit einer gefälschten Urkunde versuchte er, die Ermittlungen zu erschweren. Dafür wurde allerdings asperationsweise eine Straferhöhung vorgenommen. Allerdings ist ein Beschuldigter weder gehalten, sich selbst zu belasten noch sonst mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren. Seit seiner Inhaftierung war sein Verhalten tadellos, was aber keine besondere Leistung darstellt und nicht zu einer Strafreduktion führt. Eine besondere Strafempfindlichkeit ist auch bei ihm nicht auszumachen.
3.2.3 Weitere Aspekte, welche unter dem Titel Täterkomponenten zu berücksichtigen wären, sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegen keine Verletzung des Beschleunigungsgebots und kein Anwendungsfall einer Strafmilderung bzw. gemäss Art.48lit.eaStGB zufolge langer Verfahrensdauer vor, da es am Wohlverhalten des Beschuldigten mangelt. Nach dem versuchten Mord und versuchten bandenmässigen Raub von März2010 delinquierte er im Juni 2010 und schliesslich im April 2019 erneut. Dem langen Zeitablauf ist mit einer Strafminderung von insgesamt 15 Monaten Freiheitsstrafe Rechnung zu tragen.
3.2.4 Aus den Täterkomponenten ergibt sich somit insgesamt eine Strafreduktion um zehn Monate Freiheitsstrafe, sodass sich für den Beschuldigten C.___ zuletzt eine Freiheitsstrafe von 19 Jahren und zwei Monaten ergibt, was bei einer Gesamtwürdigung aller Delikte als angemessen erscheint.
3.3 Dem Beschuldigten C.___ ist die in der Zeit seit dem 18. April 2018 erstandene Haft an die Freiheitsstrafe anzurechnen.
3.4 Für den Beschuldigten C.___ wird mit separatem Beschluss Sicherheitshaft angeordnet, vollziehbar weiterhin im vorzeitigen Strafvollzug.
4. Konkrete Strafzumessung D.___
4.1 Der Beschuldigte D.___ ist einzig wegen des bandenmässig begangenen, versuchten Raubdelikts vom 14. März 2010 in [Ort 1] zu bestrafen. Zum Tatverschulden kann vorweg auf die Erwägungen unter Ziffer 2.2.1 ff. zum Beschuldigten B.___ verwiesen werden. Im Unterschied zu den Beschuldigten B.___ und C.___ handelte der Beschuldigte D.___ allerdings nicht als Kriminaltourist, hingegen gilt auch für ihn der verschuldenserhöhende Umstand des Überfalls auf das Opfer in dessen Privatliegenschaft. Mit der Gegenwehr des Opfers und den deswegen zu erwartenden nicht nur geringfügigen Verletzungen des Opfers wurde im Rahmen des Tatplanes für den Raub gerechnet: das Opfer sollte überwältigt und gefesselt werden sowie gewaltsam zur Herausgabe der vermeintlichen Beute gezwungen werden. Auch der Beschuldigte D.___ unternahm nichts, um dem schwer verletzten Opfer Hilfe zukommen zu lassen. Nicht anzurechnen ist ihm die von den beiden Mittätern angewendete überschiessende Gewalt (das Tötungsdelikt). Der Beschuldigte D.___ hatte den Tipp erhalten, den Raub geplant und die beiden (ausführenden) Mittäter/Bandenmitglieder C.___ und B.___ beigezogen. Er chauffierte die Beschuldigten B.___ und C.___ zum Tatort, wartete dort und führte sie danach wieder zurück. Die Hände machte er sich nicht selbst schmutzig. Er handelte mit direktem Vorsatz und aus egoistischen, finanziellen Motiven. Auch der Beschuldigte D.___ hätte sich ohne Weiteres rechtskonform verhalten können. Sein Tatverschulden als Initiator und Organisator des Delikts wiegt damit etwas schwerer als dasjenige seiner beiden Mittäter. Das Verschulden ist im Rahmen der denkbaren Raubdelikte als leicht bis mittelschwer zu qualifizieren. Eine Einsatzstrafe von sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe für das hypothetisch vollendete Raubdelikt ist diesem Verschulden angemessen.
4.2 Die Strafmilderung zufolge Versuchs ist im gleichen Umfang wie bei den Beschuldigten B.___ und C.___ vorzunehmen. Bei einer Strafreduktion von rund einem Drittel ergibt sich damit eine Freiheitsstrafe von 52 Monaten.
4.3 Bei den Täterkomponenten ist folgendes zu beachten:
Über das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten D.___ ist wenig bekannt: er konnte nur in Serbien befragt werden und erschien nie vor Gericht. Im Schweizerischen Strafregister sind keine Vorstrafen verzeichnet. Hingegen wurde er am 29. Januar 2015 vom Cour D'Assises du Département De La Meurthe-Et-Moselle – Nancy wegen "vol commis en bande organisée avec arme", Raubüberfall auf das Juweliergeschäft [in der französischen Stadt 1] vom Mai 2010, zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt (AS24076). Dieses Delikt wurde erst nach dem Raubüberfall in [Ort 1] begangen und stellt damit keine Vorstrafe im technischen Sinne dar.
D.___ war nach der Tat und im Strafverfahren weder geständig noch zeigte er Reue oder war kooperativ. Er hat sich dem Verfahren nicht gestellt. Eine beschuldigte Person ist jedoch weder gehalten, sich selbst zu belasten noch sonst mit den Strafverfolgungsbehörden zu kooperieren. Die Strafempfindlichkeit bewegt sich im üblichen Rahmen, womit eine neutrale Bewertung angezeigt ist. Weitere Faktoren, welche bei den Täterkomponenten zu würdigen wären, sind nicht ersichtlich.
Das Delikt des Beschuldigten D.___ datiert vom Frühjahr 2010, letztmals straffällig gemacht hat er sich kurz danach mit dem Raubüberfall [in der französischen Stadt 1]. Seither sind gut zwölf Jahre vergangen, in denen sich der Beschuldigte weitgehend im Strafvollzug und danach in Serbien befunden hat. Gemäss Art. 97 Abs. 1 StGB beträgt die Verjährungsfrist für das Raubdelikt 15 Jahre. Somit ist gestützt auf Art. 48 lit. e StGB eine Strafmilderung um rund 20% vorzunehmen, sodass letztlich für den Beschuldigten D.___ eine Freiheitsstrafe von 41,5 Monaten resultiert.
4.4 Im vorliegenden Strafverfahren sind keine von D.___ verbüssten, anrechenbaren Hafttage ersichtlich.
5. Konkrete Strafzumessung A.___
5.1 Bei der Wahl der Strafart sind hinsichtlich des Beschuldigten A.___ keine Gründe ersichtlich, die eine Freiheitsstrafe erforderlich machen würden, sofern auch eine Geldstrafe möglich wäre. Im Schweizerischen Strafregister ist der Beschuldigte A.___ nicht verzeichnet, im deutschen Strafregister mit einem Urteil vom 12. Mai 2014 wegen Betäubungsmittelwiderhandlungen, begangen am 9. Januar 2014 (AS 21162). Seither sind über acht Jahre vergangen. Damit sind, soweit von der Strafhöhe her möglich, Geldstrafen auszufällen. Das sah vor der Vorinstanz auch der Staatsanwalt gleich, indem er für die Widerhandlungen gegen die Ausländergesetzgebung die Ausfällung einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen beantragte.
5.2 Das schwerste Delikt von A.___ ist die Mittäterschaft beim Einbruchdiebstahl von [Ort 3] am 29. Juni 2010. Dazu kann vorweg auf die Ausführungen zum Tatverschulden des Beschuldigten C.___ verwiesen werden: Das Delikt wurde professionell geplant und ausgeführt. Es wurde von drei Mittätern begangen. Allerdings war der Einstieg in die Bijouterie zufolge Bauarbeiten vergleichsweise einfach und erfolgte in der Nacht, was eine Konfrontation mit Menschen als gering erscheinen liess. Der Deliktsbetrag war mit einer Grössenordnung von CHF 160’00.00 beachtlich hoch, der Beschuldigte A.___ handelte jedoch nicht als Kriminaltourist. Der Strafrahmen für den einfachen Diebstahl umfasst Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Das Tatverschulden des Beschuldigten C.___ war als leicht bis knapp mittelschwer zu qualifizieren, was einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren entspricht. Im Unterschied zum Beschuldigten C.___ handelte der Beschuldigte A.___ allerdings in eher untergeordneter Rolle: Sein Tatbeitrag als guter Fluchtfahrer war zwar von grosser Bedeutung, allerdings dürfte er in die Planung des Delikts nicht einbezogen gewesen sein und auch bei der Verteilung der Beute nur einen geringeren Anteil erhalten haben. Der Beschuldigte A.___ handelte mit direktem Vorsatz und – wie bei Diebstahl üblich – aus egoistischen, finanziellen Beweggründen. Zum Verhältnis der Strafen von Mittätern und Gehilfen (Chauffeur) kann auf den im Internet publizierten Entscheid der Strafkammer STBER.2020.45 vom 26. Januar 2021 verwiesen werden. Eine Einsatzstrafe für den (nicht qualifizierten) Diebstahl von 15 Monaten Freiheitsstrafe erscheint angemessen.
5.3 Daran ändern auch die Täterkomponenten nichts:
A.___ wurde […] 1976 in […] Kroatien geboren und besitzt die kroatische Staatsbürgerschaft. Im Alter von fünf Jahren zog seine Mutter mit ihm nach Serbien, wo er bei seinen Grosseltern einige Jahre und danach einige Zeit in einem Kinderheim verbrachte. Danach zog die Mutter mit ihm in die Schweiz, wo er die Primar- und die Sekundarschule besucht habe. Eine [Lehre] habe er im vierten Lehrjahr abgebrochen. Er habe dann als [Angelernter] gearbeitet, habe die falschen Leute kennen gelernt und mit dem «Seich» wie Autodiebstahl, Fahren ohne Ausweis etc. angefangen. Wegen den Autodiebstählen sei er auch in den «Knast» gekommen (vgl. Einvernahme zur Person, AS 21163 ff.). Er habe dann eine Firma […] betrieben in [Stadt 1], die Konkurs gegangen sei. Danach habe er vor allem mit [Spielen] Geld verdient. 2008 sei er mit seiner Freundin in Serbien zusammengekommen, sie hätten zwei Söhne zusammen. Nach Jahren in der Schweiz bei der Mutter (ohne Aufenthaltsstatus) lebt er nach seinen Angaben vor Amtsgericht nunmehr mit seiner Frau und den beiden Kindern in […] Serbien. Seine Frau arbeite und er schaue zu den Kindern.
Im Schweizerischen Strafregister ist der Beschuldigte A.___ nicht verzeichnet. Aus den Akten erhellt sodann, dass er vom Amtsgericht Lörrach mit Urteil vom 12. Mai 2014 wegen "unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren mit einer Probezeit von drei Jahren verurteilt wurde (Auskunft aus dem Zentralregister, AS 21162 f.). Dieses Urteil liegt nunmehr über acht Jahre zurück und ist nicht einschlägig, weshalb es sich bei der Strafzumessung höchstens marginal auswirken kann.
Was das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren anbelangt, ist anzumerken, dass er sich seit Eröffnung des vorliegenden Strafverfahrens im Januar 2019 nichts mehr hat zuschulden kommen lassen, mit Ausnahme der bis im Februar 2019 dauernden Widerhandlung gegen das AlG, was hier jedoch zu vernachlässigen ist. Ansonsten gibt sein Verhalten während dem Strafverfahren zu keinen Bemerkungen Anlass. Eine beschuldigte Person ist weder gehalten, sich selbst zu belasten noch sonst zu kooperieren. Eine besondere Strafempfindlichkeit ist schliesslich nicht auszumachen.
Weder aus dem Vorleben noch aus dem Nachtatverhalten ergeben sich Umstände, die für die Strafzumessung von Bedeutung wären. Eine Strafmilderung gestützt auf Art. 48 lit. e StGB ist nicht am Platz, da sich der Beschuldigte A.___ nicht wohl verhalten hat. Dem langen Zeitablauf ist mir einer Strafminderung um einen Monat auf nunmehr 14 Monate Freiheitsstrafe Rechnung zu tragen.
5.4 Für die Widerhandlungen gegen das AIG ist nunmehr eine Gesamtgeldstrafe auszusprechen. Dabei wiegt namentlich der wiederholte illegale Aufenthalt in Zeitraum von fast fünf Jahren bis im Februar 2019 auch bei Vorliegen von Eventualvorsatz nicht mehr leicht. Dafür ist eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen angemessen. Bei der Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung mit Eventualvorsatz ist demgegenüber von einem sehr leichten Verschulden auszugehen, die Einsatzstrafe ist zur Abgeltung dieses Vergehens asperationsweise um zehn Tagessätze auf nunmehr deren 50 zu erhöhen.
5.5 Bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe ist folgendes von Bedeutung: Die vom Berufungsgericht amtlich erhobenen Steuerzahlen des Kantons Basel-Stadt stammen aus dem Jahr 2011, damals wurde der Beschuldigte A.___ als einkommenslos («unterstützt von der Mutter») eingestuft. Vor Amtsgericht gab er an, bis auf wenige kleine Gelegenheitsjobs in Serbien die Kinder zu betreuen, während die Ehefrau arbeite. Vom Berufungsgericht wurde der Beschuldigte A.___ vom Erscheinen dispensiert.
Die Tagessatzhöhe ist damit auf das Minimum von CHF 10.00 festzusetzen
5.6 Für die Freiheits- und die Geldstrafe ist angesichts der mehrfachen Delinquenz gegen verschiedene Rechtsgüter der bedingte Strafvollzug mit einer leicht erhöhten Probezeit von drei Jahren zu gewähren.
5.7 Dem Beschuldigten A.___ wird die in der Zeit vom 22. Februar 2019 bis am 13. August 2019 erstandene Haft (im Erstehungsfalle) an die Freiheitsstrafe angerechnet.
X. Zivilforderungen
1.
Da die Beschuldigten B.___ und C.___ wegen des Mordes an [Herrn G.___] schuldig gesprochen werden, ist die Genugtuungsforderung der überlebenden Ehegattin und Privatklägerin Frau G.___ grundsätzlich gutzuheissen. Die Vorinstanz hat diese auf CHF 35'000.00 nebst Zins zu 5% seit dem 14. März 2010 festgesetzt, was angemessen erscheint. Zur Begründung kann auf die Erwägungen des Amtsgerichts auf US 87 ff unter Ziff. VIII. verwiesen werden. Gegen die Höhe der Genugtuung wurden keine Einwände erhoben, der Entscheid der Vorinstanz ist samt Solidarhaftung der beiden Beschuldigten zu bestätigen. Wenn dem Beschuldigten B.___ unverständlich ist, warum nur er und der Beschuldigte C.___ mit solidarischer Haftbarkeit zur Bezahlung der Genugtuung an die Privatklägerin verurteilt wurde, ist die Antwort einfach: Die Genugtuung ist im Hinblick auf das Tötungsdelikt geschuldet, an dem der Beschuldigte D.___ nicht beteiligt war.
2.
Gleiches gilt hinsichtlich der Genugtuungsforderung der Privatklägerin H.___, Geschädigte des Raubüberfalles auf [eine Bijouterie], welche von der Vorinstanz auf CHF 1'500.00, zahlbar durch den Beschuldigten B.___, festgesetzt wurde.
XI. Kosten und Entschädigungen
1. Erstinstanzliches Verfahren
1.1 Der erstinstanzliche Kosten- und Entschädigungsentscheid ist bis auf eine Ausnahme zu bestätigen: vom Gerichtskostenanteil des Beschuldigten A.___ von total CHF 19'386.55 hat zufolge des nunmehr erfolgten Freispruchs in einem Punkt der Staat einen Anteil von einem Drittel oder CHF 6'462.20 zu bezahlen. Auf dem Beschuldigten A.___ erliegen damit erstinstanzliche Kosten im Umfang von 12'924.35. Dementsprechend reduziert sich der Rückforderungsvorbehalt zu Lasten des Beschuldigten A.___ für die Entschädigung des amtlichen Verteidigers auf 2/3 oder CHF20'126.10.
1.2 Es wird festgestellt, dass die Strafkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn mit separatem Urteil vom 29.September2022 (STBER.2021.112) über die Verfahrenskosten zulasten von Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth entschieden hat.
2. Berufungsverfahren
2.1 Die Berufungen der Beschuldigten B.___, C.___ und D.___ waren erfolglos. Erfolgreich war hingegen die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Beschuldigten C.___. Die von Amtes wegen vorgenommene leichte Strafreduktion beim Beschuldigten B.___ rechtfertigt keine Kostenausscheidung, wohl aber die um einen Viertel tiefere Strafe des Beschuldigten D.___. Die Berufung des Beschuldigten A.___ war in einem Punkt erfolgreich, zudem reduzierte sich seine Strafe entsprechend. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF 35'000.00 und Auslagen von CHF1'000.00, total CHF36'000.00, erliegen nach dem Verfahrensausgang wie folgt auf den Beschuldigten:
- Beschuldigter B.___: 30% oder CHF 10'800.00
- Beschuldigter C.___: 35% oder CHF 12'600.00
- Beschuldigter D.___: 25% oder CHF 9'000.00
- Beschuldigter A.___: 10% oder CHF 3’600.00
Diese Kostenanteile haben die beiden Beschuldigten B.___ und C.___ vollumfänglich zu bezahlen. Bei den Beschuldigten D.___ und A.___ ist zufolge teilweisen Obsiegens eine Kostenausscheidung wie folgt vorzunehmen:
- Beschuldigter D.___ (tiefere Strafe): 10% (der 25%) zu Lasten des Staates, ausmachend CHF900.00;
- Beschuldigter A.___: 1/3 (der 10%) zu Lasten des Staates, ausmachend CHF1'200.00.
2.2 Die Entschädigungs- und Genugtuungsforderungen der Beschuldigten sind bei diesem Verfahrensausgang abzuweisen.
2.3 Die Privatklägerschaft hat gegenüber der beschuldigten Person Anspruch auf angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen auch im Berufungsverfahren, wenn sie obsiegt (Art 433 Abs. 1 lit. a StPO).
Der Vertreter der Privatklägerin Frau G.___, Advokat Pascal Riedo, macht ein Honorar von CHF1'125.00 (inklusive Urteileröffnung von einer Stunde) geltend, was angemessen erscheint. Unter Hinzurechnung der effektiven Dauer der Urteilseröffnung – die Urteilseröffnung dauerte eine Stunde und 30 Minuten, weshalb eine Erhöhung um 0.5 Stunden zu erfolgen hat – sowie der Mehrwertsteuer von CHF96.25, resultiert eine Entschädigung von CHF1'346.25. Entsprechend hat die obsiegende Privatklägerin Frau G.___ Anspruch auf angemessene Entschädigung in dieser Höhe. Da die Privatklägerin vollumfänglich obsiegt, sind die für den Mord am Ehemann der Privatklägerin verantwortlichen Beschuldigten B.___ und C.___ unter solidarischer Haftung zu verpflichten, die obgenannte Entschädigung zu bezahlen.
2.4.1 Nach Art.135 Abs. 1 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem Anwaltstarif desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde. Die Staatsanwaltschaft oder das urteilende Gericht legen die Entschädigung am Ende des Verfahrens fest (Art.135 Abs.2 StPO). Wird die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten verurteilt (Art. 426 Abs. 1 StPO), so ist diese, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben, nach Art. 135 Abs. 4 StPO verpflichtet, dem Kanton die Entschädigung zurückzuzahlen und der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten.
Gemäss §158 Abs.1 des kantonalen Gebührentarifs (GT) setzt der Richter die Entschädigung nach dem Aufwand fest, welcher für eine sorgfältige und pflichtgemässe Vertretung erforderlich ist. Der Stundenansatz für die Bestimmung der Entschädigung der amtlichen Verteidiger und der unentgeltlichen Rechtsbeistände beträgt CHF180.00 zuzüglich Mehrwertsteuer (§158 Abs. 3 GT). Für Fotokopien werden 50Rappen pro Stück vergütet, für Reiseauslagen der Preis eines Bahnbillets 2.Klasse oder CHF0.70 pro mit dem Auto gefahrenen Kilometer (§158 Abs. 5 i.V.m. §157 Abs.3 GT und §161 lit.a Gesamtarbeitsvertrag).
2.4.2 Der vom amtlichen Verteidiger des Beschuldigten A.___, Rechtsanwalt Christoph Balmer, mittels Honorarnote geltend gemachte Aufwand von total 22.85 Stunden (exklusive Hauptverhandlungstage, Urteilseröffnung sowie Nachbearbeitung, inklusive Weg Hauptverhandlungstage) erweist sich als angemessen. Aufzurechnen sind insgesamt 16.5Stunden für die Hauptverhandlungstage (erster Tag vom 21.September2022: 7 Stunden; zweiter Tag vom 22.September2022: 8 Stunden; Urteilseröffnung vom 29. September2022: 1.5 Stunden) sowie 1.5 Stunden für die Nachbearbeitung. Insgesamt beläuft sich der Aufwand auf 40.85 Stunden. Nach Aufrechnung der geltend gemachten und angemessen erscheinenden Auslagen von total CHF 257.25 sowie der MwSt. zu 7.7% von CHF586.00 resultieren CHF 8'196.25 (zu CHF 180.00 pro Stunde). Die Entschädigung von Rechtsanwalt Christoph Balmer ist demgemäss in dieser Höhe festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Vorzubehalten ist der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während zehn Jahren im Umfang von 2/3, ausmachend CHF5'464.20 (vgl. Ziffer 2.1.1 hiervor), sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
2.4.3 Der amtliche Verteidiger von B.___, Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger, macht mit der eingereichten Honorarnote einen Aufwand von total 226.65 Stunden geltend. Diesbezüglich sind folgende Reduktionen vorzunehmen:
- 9 Stunden für den dritten Verhandlungstag;
- 2 Stunden für den ersten Verhandlungstag (effektiv sieben Stunden, siehe Ziffer 2.4.2 hiervor);
- 1 Stunde für den zweiten Verhandlungstag (effektiv acht Stunden, siehe Ziffer 2.4.2 hiervor);
- 5.75 Stunden für die Teilnahme an der Urteilseröffnung der Vorinstanz inkl. Fahrt (gehören zum Verfahren vor erster Instanz);
- 1.5 Stunden für die Urteilseröffnung der Berufungsinstanz (2 Stunden Fahrt nach Lenzburg und zurück, 1.5 Stunden Urteilseröffnung [siehe Ziff. 2.4.2 hiervor], 1 Stunde Gespräch mit Klient);
- 0,75 Stunden für Abschlussarbeiten des Berufungsgerichts (für Nachbearbeitung werden analog dem Beschuldigten B.___ lediglich 2.5 Stunden berücksichtigt);
- 77 Stunden für die Vorbereitung der Berufungsverhandlung. Ab 6.Juli2022 werden hierfür 144.85 Stunden, zusammen mit dem Aufwand vom September 2021 total 154 Stunden, geltend gemacht. Im Berufungsverfahren kamen keine neuen Umstände dazu. Der Parteivortrag (mit Einschluss der Vorfragen) war zwar umfangreich, enthielt aber wenig neue Aspekte. Eine Befragung musste nicht vorbereitet werden. Folglich ist eine Reduktion um rund die Hälfte, ausmachend 77 Stunden, gerechtfertigt.
Insgesamt beläuft sich der zu entschädigende Aufwand auf 129.65 Stunden. Total ist demnach eine Kürzung des Aufwandes um 97 Stunden vorzunehmen.
Unter Hinzurechnung der angemessenen Auslagen von CHF1'494.50 sowie der Mehrwertsteuer von CHF1'912.05 ist die Entschädigung von Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger demnach auf CHF26'743.55 festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu zahlen. Vorzubehalten ist der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während zehn Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von B.___ erlauben.
2.4.4 Der vom amtlichen Verteidiger des Beschuldigten C.___, Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, mittels Honorarnote geltend gemachte Aufwand von total 92.30 Stunden erweist sich als angemessen. Aufzurechnen sind insgesamt 10.34Stunden für die Hauptverhandlungstage (effektive Dauer des ersten und zweiten Verhandlungstages sowie Urteilseröffnung, vgl. Ziffer 2.4.2 vorstehend) sowie 2.5 Stunden für die Nachbearbeitung. Insgesamt beläuft sich der Aufwand auf 102.64 Stunden. Nach Aufrechnung der geltend gemachten und angemessen erscheinenden Auslagen von total CHF 270.20 sowie der MwSt. zu 7.7% von CHF1'443.40 resultieren CHF 20'188.80 (zu CHF 180.00 pro Stunde). Die Entschädigung von Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth ist demgemäss in dieser Höhe festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Vorzubehalten ist der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während zehn Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von C.___ erlauben.
2.4.5 Der amtliche Verteidiger des Beschuldigten D.___, Advokat Alex Hediger, macht einen Aufwand von total 31.17 Stunden zu CHF200.00 (inkl. Hauptverhandlungstage sowie Urteilseröffnung, exklusive Abschlussarbeiten) geltend. Diesbezüglich ist der Stundenansatz für die amtliche Verteidigung auf CHF180.00 zu reduzieren; für den Restbetrag wird ein Nachzahlungsanspruch festgesetzt. Aufzurechnen sind insgesamt 1.5Stunden für Abschlussarbeiten. Insgesamt beläuft sich der Aufwand auf 33.67 Stunden. Weiter macht Advokat Hediger Reisespesen von CHF600.00 geltend. Ihm werden 4 x 65 km zu CHF 0,7/km (vgl. Ziffer 2.4.1 vorstehend) entschädigt. Die darüberhinausgehenden Reisespesen werden gestrichen. Nach Aufrechnung der angepassten Auslagen von total CHF 581.30 sowie der MwSt. zu 7.7% von CHF511.45 resultieren CHF 7'153.35 (zu CHF 180.00 pro Stunde). Die Entschädigung von Advokat Alex Hediger ist demgemäss in dieser Höhe festzusetzen und zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat zu zahlen. Vorzubehalten ist der der Nachforderungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Betrag von CHF725.25 (Differenz zum vollen Honorar) sowie der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren im Umfang von 90%, ausmachend CHF6'438.00, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von D.___ erlauben.
Demnach wird in Anwendung von
- Art. 139 Ziff. 1 aStGB
- Art. 115 Abs. 1 lit. b und c AlG
- Art. 34, Art.40, Art. 42 Abs. 1, Art. 44 Abs. 1, Art. 47 und Art. 51 aStGB
- Art. 135, Art. 335 ff., und Art. 398 ff. StPO
für den Beschuldigten A.___
- Art. 112, Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 und Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. Ziff.3 Abs. 2 aStGB
- Art. 40, Art.47, Art. 49 Abs. 1, Art. 51 und Art. 69 aStGB
- Art. 41 ff., Art. 47 und Art. 49 Abs. 1 OR
- Art. 126 Abs. 1 lit. a, Art. 135, Art. 231 Abs. 1 lit. a und b, Art. 267 Abs. 3, Art. 335 ff., Art. 398 ff., Art. 423 Abs. 1 und Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO
für den Beschuldigten B.___
- Art. 112, Art. 139 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 2, Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1, Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. Ziff.3 Abs. 2 sowie Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 aStGB
- Art. 40, Art.47, Art. 49 Abs. 1, Art. 51 und Art. 69 aStGB
- Art. 41 ff. und Art. 47 OR
- Art.126 Abs. 1 lit. a, Art. 135, Art. 231 Abs. 1 lit. a und b, Art. 267 Abs. 3, Art.335ff., Art. 398 ff., Art. 423 Abs. 1 und Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO
für den Beschuldigten C.___
- Art. 140 Ziff. 1 i.V.m. Ziff. 3 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 aStGB
- Art. 40, Art.47, Art. 51 und Art. 69 aStGB
- Art. 135, Art. 267 Abs. 3, Art. 335 ff., ., Art. 398 ff. und Art. 423 Abs. 1 StPO
für den Beschuldigten D.___
erkannt:
I.
Der Antrag, das Urteil des Amtsgerichts von Dorneck-Thierstein vom 14.Juni2021 sei aufzuheben, und die Sache zur neuen Beurteilung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuweisen, wird abgewiesen.
II.
1. A.___ wird vom Vorhalt des Diebstahls, angeblich begangen am 20.März2009, freigesprochen (Vorhalt Ziff. 5 der Anklageschrift vom 31.März 2020).
2. A.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:
a) Diebstahl, begangen am 29. Juni 2010 (Vorhalt Ziff. 4),
b) mehrfache Widerhandlung gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz (mehrfacher rechtswidriger Aufenthalt; Erwerbstätigkeit ohne Bewilligung), begangen in der Zeit vom 14. Juni 2014 bis am 22. Februar 2019 (Vorhalte Ziff. 6 und 7).
3. A.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren.
4. A.___ wird zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à CHF10.00 verurteilt, unter Gewährung des bedingten Vollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren.
5. A.___ wird die in der Zeit vom 22. Februar 2019 bis am 13. August 2019 erstandene Haft (im Erstehungsfalle) an die Freiheitsstrafe angerechnet.
III.
1. B.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:
a) Mord, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff. 1),
b) versuchter bandenmässiger Raub, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff.2),
c) bandenmässiger Raub, begangen am 3. Februar 2010 (Vorhalt Ziff. 3).
2. B.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
3. B.___ werden die in der Zeit vom 30. Januar 2017 bis 29.September2022 erstandene Haft und der vorzeitige Strafvollzug an die Freiheitsstrafe angerechnet.
4. Es wird festgestellt, dass die Strafkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn mit separatem Beschluss vom 29.September2022 über die Anordnung der Sicherheitshaft entschieden hat.
IV.
1. C.___ hat sich wie folgt schuldig gemacht:
a) Mord, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff. 1),
b) versuchter bandenmässiger Raub, begangen am 14. März 2010 (Vorhalt Ziff.2),
c) bandenmässiger Raub, begangen am 3. Februar 2010 (Vorhalt Ziff. 3).
d) gewerbsmässiger Diebstahl, begangen am 29. Juni 2010 (Vorhalt Ziff. 4),
e) Urkundenfälschung, begangen am 26. April 2019 (Vorhalt der Anklageschrift vom 18.August2020).
2. C.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren und 2 Monaten verurteilt.
3. C.___ wird die in der Zeit vom 18. April 2018 bis 29.September2022 erstandene Haft und der vorzeitige Strafvollzug an die Freiheitsstrafe angerechnet.
5. Das Gesuch von C.___ um Haftentlassung wird abgewiesen. Es wird festgestellt, dass die Strafkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn mit separatem Beschluss vom 29.September2022 über die Anordnung der Sicherheitshaft entschieden hat.
V.
1. D.___ hat sich des versuchten bandenmässigen Raubes, begangen am 14.März 2010, schuldig gemacht (Vorhalt der Anklageschrift vom 31.März2020).
2. D.___ wird zu einer Freiheitsstrafe von 41.5 Monaten verurteilt.
VI.
1. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ beschlagnahmten Gegenstände gemäss nachstehender Liste (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD) werden gemäss rechtskräftiger Ziffer V. 1. des erstinstanzlichen Urteils eingezogen und sind nach Rechtskraft des Urteils zu vernichten:
- 1 Schal schwarz
- 4 Kabelbinder (Tatort [Ort 1])
2. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ sichergestellten und beschlagnahmten Gegenstände gemäss nachstehender Liste (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD) sind gemäss rechtskräftiger Ziffer V. 2. des erstinstanzlichen Urteils der Berechtigten Frau G.___ nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils innert vier Wochen auf erstes Verlangen herauszugeben und ansonsten zu vernichten:
- 1 Schürhaken
- 1 Arbeitshose
- 1 Hemd
3. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ sichergestellten und beschlagnahmten Gegenstände gemäss nachstehender Liste (aufbewahrt bei den Akten bzw. bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD) sind gemäss rechtskräftiger Ziffer V. 3. des erstinstanzlichen Urteils dem Berechtigten D.___ nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils innert vier Wochen auf erstes Verlangen herauszugeben und ansonsten zu vernichten:
- Ausländerausweis lautend auf [...]
- div. Bücher mit Visitenkarten
- div. Unterlagen
- div. Unterlagen und Fotoalben
- Mobiltelefon Samsung
4. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ von Dritten edierten 8 Kabelbinder (aufbewahrt bei der Polizei Kanton Solothurn, KTD und bei der Staatsanwaltschaft Kanton Solothurn) verbleiben gemäss rechtskräftiger Ziffer V. 4. des erstinstanzlichen Urteils bei den Akten.
5. Die im Verfahren gegen B.___, C.___ und D.___ durch die Staatsanwaltschaft Kanton Solothurn erworbenen 3 Paare Turnschuhe, Marke Puma, sind gemäss rechtskräftiger Ziffer V. 5. des erstinstanzlichen Urteils nach Rechtskraft des Urteils zu verwerten bzw. zu vernichten, wobei ein allfälliger Nettoverwertungserlös (nach Abzug der Aufbewahrungs- und Verwertungskosten) in die Staatskasse fällt.
VII.
1. B.___ und C.___ werden unter solidarischer Haftung verurteilt, der Privatklägerin Frau G.___ CHF 35'000.00 als Genugtuung zu bezahlen, zuzüglich 5% Zins seit 14. März 2010.
2. B.___ wird verurteilt, der Privatklägerin H.___ CHF 1'500.00 als Genugtuung zu bezahlen. Die darüber hinausgehende Forderung wird abgewiesen.
VIII.
1. B.___ und C.___ haben der Privatklägerin G.___, ehemals vertreten durch Rechtsanwalt Jgnaz Jermann, derzeit vertreten durch Advokat Pascal Riedo, unter solidarischer Haftung eine Entschädigung für notwendige Aufwendungen im erstinstanzlichen Verfahren von CHF41'710.90 (Rechtsanwalt Jermann CHF16'603.30, inkl. Auslagen und MwSt.; Advokat Riedo CHF25'107.60, inkl. Auslagen und MwSt.) zu bezahlen.
2. B.___ und C.___ haben der Privatklägerin G.___, vertreten durch Advokat Pascal Riedo, unter solidarischer Haftung eine Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Berufungserfahren von CHF1'346.25 (Honorar CHF1'250.00, 7.7% MwSt. CHF96.25) zu bezahlen.
3. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Rainer Fringeli, vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Balmer, wurde für das erstinstanzliche Verfahren rechtskräftig auf CHF30'189.15 (Honorar CHF 26'883.00, Auslagen CHF 1'147.80, 7.7 % MwSt. CHF2'158.35) festgesetzt und wurde zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren im Umfang von 2/3, ausmachend CHF20'126.10, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
4. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von A.___, Rechtsanwalt Christoph Balmer, wird für das Berufungsverfahren auf CHF8'196.25 (Honorar CHF 7‘353.00, Auslagen CHF 257.25, 7.7 % MwSt. CHF586.00 festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren im Umfang von 2/3, ausmachend CHF5'464.20, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von A.___ erlauben.
5. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von B.___, Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger, wurde für das erstinstanzliche Verfahren rechtskräftig auf CHF133'828.75 (Honorar CHF116'334.00, Auslagen CHF 7'819.00, 8 % MwSt. CHF 3'092.80, 7.7 % MwSt. CHF6'582.95) festgesetzt und wurde zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von B.___ erlauben.
6. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von B.___, Rechtsanwalt Daniel Helfenfinger, wird für das Berufungsverfahren auf CHF26'743.55 (Honorar CHF23'337.00, Auslagen CHF 1'494.50, 7.7 % MwSt. CHF1'912.05) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von B.___ erlauben.
7. Die Entschädigung des ehemaligen amtlichen Verteidigers von C.___, Rechtsanwalt K.___, wurde für das erstinstanzliche Verfahren rechtskräftig auf CHF47'521.20 (Honorar CHF 40'842.00, Auslagen CHF 3'281.60, 7.7 % MwSt. CHF3'397.60) festgesetzt und wurde zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von C.___ erlauben.
8. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von C.___, Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, wurde für das erstinstanzliche Verfahren rechtskräftig auf CHF74'863.00 (Honorar CHF56'734.20, Auslagen CHF12'776.50, 7.7 % MwSt. CHF5'352.30) festgesetzt und wurde zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10Jahren im Umfang von CHF72'209.80, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von C.___ erlauben.
9. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von C.___, Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth, wird für das Berufungsverfahren auf CHF20'188.80 (Honorar CHF18'475.20, Auslagen CHF270.20, 7.7 % MwSt. CHF1'443.40) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von C.___ erlauben.
10. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von D.___, Advokat Alex Hediger, wurde für das erstinstanzliche Verfahren rechtskräftig auf CHF23'041.35 (Honorar CHF 19'917.50, Auslagen CHF1'476.50, 7.7% MwSt. CHF1'647.35) festgesetzt und wurde zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn bezahlt. Vorbehalten bleibt der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von D.___ erlauben.
11. Die Entschädigung des amtlichen Verteidigers von D.___, Advokat Alex Hediger, wird für das Berufungsverfahren auf CHF7'153.35 (Honorar CHF6'060.60, Auslagen CHF581.30, 7.7% MwSt. CHF511.45) festgesetzt und ist zufolge amtlicher Verteidigung vom Staat Solothurn zu bezahlen. Vorbehalten bleiben der Nachforderungsanspruch des amtlichen Verteidigers im Betrag von CHF725.25 (Differenz zum vollen Honorar) sowie der Rückforderungsanspruch des Staates Solothurn während 10 Jahren im Umfang von 90%, ausmachend CHF6'438.00, sobald es die wirtschaftlichen Verhältnisse von D.___ erlauben.
12. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF32‘000.00, total CHF164'105.80, sind wie folgt zu bezahlen:
a) A.___: | ||||||||
- individuelle Auslagen | CHF | 15'683.45 | ||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr - Zu Lasten des Staates (1/3) | CHF CHF | 3'451.00 - 6'462.20 | ||||||
Total | CHF | 12'924.35 | ||||||
b) B.___: | ||||||||
- individuelle Auslagen | CHF | 37'263.85 | ||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr | CHF | 8'305.00 | ||||||
Total | CHF | 45'820.95 | ||||||
c) C.___: | ||||||||
- individuelle Auslagen | CHF | 40'888.40 | ||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr | CHF | 9'168.25 | ||||||
Total | CHF | 50'308.75 | ||||||
d) D.___ : | ||||||||
- individuelle Auslagen | CHF | 29'033.80 | ||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 252.10 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr | CHF | 6'510.15 | ||||||
Total | CHF | 35'796.05 | ||||||
13. Es wird festgestellt, dass die Strafkammer des Obergerichts des Kantons Solothurn mit separatem Urteil vom 29.September2022 (STBER.2021.112) über die Verfahrenskosten zulasten von Rechtsanwalt Thomas Fingerhuth entschieden hat.
14. Die Kosten des Berufungsverfahrens mit einer Urteilsgebühr von CHF35‘000.00, total CHF36'000.00, sind wie folgt zu bezahlen:
a) A.___: | ||||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 100.00 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr - Zu Lasten des Staates (1/3) | CHF CHF | 3'500.00 - 1'200.00 | ||||||
Total | CHF | 2'400.00 | ||||||
b) B.___: | ||||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 300.00 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr | CHF | 10'500.00 | ||||||
Total | CHF | 10'800.00 | ||||||
c) C.___: | ||||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 350.00 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr | CHF | 12'250.00 | ||||||
Total | CHF | 12'600.00 | ||||||
d) D.___ : | ||||||||
- Anteil allgemeine Auslagen | CHF | 250.00 | ||||||
- Anteil Urteilsgebühr - Zu Lasten des Staates (10%) | CHF CHF | 8’750.00 - 900.00 | ||||||
Total | CHF | 8’100.00 | ||||||
Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des begründeten Urteils zu laufen und wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Art. 78ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Gegen den Entscheid betreffend Entschädigung der amtlichen Verteidigung (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) und der unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft im Rechtsmittelverfahren (Art. 138 Abs. 1 i.V.m. Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO) kann innert 10 Tagen seit Erhalt des begründeten Urteils beim Bundesstrafgericht Beschwerde eingereicht werden (Adresse: Postfach 2720, 6501 Bellinzona).
Im Namen der Strafkammer des Obergerichts
Der Präsident Der Gerichtsschreiber
von Felten Wiedmer
Der vorliegende Entscheid wurde vom Bundesgericht mit Urteil 6B_70/2023 und 6B_103/2023 vom 31. Juli 2023 bestätigt.